Neuromuskuläre Erkrankungen, oft verkürzt als Muskelerkrankungen bezeichnet, umfassen ein breites Spektrum von Krankheiten, die Muskeln, Nervenfasern, Motoneuronen und die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln betreffen. Diese Erkrankungen können erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen haben.
Was sind neuromuskuläre Erkrankungen?
Unter dem Begriff der neuromuskulären Erkrankungen werden alle Erkrankungen des Muskels (Myopathien), seiner Nervenfasern und Neuronen (Motoneuronen) sowie Störungen der Signalübertragung zusammengefasst. Neuromuskuläre Erkrankungen beeinträchtigen somit das Zusammenspiel zwischen dem Nervensystem und den Muskeln. Dabei können verschiedene Bereiche des neuromuskulären Systems betroffen sein, einschließlich der Nerven, die Muskeln steuern, Muskelfasern selbst oder neuromuskuläre Verbindungen zwischen Nerven und Muskeln. Neuromuskuläre Erkrankungen können zu Schwäche, Bewegungsproblemen und anderen Symptomen führen.
Ursachen von Muskel-Nerven-Erkrankungen
Die Ursachen für neuromuskuläre Erkrankungen sind vielfältig. Muskelerkrankungen sind zumeist genetisch bedingt. In Deutschland wird die Zahl der Menschen, die an einer erblichen Muskelerkrankung leiden, auf etwa 40.000 geschätzt. Zur Erkrankung kommt es, weil im Erbgut der betroffenen Person eine Mutation vorliegt, die zur Beeinträchtigung von Aufbau und Funktionalität der Muskelzellen sowie deren Versorgung über die Nerven führt. Mittlerweile sind mehr als 150 Krankheitsgene bekannt. Neuromuskuläre Erkrankungen können aber auch durch Stoffwechselerkrankungen, Autoimmunstörungen, Infektionen, Giftstoffe, Minderdurchblutungen (Ischämien) oder Traumata bedingt sein. Häufige erworbene Muskelerkrankungen sind zudem medikamenten- und alkoholbedingte Myopathien (= funktionelle oder strukturelle Muskelbeeinträchtigung).
Einige der möglichen Ursachen neuromuskulärer Erkrankungen umfassen:
- Genetische Veränderungen oder Mutationen: Häufig spielen genetische Veränderungen oder Mutationen eine Rolle, die die Funktion von Nerven und Muskeln dauerhaft beeinträchtigen. Genetisch bedingte Formen können von den Eltern an die Kinder weitergegeben werden und zeigen sich oft schon früh. Manche erblichen neuromuskulären Erkrankungen können sich zudem in unterschiedlichen Lebensphasen manifestieren.
- Autoimmunerkrankungen: Andere Formen sind autoimmun bedingt, das heißt, das Immunsystem richtet sich fälschlicherweise gegen körpereigene Strukturen.
- Infektionen oder entzündliche Prozesse: Auch Infektionen oder entzündliche Prozesse können Auslöser einer neuromuskulären Erkrankung sein.
- Umwelteinflüsse oder Schädigungen des Nervensystems: Darüber hinaus kommen Umwelteinflüsse oder Schädigungen des Nervensystems infrage.
Formen von Muskel-Nerven-Erkrankungen
Muskelerkrankungen können abhängig vom Ort der Erkrankung allgemein in drei Gruppen unterteilt werden:
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- Myopathien (Erkrankungen des Muskels selbst): Zu dieser Gruppe gehören beispielweise sogenannte Muskeldystrophien und myotone Muskelerkrankungen, bei welchen bestimmte Proteine nicht richtig synthetisiert werden und in der Folge Muskelaufbau und -funktion gestört sind. Auch Stoffwechselstörungen in den Zellen (metabolische und endokrine Myopathien) und Autoimmunerkrankungen (entzündliche Myopathien) können zu einer Beeinträchtigung der Muskelfunktion führen.
- Muskelerkrankungen am Übergang vom Nerv zum Muskel: Bei diesen Muskelerkrankungen ist die Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel aufgrund einer Autoimmunerkrankung gestört (Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-Syndrom). Infolge der Autoimmunerkrankung werden vom Körper sogenannte Auto-Antikörper gebildet, die an unterschiedlichen Stellen der Erregungsüberleitung störend eingreifen.
- Erkrankungen der Nervenfaser: Bei dieser Gruppe ist ein Untergang der den Muskel aktivierenden Nervenfasern zu beobachten. Dieser kann genetisch (spinale Muskelatrophien) oder infektiös (Poliomyelitis) bedingt sein. Auch sogenannte Polyneuropathien, bei welchen gleichzeitig mehrere periphere Nerven geschädigt sind, können die Nervenfasern der Muskeln betreffen.
Symptome von Muskel-Nerven-Erkrankungen
Aufgrund der sehr verschiedenen Ursachen und Formen sieht das Krankheitsbild bei Neuromuskulären Erkrankungen sehr unterschiedlich aus. Muskelschwäche ist allerdings das typische Leitsymptom aller Varianten und ist anhand einer schnellen Ermüdbarkeit der Muskeln erkennbar. Sie kann sich je nach individueller Erkrankung isoliert zeigen oder auch in Kombination mit anderen Beschwerden wie Muskelschmerzen oder Muskelschwund (Muskelatrophie) auftreten. Zudem zeigen Muskelerkrankungen Symptome in für die jeweils vorliegende Krankheitsvariante sehr charakteristischen Körperregionen.
Weitere Symptome, die je nach Erkrankungsform auftreten können, sind:
- Muskelschwäche: Abnahme von Kraft, Ausdauer und Muskelmasse sowie Veränderungen der Muskulatur können zu Einschränkungen der Gehfähigkeit und anderer wichtiger Funktionen führen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf Alltagsbewältigung, Teilhabe am sozialen Leben und damit die Lebensqualität haben.
- Muskelschwund (Muskelatrophie): Muskelschwund oder Muskelatrophie bedeutet die Abnahme der Muskelmasse. Der Begriff stellt aber keine Diagnose dar, sondern nur ein Symptom. Es gibt eine Vielzahl von Ursachen, die zu einer lokalen oder einer generalisierten, also den ganzen Körper betreffenden Abnahme der Muskelmasse führen kann.
- Muskelschmerzen und Krämpfe: Durch die neuromuskuläre Erkrankung selbst oder durch ihre Folgen, wie Skoliosen oder Gelenkdeformitäten, kann es zu Schmerzen und Krämpfen kommen, die die Belastung für die Betroffenen zusätzlich erhöhen.
- Herz- und Atemprobleme: Je nach Art der neuromuskulären Erkrankung muss auch auf eine mögliche Beteiligung der Herz- und/oder Atemmuskulatur geachtet werden. Dies kann den Verlauf der Erkrankung zusätzlich beeinflussen und erfordert eine besondere medizinische Überwachung. Ist beispielsweise die Atemmuskulatur (Muskeln von Brustwand, Zwerchfell und Bauch) geschwächt, kann es zu Atemproblemen kommen. Das Ausmaß hängt dabei von der jeweils vorliegenden Erkrankung selbst sowie deren Verlauf ab. Mit Erkrankungsfortschreiten kann sich eine Ateminsuffizienz entwickeln, die eine künstliche Beatmung erforderlich werden lässt. Daneben ist häufig auch der Herzmuskel betroffen. Bei einigen Funktionsstörungen kann der Einsatz eines Herzschrittmachers erforderlich werden.
- Bewegungseinschränkungen: Betroffene mit Bewegungseinschränkungen haben Schwierigkeiten beim Aufstehen oder Gehen sowie beispielsweise die Arme über den Kopf zu heben.
- Schluckbeschwerden: Zu Schluckbeschwerden kann es kommen, wenn die Speiseröhre betroffen ist.
- Steifheit und Lähmungen: Insbesondere bei einer Ionenkanal-Myopathie können Muskelsteifheit und Lähmungserscheinungen auftreten - bedingt durch genetisch defekte muskuläre Kanäle von Natrium, Chlorid, Kalium und Calcium.
- Weitere Beschwerden: Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten können aufgrund von Atem- und Herzproblemen auftreten. Auch Störungen des Seh- und Hörvermögens sowie der Verdauung können auf eine erblich bedingte Muskeldystrophie zurückführbar sein.
Diagnose von Muskel-Nerven-Erkrankungen
Die Diagnose Neuromuskulärer Erkrankungen ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Ursachen und Krankheitsbilder eine Herausforderung und erfolgt auf der Grundlage verschiedener Untersuchungen:
- Basisuntersuchung (Anamnese): Im Rahmen eines Patientengesprächs erhebt der Neurologe die Krankheitsgeschichte. Er wird nach dem Manifestationsalter (Wann zeigten sich die ersten Beschwerden?) sowie der Lokalisation und den Verlauf der Muskelschwäche fragen. Auch weitere Begleitbeschwerden und die familiäre Vorgeschichte werden hier abgefragt. Anschließend findet die neurologische Untersuchung statt. Bei dieser bewertet der Facharzt den neurologischen Status der zentralen und peripheren Nervenbahnen systematisch von Kopf abwärts. Anhand der Ergebnisse wird anschließend eine zielgerichtete Zusatzdiagnostik durchgeführt.
- Labordiagnostik: Liegt ein Verdacht auf eine Neuromuskuläre Erkrankung vor, werden verschiedene Muskelparameter labordiagnostisch bestimmt. Ein wichtiger Parameter für Neuromuskuläre Erkrankungen ist insbesondere die Konzentration des Muskelenzyms Creatinkinase (CR-Wert). Bei einer Muskelerkrankung ist der CR-Wert in aller Regel erhöht (über 1.000 U/l). Daneben bestimmt der Neurologe bei Muskelerkrankungen weitere Blutwerte wie das C-reaktive Protein (CRP) zur Feststellung von Entzündungen, die Elektrolyte und den basalen TSH-Wert. Die Bestimmung dieser Parameter erlaubt gemeinsam mit dem CR-Wert eine erste Einschätzung darüber, ob eine akut behandlungsbedürftige Muskelerkrankung vorliegt.
- Elektrophysiologie: Zur weiteren Prüfung der Funktion von Muskulatur und Nervensystem sowie zur Abklärung der jeweils vorliegenden Muskelerkrankung kann zusätzlich elektrophysiologische Untersuchungen wie eine Elektromyographie (EMG) und Neurographie (ENG) durchführen. Bei der EMG sticht der Arzt eine hauchdünne Nadel in den Muskel, um die Aktivität der Muskelfasern zu messen und am Computer zu analysieren. Bei der ENG werden die Nerven an mehreren Stellen mithilfe von elektrischen Schlägen gereizt, um die Leitgeschwindigkeit zu messen.
- Bildgebende Verfahren: Bildgebende Verfahren wie MRT und Ultraschall erlauben Rückschlüsse auf Veränderungen an der Muskulatur. Die Verfahren visualisieren das Schädigungsmuster (Muskelschwund, Veränderungen im Signalverhalten) der untersuchten Muskelgruppe. Da viele Muskelerkrankungen ein charakteristisches Schädigungsmuster aufweisen, kann der Spezialist anhand dessen die vorliegende Erkrankung differenzialdiagnostisch eingrenzen.
- Muskelbiopsie: Bei einer Reihe von Muskelerkrankungen muss der Experte zur genauen Diagnosestellung eine Muskelbiospie durchführen. Hierzu entnimmt er Muskelgewebe, das anschließend aufgearbeitet und untersucht wird.
- Molekulargenetische Untersuchungen: Bei genetisch bedingten Muskelerkrankungen ist die Feststellung der zugrundeliegenden Genmutation Goldstandard. Anhand der festgestellten Mutation kann der Neurologe genau bestimmen, welche Muskelerkrankung vorliegt.
Behandlung von Muskel-Nerven-Erkrankungen
Die Behandlung sollte aufgrund der sehr unterschiedlichen Symptomatik immer durch ein interdisziplinäres Team erfolgen. Der Grundpfeiler in der Behandlung der neuromuskulären Behandlung ist eine möglichst schnelle und präzise Diagnostik.
Je nach der Ursache der neuromuskulären Erkrankung stehen spezifische Therapien zur Verfügung. Bei erworbenen Erkrankungen sollte die verursachende Erkrankung spezifisch therapiert werden wie z.B. der Diabetes mellitus bei einer diabetisch-bedingten Polyneuropathie. Bei den autoimmun entzündlichen Erkrankungen kommen sogenannte Immunsuppressiva zum Einsatz.
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Zu den wichtigsten Behandlungsansätzen gehören:
- Symptomatische Behandlungen zur Linderung der Symptome
- Medikamente: (meist bei entzündlichen neuromuskulären Erkrankungen). Für autoimmun bedingte neuromuskuläre Erkrankungen stehen spezielle Autoantikörpertests zur Verfügung.
- Physiotherapeutische Maßnahmen zur Erhaltung von Beweglichkeit und Kraft. Leichtes bis moderates Kraft- und Ausdauertraining wirkt sich bei neuromuskulären Erkrankungen in der Regel positiv aus und wird meist gut vertragen.
- Ergotherapie: Funktionen und Fähigkeiten, insbesondere der oberen Extremitäten, können mithilfe von Ergotherapie verbessert oder erhalten werden. Auch die Hilfsmittelversorgung erfolgt in der Regel in unserer Klinik.
- Logopädie: Die Logopädie ist in das Behandlungskonzept integriert, um die Sprache, das Sprechen und die Stimme zu verbessern. Das Gleiche gilt für Atmung und Abhusten. Eine weitere Domäne der Logopädie ist das Schlucken.
- Psychotherapie: In einigen Fällen ist auch eine psychologische Behandlung erforderlich. Diese kann in Einzel- oder Gruppentherapien zu einem konstruktiveren Umgang mit der Erkrankung beitragen.
- Hilfsmittel wie Rollstühle oder Krücken zur Unterstützung der Mobilität
- Chirurgische Eingriffe (falls notwendig)
Spezifische Erkrankungen im Fokus
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): ALS ist eine schwere, fortschreitende Erkrankung des Nervensystems. Sie greift Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark an, die für Muskelbewegungen zuständig sind. Meist erkranken Menschen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr, aber auch jüngere Menschen können betroffen sein. Die Symptome beginnen oft mit Störungen der Feinmotorik und einer sogenannten Fußheberschwäche. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig bekannt, jedoch unterscheidet man zwischen vererbbaren (genetischen) und nicht vererbbaren (sporadischen) Formen. Der Verlauf variiert stark von Mensch zu Mensch. In der Endphase betrifft die Krankheit stark die Atemfunktion. Verschiedene Therapieansätze wie Medikamente, Physiotherapie und Beatmung helfen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten. Deutliche Zeichen für ALS sind Muskelschwäche, Muskelschwund, gesteigerte Reflexe und unkontrollierte Anspannung der Muskeln. Behandelt wird mit dem Medikament Riluzol. Es verringert im Nervensystem die Menge des Botenstoffs Glutamat. Normalerweise hilft dieser den Nervenzellen, miteinander zu kommunizieren. Bei ALS ist zu viel Glutamat vorhanden. Die Forschung entwickelt derzeit Gen-Therapien mit Medikamenten, die auf die genetischen Ursachen von ALS abzielen. Zusätzlich gibt es bei genetischen Ursache noch die Behandlung mit sogenannten Antisense-Oligonukleotiden (ASOs). Diese speziellen Moleküle blockieren Gene, die ALS auslösen. Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie helfen, Symptome zu mildern und Bewegungen zu unterstützen, die noch möglich sind. Moderne Hilfsmittel erleichtern die Mobilität und verbessern die Kommunikation (siehe Leben und Alltag). Eine Beatmung per Maske kann die geschwächte Atemmuskulatur unterstützen. Ist die Atemmuskulatur hochgradig geschwächt, lässt sich die Atem- oder Hustenarbeit nicht vollständig durch ein Beatmung ausgleichen. Bei einer Störung des Schluckens hilft eine Ernährungssonde (perkutane endoskopische Gastrostomie - PEG) bei der Nahrungsaufnahme. Die richtige Behandlung kann helfen, die Lebenszeit zu verlängern, Symptome zu lindern und die soziale Kontakte zu erhalten und die Alltagsfähigkeiten zu verbessern. Kommunikationssysteme wie etwa Sprachcomputer helfen, wenn Erkrankte nicht mehr sprechen können. Armroboter helfen Erkrankten, die Arme zu bewegen, wenn sie das nicht mehr können. Diese Hilfen sollten vorausschauend eingesetzt werden. So lässt sich soziale Isolation vermeiden.
Myasthenia gravis: Ursache der Myasthenia gravis ist eine gestörte Impulsübertragung an der Kontaktstelle zwischen Nerv und Muskel, der sogenannten neuromuskulären Endplatte. Der Grund für die gestörte Impulsübertragung liegt in einer fehlgesteuerten Reaktion des Immunsystems. Dabei bildet das Immunsystem Abwehrstoffe (Antikörper) gegen Bestandteile der neuromuskulären Endplatte. Bestimmte Antikörper blockieren oder verändern Andockstellen, sogenannte Rezeptoren, für den Botenstoff Acetylcholin, der an der Steuerung der Muskulatur einen wesentlichen Anteil hat. Acetylcholin kann seine Wirkung folglich nicht mehr voll entfalten. Wichtigstes Symptom der Myasthenia gravis ist die belastungsabhängige Muskelschwäche. Sie beginnt meist im Bereich der Augen und kann im Laufe der Zeit alle Körperregionen betreffen. Für die Bestimmung des Schweregrades der Myasthenia bei der Diagnose und im weiteren Verlauf wird häufig der Quantitative-Myasthenia-gravis (QMG)-Test angewendet. Anhand des Myasthenia-gravis-Activities-of-Daily-Living (MG-ADL)-Tests wird erfasst, in welchem Ausmaß die Erkrankung Aktivitäten des täglichen Lebens beeinflusst. Auch dieser Test kann bei der Diagnose und zur Verlaufskontrolle eingesetzt werden. Die Diagnose der Myasthenia gravis beruht vor allem auf den typischen Beschwerden, dem Alter des Patienten und der Beschaffenheit der Thymusdrüse. Dafür erfragt der Arzt die Vorgeschichte und untersucht den Betroffenen auf körperliche Symptome wie ermüdende Muskeln, unterschiedlich stark ausgeprägte Muskelschwäche sowie die betroffenen Körperregionen. Auch eine Untersuchung der Thymusdrüse kann sinnvoll sein. Darüber hinaus unterstützen Labortests dabei, eine fehlerhafte Impulsübertragung zwischen Nerven und Muskeln, den Erkrankungstyp anhand der ursächlichen Antikörper sowie den Schweregrad zu bestimmen. Bei Myasthenia gravis werden die Andockstellen (Rezeptoren) für den Botenstoff Acetylcholin beeinträchtigt. In der Folge sind höhere Mengen des Botenstoffs Acetylcholin nötig, um dennoch eine ausreichende Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel zu ermöglichen. Acetylcholin wird auch bei gesunden Menschen durch die sogenannte Acetylcholinesterase abgebaut. Zur Diagnostik der Myasthenia gravis kann die Acetylcholinesterase mit Hilfe von Arzneimitteln gehemmt werden. Bei der Durchführung eines Elektromyogramms (EMG) werden Nerven einer wiederholten elektrischen Reizung ausgesetzt. Die dadurch entstehende elektrische Spannung am entsprechenden Muskel wird gemessen. So kann festgestellt werden, ob die Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel funktioniert. Die Erkrankung ist zwar nicht heilbar, es existieren jedoch medikamentöse Therapien, die durch eine Verbesserung der Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel die Symptome der Erkrankung lindern können. Gleichzeitig können sie den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen. Am Deutschen Zentrum Immuntherapie kann die Erkrankung in interdisziplinärere Zusammenarbeit mit den beteiligten Kliniken zudem mittels Immuntherapie behandelt werden. Bei dieser kommen spezielle Immuntherapeutika zum Einsatz, die die Bildung schädigender Antikörper unterdrücken. Kortison zählt zu den Standardtherapeutika. Mit dem körpereigenen Hormon wird die Überaktivität des Immunsystems gedämpft. Immunsuppressiva Sie werden eingesetzt, um die Neubildung von Antikörpern zu bremsen. Sie haben in der Regel während einer Langzeitbehandlung weniger starke Nebenwirkungen als Kortison. Der Behandlungserfolg tritt mit diesen Medikamenten jedoch erst mit einer gewissen Verzögerung ein. Acetylcholinesterasehemmer Mit diesem Wirkstoff wird der Abbau des Botenstoffes Acetylcholin gebremst und damit die Reizübertragung von den Nerven zu den Muskeln verbessert. Biologika Neuartige monoklonale Antikörper wie Rituximab und Eculizumab, greifen spezifisch in den Krankheitsprozess ein und können das Krankheitsgeschehen in bestimmten Konstellationen nachhaltig positiv zu beeinflussen. Lässt sich jedoch ein Thymustumor nachweisen, reicht eine medikamentöse Therapie allein meist nicht mehr aus und eine Operation wird notwendig.
Myopathien: Eine Myopathie ist eine fortschreitende Krankheit der Muskulatur mit unterschiedlichen Formen. Eine spezielle Form der Myopathie ist die Myositis, eine entzündliche Erkrankung, bei der das Immunsystem die eigenen Muskelzellen angreift und so zu Muskelschwäche und Schmerzen führt. Es gibt vier Gruppen von Myopathien: Primäre Myopathie bzw. Primäre Myopathie bzw. Die primäre Muskelmyopathie umfasst die sogenannten Muskeldystrophien, die vererbbar sind und sich durch zunehmende Muskelschwäche und -degeneration auszeichnen. Die häufigsten sind die vom Typ Duchenne und Typ Becker-Kiener. Zudem gehören mitochondriale Myopathien zur Gruppe der primären Myopathien. Bei dieser Form bestehen Funktionsstörungen der Mitochondrien, die für die Energieversorgung von Muskelzellen zuständig sind. Bei Störungen erhalten die Muskelzellen nicht genügend Energie, sodass sie nicht vernünftig arbeiten können. Kongenitale Myopathien sind bereits angeboren oder treten in den ersten Lebensmonaten auf. Autoimmunerkrankungen können ursächlich für eine Myositis sein, da sie beispielsweise bei einer Entzündung des Muskelgewebes zu einer Degeneration der Muskulatur führt. Der Körper hält die Muskelfasern für Fremdkörper und bekämpft sie mit dem Immunsystem. Medikamente, Drogen oder Alkohol können zu sonstigen Myopathien führen. Zu den häufigsten Ursachen einer Myopathie zählt eine genetische Veranlagung. Dennoch ist es möglich, an einer erworbenen Form der Myopathie wie etwa einer Muskelentzündung zu erkranken. In der Regel sind Muskelschwäche, Muskelschmerzen und Muskelschwund gemeinsame Symptome aller Myopathien. Als Muskelschwäche wird die schwindende Muskelkraft bezeichnet, die das häufigste Symptom der Myopathien darstellt. Davon kann jeder Körperbereich durch allmähliche Entwicklung oder plötzliches Auftreten betroffen sein. Zu Muskelschmerzen zählen nicht nur Schmerzen, sondern auch Krämpfe in der Muskulatur, was ebenfalls eines der häufigen Symptome von Myopathien ist. Bei einer Muskelatrophie bzw. einem Muskelschwund bilden sich Muskeln nach und nach zurück. Je nach Form der Myopathie kann es zu einer dauerhaften oder vorübergehenden Erkrankung kommen. Lebenserwartung und Verlauf einer Myopathie hängen von Form der Muskelerkrankung sowie der Schwere und den jeweiligen Patientinnen und Patienten selbst ab. Dennoch entwickeln sich manche Myopathien und ihre Symptome sehr schnell, sodass nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Lebenserwartung durch die jeweilige Myopathie beschränkt sind. Beispielsweise schreitet die Duchenne Muskeldystrophie schnell voran und führt schließlich zu einer Atemlähmung, sodass Betroffene häufig noch vor ihrem 30. Die meisten Formen der Muskelerkrankung verlaufen schleichend. Da Myopathien und ihre Symptome jedoch so vielfältig sind, können Neurologinnen und Neurologen anhand verschiedener Verfahren eine Diagnose stellen. Neben einer medikamentösen Therapie der Myopathie ist auch die therapeutische Behandlung durch Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie eine Möglichkeit. Diese können sowohl einzeln in Anspruch genommen werden als auch durch eine medikamentöse Therapie begleitet werden. Die zur Gruppe der primären Myopathien gehörenden genetisch bedingten Muskelerkrankungen sind bisher nicht heilbar. Dennoch lassen sich die Symptome der vererbbaren Myopathien lindern. Bei erworbenen Myopathien ist die jeweilige Grunderkrankung von Bedeutung. Denn nach dieser richtet sich die Behandlung. Eine endokrine Myopathie lässt sich beispielsweise medikamentös therapieren.
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