Der zeitliche Verlauf eines Schlaganfalls: Von der Akutphase bis zur Rehabilitation

Ein Schlaganfall, auch Apoplex genannt, ist eine plötzliche Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff (Ischämie) und dem Absterben von Nervenzellen im betroffenen Bereich führt. Die Folgen eines Schlaganfalls sind sehr unterschiedlich, da jeder Schlaganfall anders ist. Einige Betroffene erholen sich innerhalb weniger Tage, während andere schwerste Behinderungen davontragen. Die Bandbreite dazwischen ist groß. Dieser Artikel beleuchtet den zeitlichen Verlauf eines Schlaganfalls, von den ersten Anzeichen und der Akutversorgung bis hin zur Rehabilitation und den langfristigen Auswirkungen.

Ursachen und Risikofaktoren

Ein Schlaganfall wird oft zu den häufigsten Krankheiten im Alter gezählt, tritt aber auch bei jüngeren Menschen auf. In über 50 Prozent der Fälle sind Personen über 65 Jahre betroffen, aber etwa 15 Prozent der Schlaganfälle ereignen sich bei Menschen unter 40/45 Jahren. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter; eine Person über 70 Jahre hat ein höheres Schlaganfallrisiko als eine Person mit 60 Jahren.

Die Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall sind Bluthochdruck und Vorhofflimmern. Weitere relevante Risikofaktoren sind Diabetes, Rauchen, Bewegungsmangel und Fettstoffwechselstörungen. Eine gesunde Ernährung, viel Bewegung und die Vermeidung von Risikofaktoren sind die besten Maßnahmen zur Prävention eines Schlaganfalls.

Erkennen eines Schlaganfalls: Das BE FAST-Schema

Ein schnelles Erkennen der Symptome ist entscheidend für eine rasche Behandlung und somit für die Minimierung der Folgeschäden. Das BE FAST-Schema hilft, die wichtigsten Anzeichen zu erkennen:

  • Balance: Schwindel oder Gangunsicherheit?
  • Eyes: Sehstörung, Sehverlust? Nystagmus?
  • Face: Facialisparese? Auffällige Mimik?
  • Arms: Extremität mit Motorik- / Sensibilitäts-Defizit?
  • Speech: Sprach- oder Sprechstörung?
  • Time: Zeitfenster? Wann zuletzt "normal"?

Bei Verdacht auf einen Schlaganfall muss sofort der Notruf (112) gewählt werden.

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Die Akutphase: Schnelle Hilfe ist entscheidend

Die Erstversorgung in einer spezialisierten "Stroke Unit" ist essentiell. In Deutschland werden die meisten Schlaganfall-Patienten auf solchen Stroke Units behandelt. Diese Einheiten verfügen über eine hohe diagnostische und therapeutische Expertise, um schnell zu entscheiden, ob eine Spezialtherapie wie die Lyse-Therapie oder eine katheterbasierte Thrombektomie möglich und notwendig ist.

Diagnostik in der Akutphase

In der Akutphase werden verschiedene diagnostische Maßnahmen durchgeführt, um die Art und das Ausmaß des Schlaganfalls abzuklären:

  • Herz-Kreislauf-Monitoring: Überwachung von Herzfrequenz, Atemfrequenz und Blutdruck.
  • Bildgebende Verfahren: MRT und CT zur Untersuchung der gehirnversorgenden Gefäße.

Therapie in der Akutphase

Die Therapie in der Akutphase zielt darauf ab, die Durchblutung des Gehirns so schnell wie möglich wiederherzustellen und weitere Schäden zu verhindern. Die wichtigsten Therapieoptionen sind:

  • Thrombolyse: Auflösung des Blutgerinnsels mit Medikamenten (Alteplase oder Tenecteplase) innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn.
  • Thrombektomie: Mechanische Entfernung des Blutgerinnsels mit einem Katheter, insbesondere bei großen Gefäßverschlüssen.

Das Blutdruckmanagement ist abhängig von der geplanten Therapie. Vor der Lyse sollte der systolische Blutdruck unter 185/110mmHg liegen. Nach Lyse/Thrombektomie ist ein systolischer Zielwert von 120-160mmHg, jedenfalls <180 mmHg anzustreben.

Die Rolle der Stroke Units

Stroke Units sind Spezialstationen in Krankenhäusern, die auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten spezialisiert sind. Sie bieten eine umfassende Versorgung, die von der Akuttherapie über die Ursachenforschung bis hin zur Rehabilitation reicht. Die Behandlung in einer Stroke Unit verbessert die Überlebenschancen und reduziert das Risiko von bleibenden Behinderungen.

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Stille Schlaganfälle

Nicht immer ist ein Schlaganfall sofort als akuter Schlaganfall auffällig. Manchmal gibt es die sogenannten „stillen Schlaganfälle“, die weder von Betroffenen noch von deren Umfeld als solche erkannt werden. Es ist schon so, dass auch die stillen Schlaganfälle - oder wie wir sagen „stummen Schlaganfälle“ - mild ausgeprägte Symptome zeigen. Diese Symptome werden jedoch häufig nicht als Schlaganfall-Symptom bewertet, daher bleiben sie „still“. Das kann zum Beispiel mal ein kurzer Schwindel oder mal ein Kribbeln sein. Dass ein „stiller Schlaganfall“ gar keine Symptome verursacht, ist eher selten der Fall. Meistens werden die Symptome einfach gar nicht bemerkt, weil stille Schlaganfälle in aller Regel kleinere Schlaganfälle sind, die letzten Endes keine Funktionsstörung verursachen.

Rehabilitation: Zurück ins Leben finden

Nach der Akuttherapie beginnt die Rehabilitation, um die verloren gegangenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und die Lebensqualität zu verbessern. Die Rehabilitation umfasst verschiedene Therapiebereiche:

  • Physiotherapie: Verbesserung der Motorik und Koordination.
  • Ergotherapie: Training von Alltagsaktivitäten.
  • Logopädie: Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen.
  • Neuropsychologie: Behandlung von kognitiven Störungen und psychischen Folgen.

Die Rehabilitation kann stationär in einer Reha-Klinik oder ambulant in Tageseinrichtungen erfolgen. Die Dauer des Aufenthalts in einer Reha-Klinik beträgt meist 4 bis 6 Wochen.

Langzeitfolgen eines Schlaganfalls

Die Folgen eines Schlaganfalls sind vielfältig und hängen von der betroffenen Hirnregion und dem Ausmaß der Schädigung ab. Zu den häufigsten Folgen gehören:

  • Neurologische Folgen: Halbseitige Lähmungen (Hemiparese/Hemiplegie), Spastik, Koordinationsstörungen, Schluckstörungen (Dysphagie).
  • Neuropsychologische Folgen: Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisstörungen, Neglect (Vernachlässigung einer Körperseite), Gesichtsfeldausfälle.
  • Psychische Folgen: Depressionen, Angststörungen, emotionale Labilität.

Viele Schlaganfall-Betroffene leiden unter unsichtbaren Folgen, die für Außenstehende oft schwer nachvollziehbar sind. Es ist wichtig, diese Folgen zu erkennen und entsprechend zu behandeln.

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Sprach- und Sprechstörungen

Sprachstörung = Aphasie: Störungen der Sprachproduktion (Fassen von Worten) und/oder des Sprachverständnisses in unterschiedlichen Ausprägungen. Sprechstörung = Dysarthrie: Inhalte und Sprachverständnis uneingeschränkt, aber undeutliches Sprechen wegen Störung der Sprech-Motorik.

Transitorisch ischämische Attacke (TIA)

Eine transitorisch ischämische Attacke (TIA), auch Mini-Schlaganfall genannt, ist eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns, bei der die Symptome innerhalb von 24 Stunden wieder verschwinden. Obwohl die Symptome nur kurzzeitig auftreten, ist eine TIA ein Warnsignal für einen drohenden Schlaganfall und sollte umgehend ärztlich abgeklärt werden.

Die Symptome der TIA ähneln denen eines Schlaganfalls, verschwinden aber innerhalb kurzer Zeit wieder. Dennoch sollte eine TIA immer ärztlich abgeklärt werden. All diese Symptome können wenige Minuten bis mehrere Stunden andauern. In Abgrenzung von einem klassischen Schlaganfall wird eine zeitliche Grenze von 24 Stunden angegeben. Dauern die Symptome länger an, handelt es sich um einen Schlaganfall. Das bedeutet aber nicht, dass Betroffene so lange warten sollten. Treten die genannten Symptome auf, sollten diese notärztlich abgeklärt werden, da Laien nicht in der Lage sind, eine TIA von einem "großen" Schlaganfall zu unterscheiden.

Generell ist das Risiko für einen Schlaganfall in den ersten 24 bis 48 Stunden nach einer TIA am höchsten. Eine aktuelle Studie zeigt noch ein anderes Risiko an. Und zwar die Entwicklung einer Demenz nach einer TIA. Für den Schlaganfall ist diese Folgeerkrankung bereits bekannt; etwa 20 Prozent aller Betroffenen entwickeln im ersten Jahr nach der Erkrankung eine Demenz. Nach einer TIA wurde ein Rückgang der kognitiven Leistungsfähigkeit bislang nicht angenommen. Aber genau das zeigte sich in der Studie.

Rezidiv-Risiko und Prävention

Es gibt eine Reihe an Rezidiv-Schlaganfällen (wiederholte Schlaganfälle) und die Zahl liegt bei rund 50.000 bis 70.000 pro Jahr. Dass jeder Patient nach einem ersten Schlaganfall einen zweiten Schlaganfall erleidet, stimmt nicht, weil das im Wesentlichen von der jeweiligen Situation des Patienten abhängt. Auch wegen dieses hohen Rezidiv-Risikos ist aber so wichtig, nach dem ersten Schlaganfall die genauen Ursachen zu erforschen, um daraus eine gute Sekundär-Prävention aufbauen zu können.

Die entscheidenden Faktoren für die Prävention von Rezidiv-Schlaganfällen sind eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung, kein Diabetes, kein Bluthochdruck usw.

Lebenserwartung nach einem Schlaganfall

Die Mortalität von Patienten nach einem ersten Schlaganfall liegt bei 25 bis 30 Prozent. Das betrifft allerdings nur die Subgruppe der sehr schweren Schlaganfälle. Das sind ja letztlich Patienten, die schwerste Lähmungen, schwerste Sprachstörungen, schwerste Sehstörungen haben und die nach dem ersten Schlaganfall in der Regel bettlägerig und stark pflegebedürftig sind. Von diesen schwerwiegenden Fällen stirbt eine sehr hohe Zahl innerhalb des ersten Jahres.

Forschung und Zukunftsperspektiven

Ein Bereich der Forschung dreht sich aktuell um die Verbesserung der Akuttherapie. Da haben wir ja mit der Thrombektomie eine sensationell wirksame neue Therapiemethode hinzugewonnen. Auf dem Gebiet der Schlaganfall-Früherkennung wird natürlich auch viel an der Genetik des Schlaganfalls geforscht. Warum treten Schlaganfälle zum Beispiel in manchen Familien häufiger auf als in anderen? Woran kann man eine Art Veranlagung erkennen? An diese und ähnlichen Fragen wird stark geforscht. Zuletzt gibt es auch viele Forschungsprojekte zur Verbesserung der Regeneration und Rehabilitation nach Schlaganfall.

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