Narben im Gehirn: MRT-Diagnostik und ihre Bedeutung

Die Magnetresonanztomographie (MRT) hat sich als ein entscheidendes Instrument in der neurologischen Diagnostik etabliert. Sie ermöglicht nicht nur die Darstellung anatomischer Strukturen von Gehirn und Nerven, sondern auch die Aufdeckung von Veränderungen wie Entzündungen, Narben, Raumforderungen, Gefäßerweiterungen (Aneurysmen) und Engstellen (Stenosen) sowie Blutungen. Insbesondere bei der Diagnose und Überwachung von Narben im Gehirn spielt die MRT eine zentrale Rolle.

Entstehung und Beschaffenheit von Narben im Gehirn (Gliose)

Im Gegensatz zu Hautnarben, die durch Fibroblasten gebildet werden, bestehen Narben im Gehirn, auch Gliosen genannt, aus Gliazellen, dem Stützgewebe des Gehirns. Diese Gliazellen betten die Nervenzellen ein und unterstützen die Reizweiterleitung. Gliosen sind in der Regel derber als normales Hirngewebe und lassen sich in der MRT gut abgrenzen.

Eine Vermehrung von Gliazellen wird angeregt, wenn Hirngewebe geschädigt wird, beispielsweise nach einem Schlaganfall, nach Schädelverletzungen, Entzündungen oder auch durch Erkrankungen wie Morbus Alzheimer oder Multiple Sklerose. Die Gliazellen haben dabei keinen raumfordernden Charakter wie Hirntumore, sondern füllen die entstandenen Lücken auf, um die Stabilität des Hirngewebes zu erhalten. Neurone, die eigentlichen impulsgebenden Zellen, vermehren sich im Gegensatz dazu nicht neu.

Ursachen für Narbenbildung im Gehirn

Narben im Gehirn können vielfältige Ursachen haben. Zu den häufigsten gehören:

  • Schlaganfall: Ein Schlaganfall führt zu einer Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns, was zum Absterben von Hirngewebe und zur Bildung von Narben führen kann.
  • Schädel-Hirn-Trauma (SHT): Verletzungen des Kopfes, insbesondere solche, die mit einer längeren Bewusstlosigkeit einhergehen, können zu strukturellen Verletzungen des Gehirns und zur Narbenbildung führen. Selbst leichte SHT, die durch Explosionen verursacht werden, können in der MRT sichtbare Schädigungen des Gehirns verursachen.
  • Entzündungen: Entzündliche Erkrankungen des Gehirns, wie beispielsweise Enzephalitis oder Meningitis, können ebenfalls Narben hinterlassen.
  • Multiple Sklerose (MS): Bei MS führt eine Entzündung im Zentralnervensystem zur Bildung von Narben, den sogenannten Plaques. Diese Plaques können sowohl in der weißen als auch in der grauen Hirnsubstanz auftreten.
  • Neurodegenerative Erkrankungen: Erkrankungen wie Morbus Alzheimer können ebenfalls zu einer vermehrten Narbenbildung im Gehirn führen.
  • Ischämie: Läsionen in der weißen Gehirnsubstanz können durch Ischämie infolge von Diabetes, Bluthochdruck oder schlichtweg des Alterns verursacht werden.

MRT-Diagnostik von Narben im Gehirn

Die MRT ist das wichtigste Untersuchungsverfahren zur Darstellung von Narben im Gehirn. Dank der strahlungsfreien und sehr exakten Darstellung von Gehirn und Nerven hat sie sich als Goldstandard für Fragestellungen zu diesen Gewebearten etabliert.

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Hochmoderne MRT-Technologie für detaillierte Einblicke

Moderne 3-Tesla-MRT-Geräte setzen neue Standards in der neurologischen Bildgebung. Die überragende Bildqualität zeigt Details, die bisher verborgen geblieben sind. Dies ist besonders wichtig für die Erkennung von subtilen Veränderungen im Gehirn, die auf eine beginnende Narbenbildung hindeuten könnten.

Einige Institute bieten zudem hochmoderne computergestützte Verfahren an, die bisher nur Universitätskliniken vorbehalten waren. Diese Verfahren ermöglichen eine sehr genaue Bestimmung des Gehirnvolumens und einen Vergleich mit dem Volumen "normaler" Gehirne Tausender gesunder Probanden und Patienten. Veränderungen, wie sie z.B. bei MS auftreten, können so genau detektiert und im Verlauf sicher beurteilt werden.

Differenzierung verschiedener Ursachen durch MRT-Merkmale

Die MRT kann nicht nur Narben im Gehirn darstellen, sondern auch Hinweise auf deren Ursache liefern. So zeigen beispielsweise MS-Plaques typische Merkmale in der MRT, die sie von Narben anderer Ursachen unterscheiden. Auch die Lokalisation der Narben kann wichtige Hinweise geben. So treten ischämische Läsionen beispielsweise typischerweise in der weißen Substanz auf, während MS-Plaques auch in der grauen Substanz vorkommen können.

Bedeutung der MRT für die Diagnose und das Therapiemonitoring bei MS

Bei der Multiplen Sklerose (MS) ist die MRT von entscheidender Bedeutung sowohl für die Erstdiagnose als auch für das Therapiemonitoring. Die MRT ermöglicht es, die räumliche und zeitliche Dissemination der Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark nachzuweisen. Nach der 2010 erfolgten Revision der McDonald-Kriterien - die aktuellen Kriterien zur Diagnose von MS - gelingt der Nachweis einer zeitlichen Dissemination mittels MRT mittlerweile mit einem einmaligen Scan.

Insbesondere bei neuen MS-Therapien besteht ein eindeutiger Bedarf nach Monitoring. Die exakte Bestimmung des Hirnvolumens und neuer Herdläsionen bzw. Narben im Gehirn ist wichtig, um die Wirksamkeit der Therapie zu beurteilen. Je ausgeprägter die Erkrankung ist, desto höher ist der Mehrwert der Computer-basierten Auswertung.

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Ein Beispiel für die Bedeutung der MRT beim Therapiemonitoring ist der Arzneistoff Natalizumab, der die Entzündungen signifikant verringert, die Anzahl der Schübe reduziert und eine Progression der Krankheit verhindert. Allerdings birgt dieser Arzneistoff auch das Risiko einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML), einer schwerwiegenden, potentiell tödlichen Virusinfektion. Mittels MRT lassen sich PML-Läsionen von fokalen MS-Läsionen unterscheiden, so dass eine etwaige PML so früh wie möglich diagnostiziert werden kann.

Computer-basierte Auswertung mit Künstlicher Intelligenz

Durch die neue Computer-basierte Auswertung mit Künstlicher Intelligenz kann ein vorzeitiger oder besonders rascher Rückgang des Hirnvolumens wesentlich genauer erfasst werden als durch die einfache visuelle Beurteilung durch den Radiologen, wie sie bisher üblich ist. Dadurch kann man die Krankheit möglicherweise früher erkennen und besser behandeln.

Klinische Bedeutung von Narben im Gehirn

Die klinische Bedeutung von Narben im Gehirn hängt von ihrer Lokalisation, Größe und Ursache ab. Viele Menschen haben Narben im Gehirn, die keinen Krankheitswert haben und keiner Behandlung bedürfen. In anderen Fällen können Narben jedoch zu neurologischen Ausfällen führen.

Abhängig vom Ort des geschädigten Hirngewebes kann in einigen Fällen - durch den Verlust von Nervenzellen - die Funktionalität der betroffenen Hirnregion beeinträchtigt sein. So kann es zum Beispiel bei Schädigung des linken Schläfenlappens zu Sprachstörungen kommen. Oder die Verletzung des rechten Scheitellappens kann zu einer Halbseitenlähmung der linken Körperhälfte führen.

In einigen Fällen können Narben im Gehirn auch zu einer Störung des elektrischen Gleichgewichts des Hirns führen, was ein Epilepsieleiden zur Folge haben kann. In solchen Fällen ist es denkbar, das Narbengewebe operativ zu entfernen. Dadurch lässt sich mit einem gezielten chirurgischen Eingriff der „Epilepsieherd“ beseitigen, und die Patienten werden von dem Krampfanfallleiden befreit.

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Neue Erkenntnisse zur Rolle von Gliazellen bei der Narbenbildung

Ein Forschungsteam der Charité - Universitätsmedizin Berlin konnte aufzeigen, wie wichtig bei der Narbenbildung im Gehirn die Umorganisation von Gerüst- und Membranstrukturen in den Gliazellen ist. Die Erkenntnisse werfen Licht auf einen neuen zellulären Schutzmechanismus, durch den das Gehirn aktiv schweren Verläufen von neurologischen Erkrankungen entgegenwirken könnte.

Die Forschenden konnten zeigen, dass das Protein Drebrin bei Hirnverletzungen die Astrogliose steuert. Drebrin wird benötigt, damit Astrozyten als Kollektiv Narben bilden und das umliegende Gewebe schützen können. Der Verlust von Drebrin führt zu einer Unterdrückung der normalen Astrozyten-Aktivierung. Anstatt schützend zu reagieren, verlieren diese Astrozyten im Gegenteil sogar gänzlich ihre Funktion und geben ihre zelluläre Identität auf. Eigentlich harmlose Verletzungen breiten sich somit ohne die schützende Narbenbildung aus und immer mehr Nervenzellen sterben ab.

Um diese Narbenbildung zu ermöglichen, kontrolliert Drebrin die Umorganisation des Aktin-Zellskeletts in Astrozyten. Auf diese Weise wird auch die Entstehung langer Membranröhren - sogenannter tubulärer Endosome - beeinflusst, die der Aufnahme, Sortierung und Umverteilung von Oberflächenrezeptoren dienen und für die schützenden Gegenmaßnahmen der Astrozyten notwendig sind.

Die Erkenntnisse zeigen also, wie Drebrin über das dynamisch-veränderliche Zellskelett und Membranstrukturen grundlegende Funktionen von Astrozyten bei der Abwehr schädlicher Einflüsse steuert. Seine Rolle als Regulator des Zellskeletts deutet darauf hin, dass Drebrin ein möglicher Risikofaktor für schwere Verläufe von neurologischen sowie anderen Erkrankungen sein könnte, weil ein Verlust des Proteins in Astrozyten ganz ähnliche Veränderungen bewirken kann.

Langzeitfolgen von Misshandlungserlebnissen in der Kindheit

Wissenschaftler haben mittels Magnetresonanz-Tomografie (MRT) die Langzeitfolgen von Misshandlungserlebnissen in der Kindheit untersucht. Die Ergebnisse zeigten ein eindeutiges Bild: Über je mehr Gewalterfahrungen oder Vernachlässigung die Probanden berichteten, desto kleiner waren wichtige Gehirnstrukturen wie zum Beispiel der für Lernen- und Gedächtnis wichtige Hippocampus oder der für die Emotionsregulation zuständige Stirnlappen. Die Auffälligkeiten in den Gehirnen der als Kind misshandelten Probanden haben erhebliche Ähnlichkeiten mit jenen Veränderungen im Gehirn, die depressiv Erkrankte häufig aufweisen. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung frühzeitiger Interventionen bei Kindern, die von Misshandlung oder Vernachlässigung betroffen sind.

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