Myasthenia Gravis: Ursachen, Schluckbeschwerden und Behandlungsansätze

Myasthenia gravis, in Deutschland oft auch Myasthenie genannt, ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die durch Muskelschwäche gekennzeichnet ist. Die Erkrankung beruht auf einer Störung der Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, insbesondere im Zusammenhang mit Schluckbeschwerden, sowie die verschiedenen Behandlungsansätze.

Was ist Myasthenia Gravis?

Myasthenia gravis bedeutet übersetzt "schwere Muskelschwäche". Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Zellen angreift. Im Fall von Myasthenia gravis werden Autoantikörper gegen Rezeptoren und Enzyme gebildet, die für die Kommunikation zwischen Nervenzellen und Muskeln von entscheidender Bedeutung sind. Diese Antikörper stören die Reizübertragung, die normalerweise die Muskelspannung aktiviert und aufrechterhält (neuromuskuläre Übertragung).

Autoimmunerkrankung

Bei Autoimmunerkrankungen richtet sich das körpereigene Immunsystem aufgrund einer Fehlfunktion gegen eigentlich harmlose Zellen und/oder Gewebe des Körpers und greift diese an. Das geschieht, da der Körper sogenannte Autoantikörper (AAk) bildet, die eigentlich dazu dienen, Viren oder Bakterien abzuwehren. Im Falle einer Autoimmunerkrankung richten sich diese Antikörper jedoch gegen den eigenen Körper.

Neuromuskuläre Übertragung

Damit unsere Nerven mit unseren Muskeln kommunizieren können, um dort Muskelkontraktionen auszulösen und aufrechtzuerhalten, müssen sie chemische Botenstoffe freisetzen, sogenannte Neurotransmitter. Für die neuromuskuläre Übertragung ist vor allem der Botenstoff Acetylcholin (ACh) entscheidend. An der neuromuskulären Verbindungstelle, also den Rezeptoren der Muskeln, docken diese an und stimulieren die Muskulatur, welche sich dann zusammenzieht. Diese Rezeptoren sitzen auf der motorischen Endplatte. Nach der Kontraktion wird das ACh von einem Enzym, der Cholinesterase, abgebaut und die Nervenenden nehmen es wieder auf.

Acetylcholinrezeptoren

Bei der häufigsten Form der Myasthenie bildet das Immunsystem Antikörper gegen einen bestimmten Rezeptor der Muskeln, der auf den Neurotransmitter Acetylcholin reagiert (ACh-Rezeptoren), wodurch die Kommunikation zwischen Nervenzellen und Muskeln gestört wird, da das ACh nicht mehr „andocken“ kann.

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Ursachen von Myasthenia Gravis

Warum genau der Körper seine eigenen Acetylcholinrezeptoren angreift, ist, wie bei so vielen Autoimmunerkrankungen, nicht abschließend geklärt. Eine besondere Rolle wird jedoch einer Fehlfunktion des Thymus zugeschrieben.

Thymusdrüse

Die Antikörper, welche die Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln stören, werden zu einem großen Teil im sog. Thymus gebildet, der hinter dem Brustbein liegt. Zudem ist es so, dass die Thymusdrüse bei vielen Patientinnen und Patienten mit Myasthenie vergrößert und übermäßig aktiv ist. Daher führt die Entfernung der Thymusdrüse in einigen Fällen zur Besserung der Myasthenie Symptome. Es ist jedoch zu beachten, dass eine vergrößerte Thymusdrüse auch ein Anzeichen für einen Thymus-Tumor (Thymom) sein kann und in diesem Fall eine Operation unerlässlich ist. Gleichzeitig können Thymome somit auch für entsprechende Veränderungen der Thymusdrüse verantwortlich sein, die in der Folge zu Myasthenia gravis führen. Bei Patientinnen und Patienten mit einer Myasthenie findet sich bei 10 - 15 % der Betroffenen ein Thymom. Doch gleichzeitig wird bei ca. Teilweise wird auch eine Entfernung des Thymus erwogen, obwohl kein Tumor nachweisbar ist. Die Thymusdrüse sitzt hinter dem Brustbein und ist eng mit der Myasthenia gravis verknüpft.

Auslöser

Da es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, kommen verschiedene Auslöser infrage, welche eine Myasthenia gravis verursachen oder ihre Ausprägung verschlimmern können, bis hin zu einem Schub (myasthene Krise), den ca. 10-15 % aller Patientinnen und Patienten mit Myasthenie mindestens einmal im Leben erleiden. Auslöser eines solchen Schubs sind oft Infektionskrankheiten.

Risikofaktoren

Es wird vermutet, dass bestimmte Hormone wie z. B. Östrogene oder Progesteron das Risiko einer Myasthenia gravis erhöhen oder die Erkrankung zumindest beeinflussen können. Bei einer Myasthenia gravis mit frühem Krankheitsbeginn konnte beobachtet werden, dass Frauen dreimal öfter betroffen sind als Männer. Außerdem berichten einige erkrankte Frauen von einer Verschlechterung ihrer Symptome kurz vor dem Einsetzen ihrer Periode, wenn die Progesteron-Konzentration im Körper abfällt. Für betroffene Frauen kann es daher sinnvoll sein, zu dieser Zeit vermehrt Ruhephasen einzuplanen, um den Körper nicht zusätzlich zu belasten. Neben hormonellen Schwankungen können auch verschiedene Stressfaktoren die Symptome einer Myasthenia gravis verschlimmern. Zu diesen Stressfaktoren gehören beispielsweise fieberhafte Infekte, bestimmte Medikamente, grelles Licht oder Wärme/Hitze. Ruhe und Erholung führen hingegen häufig zu einer Abmilderung der Symptome.

Symptome von Myasthenia Gravis

Die Symptome selbst sind sehr vielseitig und häufig auch typisch für andere Erkrankungen. Das Kardinalssymptom ist viel mehr der Zeitpunkt, zu dem die Symptome auftreten bzw. sich intensivieren und wann sie nachlassen. Dabei sind bestimmte Muskelgruppen häufiger betroffen als andere. Oft tritt die Erkrankung sehr plötzlich auf, während der Grad der Muskelschwäche sowohl nach Tagesform als auch von Person zu Person unterschiedlich ist, was die Definition allgemeiner Anhaltspunkte für die Diagnose umso schwieriger macht. Die Symptome nehmen in der Regel bei Anstrengung und zum Abend hin zu. Erholungsphasen können helfen, die Beschwerden wieder zu lindern. Seelische Belastungen, Schlafmangel, Alkoholkonsum, Fieber sowie grippale Infekte können die Störungen ebenfalls verstärken. Die Ausprägung und das Voranschreiten der Symptome ist bei den Betroffenen und im zeitlichen Verlauf jedoch sehr unterschiedlich. Alle haben ganz individuelle Probleme, funktionelle Einbußen und körperliche Beeinträchtigungen.

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Häufige Symptome

  • Hängende Augenlider (Ptose): Die Augen sind bei Myasthenia gravis meist schon im Frühstadium von Symptomen betroffen.
  • Sehstörungen: Sehstörungen sind in der Mehrzahl der Fälle das erste Symptom und können so im Frühstadium auf die Erkrankung hinweisen. Vor allem dann, wenn sie in der zweiten Tageshälfte, also nach mehrstündiger Arbeit und Belastung auftreten. Typisch sind Doppelbilder.
  • Sprechstörungen: Sprechstörungen äußern sich zum Beispiel durch abgehacktes, stakkatoartiges, gehauchtes, unregelmäßiges, unpräzises und monotones Sprechen, während die Betroffenen Sprache aber sehr wohl richtig anwenden als auch verstehen.
  • Schluckbeschwerden: Zum Beispiel kann eine Myasthenie zu Sprechstörungen und Schluckbeschwerden führen, welche, insbesondere bei älteren Menschen, häufig den typischen Parkinson-Symptomen zugeordnet werden.
  • Muskelschwäche: Die Symptome einer Myasthenia gravis sind sehr unspezifisch, da Muskelschwächen quasi überall auftreten können. Zudem nehmen viele Betroffene es zunächst nicht unbedingt als Anzeichen für eine Krankheit wahr, wenn die Beine nach dem Treppensteigen erschöpft sind. Eine generalisierte Form der Myasthenie kann alle Skelettmuskeln betreffen. Oft sind es die Muskeln in Armen und Beinen, sowie die Muskeln, die für Sprechen und Schlucken verantwortlich sind. Dadurch kann es zu Schwierigkeiten bei alltäglichen Aktivitäten kommen. Zum Beispiel beim Ausziehen von Kleidung über dem Kopf, sowie beim Einräumen von Geschirr in hoch hängende Küchenschränke.

Schluckbeschwerden im Detail

Schluckbeschwerden (Dysphagie) sind ein häufiges und belastendes Symptom bei Myasthenia gravis. Sie entstehen durch die Schwäche der Muskeln, die für den Schluckakt verantwortlich sind. Dies kann zu Schwierigkeiten beim Kauen, beim Transport der Nahrung in die Speiseröhre und beim Schutz der Atemwege vor Aspiration (Eindringen von Nahrung in die Luftröhre) führen.

Ursachen von Schluckbeschwerden bei Myasthenia Gravis

  • Schwäche der Kaumuskulatur: Erschwert das Zerkleinern der Nahrung.
  • Schwäche der Zungenmuskulatur: Beeinträchtigt den Transport der Nahrung in den Rachen.
  • Schwäche der Rachenmuskulatur: Stört den Schluckreflex und den Transport der Nahrung in die Speiseröhre.
  • Schwäche des Kehlkopfes: Erhöht das Risiko der Aspiration, da der Kehlkopf nicht ausreichend verschlossen werden kann.
  • Schwäche der Speiseröhrenmuskulatur: Kann den Transport der Nahrung in den Magen verlangsamen oder behindern.

Auswirkungen von Schluckbeschwerden

  • Mangelernährung und Gewichtsverlust: Durch die Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme kann es zu einer unzureichenden Versorgung mit Nährstoffen kommen.
  • Dehydration: Schwierigkeiten beim Trinken können zu Flüssigkeitsmangel führen.
  • Aspirationpneumonie: Das Eindringen von Nahrung in die Atemwege kann eine Lungenentzündung verursachen.
  • Soziale Isolation: Schluckbeschwerden können zu Scham und Unsicherheit beim Essen in Gesellschaft führen.
  • Reduzierte Lebensqualität: Die ständige Angst vor dem Verschlucken und die Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.

Diagnose von Myasthenia Gravis

Ein großes Problem bei der Diagnose der Erkrankung ist, dass die Symptome dem Krankheitsbild häufig nicht richtig bzw. frühzeitig zugeordnet werden. Deshalb ist es wichtig, dass sowohl Ärztinnen und Ärzte als auch Angehörige und Betroffene besser darüber informiert werden, welche - oft unspezifischen - Anzeichen auf eine Myasthenie hinweisen können. Die Myasthenia gravis gehört zu den neurologischen Erkrankungen, die sich kaum auf den ersten Blick diagnostizieren lassen. Die ersten Anzeichen wie Erschöpfbarkeit, Müdigkeit oder Augenprobleme sind auf den ersten Blick relativ unspezifisch, zudem gibt es verschiedene Subtypen. Die Diagnose der Myasthenia gravis beruht vor allem auf den typischen Beschwerden, dem Alter des Patienten und der Beschaffenheit der Thymusdrüse. Dafür erfragt der Arzt die Vorgeschichte und untersucht den Betroffenen auf körperliche Symptome wie ermüdende Muskeln, unterschiedlich stark ausgeprägte Muskelschwäche sowie die betroffenen Körperregionen. Auch eine Untersuchung der Thymusdrüse kann sinnvoll sein. Darüber hinaus unterstützen Labortests dabei, eine fehlerhafte Impulsübertragung zwischen Nerven und Muskeln, den Erkrankungstyp anhand der ursächlichen Antikörper sowie den Schweregrad zu bestimmen. Diese Untersuchungen helfen, die jeweils sinnvolle Therapie und den Behandlungserfolg objektiv einzuschätzen. Welche Untersuchungen und Tests bei welchem Patienten sinnvoll sind, entscheidet dabei der behandelnde Arzt. Eine gezielt durchgeführte neurologische Untersuchung kann weitere Hinweise auf das Vorliegen einer Myasthenia gravis geben.

Anamnese

Die klinische Anamnese bezüglich der medizinischen Vorgeschichte nimmt einen sehr wichtigen Stellenwert ein, ähnlich wie die Erfahrung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Die Patientinnen und Patienten werden gezielt nach Doppelbildern, Kau- und Schluckbeschwerden, Gewichtsabnahme und der Verschlechterung der Symptomatik unter Belastung bzw.

Tests zur Diagnose

  • Pharmakologische Tests: Ein weiterer Test, der sich z. B. für die Überprüfung von Sehstörungen und anderen Symptomen der Augen eignet, ist der pharmakologische Test mit Edrophoniumchlorid. Dabei handelt es sich um einen kurzwirksamen Cholinesterasehemmer. Wie bereits eingangs in diesem Ratgeber erwähnt, bauen Cholinesterasen das Acetylcholin an den Rezeptoren der motorischen Endplatte ab. Wenn diese Enzyme gehemmt werden, erhöht sich dadurch folgerichtig kurzzeitig die Konzentration von ACh an den Rezeptoren der Muskeln. Die Muskelspannung steigt dadurch für kurze Zeit an. Vor dem Test werden die Patientinnen und Patienten gebeten, mehrmals die Augen zu schließen und zu öffnen. Durch diesen repetitiven Vorgang kommt es bei Patientinnen und Patienten mit Myasthenia gravis zur Ermüdung der Muskeln und die Augenlider beginnen zu hängen. Zudem können Sehstörungen wie Doppelbilder auftreten. Anschließend wird den Betroffenen eine Injektion mit Edrophoniumchlorid verabreicht. Nun sollen Sie die Augen erneut mehrmals öffnen und schließen. Der Pyridostigmin-Test funktioniert ähnlich wie der Edrophiniumchlorif-Test, lediglich mit einem anderen Cholinesterasehemmer, nämlich mit dem namensgebenden Pyridostigmin. Der Test läuft ebenfalls ähnlich ab und wird ambulant durchgeführt. Primär wird er bei älteren Patientinnen und Patienten durchgeführt, indem 30-60 mg Pyridostigmin verabreicht werden. Allerdings nicht als Injektion, sondern oral.
  • Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen sind wichtig, um Antikörper zu erkennen, die die Rezeptoren, an denen die Nervenimpulse die Muskeln ansteuern, beeinträchtigen oder die Enzyme, welche an der Bildung der Rezeptoren beteiligt sind. Getestet wird zum Beispiel auf Anti-Acetylcholinrezeptor-AK, Anti-MuSK-AK, Anti-LRP4-AK und Anti-Titin-AK. Auf Letztere wird das Blut untersucht, wenn der Verdacht auf Tumore der Thymusdrüse besteht, sogenannte Thymome. Sowohl gutartige als auch bösartige Tumore des Thymus können Myasthenia gravis verursachen. Auf dieser Basis können auch bestimmte Behandlungsentscheidungen, zum Beispiel für die Entfernung des Thymus, getroffen werden. Davon profitieren mitunter auch Patientinnen und Patienten ohne Thymome, da die Antikörper, die sich gegen die ACh-Rezeptoren oder andere wichtige Enzyme richten, vor allem in der Thymusdrüse gebildet werden.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen: Repetitive Nervenstimulation und Einzelfaser- Elektromyographie (EMG) messen die elektrische Aktivität zwischen dem Gehirn und den Muskeln.
  • Lungenfunktionstests: Lungenfunktionstests können durchgeführt werden, um zu prüfen, ob die Erkrankung Auswirkungen auf die Atmung hat. Das ist wichtig, denn wenn die Myasthenia gravis sich auf die Atemmuskulatur auswirkt, kann dies zu einer Ateminsuffizienz führen, die lebensbedrohlich ist. Störungen der Atmung bei Myasthenia gravis können sich in Form einer schwachen, heiseren Stimme, eines schwachen Hustens oder eines häufigen Atemholens beim Sprechen äußern.
  • Bildgebende Verfahren: Bei etwa 10 bis 15 von 100 Myasthenia gravis-Patienten ist ein Tumor der Thymusdrüse, ein sogenanntes Thymom, vorhanden. Auch eine Vergrößerung des Thymus tritt bei Patienten mit Myasthenia gravis häufiger auf als bei gesunden Menschen.

Differentialdiagnose

Vor allem zu Beginn der Erkrankung kann es sinnvoll sein, vor der Diagnosestellung andere Erkrankungen auszuschließen. Abhängig von den vorliegenden Beschwerden können u. a. folgende weitere Erkrankungen in Frage kommen: Lambert-Eaton-Syndrom, medikamenteninduzierte myasthene Syndrome, Polymyositis, Dermatomyositis, mitochondriale Muskeldystrophie, okulopharyngeale Muskeldystrophie, Guillain-Barré-Syndrom oder auch ein Hirntumor.

Behandlung von Myasthenia Gravis

Obwohl die Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis selten auftritt, ist diese gut erforscht und behandelbar. Ziel des individuellen Therapieplans stellt hierbei die möglichst vollständige Beschwerdefreiheit der Patientinnen und Patienten dar. Dank der vielseitigen und individuell abstimmbaren Therapiemöglichkeiten ist die Myasthenie unter fachärztlicher Kontrolle - mit wenigen Ausnahmen - heute gut einstellbar. Mit Verlaufsschwankungen ist besonders in den ersten Jahren der Erkrankung immer wieder zu rechnen. Eine Myasthenie ist nicht heilbar, aber gut einstellbar. Die Myasthenia gravis-Therapie ist rein symptomatisch, das heißt, sie lindert die Beschwerden, hält aber den Krankheitsverlauf nicht auf. Eine Heilung ist nicht möglich.

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Medikamentöse Therapie

Die Symptome von Myasthenia gravis werden medikamentös behandelt. In den meisten Fällen ist nehmen Patienten die Medikamente ein Leben lang ein. Es stehen drei verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Auswahl, die je nach Stadium der Myasthenia gravis eingesetzt werden:

  • Acetylcholinesterasehemmer: Azetylcholin (ACh) wird durch das Enzym Azetylcholinesterase (AChE) abgebaut. Wird das Enzym medikamentös gehemmt, wird der Abbau des ACh vermindert und es steht mehr ACh zur Verfügung. Dadurch wird die Signalübertragung an der Schnittstelle zwischen Nervenfaser und Muskelzelle verbessert. Acetylcholinesterasehemmer (z. B. verbessern die Signalübertragung. Dadurch wird die Schwäche der Muskeln in der Regel aufgehoben. Oft wird berichtet, dass die Muskulatur der Extremitäten besser auf diese Therapie anspricht als die Muskulatur im Gesicht. Meist wird der Wirkstoff Pyridostigmin-Bromid verwendet. Dieser ist als Tablette oder zur Injektion entweder in den Muskel (intramuskulär, i.m.) oder die Vene (intravenös, i.v.) erhältlich. In schweren Fällen oder bei einer nachgewiesenen Unverträglichkeit werden Neostigmin oder Pyridostigmin verwendet.
  • Immunsuppressive Behandlung: Corticosteroide (z. B. Prednisolon) dämpfen als körpereigene Hormone die Überaktivität des Immunsystems und erzielen rasch eine deutliche Symptomverbesserung. Aufgrund der vielfältigen Nebenwirkungen - auch mit möglicher Zunahme der Lähmungen - erfolgt eine niedrig dosierte Gabe, ggf. Glukokortikoide oder Azathioprin schwächen die für Myasthenia gravis spezifischen Antikörper ab und verringern so die Symptome.
  • Plasmapherese/Immunadsorption oder hochdosierte Immunglobulingabe (IVIg): Bei der Immunadsorption wird Blut durch ein spezielles Filtersystem geleitet, das gezielt die schädlichen Antikörper bindet und herausfiltert. Antikörper, welche aus gepoolten Blutplasmaspenden von mehreren tausend Spendern gewonnen werden, um die Autoimmunreaktion bei Myasthenia gravis zu hemmen. Zur Therapie werden sie intravenös verabreicht. Diese Therapiemöglichkeiten werden nur bei schweren Verläufen oder bei einer Beeinträchtigung der Atem- und Rachenmuskulatur eingesetzt. Bei einer Plasmapherese handelt es sich um den Austausch des Blutplasmas, also den eigentlich flüssigen Anteil des Blutes ohne die Blutkörperchen. Heute wird jedoch aufgrund der höheren Spezifizität anstelle der Plasmapherese meist eine sogenannte Immunadsorption durchgeführt, bei der nur die Auto-Antikörper aus dem Blutplasma entfernt werden. Intravenös angewendete Immunglobuline (IVIg) sind Antikörper von menschlichen Blutspendern, die sich in die Immunantwort des Körpers einmischen. Daher wird vermutet, dass diese während einer akuten Krise die weitere Ausschüttung von weiteren Autoimmun-Antikörpern verhindern und so die durch die fehlgeleiteten Auto-Antikörper ausgelösten Symptome lindern.

Thymektomie

Da ein Zusammenhang zwischen dem Thymus und der Entstehung der Autoimmun-Antikörper vermutet wird, zieht der Arzt in manchen Fällen die operative Entfernung des Thymus (Thymektomie) in Betracht. Bei Patienten zwischen 15 und 50 Jahren wird eine Entfernung des Thymus möglichst früh nach der Diagnose empfohlen. Bei Kindern bis zu 15 Jahren sollte der Thymus erst entfernt werden, wenn mit einer medikamentösen Therapie keine Besserung erzielt wird, da der Thymus im Kindesalter noch wichtige Funktionen erfüllt.

Weitere Behandlungsansätze bei Schluckbeschwerden

Zusätzlich zu den allgemeinen Behandlungsansätzen bei Myasthenia gravis gibt es spezifische Maßnahmen, die bei Schluckbeschwerden helfen können:

  • Schlucktherapie: Bei chronischen Schluckbeschwerden bietet sich die Schlucktherapie durch einen ausgebildeten Logopäden an.
  • Anpassung der Ernährung: Bei mittelschweren Verläufen von Myasthenia gravis sollten Patienten vorsichtshalber nur noch Nahrung zu sich nehmen, die flüssig ist und nicht so leicht verschluckt wird.
  • Künstliche Ernährung: In schweren Fällen werden manchmal eine künstliche Ernährung über eine Magensonde, eine maschinelle Beatmung und eine regelmäßige Absaugung des Speichels nötig.

Was Patienten im Alltag beachten sollten

Körperliche und psychische Belastungen wirken symptomverstärkend und sollten weitgehend vermieden werden. Der Alltag sollte auf die Erkrankung abgestimmt werden. So ist die Belastbarkeit am Morgen größer als am Abend und Ruhephasen zur Erholung sollten immer wieder eingeplant werden.

Prognose von Myasthenia Gravis

Grundsätzlich ist die Prognose bei guter Medikamenteneinstellung positiv, mit geringen Beeinträchtigungen kann ein weitgehend normales Leben geführt und eine Berufstätigkeit ausgeübt werden.

Krankheitsverlauf

Es lässt sich keine generelle Prognose geben, da sich bei jedem Betroffenen mit Myasthenia gravis Symptome unterschiedlich stark, an unterschiedlichen Stellen und in unterschiedlichen Verläufen zeigen.

Die Mehrzahl der Patienten, bei denen Myasthenia gravis entdeckt und behandelt wird, sprechen gut auf eine Therapie an. Die Symptome werden abgeschwächt, und in den meisten Fällen nehmen die Patienten das normale Alltagsleben mit nur geringen Einschränkungen wieder auf. Die Symptome bei Myasthenia gravis sind zudem nie kontinuierlich, sodass Betroffene an manchen Tagen gar keine Beeinträchtigungen verspüren und an anderen sehr starken Einschränkungen unterworfen sind.

Bei etwa 15 Prozent der Erkrankten bleibt die Myasthenia gravis okulär, das heißt rein auf die Augen beschränkt.

Unbehandelt entwickeln sich bei einer Myasthenia gravis die Symptome immer weiter, und es kommt mitunter zu schweren Komplikationen. Im Extremfall, wenn die Atemmuskulatur versagt, verläuft dies tödlich. In anderen Fällen ist eine lebenslange maschinelle Beatmung nötig. Da heutzutage Myasthenia gravis mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht wird und Symptome häufig schon früh erkannt werden, sind solche schweren Verläufe allerdings wesentlich seltener geworden.

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