Lärmbelästigung durch Nachbarn ist ein häufiges Problem, das zu erheblichen Konflikten führen kann. Das Lärmempfinden ist subjektiv und hängt von Faktoren wie der Lärmquelle, der Uhrzeit, dem Ort und der persönlichen Einstellung ab. Dieser Artikel untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen, typische Streitpunkte und Strategien zur Konfliktlösung, um ein friedliches Zusammenleben zu fördern.
Lärmempfinden und seine Subjektivität
Lärm wird als unerwünschtes, lautes Geräusch wahrgenommen und subjektiv empfunden. Was für den einen als störend empfunden wird, kann für den anderen harmlos sein. Faktoren wie die Information über die Lärmquelle und die Einstellung zu ihr beeinflussen die Wahrnehmung. Im Bereich des Nachbarschaftslärms entscheiden diese Faktoren oft, ob ein Geräusch überhaupt als Lärm betrachtet wird.
Rechtliche Grundlagen und Ruhezeiten
Unnötige und unzumutbare Lärmbelästigungen werden nach § 117 des Ordnungswidrigkeitengesetzes geahndet. Die Lautstärke von Geräuschen ist messbar, da es sich um Schwingungen in Form von Schallwellen handelt. Die Stärke wird in Dezibel (dB) gemessen. Je lauter, desto störender empfinden Menschen den Lärm. In Deutschland existieren keine landesweit einheitlichen Ruhezeitenregelungen. Jedes Bundesland definiert, wann Mieter Rücksicht nehmen müssen. Typischerweise gilt die Nachtruhe von 22:00 bis 6:00 oder 7:00 Uhr; an Sonn- und Feiertagen gilt sie ganztätig. Eine festgelegte Mittagsruhe entfällt.
Typische Streitpunkte und Lösungsansätze
Musizieren: Übung macht den Meister, aber ständiges, fehlerhaftes Spielen kann die Nachbarn nerven. Deutsche Richter entscheiden, wie lange Mieter musizieren dürfen, je nach Instrument und Schallschutz. Im Allgemeinen sind zwei Stunden erlaubt. Laute Instrumente wie Klavier oder Schlagzeug sollten kürzer gespielt werden, um Nachbarn nicht zu stören.
Partylärm: Mieter haben kein Recht darauf, einmal im Monat eine rauschende Party zu veranstalten. Wer eine Party schmeißt, muss sich an die geltenden Ruhezeiten halten und vor allem nachts darauf achten, dass die Nachbarn nicht gestört werden. Gegenseitige Rücksichtnahme ist das Schlüsselwort: Wer eine Feier gibt, sollte die Nachbarn vorab informieren und um Verständnis bitten.
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Kinderlärm: Kinder dürfen in der Wohnung und im Hof spielen. Andere Mieter müssen die Geräusche akzeptieren, außer sie werden unzumutbar. Ruhezeiten sind einzuhalten. Kinderlärm haben Betroffene vor Gerichten oft wenig Chancen, insbesondere wenn der Nachwuchs noch kleiner ist.
Tiere: Ob Haustiere, Nutztiere oder Wildtiere - Geräusche, die von Tieren verursacht werden, geben häufig den Anlass für Streitigkeiten zwischen Nachbarn. Während gelegentliches Bellen noch kein Grund zum Ärger sein sollte, müssen Mieter ständiges Hundegebell nicht ertragen. Hundebellen im Nachbargarten darf in der Regel täglich nicht länger als insgesamt 30 Minuten andauern. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Köln kann oftmals sogar darauf bestanden werden, dass Hunde nicht länger als 10 bis 15 Minuten am Stück bellen. Das Bellen ist allerdings dann zu dulden, wenn die Störung ortsüblich oder unwesentlich ist.
Garten- und Heimwerkerarbeiten: Schweres Gartengerät wie Motorkettensäge, Rasenmäher oder Hochdruckwasserstrahlmaschine, Schredder oder Wasserpumpe dürfen an Werktagen nur zwischen 7:00 und 20:00 Uhr verwendet werden. Noch lautere Geräte wie Laubbläser oder Graskantenschneider dürfen werktags nur zwischen 9:00 und 13:00 Uhr oder 15:00 und 17:00 Uhr zum Einsatz kommen.
Baulärm: Wird auf dem Nachbargrundstück oder in der Nachbarwohnung umgebaut, kann dem Mieter eine Mietminderung zustehen. Dabei ist das Recht auf Mietminderung unabhängig davon, ob der Vermieter des gestörten Mieters etwas mit den Umbauten zu tun hat oder nicht. Eine Mietminderung ist jedoch nicht möglich, wenn es sich bei den Bauarbeiten um Modernisierungsmaßnahmen handelt, denen der Mieter zugestimmt hat oder, wenn die Bauarbeiten bereits beim Einzug im Gange waren und der Mieter wusste, worauf er sich einlässt.
Renovierung: Mieter haben das Recht Renovierungsarbeiten oder fällige Schönheitsreparaturen selbst durchzuführen. Solange aus den Renovierungsarbeiten kein wochenlanges Dauerprojekt wird, müssen die Nachbarn Lärmgeräusche, die in diesem Zusammenhang entstehen, hinnehmen. Der Mieter muss sich jedoch an die Ruhezeiten halten und darf während der Mittags- und Nachtruhe keine lauten Geräusche verursachen. Beauftragt der Mieter hingegen Handwerker, um die Renovierungen durchführen zu lassen, dürfen diese werktags auch während der Mittagsruhezeiten arbeiten, die die Hausordnung vorschreibt.
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Strategien zur Konfliktlösung
- Gespräch suchen: Bei Lärmbelästigung durch Nachbarn sollten Mieter zuerst das Gespräch suchen. Ist es eine einmalige Party, kann man es tolerieren. Bei wiederholter Störung ohne Einsicht des Nachbarn kann man den Vermieter informieren.
- Lärmprotokoll führen: Ein Lärmprotokoll mit Datum, Zeit und Art der Störung hilft, das Problem nachzuweisen.
- Vermieter informieren: Der Vermieter muss sicherstellen, dass die Wohnung mängelfrei ist. Permanente Lärmbelästigung kann ein Mangel sein, weshalb der Vermieter handeln muss. Er kann den lauten Nachbarn abmahnen oder kündigen.
- Ordnungsamt oder Polizei einschalten: Mieter können auch das Ordnungsamt oder die Polizei einschalten.
- Mietminderung: Besteht ein Dauerproblem durch lärmende Nachbarn trotz Eingreifen von Vermieter und Polizei, kann Mietminderung rechtens sein. Dies gilt auch bei mangelhafter Lärmdämmung. Entscheidend ist, ob objektive Lärmbelästigung vorliegt oder der Mieter überempfindlich reagiert. Dezibelwerte dienen als Richtwert. Ein Geräusch kann als Mangel gelten, auch wenn es die maximalen Dezibel unterschreitet.
Besondere Aspekte
- Altbauten: Altbauten unterliegen anderen Schallschutzvorschriften als Neubauten.
- Hausordnung: Vermieter können Lärmschutzvorgaben in der Hausordnung verschärfen, z.B. mit Mittagsruhe. Mieter müssen diese Regeln einhalten. Manche Vermieter verlängern die Nachtruhe am Wochenende.
- Zimmerlautstärke: Während Ruhezeiten sollten Geräusche auf Zimmerlautstärke sein. Das bedeutet nicht flüstern, sondern dass normale Wohngeräusche auch hörbar sind. Diese sollten außerhalb der Wohnung leise oder gar nicht mehr hörbar sein. Eine maximale Dezibelzahl ist gesetzlich nicht festgelegt. Das Landgericht Kleve entschied, dass Geräusche tagsüber nicht lauter als 40 Dezibel und nachts nicht lauter als 30 Dezibel sein dürfen.
- Trittschall: Niemand mag es, wenn der Nachbar poltert. Kindergetrampel und Straßenschuhe gelten nicht als Lärmbelästigung. Wie stark Schritte hörbar sind, hängt vom Baujahr ab.
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