Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark betrifft. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark, die zu Lähmungen und anderen neurologischen Symptomen führen können. Während die Auswirkungen von MS auf das Nervensystem gut dokumentiert sind, rücken die Zusammenhänge mit anderen Gesundheitsproblemen, insbesondere dem Blutdruck, zunehmend in den Fokus.
Bluthochdruck bei MS-Patienten: Ein erhöhtes Risiko
Studien deuten darauf hin, dass Menschen mit MS ein höheres Risiko für Bluthochdruck (Hypertonie) haben. Eine Studie der Case Western Reserve University in Cleveland (USA) ergab, dass MS-Patienten ein um 48 Prozent erhöhtes Risiko für Bluthochdruck aufweisen als die allgemeine Bevölkerung. Dieses erhöhte Risiko bleibt auch im Vergleich zu Personen mit anderen neurologischen Erkrankungen, die ebenfalls die Myelinschicht der Nervenzellen schädigen, bestehen.
Mögliche Ursachen für das erhöhte Risiko
Die genauen Gründe für das gehäufte Auftreten von Bluthochdruck bei MS-Patienten sind noch nicht vollständig geklärt. Eine mögliche Erklärung ist, dass Bluthochdruck die Blut-Hirn-Schranke stören kann, die bei MS ohnehin beeinträchtigt ist. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass andere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes bei MS-Patienten nicht häufiger vorkommen als in der Kontrollgruppe.
Die Bedeutung der Blutdruckkontrolle bei MS
Unabhängig von der Ursache ist es entscheidend, Bluthochdruck bei MS-Patienten frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Eine Studie von Wissenschaftlern aus Argentinien deutet darauf hin, dass Bluthochdruck den Verlauf der MS negativ beeinflussen und zu einem größeren Ausmaß an Behinderungen führen kann.
Auswirkungen von MS auf das Herz
Die Auswirkungen von MS beschränken sich nicht nur auf das Nervensystem. Auch das Herz von MS-Patienten kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Forscher haben festgestellt, dass viele, meist junge, MS-Patienten verstärkt unter Herzproblemen leiden, vermutlich aufgrund eines erkrankten Herzmuskels.
Lesen Sie auch: MS-Medikamente im Detail erklärt
Frühere Studien
Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass MS mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzversagen in den ersten Jahren nach der Diagnose verbunden ist.
Beeinträchtigung der Herzfunktion
Mithilfe neuer echokardiografischer Diagnosewerkzeuge konnten Forscher zeigen, dass MS-Patienten deutlich stärkere Beeinträchtigungen der rechten und linken Herzhälften aufweisen als gesunde Probanden. Konkret zeigten sich eine verminderte systolische Funktion (während des Herzschlags) und eine geringere diastolische Funktion (in der Ruhephase zwischen den Schlägen) in der linken Hauptkammer. Auch die Funktion des linken Vorhofs und die systolische Aktivität der rechten Hauptkammer waren beeinträchtigt.
Ursachenforschung
Als Ursache für die gehäuften Herzprobleme bei MS-Patienten vermuten die Forscher veränderte Muskeleiweiße, die auch im Herzmuskel vorhanden sind.
Empfehlungen für die Behandlung
Die Forscher betonen, dass Ärzte den Herzen von Menschen mit MS insgesamt mehr Aufmerksamkeit schenken sollten. Ein interdisziplinäres Team, das auch einen Kardiologen umfasst, ist ideal, um Störungen der Herz-Kreislauf-Funktion frühzeitig zu erkennen und ein lebensbedrohliches Herzversagen zu verhindern. Neuere Diagnosetechniken mittels Ultraschall sind hierfür gut geeignet.
Blutdrucksenkende Medikamente und MS: Eine vielversprechende Verbindung
Heidelberger Wissenschaftler haben einen neuen Signalweg von Gehirnzellen entdeckt, der erklärt, wie weitverbreitete Blutdruckmittel Entzündungsherde bei MS eindämmen können. Ihre Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Angiotensin II, ein Molekül, das den Blutdruck reguliert, die Entzündungen im Gehirn fördert. Die Blockade der Angiotensin-Rezeptoren mit dem oral verabreichten Blutdruckmittel Candesartan führte im Tiermodell zu einer Reduktion der Entzündungsreaktion und zur Rückbildung von Lähmungserscheinungen.
Lesen Sie auch: Wie man MS vorbeugen kann
Der TGF-beta-Signalweg
Die Forscher wiesen nach, dass Angiotensin seine Information an die Zelle über einen Anstieg des Botenstoffes Transforming-Growth-Factor beta (TGF-beta) weitergibt. Dieser bisher unbekannte „Netzwerkpfad“ zwischen Angiotensin und TGF-beta könnte einen wichtigen Schlüssel zur Behandlung von MS darstellen.
Gesundheitsökonomische Bedeutung
Da AT1R-Blocker bereits häufig zur Blutdrucksenkung verschrieben werden und ein bekanntes Sicherheitsprofil haben, könnten sie möglicherweise auch bei MS-Patienten mit einem anderen Behandlungsziel eingesetzt werden. Dies hätte eine große gesundheitsökonomische Bedeutung, da es sich um preiswerte Medikamente mit nachgewiesenem Sicherheitsprofil handelt.
Kortikosteroide und Blutdruck bei MS-Rückfällen
Rückfälle bei MS werden häufig mit einer hochdosierten Kortikosteroid-Pulstherapie behandelt. Es ist bekannt, dass Kortikosteroide den Blutdruck erhöhen können. Eine kanadische Studie untersuchte den Effekt hochdosierter Kortikosteroide auf den Blutdruck bei MS-Rückfällen und welche Faktoren die Entwicklung akuten Bluthochdrucks beeinflussen.
Ergebnisse der Studie
Die Studie ergab, dass MS-Patienten ein Risiko für erhöhten Blutdruck bei hochdosierter Kortikosteroid-Pulstherapie wegen eines Rückfalls haben. Besonders betroffen sind Patienten mit eigener Bluthochdruckhistorie oder entsprechender Familienanamnese.
Telemetrie zur Blutdruckkontrolle bei immobilen Patienten
Für immobile Patienten mit MS, wie beispielsweise die Mutter eines besorgten Angehörigen in einem der Ausgangstexte, bietet sich die Telemetrie zur Blutdruckkontrolle an. Bei dieser Methode sendet ein Blutdruckgerät die Messwerte automatisch per Bluetooth an ein Handy, das die Daten per SMS an eine Datenbank übermittelt, auf die der Arzt jederzeit zugreifen kann. Dies ermöglicht eine engmaschige Überwachung der Blutdruckentwicklung zu Hause und eine Anpassung der Medikamentendosis durch den Arzt per Telefon.
Lesen Sie auch: MS und Rückenschmerzen: Ein Überblick
Paroxysmale Symptome bei MS
Paroxysmale Symptome sind plötzlich auftretende, kurze (maximal wenige Minuten dauernde), aber wiederkehrende Beschwerden. Sie können sich als einschießende Schmerzen, plötzliche Gefühls-, Sprech- oder Bewegungsstörungen oder seltener auch als Juckreiz äußern.
Therapieziele
Ziel der Therapie ist die Vermeidung der jeweiligen Symptome ohne Beeinträchtigung des Patienten durch die Therapie und damit die Steigerung der Lebensqualität.
Nicht-medikamentöse Therapie
Es kann hilfreich sein, ein Tagebuch zu führen, um auslösende Situationen zu erkennen und gegebenenfalls zu reduzieren. Bei einem Uhthoff-Phänomen (Wärmeempfindlichkeit) sollten Patienten Wärme meiden und kühlende Maßnahmen ergreifen.
Medikamentöse Therapie
Die meisten paroxysmalen Symptome lassen sich gut mit Medikamenten behandeln. Eingesetzt werden Antiepileptika wie Carbamazepin, Gabapentin oder Lamotrigin.
Ataxie und Tremor bei MS
Die MS-bedingte Ataxie bezeichnet Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen. Tremor ist eine Form ataktischer Bewegungsstörungen und bezeichnet das gleichmäßige Zittern eines Körperteils oder des gesamten Körpers.
Therapieziele
Ziel der Therapie ist die Verbesserung der Feinmotorik, der Erhalt der Gehfähigkeit und die Steigerung der Selbstständigkeit im Alltag.
Nicht-medikamentöse Therapie
Basis der Behandlung ist eine intensive Physiotherapie, kombiniert mit Ergotherapie. Entspannungstechniken und Hilfsmittel können den Alltag erleichtern.
Medikamentöse Therapie
Medikamente sind wenig hilfreich und können erhebliche Nebenwirkungen haben. Sie werden erst versucht, wenn nicht-medikamentöse Therapien versagen.
Blasenstörungen bei MS
Neurogene Blasenstörungen gehören zu den häufigsten Begleiterscheinungen der MS. Sie lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Detrusor-Hyperreflexie (überaktive Blase), Blasen-Hyporeflexie (verzögerte Blasenentleerung) und Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie (unkoordinierte Aktivität von Blasenmuskulatur und Schließmuskel).
Therapieziele
Ziel der Therapie ist die Verbesserung der Speicherfunktion der Blase, ihre möglichst vollständige Entleerung, die Normalisierung des Harndrangs und die Vermeidung von Komplikationen.
Nicht-medikamentöse Therapie
Regelmäßiges Trinken, regelmäßige Toilettengänge, Kontrolle von Trink- und Urinmenge durch ein Tagebuch und Beckenbodengymnastik können Blasenfunktionsstörungen günstig beeinflussen.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Behandlung umfasst - je nach Art der Funktionsstörung - Anticholinergika, Alphablocker, Antispastika oder Desmopressin.
Sport und Bewegung bei MS
Regelmäßige Bewegung ist für Menschen mit MS von großer Bedeutung. Es gibt eine Vielzahl von Sportarten, die sich für MS-Patienten eignen, darunter Aqua-Gymnastik, Bewegungslehren wie Eutonie, Feldenkrais, Qigong, Tai Chi und Yoga, Fitness/Aerobic, Gerätetraining, Golf, Gymnastik, Kampfsport, Kanufahren/Paddeln, Klettern, Laufen/Joggen, Nordic Walking, Radfahren und Reiten.
Aqua-Gymnastik
Aqua-Gymnastik kräftigt und mobilisiert den Körper und ist ein effektives Herz-Kreislauf-Training. Sie ist besonders gut geeignet, um das Gangmuster und die Ausdauer zu verbessern.
Bewegungslehren
Bewegungslehren wie Eutonie, Feldenkrais, Qigong, Tai Chi und Yoga stärken das innere Gleichgewicht, erhöhen die Körperwahrnehmung und können MS-Symptome wie Spastik, Depressionen oder Fatigue lindern.
Radfahren
Radfahren stärkt Ausdauer und Kraft und wirkt der motorischen Fatigue entgegen. MS-Patienten können ihren Gleichgewichtssinn trainieren und jene Muskeln, die für das Gehen bedeutend sind. Bei Gleichgewichtsproblemen kann ein Dreirad für Erwachsene (Trike) eine gute Alternative sein.
tags: #multiple #sklerose #blutdruck #zusammenhang