Narbengewebe, das auf Nerven drückt, kann eine schmerzhafte und einschränkende Folge von Operationen, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule, sein. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und verschiedenen Behandlungsansätze, um Betroffenen einen umfassenden Überblick zu bieten.
Ursachen und Entstehung von Narbengewebe nach Wirbelsäulenoperationen
Im letzten Jahrzehnt haben minimal-invasive Verfahren die „offene“ Bandscheibenoperation, bei der ein größeres Fenster in der Wirbelsäule eröffnet wird, zunehmend ersetzt. Bei minimal-invasiven Eingriffen wird vorgefallenes Bandscheibengewebe oft durch einen nur wenige Millimeter großen Zugang entfernt. Diese Technik hat nicht nur kosmetische Vorteile, sondern kann auch das Risiko von Komplikationen reduzieren.
Ein Problem, das nach Wirbelsäulenoperationen auftreten kann, ist die Bildung von Narbengewebe. Fast fünf Prozent der Patienten müssen an der gleichen Stelle erneut operiert werden, da sie bereits nach kurzer Zeit ähnliche Schmerzen verspüren. In den meisten Fällen ist nicht der Eingriff selbst das Problem, sondern die Bildung von Narbengewebe, das auf die Nerven drückt.
Dr. Paul Sanker, Neurochirurg in Aachen, erklärt, dass bei einer offenen Wirbelsäulenoperation eine relativ große Menge Knochenmasse abgetragen werden muss, um dem Operateur einen ungehinderten Zugang zum Bandscheibenvorfall zu ermöglichen. Nach dem Eingriff entsteht an dieser Stelle ein Loch, in das Blut und Bindegewebszellen einwachsen, um die Verletzung zu heilen. In diesem Blutkuchen bilden sich dann Äderchen, die den Heilungsprozess unterstützen.
Dr. Tschakert ergänzt, dass bei einer offenen Bandscheibenoperation beinahe zwangsläufig eine Mikroinstabilität an der Wirbelsäule entsteht, da ein Teil des Knochens am Wirbelbogen oder an den Dornfortsätzen entfernt wurde. Um diese Instabilität zu kompensieren, bildet sich überschießendes, hartes Narbengewebe, das den Nerv, der eigentlich entlastet werden sollte, erneut bedrängen kann.
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Symptome und Diagnose
Der typische Verlauf einer schmerzhaften Narbenbildung zeigt sich oft erst einige Monate nach der Operation. Patienten sind zunächst schmerzfrei, da die Nervenkompression beseitigt wurde. Nach etwa sechs bis neun Monaten treten jedoch immer heftigere Schmerzen an der gleichen Stelle wie zuvor auf. Dies führt oft zu der Annahme, dass die Operation „nichts gebracht“ habe, da die Schmerzen wiedergekommen sind.
Um die Ursache der Schmerzen zu diagnostizieren, sind bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) unerlässlich. Diese Untersuchungen können zeigen, ob Narbengewebe auf die Nerven drückt oder andere Komplikationen vorliegen.
Behandlungsmöglichkeiten
Konservative Behandlung
In vielen Fällen können Schmerz-Syndrome zunächst konservativ behandelt werden. Dies umfasst Schmerzmedikation, Krankengymnastik und lokale Injektionen. Diese Maßnahmen sollten über einen Zeitraum von sechs bis maximal zwölf Wochen versucht werden. Wenn innerhalb dieser Zeit keine wesentliche Besserung eintritt, sollte eine operative Entfernung des Narbengewebes in Erwägung gezogen werden.
Operative Behandlung
Eine Möglichkeit, Patienten mit Narbengewebe zu helfen, ist ein zweiter kleiner Eingriff, bei dem die Narbe beseitigt und der Nerv wieder befreit wird (Neurolyse).
Um die Bildung von Narbengewebe zu verhindern, kann ein Anti-Narben-Gel verwendet werden, mit dem der Nerv umkleidet wird. Dies führt dazu, dass das entstehende Narbengewebe quasi um den Nerv herumwächst und eine Art „Führungshülse“ schafft, in welcher der Nerv ungehindert gleiten kann und nicht bedrängt wird. Die Erfolge mit diesen Präparaten werden jedoch kontrovers diskutiert, und es gibt auch Kontraindikationen, die den Einsatz verbieten, z.B. eine Perforation der Dura.
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Eine andere Methode besteht darin, unmittelbar postoperativ (d.h. einen Tag später) über etwa vier Tage hinweg eine Bestrahlung des Operationsgebietes vorzunehmen. Die Belastung für den Patienten liegt bei dieser Bestrahlung nur bei etwa sechs Sievert und ist somit deutlich geringer als bei der Krebstherapie. Zudem ist das bestrahlte Gebiet exakt begrenzt: Nach einer genauen Winkel-, Tiefen- und Querschnittsberechnung findet die Bestrahlung nur im Narbenfeld statt. Ohne eine vorherige Neurolyse würde die Bestrahlung keinen Sinn machen, denn durch die relativ geringe Strahlendosis wird ja nicht - wie etwa bei einer Tumorbestrahlung - Gewebe zerstört, sondern es werden lediglich die Botenstoffe und Gewebsbausteine beeinflusst.
Minimal-invasive Verfahren
Die endoskopische Operation ist eine schonende Methode, um Bandscheibenvorfälle zu behandeln und Narbenbildung zu minimieren. Ein Endoskop hat einen Durchmesser von 8 mm, wodurch die Muskulatur und das umliegende Gewebe optimal geschont werden. Auch in der Tiefe ist die gefürchtete Narbenbildung deutlich geringer oder überhaupt nicht vorhanden.
Eine weitere minimal-invasive Option ist die Racz-Katheter-Technik, bei der ein dünner Katheter in den Wirbelkanal eingeführt wird, um Medikamente direkt an das Narbengewebe zu bringen. Diese Medikamente können das Gewebe schrumpfen lassen und die Entzündung reduzieren, wodurch der Druck auf die Nerven verringert wird.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Neben den oben genannten Behandlungen gibt es noch weitere Optionen, die je nach Art und Symptom der Narbenbildung in Frage kommen:
- Lokalanästhetikum: Zur raschen Schmerzlinderung.
- Kortisonspritzen: Direkt ins Narbengewebe.
- Antibiotika: Bei Entzündungsreaktionen.
- Kältetherapie (Kryotherapie)
- Druckverbände
- Schmerzmittel, Narbensalben, schulmedizinische oder naturheilkundliche Medikamente
- Laserbehandlung: Zur Abtragung von Narbenwülsten.
- Electroakupunktur: Bei Verbrennungsnarben.
- korrigierende Operationen
Narbenpflege
Sobald die Wundränder geschlossen sind und die Narbe nicht mehr nässt oder offen ist, sollte mit der Narbenpflege begonnen werden. Zunächst nur sanft ein entsprechendes Gel oder eine Narbensalbe auftragen, später nach ca. Um Verhärtungen zu lindern, eignet sich ein Narbengel oder eine Narbensalbe aus der Apotheke. Manche haben einen kühlenden Effekt, manche richten sich an spezielle Formen wie Brandnarben. Damit das Gewebe gut durchblutet wird, der Spannungsschmerz nachlässt und die feuchtigkeitsspendenden und pflegenden Inhaltsstoffe tief eindringen, können Sie das Auftragen durch sanfte Massagen intensivieren. Dafür eigenen sich spezielle Öle, die häufig Vitamin E enthalten und verschiedene Pflanzenextrakte wie z.B. Ringelblume und Kamille. Silikongele (mit oder ohne UV-Schutz) bilden einen dehnbaren, dünnen, luftdurchlässigen Schutzfilm, der die Narbe elastischer werden lässt und sich problemlos bei beanspruchten Gelenken auftragen lässt.
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Feuchtigkeitsspendende Hyaluronsäure und Aloe Vera ist ebenfalls bestens geeignet, um das Narbengewebe schön geschmeidig zu halten. Dexpanthenol, Allantoin und Zink sind heilungsfördernd, Heparin bringt die Wirkstoffe tiefer ins Gewebe.
Was Sie sonst noch tun können
- Reibung (z. B. durch einschnürenden BH-Träger, Hosenbund oder Trageriemen) vermeiden.
- Keine zu enge Kleidung oder kratzenden Materialien tragen. Weiche, atmungsaktive Stoffe wie Baumwolle, Viskose, Tencel und Seide sind kratzigen Woll- oder Polyesterfasern vorzuziehen.
- Vermeiden Sie Nikotin und Alkohol, da diese Wundheilungsprozesse verlangsamen.
- Sonnenschutz auftragen, um Verfärbungen der Narbe zu verhindern.
- Verwenden Sie Kühl-Pads bei akuten Beschwerden. Bei Narben mit großem Spannungsschmerz wird häufig Wärme als angenehm empfunden, da sich dadurch das Gewebe entspannt.
- Innerlich können Globuli wie Arnika oder Mineralstoffe (Zink, Vitamin C) unterstützend wirken, da sie die Wundheilung unterstützen.
- Akupunktur-Massagen oder spezielle Handgriffe aus der sensomotorischen Körpertherapie wirken äußerlich auf Energieblockaden und Spannungen des Narbengewebes ein.
- Frische Wunden von Anfang an gut pflegen: desinfizieren, sauber halten, Wundsalbe auftragen.
Vorbeugung von Narbenbildung
Um das Entstehen des Failed-Back-Surgery-Syndroms zu verhindern, sollten Operationen an der Wirbelsäule zurückhaltend empfohlen werden. Es ist wichtig nachzuweisen, dass eine sichtbare Veränderung an der Wirbelsäule tatsächlich für die Rückenschmerzen verantwortlich ist. Zudem sollte die gesamte körperliche und geistige Verfassung des Patienten in die Indikationsstellung miteinbezogen werden.
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