Multiple Sklerose: Erfahrungsberichte von Betroffenen

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die jeden der etwa 2,8 Millionen Betroffenen weltweit anders erleben lässt. Die Krankheit, die bisher als unheilbar gilt, manifestiert sich durch multiple Entzündungsherde, die über Hirn und Rückenmark verstreut sein können. Diese Entzündungen können Nervenreize und Befehle, die von Gehirnzellen an Muskeln oder Organe gesendet werden, verzögern oder blockieren, was zu individuellen Empfindungs- und Bewegungsstörungen führt. Die Symptome von MS sind vielfältig und reichen von Sehstörungen und Taubheitsgefühlen bis hin zu Müdigkeit.

Dieser Artikel beleuchtet die persönlichen Erfahrungen von MS-Betroffenen, um ein besseres Verständnis für die Herausforderungen und Bewältigungsstrategien im Umgang mit dieser komplexen Erkrankung zu vermitteln.

Interview mit Mina C.: Leben mit MS in jungen Jahren

Mina C., eine junge Frau, gewährt in einem Interview tiefe Einblicke in ihr Leben mit MS. Bei ihr machte sich die Krankheit mit etwa 27 Jahren bemerkbar, als ihre Füße anfingen zu kribbeln und nach einer Woche komplett taub waren. Anfänglich führte sie die Taubheit auf einen Vitamin B12-Mangel zurück, doch als sich die Symptome verschlimmerten und auf die Beine ausbreiteten, wurde ihr bewusst, dass etwas nicht stimmte.

Ein weiteres beunruhigendes Symptom war der Verlust des Gefühls beim Wasserlassen. Nach einem "Terroranruf" bei ihrem Neurologen folgten umgehende Untersuchungen mittels MRT, bei denen große Entzündungsherde im Rückenmark, Nacken und Hirn festgestellt wurden. Diese Entzündungen blockierten ihr Nervensystem und führten schließlich zur Diagnose Multiple Sklerose.

"Das war ein Schock. Ich konnte erstmal nichts damit anfangen", erinnert sich Mina. Sie brauchte etwa zwei Jahre, um die Krankheit zu akzeptieren, und ein weiteres Dreivierteljahr, um sich größtenteils damit abzufinden.

Lesen Sie auch: MS-Medikamente im Detail erklärt

Frühe Signale und Symptome

Rückblickend erkannte Mina frühe Signale, die sie nun auf MS zurückführt. Bereits 2014 hatte sie einen schwächeren Vorfall mit Taubheitsgefühlen in den Füßen, die sie jedoch auf ihren Vitamin-B-12-Mangel schob. Ein oder zwei Jahre später erlebte sie eine Art Lähmung der linken Gesichtshälfte, die sie zunächst auf einen Insektenstich oder Ähnliches zurückführte.

Neben Taubheit und Gesichtslähmung hatte Mina auch mit Konzentrationsschwierigkeiten in der Schulzeit zu kämpfen. Erst nach der Diagnose wurde ihr bewusst, dass diese Lernschwächen möglicherweise durch die MS verursacht wurden. "Ich bin oft langsamer mit gewissen Dingen. Lernen fällt mir immer noch sehr schwer", erklärt sie.

Auswirkungen auf den Alltag

MS beeinflusst Minas Alltag in verschiedener Hinsicht. Bei zu viel Bewegung in der Freizeit treten Schmerzen in den Beinen auf, die sie zwingen, langsamer zu machen. Auch lange Aufenthalte in der Sonne sind problematisch, da Hitze einen Schub fördern kann. Daher muss sie auf Dampfbäder und Saunabesuche verzichten, was sie besonders bedauert.

Akzeptanz und Unterstützung

Ein wichtiger Faktor bei der Akzeptanz der Krankheit war für Mina die Unterstützung durch eine Psychologin, die ihr von ihrer Neurologin empfohlen wurde. In der Therapie lernte sie, besser mit der Situation umzugehen und auf ihr körperliches und psychisches Wohlbefinden zu achten. "Die Psyche hängt bei mir unmittelbar mit dem Aufkommen eines Schubes zusammen", erklärt sie. Die Work-Life-Balance ist für Mina daher von großer Bedeutung.

Auch ihre Ärzte, Krankenschwestern, Familie und Freunde unterstützen sie tatkräftig. Selbsthilfegruppen für den Austausch mit anderen Betroffenen zieht sie bei Bedarf in Betracht, insbesondere wenn sie merkt, dass sie eine schwierige Phase alleine nicht bewältigen kann. Der Austausch mit anderen MS-Betroffenen kann sehr hilfreich sein, da sie die gleichen Erfahrungen und Herausforderungen teilen.

Lesen Sie auch: Wie man MS vorbeugen kann

Umgang des Umfelds mit der Erkrankung

Minas Umfeld reagiert unterschiedlich auf ihre MS-Erkrankung. Ihre Mutter ist ängstlicher und vorsichtiger geworden, während ihr Vater ihr Mut zuspricht. Mina selbst ist es wichtig, dass sich ihre Mitmenschen ihr gegenüber nicht anders verhalten, nur weil sie MS hat. Sie schätzt es, wenn die Krankheit in den Hintergrund rückt und ihre Freunde und Kollegen das Thema manchmal vergessen.

Medikation und Nebenwirkungen

Die Behandlung von MS ist individuell und vielfältig. Mina nimmt Medikamente ein, die jedoch auch Nebenwirkungen haben. Seit der Einnahme hat sich ihr Hautbild verschlechtert, ihre Haare werden schneller fettig und ihre Augen haben sich verschlechtert, sodass sie eine Brille tragen muss.

Ratschläge für andere Betroffene

Mina rät anderen MS-Betroffenen, sich nicht zu isolieren und sich Unterstützung zu suchen. "Wer alleine bleibt, vergräbt sich immer tiefer in das Krankheitsbild und das ist psychisch wirklich schwer zu ertragen", betont sie. Es ist wichtig, über die Krankheit zu sprechen und die eigenen Gefühle zu verarbeiten, um sie akzeptieren zu können.

"Carpe diem": Veränderte Lebenseinstellung

Die Diagnose MS hat Minas Einstellung zum Leben verändert. Obwohl sie im Job immer noch hohe Ansprüche an sich selbst stellt, ist ihr bewusst geworden, wie kurz das Leben sein kann und dass sie die Zeit bestmöglich nutzen möchte. Sie hat eine Bucketlist erstellt mit Dingen, die sie noch erleben und wohin sie reisen möchte. Ihr größter Wunsch ist es, eigene Kinder zu haben.

Weitere Erfahrungsberichte und Perspektiven

Neben Mina gibt es zahlreiche andere MS-Betroffene, die ihre Erfahrungen teilen und anderen Mut machen. Blogs, Podcasts und soziale Medien bieten Plattformen für den Austausch und die Information über MS.

Lesen Sie auch: MS und Rückenschmerzen: Ein Überblick

MS & wir: Patientenblogger berichten

Die Patientenblogger Sandra, Shi, Louisa und Ricky berichten auf "MS & wir" von ihren individuellen Geschichten mit MS. Sie geben Einblicke in ihren Alltag, ihre Herausforderungen und ihre Strategien zur Krankheitsbewältigung.

#MSundIchMotiviert: Mut machende Geschichten

Unter dem Hashtag #MSundIchMotiviert werden Geschichten von Menschen mit MS geteilt, die trotz ihrer Erkrankung ein erfülltes Leben führen. Solly2002 erhielt die Diagnose MS im Alter von 24 Jahren und ließ sich nicht davon entmutigen, ihren Traumjob zu verfolgen. Maren Hirschberg erhielt ihre Diagnose erst Jahre nach den ersten Symptomen, stellte ihr Leben jedoch neu auf und fand neue Perspektiven.

Beneath the Surface: Unsichtbare Symptome

Die Reihe "Beneath the Surface" beleuchtet die unsichtbaren Symptome von MS, wie Wahrnehmungs- und Gedächtnisstörungen oder Brain Fog. Diana Frustaci erhielt ihre Diagnose mit 20 Jahren und teilt ihre Erfahrungen im Umgang mit diesen oft unterschätzten Beschwerden.

Angehörige im Gespräch

Auch Angehörige von MS-Betroffenen kommen zu Wort und berichten über ihre Erfahrungen. Ute, die Mutter von Samira, erzählt, wie die MS-Diagnose ihre Beziehung zu ihrer Tochter noch enger und stärker gemacht hat. Sie betont, wie wichtig es ist, die Grenzen der Betroffenen zu respektieren und ihnen unterstützend zur Seite zu stehen.

Umgang mit der Diagnose im sozialen Umfeld

Viele MS-Betroffene stehen vor der Frage, wie sie mit ihrer Diagnose im sozialen Umfeld umgehen sollen. Ängste vor Stigmatisierung, Diskriminierung oder sozialer Isolation können eine offene Kommunikation erschweren. Nele, die seit 2004 mit MS lebt, teilt ihre Erfahrungen im Umgang mit der Diagnose und ermutigt andere Betroffene, offen darüber zu sprechen.

Tipps und Ratschläge für Betroffene und Angehörige

  • Information und Aufklärung: Informieren Sie sich umfassend über MS, um die Erkrankung besser zu verstehen und informierte Entscheidungen treffen zu können.
  • Austausch und Unterstützung: Suchen Sie den Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen, um sich gegenseitig zu unterstützen und voneinander zu lernen.
  • Psychologische Betreuung: Nehmen Sie bei Bedarf psychologische Hilfe in Anspruch, um die Diagnose zu verarbeiten und Strategien zur Krankheitsbewältigung zu entwickeln.
  • Work-Life-Balance: Achten Sie auf eine ausgewogene Work-Life-Balance, um Stress zu reduzieren und Ihr Wohlbefinden zu fördern.
  • Körperliche Aktivität: Bleiben Sie körperlich aktiv, um Ihre Muskeln zu stärken und Ihre Beweglichkeit zu erhalten.
  • Grenzen respektieren: Achten Sie auf Ihre körperlichen und psychischen Grenzen und nehmen Sie sich ausreichend Ruhe.
  • Offene Kommunikation: Sprechen Sie offen über Ihre Erkrankung und Ihre Bedürfnisse, um Unterstützung von Ihrem Umfeld zu erhalten.
  • Positive Lebenseinstellung: Versuchen Sie, eine positive Lebenseinstellung zu bewahren und sich auf die Dinge zu konzentrieren, die Ihnen Freude bereiten.

tags: #Multiple #Sklerose #Erfahrungsberichte #Betroffene