Multiple Sklerose in Deutschland: Aktuelle Zahlen und Fakten

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die Gehirn und Rückenmark betrifft. In Deutschland leben über 280.000 Menschen mit MS, wobei die Erkrankung meist im jungen Erwachsenenalter auftritt. Die MS ist eine Erkrankung mit vielen Gesichtern, was die Diagnose oft erschwert.

Prävalenz und Inzidenz von MS in Deutschland

Die bisherigen Schätzungen zur Anzahl der MS-Patienten in Deutschland basierten auf veralteten Daten. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher liegt.

Aktualisierte Prävalenzzahlen

Eine ältere Zahl von 120.000 MS-Patienten in Deutschland kursierte lange in den Statistiken. Diese Zahl basierte jedoch auf einer 40 Jahre alten Erhebung in Niedersachsen. Aktuelle Daten deuten auf eine deutlich höhere Prävalenz hin. Der Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) aktualisierte im Jahr 2015 die Zahlen und kam zu dem Ergebnis, dass etwa 223.000 gesetzlich Versicherte aufgrund von MS behandelt wurden. Unter Berücksichtigung der Privatversicherten könnte die Gesamtzahl der MS-Kranken in Deutschland bei etwa 240.000 liegen - doppelt so hoch wie bisher angenommen.

Anstieg der MS-Prävalenz

Der Versorgungsatlas stellte zudem einen Anstieg der MS-Zahlen um 29 Prozent innerhalb von nur sechs Jahren fest. Dieser Anstieg könnte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein:

  • Bessere Diagnostik: Fortschritte in der medizinischen Diagnostik ermöglichen eine frühere und genauere Diagnose von MS.
  • Wirksamere Therapie: Moderne Therapien verbessern die Lebensqualität und Lebenserwartung von MS-Patienten.

Regionale Unterschiede

Auffällig sind auch die Unterschiede in der MS-Prävalenz zwischen Ost- und Westdeutschland. Die Gründe für diese regionalen Unterschiede sind noch nicht vollständig geklärt.

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Zunehmende Inzidenz

Neben der Prävalenz steigt auch die Inzidenz von MS, also die Anzahl der Neuerkrankungen pro Jahr. Die Ursachen für diesen Anstieg sind weitgehend unklar. Es wird vermutet, dass die Zunahme von Autoimmunerkrankungen insgesamt und ein Rückgang schwerer Infekte eine Rolle spielen könnten.

Risikofaktoren und Ursachen

Die genauen Ursachen für MS sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird von einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren ausgegangen (multifaktorielle Entstehung). Dazu gehören genetische Veranlagung, Umweltfaktoren und das Immunsystem.

Vitamin D und MS-Risiko

In den letzten Jahren wurde vermehrt die Verbindung zwischen Vitamin D und MS untersucht. Eine dänische Studie zeigte, dass Kinder mit niedrigen Vitamin-D-Spiegeln bei der Geburt später doppelt so häufig an MS erkranken wie Kinder mit normalen Werten. Eine finnische Studie bestätigte diesen Zusammenhang und zeigte, dass für jede Erhöhung der Vitamin-D-Spiegel um 50 nmol/l das MS-Risiko um 39 Prozent sinkt.

Rauchen und MS

Rauchen hat einen negativen Einfluss auf den Verlauf von MS. Eine dänische Studie mit 834 Interferon-beta-behandelten Patienten zeigte, dass die Schubrate bei Rauchern um 20 Prozent erhöht war. Rauchen sollte daher von MS-Patienten unbedingt vermieden werden.

Genetische Faktoren

Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle bei der Entstehung von MS. Es wird jedoch nicht die Krankheit selbst vererbt, sondern lediglich eine Neigung, an MS zu erkranken (Prädisposition).

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Das Immunsystem

Das Immunsystem spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung von MS. Bei MS richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper und greift die Myelinscheiden der Nervenfasern an.

Symptome und Diagnose

Die MS ist eine Erkrankung mit vielfältigen Symptomen, was die Diagnose oft erschwert. Es gibt nicht den einen MS-Test, der die Diagnose zweifelsfrei beweist.

Häufige Symptome

Zu den häufigsten Symptomen von MS gehören:

  • Gefühlsstörungen (Kribbeln, Taubheitsgefühle)
  • Lähmungen
  • Sehstörungen (verschwommenes Sehen, Doppelbilder)
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Müdigkeit (Fatigue)
  • Muskelschwäche und verlangsamte Bewegungsabläufe
  • Erhöhte Muskelspannung (Spastik)

Diagnoseverfahren

Die Diagnose von MS basiert auf verschiedenen Untersuchungen:

  • Magnetresonanztomographie (MRT): Nachweis von Entzündungsherden im Gehirn und Rückenmark
  • Lumbalpunktion: Untersuchung des Nervenwassers
  • Evozierte Potentiale (VEP, SEP): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit

Diagnosekriterien

Zur Unterstützung der Diagnosestellung gibt es international anerkannte Diagnosekriterien (McDonald-Kriterien).

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Therapie und Behandlung

MS ist eine chronische Erkrankung, die bisher nicht heilbar ist. Es gibt jedoch verschiedene Therapieoptionen, die den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen und die Symptome lindern können.

Schubtherapie

Bei einem akuten Schub wird meist Cortison eingesetzt, um die Entzündung zu hemmen und die Symptome zu lindern.

Immuntherapie

Die Immuntherapie zielt darauf ab, das Immunsystem zu modulieren oder zu unterdrücken, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Es gibt mittlerweile gut 20 Immuntherapie-Mittel, die individuell auf den Patienten abgestimmt werden können.

Symptomatische Therapie

Die symptomatische Therapie dient dazu, die verschiedenen Symptome der MS zu lindern. Dazu gehören beispielsweise Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Medikamente gegen Schmerzen, Spastik oder Blasenstörungen.

Lebensstil und Selbstmanagement

Ein gesunder Lebensstil kann den Verlauf der MS positiv beeinflussen. Dazu gehören:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • Gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten
  • Vermeidung von Rauchen
  • Ausreichende Vitamin-D-Versorgung

Soziale Aspekte und Teilhabe

MS kann erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben. Die Krankheit kann zu Einschränkungen im Beruf, in der Familie und im sozialen Leben führen.

Soziale Folgen

Häufig zwingt die Krankheit Betroffene dazu, in Teilzeit zu arbeiten oder früher aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, was mit finanziellen Einbußen und einem höheren Armutsrisiko einhergehen kann.

Unterstützung und Rehabilitation

Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) bietet vielfältige Unterstützung für MS-Patienten und ihre Angehörigen. Dazu gehören Beratungsangebote, Selbsthilfegruppen, Rehabilitationsmaßnahmen und Informationen zu MS.

Forderungen der DMSG

Die DMSG setzt sich für eine hochwertige und flächendeckende Versorgung von MS-Patienten ein. Zu den Forderungen gehören:

  • Stärkung der Rechte von Patienten und pflegenden Angehörigen
  • Reform des Rentensystems zur besseren Absicherung von MS-Erkrankten
  • Mehr geschlechtersensible Forschung
  • Niederschwelliger Zugang zu präventiven Maßnahmen wie Rehasport und Funktionstraining

Forschung und Ausblick

Die Forschung im Bereich MS ist sehr aktiv. Ziel ist es, die Ursachen der Erkrankung besser zu verstehen, neue Therapieansätze zu entwickeln und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

MS-Register der DMSG

Das MS-Register der DMSG sammelt Daten von MS-Patienten in Deutschland, um die Versorgungssituation zu verbessern und die Forschung zu unterstützen.

KI-gestützte Plattformen

Ein internationales Konsortium unter Leitung der Charité - Universitätsmedizin Berlin entwickelt eine KI-gestützte Online-Plattform, die den Verlauf der MS individuell vorhersagen und die Therapieentscheidung erleichtern soll.

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