Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die sich meist im jungen Erwachsenenalter entwickelt. Die genauen Ursachen sind noch nicht endgültig geklärt, aber sowohl eine erbliche Veranlagung als auch verschiedene Auslöser wie Umweltfaktoren und Lebensstil spielen eine Rolle. Die Krankheit äußert sich in verschiedenen Verlaufsformen, wobei mehr als 80 Prozent der Patienten anfänglich unter einer schubförmigen MS leiden.
Die Symptome der MS können die Lebensqualität der Patienten stark negativ beeinflussen. Neben den körperlichen Einschränkungen sind es vor allem Symptome wie Fatigue, kognitive Probleme, Depressionen oder Angst, die als besonders belastend erlebt werden.
In diesem Artikel werden wir den Zusammenhang zwischen Multiple Sklerose und Drogenkonsum näher beleuchten. Dabei werden wir uns sowohl mit dem potenziellen Missbrauch von Alkohol und Drogen bei MS-Patienten befassen als auch die therapeutischen Einsatzmöglichkeiten von Cannabis und anderen Substanzen diskutieren.
Alkohol- und Drogenmissbrauch bei MS-Patienten
In größeren Kollektiven von MS-Patienten wurde die Rolle von Alkohol- und Drogenmissbrauch bislang noch nicht ausreichend erforscht. Eine Studie fand jedoch Hinweise auf einen möglichen Alkoholmissbrauch oder eine Abhängigkeit bei 14 Prozent der Probanden. 7,4 Prozent gaben an, im vorangegangenen Monat Drogen oder verschreibungspflichtige Medikamente missbräuchlich verwendet zu haben.
Exzessiver Alkohol- und Drogenkonsum waren bei jüngeren Patienten häufiger, ebenso bei Probanden mit weniger schwerer Behinderung durch die MS, bei noch Beschäftigten und bei eher Depressiven. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die meisten Patienten mit Alkoholproblemen Interesse daran zeigten, diese zu reduzieren oder ganz zu beheben.
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Cannabis und Cannabinoide in der MS-Therapie
Die möglichen Einsatzgebiete von Cannabis bei neurologischen Erkrankungen sind vielfältig, doch nur für wenige Indikationen liegt eine ausreichende Studienlage vor. Cannabis enthält verschiedene Wirkstoffe, die Cannabinoide, die unter anderem eine muskelentspannende und schmerzlindernde Wirkung haben und mittlerweile bei bestimmten Erkrankungen auch als Medikament verschrieben werden können.
Zu den Indikationen, bei denen medizinisches Cannabis zugelassen ist, gehören auch mittelschwere bis schwere spastische Lähmungen und Krämpfe bei Multipler Sklerose (MS). Cannabis wirkt hier schmerzlindernd und entspannend. Patienten mit Multipler Sklerose (MS), die unter einer mittelschweren bis schweren Spastik leiden, können daher von einer Therapie mit medizinischem Cannabis profitieren.
In Deutschland können Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung Cannabisblüten und -extrakte sowie synthetische Cannabinoide zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden. Die Zulassung von medizinischem Cannabis beinhaltet keine Festlegung auf eine Indikation und ist somit auch für Patienten mit neurologischen Erkrankungen, Schmerzpatienten, onkologischen Patienten und anderen internistischen Krankheiten relevant.
Mit Sativex® ist seit Mai 2011 bislang lediglich ein Cannabinoid-basiertes Arzneimittel speziell für MS zugelassen, welches zur symptomatischen Therapie der Spastik verwendet werden soll. Hierbei handelt es sich um einen Cannabisextrakt als Mundspray, welches eine Kombination aus THC und Cannabidiol (CBD) enthält. Darüber hinaus war es bereits möglich, dass Cannabisprodukte off-label durch Ärzte verschrieben wurden, also ohne dem von der Arzneimittlebehörde zugelassenen Gebrauch bzw. Verwendungszweck zu entsprechen. So wird Sativex® teilweise auch (off-label) eingesetzt, um andere Symptome, wie etwa Schmerz, zu lindern.
Eine aktuelle Auswertung des MS-Registers der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft zeigt, dass Sativex deutlich häufiger als andere Einnahmeformen verwendet wird. Die überwiegende Mehrzahl der im Register dokumentierten Sativex®-Nutzer ist von Spastik betroffen. Bei lediglich zwei Prozent der Sativex®-Nutzer wurde Spastik als durchgehend „nicht-vorhanden“ angegeben. In diesen Fällen ist eine Off-Label-Therapie, etwa von Schmerzen, anzunehmen.
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Die Begleiterhebung zur Verschreibung und Anwendung von Cannabisarzneimitteln, durchgeführt vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), zeigt ein differenziertes Bild der Verschreibung. Für die Hauptindikation Multiple Sklerose werden Cannabisblüten und Dronabinol vorrangig verordnet. In geringem Umfang wird auch Cannabisextrakt verschrieben.
Beim Blick auf die Demografie zeigt sich, dass In-Label Sativex®-Nutzer im Durchschnitt etwas älter sind. Vergleicht man die Symptomatik bei der letzten Visite, so sind Sativex-Anwender über alle Symptome hinweg deutlich schwerer betroffen als andere Menschen mit MS. Bei den Symptomen waren die Unterschiede neben der zu erwartenden Spastik bei Schmerzen und bei Einschränkungen des Gehvermögens besonders ausgeprägt.
Insgesamt zeigt die Auswertung der MS-Registerdaten, dass Sativex-Nutzer älter sind und eine weiter fortgeschrittene Erkrankung haben. Auffällig ist, dass der Effekt nicht auf das zulassungsrelevante MS-Symptom Spastik beschränkt ist. Vielfach sind Patienten von mehreren Symptomen betroffen.
Weitere Substanzen in der Diskussion
Neben Cannabis werden auch andere Substanzen auf ihr therapeutisches Potenzial bei MS untersucht. Dazu gehören beispielsweise Ecstasy (MDMA) und LSD.
Ecstasy wird von einigen Forschern bei der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen eingesetzt. Es soll Veteranen des Irakkriegs helfen, sich leichter vom Schrecken des Bombenterrors zu erholen. Dieser Ansatz ist jedoch umstritten, da unklar ist, wie sehr und wie lange MDMA die Denkfähigkeit des Patienten beeinträchtigt.
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LSD wird von einigen Forschern als Mittel zur Behandlung von Alkoholabhängigkeit untersucht. Eine Studie aus den sechziger Jahren zeigte, dass über 60 Prozent der so behandelten Trinker abstinent wurden. Ob das tatsächlich funktioniert, blieb bis heute unbewiesen. Belegt ist hingegen, dass LSD bleibende Psychosen auslösen kann.
Risikofaktoren und Lebensstil
Neben der genetischen Veranlagung spielen auch verschiedene Umweltfaktoren und der Lebensstil eine Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf von MS. Zu den Risikofaktoren gehören:
- Rauchen: Studien belegen, dass Raucher*innen mit rund 50 Prozent ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko haben als Menschen, die nicht rauchen.
- Vitamin-D-Mangel: Mangelnde Sonneneinstrahlung und ein damit verbundener Vitamin-D-Mangel werden als Risikofaktor für MS vermutet.
- Ungesunder Lebensstil: Vor allem in Industrieländern tritt die chronisch-entzündliche Erkrankung gehäuft auf, was auf einen Zusammenhang mit dem westlichen Lebensstil hindeutet.
- Ernährung: Es gibt Hinweise darauf, dass eine salzreiche Ernährung und der Konsum von Milchprodukten das MS-Risiko erhöhen können.
- Hormonelle Schwankungen: Hormonelle Schwankungen können MS-Symptome verstärken.
- Stress: Stress scheint den Krankheitsverlauf zu verschlimmern und die Beschwerden während akuter Schübe zu verstärken.
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