Salbei, insbesondere der Echte Salbei (Salvia officinalis) und der Spanische Salbei (Salvia lavandulaefolia), rückt zunehmend in den Fokus der Alzheimer-Forschung. Traditionell als "Kraut der Erinnerung" bekannt, deuten aktuelle Studien auf ein vielversprechendes Potenzial zur Unterstützung der kognitiven Funktionen und zur Linderung von Alzheimer-Symptomen hin. Dieser Artikel beleuchtet die vielfältigen Aspekte der Salbei-Wirkung bei Alzheimer, von historischen Anwendungen über moderne Forschungsergebnisse bis hin zu praktischen Anwendungsmöglichkeiten.
Salbei: Eine Pflanze mit langer Tradition
Die medizinische Verwendung von Salbei reicht bis ins Altertum zurück. Bereits im antiken Griechenland wurde Rosmarin, ein enger Verwandter des Salbeis, zur Verbesserung des Gedächtnisses eingesetzt. Auch moderne Studien bescheinigen Rosmarin immer wieder positive Wirkung auf die Gehirnleistung. Der lateinische Name "salvia" leitet sich vom Adjektiv "salvus" ab, was so viel wie gesund, heil oder unversehrt bedeutet. Diese Bezeichnung findet sich bereits im 1. Jahrhundert in den Schriften von Dioskurides und Plinius.
Im Mittelalter erlangte Salbei in der Klostermedizin eine bedeutende Rolle. Hildegard von Bingen widmete dem Salbei ein umfangreiches Kapitel in ihrer Naturkunde und nannte zahlreiche Anwendungsgebiete, von Mundgeruch bis hin zu Kopfschmerzen. Auch in der Renaissance griffen Botaniker auf die Anwendungen in der Antike zurück und schrieben dem Salbei menstruationsfördernde Eigenschaften sowie eine Wirkung bei Husten und Wunden zu.
Die Inhaltsstoffe des Salbeis und ihre Wirkung
Salbeiblätter enthalten eine Vielzahl von Inhaltsstoffen, die für ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften verantwortlich sind. Dazu gehören:
- Ätherisches Öl: Mit einem Gehalt von 1,2 bis 3,6 % ist das ätherische Öl ein Hauptbestandteil des Salbeis. Es besteht überwiegend aus Monoterpenen wie α-Thujon, ß-Thujon, Campher und 1,8-Cineol sowie Sesquiterpenen wie ß-Caryophyllen und Humulen.
- Labiatengerbstoffe: Diese Stoffe, insbesondere Rosmarinsäure, machen etwa 2-6 % der Salbeiblätter aus.
- Flavonoide: Mit einem Anteil von ca. 1,2 % tragen Flavonoide wie Apigenin und Luteolin zur antioxidativen Wirkung des Salbeis bei.
- Diterpen-Bitterstoffe: Carnosol und Rosmanol sind wichtige Bitterstoffe, die im Salbei enthalten sind.
- Triterpene: Ursolsäure ist ein weiteres Triterpen, das in Salbeiblättern vorkommt.
Diese Inhaltsstoffe verleihen dem Salbei eine Vielzahl von Wirkungen, darunter:
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- Antibakteriell: Die antibakteriellen Substanzen im ätherischen Öl und den Gerbstoffen hemmen das Wachstum von Bakterien.
- Antiviral: Salbei-Gerbstoffe können Viren mit empfindlicher Eiweißoberfläche hemmen, wie z.B. SARS-CoV-2.
- Entzündungshemmend: Auszüge aus Salbeiblättern zeigten im Laborversuch entzündungshemmende Eigenschaften.
- Krampflösend: Im Tierversuch konnte eine krampflösende Wirkung auf die Muskulatur des Magen-Darm-Trakts beobachtet werden.
- Sekretionsfördernd: Salbei regt die Sekretion von Verdauungssäften an.
- Schweißhemmend: Salbei kann die Schweißsekretion reduzieren.
- Antioxidativ: Bestandteile wie Carnosol oder Kaffeesäure binden freie Radikale im zentralen Nervensystem.
Salbei in der Alzheimer-Forschung
Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren das Potenzial von Salbei zur Behandlung von Demenzerkrankungen erkannt. Britische Studien zeigen nun, dass die altbekannten Kräuter tatsächlich Wirkung gegen Alzheimersymptome zeigen. Sie verursachen im Hirn ähnliche Effekte wie moderne Medikamente, die gegen die Alzheimersche Krankheit eingesetzt werden. Zwei der Kräuter werden bereits klinischen Tests unterzogen.
Ein wichtiger Aspekt ist die Hemmung der Acetylcholinesterase durch verschiedene Salbei-Arten. Bei Alzheimer-Patienten vermindert sich die Zahl der so genannten Nikotin-Rezeptoren im Hirn - einer von zwei Rezeptortypen, an die der Botenstoff Azetylcholin andockt. Erhöht man die Menge an Azetylcholin im Hirn, so kann das Defizit oft ausgeglichen werden, und die Patienten erinnern sich besser. Salbei-Inhaltsstoffe können ein Enzym hemmen, das den Nervenbotenstoff Acetylcholin zerstört. Ein solcher Hemmeffekt könnte möglicherweise das Absinken des Acetylcholin-Spiegels im Gehirn von Alzheimer-Kranken verhindern. Extrakte aus Salvia officinalis aktivieren in vitro Azetylcholin-Rezeptoren.
Studien haben gezeigt, dass insbesondere der Echte Salbei (Salvia officinalis) die Acetylcholin-abbauende Enzym Acetylcholinesterase hemmt. Dessen Hemmung sorgt dafür, dass mehr freies Acetylcholin im zentralen Nervensystem verfügbar ist. Das wiederum kann der temporären Demenz von Labortieren entgegenwirken und könnte auch uns beim Erinnern und Konzentrieren helfen. Auch die antioxidativen Eigenschaften des Salbeis dürften unsere kognitiven Leistungen fördern, seine Bestandteile wie Carnosol oder Kaffeesäure binden freie Radikale im zentralen Nervensystem.
Eine systematische Auswertung von acht Studien, die sowohl mit gesunden Probanden als auch mit Alzheimerpatienten bzw. Patienten mit schwacher bzw. moderater Demenz durchgeführt worden waren, schreibt den beiden o.g. Salbeiarten eine vielversprechende Wirkung hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit der Studienteilnehmer zu.
Klinische Studien und Forschungsergebnisse
Mehrere klinische Studien haben die Wirkung von Salbei auf die kognitiven Funktionen untersucht. Eine Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie mit jungen Erwachsenen zeigte, dass ein Salbei-Extrakt ätherischer Öle das Erinnerungsvermögen deutlich steigerte. Forscher von der Universität Teheran untersuchten die Wirkung eines Salbei-Extraktes bei Alzheimer-Patienten im Vergleich zu Plazebo. An einer randomisierten Doppelblindstudie nahmen Patienten mit milder bis mittelschwerer Alzheimer-Erkrankung teil. Danach schnitten die 15 Patienten unter Verum bei ADAS-cog und CDR signifikant besser ab als die 15 Patienten unter Plazebo. Bei den Nebenwirkungen (z. B. Erbrechen, Schwindel) zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Unter Plazebo wurde allerdings häufiger über Agitation berichtet.
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Ein systematischer Review widmete sich neuroprotektiven Effekten. Es fanden sich acht klinische Studien, sechs untersuchten die kognitive Leistung bei gesunden Probanden, die beiden verbleibenden bei Patienten mit Verdacht auf M. Alzheimer, eine davon explizit von milder bis moderater Ausprägung. Kognitive Leistungen ließen sich sowohl bei gesunden Probanden als auch bei Patienten bessern.
Anwendung von Salbei zur Gedächtnisstärkung
Salbei kann auf verschiedene Arten zur Gedächtnisstärkung und zur Unterstützung der kognitiven Funktionen eingesetzt werden. Eine Möglichkeit ist die Zubereitung von Salbeitee. Da die Inhaltsstoffe Carnosol, Kaffeesäure und Rosmarinsäure gut wasserlöslich sind, können sie leicht bei einer Teezubereitung gelöst werden.
Salbei-Tee Zubereitung:
- 1 EL getrocknetes Salbeikraut (Salviae herba) mit ¼ Liter siedendem Wasser übergießen.
- Zugedeckt 15 Minuten ziehen lassen.
- Im Anschluss trinken.
Dieser Tee kann 3 x täglich zubereitet werden.
Auch die Inhalation von Salbei-Dämpfen kann positive Effekte haben. Da die aktiven Komponenten leicht flüchtig sind, lassen sie sich über die Atemluft aufnehmen.
Salbeiblätterauszüge sind auch in einigen Fertigarzneimitteln aus der Gruppe der Mund- und Rachentherapeutika enthalten. Salbeiblätterextrakte kommen auch in Mitteln gegen übermäßige Schweißproduktion zum Einsatz. Auch Salbei-Heilpflanzensaft ist als Fertigpräparat verfügbar.
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Weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Alzheimer-Risikos
Neben der Anwendung von Salbei gibt es weitere Maßnahmen, die das Risiko für eine Demenz-Erkrankung senken können. Mittlerweile gehen Forscher von 14 Risikofaktoren aus, die Alzheimer sowie andere Formen der Demenz begünstigen. Wer alle 14 Punkte berücksichtigt und entsprechend gegensteuert, könne sein Risiko zu erkranken erheblich reduzieren. Dazu gehören:
- Erhöhten LDL-Cholesterinspiegel senken
- Sehkraft erhalten
- Schwerhörigkeit erkennen und ausgleichen
- Sich lebenslang weiterbilden
- Kopfverletzungen so gut wie möglich vermeiden
- Bluthochdruck vorbeugen bzw. senken
- Weniger oder gar keinen Alkohol trinken
- Übergewicht reduzieren
- Mit dem Rauchen aufhören
- Stress und Depression richtig behandeln
- Soziale Kontakte pflegen statt einsam und isoliert leben
- Luftverschmutzung und Feinstaub meiden
- Ausreichend bewegen
- Diabetes-Typ-2 vorbeugen