Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, von der weltweit etwa 2,8 Millionen Menschen betroffen sind. Die Krankheit verläuft sehr unterschiedlich und äußert sich bei jedem Betroffenen anders. Dieser Artikel beleuchtet das Leben mit MS anhand persönlicher Berichte von Betroffenen, die trotz ihrer Erkrankung ihren Alltag meistern, ihre Träume verfolgen und anderen Mut machen.
Was ist Multiple Sklerose?
Multiple Sklerose, kurz MS, ist eine bisher unheilbare, chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems (ZNS). Dabei entstehen multiple Entzündungsherde über Hirn und Rückenmark verstreut. Die Folgen der Entzündungen des ZNS sind individuelle Empfindungs- und Bewegungsstörungen, da Nervenreize und Befehle, die von Gehirnzellen an Muskeln oder Organe gesendet werden, verzögert oder gar nicht mehr an ihrem Zielort ankommen.
Vielfältige Erfahrungen, Gemeinsame Stärke
MS Betroffene empfinden MS nicht in der gleichen Art und Weise - jeder MS Schub ist für jeden Menschen anders. Die Krankheit hat viele Gesichter, wie Sehstörungen, Taubheitsgefühle und Müdigkeit. Jeder Betroffene erlebt die Nervenkrankheit anders. Trotz der Herausforderungen, die MS mit sich bringt, berichten viele Patienten von einem erfüllten Leben.
Lara Kristin: Reisen mit MS
MS-Patientin Lara Kristin reist besonders gern durch Asien. Sie zeigt, dass MS kein Hindernis für die Erfüllung von Reiseträumen sein muss.
Nicole Kraß: Tauchen als Leidenschaft
Nicole Kraß lebt mit MS und liebt das Tauchen. Ihre Geschichte verdeutlicht, dass auch mit MS sportliche Aktivitäten und Hobbys weiterhin möglich sind.
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Claudia: Vom MS-Schock zum IT-Studium
Claudia erhielt 2011 die Diagnose MS und kam eher zufällig zum IT-Studium. Ihre Geschichte zeigt, dass MS neue Wege eröffnen kann.
Katrin Elsmann: Singen als Kraftquelle
Katrin Elsmann hat sich einen Traum erfüllt und ihr Singen professionalisiert. Aus ihren Auftritten zieht sie viel Kraft für den Alltag.
Diagnose und Akzeptanz
Der Moment der Diagnose ist oft ein Schock. Viele Betroffene fühlen sich, als würde ihnen der Boden unter den Füßen weggerissen. Eine junge Frau berichtet von ihrer Erfahrung: "Als mein Neurologe mir die Diagnose der schubförmigen MS stellte, gab es weder Mitgefühl, ein Gespräch zu Unterstützungsmöglichkeiten oder eine Erklärung dazu, was die Krankheit MS bedeutet und was ich zu erwarten hätte. In dem Moment der Diagnose fühlte ich mich als würde mir der Boden unter den Füßen weggerissen und ich fiel in ein dunkles, schwarzes Loch."
Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen, die Krankheit zu akzeptieren und sich professionelle Hilfe zu suchen. Eine Psychologin kann helfen, mit der Situation umzugehen und auf das körperliche und psychische Wohlbefinden zu achten. Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen oder Foren kann ebenfalls sehr hilfreich sein.
Mina C.: Drei Jahre Leben mit MS
Mina C. erhielt ihre Diagnose mit 27 Jahren. Sie erzählt, dass ihre Füße angefangen haben zu kribbeln, bis sie nach einer Woche komplett taub waren. MRT-Untersuchungen zeigten große Entzündungsherde in Rückenmark, Nacken und Hirn. Sie brauchte gut zwei Jahre, um die Krankheit zu akzeptieren.
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Umgang mit Symptomen und Einschränkungen
MS kann sich durch vielfältige Symptome äußern, wie Sehstörungen, Taubheitsgefühle, Müdigkeit, Konzentrationsschwächen und Schmerzen. Viele Betroffene müssen ihren Lebensstil anpassen, um mit den Einschränkungen umzugehen.
Hitzeempfindlichkeit
Viele Multiple Sklerose-Erkrankte haben mit einer Verschlechterung ihrer Symptome zu kämpfen und fragen sich, wie sich die hohen Temperaturen auf den Krankheitsverlauf auswirken können. Im Interview mit dem Bundesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft erklärt Prof. Dr. med. Peter Flachenecker, was die unangenehmen Begleiterscheinungen der Sommerhitze lindern kann und nennt einfache Maßnahmen für eine Abkühlung. Viele MS-Erkrankte kennen das: Bei hohen Temperaturen verstärken sich ihre Krankheitssymptome. Sie fühlen sich schlapp, müde und benommen oder bemerken eine Verschlechterung ihrer MS-Symptome, wie zum Beispiel eine erhöhte Fatigue, Sehstörungen und eine Abnahme der motorischen Fähigkeiten.
Tipps für den Umgang mit Hitze
- Körperliche Anstrengungen in der Hitze vermeiden
- Sich nicht der prallen Sonne aussetzen
- Sich im Schatten oder in klimatisierten Räumen aufhalten
- Räume vernünftig lüften (tagsüber Rollladen runter und Fenster geschlossen halten, frühmorgens und abends gut durchlüften)
- Kühlwesten verwenden
- Füße und Arme in kaltes Wasser tauchen
- Kühle Umschläge bei Spastik
- Viel trinken
Partnerschaft, Familie und Beruf
MS kann auch Auswirkungen auf Partnerschaft, Familie und Beruf haben. Es ist wichtig, offen mit der Erkrankung umzugehen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Angehörige als Helden
Als Betreuer eines MS Patienten kann es schnell passieren, dass man sich unscheinbar fühlt, aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir die insgeheimen Helden sind. Als meine Partnerin ihre MS Diagnose erhielt, wirkte sie zunächst erleichtert - weil wir endlich wussten, was mit ihr nicht stimmte. Ich habe mir Gedanken über die Zukunft gemacht, aber sie versicherte mir, dass ihr Fall in den Griff zu bekommen wäre. Seitdem ich meine Partnerin pflege, tue ich mein Bestes um jede Sekunde eines jeden Tages zu nutzen, den wir gemeinsam als Familie haben.
Kinderwunsch trotz MS
Trotz meiner Erkrankung an MS war ich fest entschlossen noch ein weiteres Kind zu bekommen. In enger Abstimmung mit meinem betreuenden Arzt brachte ich vor Kurzem meinte Tochter zur Welt.
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Berufliche Herausforderungen
Ich wollte für die Regierung Deutsch unterrichten, aber wurde aufgrund meiner MS nicht eingestellt.
Empowerment und Lebensqualität
Trotz der Herausforderungen, die MS mit sich bringt, ist es wichtig, sich nicht von der Krankheit bestimmen zu lassen. Viele Betroffene berichten, dass sie durch MS sogar positiver geworden sind und ihr Leben mehr schätzen.
Solly2002: Diagnose mit 24
Solly erhielt die Diagnose MS mit 24 Jahren, als sie ihren Traumjob gefunden hatte. 2021 folgte die Diagnose SPMS. Trotzdem lässt sie sich nicht entmutigen.
Katja Kerschgens: Leben mit MS seit über 25 Jahren
Katja Kerschgens lebt seit über 25 Jahren mit MS. Sie sagt von sich selbst: „Ich bin nicht krank."
André Ringendahl: Sport als Ausgleich
André Ringendahl lebt seit 2013 mit der Diagnose MS. Sport war schon immer seine Leidenschaft und ein wichtiger Ausgleich in seinem Leben - umso mehr seit seiner Diagnose.
Mina C.: Carpe diem
Im Großen und Ganzen ist mir durch die Diagnose aber bewusst geworden, wie kurz das Leben sein kann und dass ich die Zeit bestmöglich nutzen möchte. Ich habe mir schon eine große Bucketlist gemacht, was ich in meinem Leben noch alles machen will und wohin ich reisen möchte. Mein größter Wunsch ist es, eigene Kinder zu haben, um die ich mich kümmern kann. Ich liebe Kinder.
Patienten-Empowerment
Weder die Krankheit noch meine Ärzteinnen sollten mir weiterhin das Gefühl geben, dass ich machtlos bin und etwas hinnehmen muss. …und sich machtlos der Krankheit, dem Schicksal und den Ärzteninnen ausgeliefert fühlte. Ich muss nicht akzeptieren, dass jemand mir eine Diagnose an den Kopf wirft und mir Medikamente verordnet. Ich bin keine Zuschauerin meines eigenen Behandlungskonzepts, sondern kann meine neue Rolle als Patientin selbst definieren. Daher ist mir Patienten-Empowerment ganz besonders wichtig. Diese innere Stärke haben alle Patient*innen bereits in sich. Dennoch musste ich selbst auf einem langen, harten Weg lernen, mutiger zu sein, damit ich meine innere Stärke mehr und mehr sehen konnte. Statt eingeschüchtert und passiv in Arztterminen zu sitzen, lernte ich, Fragen zu stellen und mich nicht abwimmeln zu lassen. Erst dann verstand ich wirklich, was in meinem Körper passiert, wie ich ihn stärken und positiv beeinflussen kann. Seitdem ich meine Entscheidungen auf Basis von Wissen bewusst treffe, fühle ich mich so viel stärker! Diese neue Energie tut mir gut und ich kann sie dafür nutzen, auch mein inneres Wohlbefinden weiter zu stärken.
Ratschläge für Betroffene
- Sich nicht alleine vergraben, sondern Unterstützung suchen
- Mit anderen Betroffenen austauschen
- Offen über die Erkrankung sprechen
- Auf das körperliche und psychische Wohlbefinden achten
- Sich nicht von der Krankheit bestimmen lassen
- Die eigenen Grenzen erkennen und respektieren
- Das Leben bewusst genießen