Nerv an der Schläfe Anatomie: Eine umfassende Übersicht

Die Anatomie der Schläfe ist ein komplexes und faszinierendes Gebiet, das eine wichtige Rolle für das Verständnis verschiedener Funktionen und potenzieller Probleme im Kopfbereich spielt. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Einblick in die anatomischen Strukturen der Schläfe, ihre Funktionen und mögliche klinische Relevanz.

Einführung in die Anatomie der Schläfe

Die Schläfe, in der Fachsprache als Regio temporalis bezeichnet, ist die halbrunde Region seitlich am Kopf, hinter dem Auge und über dem Ohr. Hier befindet sich die Fossa temporalis, eine laterale Einsenkung am Schädel. Umgangssprachlich wird als „Schläfe“ meist nur die kleine tastbare Einsenkung seitlich der Augen bezeichnet.

Der Schläfenlappen (Lobus temporalis)

Der Schläfenlappen, oder Lobus temporalis, ist nach dem Frontallappen der zweitgrößte der vier Lobi des Großhirns. Er ist sowohl anatomisch als auch funktional ein abwechslungsreicher Hirnteil. Die beiden Temporallappen umrahmen den Hirnstamm und bestehen aus iso- und allocorticalen Regionen. Zudem enthalten sie die nicht-corticalen Kerngebiete der Amygdala.

Anatomische Strukturen der Schläfe

Der Grundaufbau der Schläfe besteht in der Tiefe aus fünf Schädelknochen: Stirnbein (Os frontale), Scheitelbein (Os parietale), Schläfenbein (Os temporale), Keilbein (Os sphenoidale) und Jochbein (Os zygomaticum).

Nerven und Gefäße der Schläfe

Die Schläfe beinhaltet einige wichtige Nerven und Gefäße. Einer der beiden Endäste der Carotis externa, die Arteria temporalis superficialis, verläuft oberflächlich und teilt sich in einen frontalen und einen parietalen Ast auf, die große Teile des lateralen oberflächlichen Kopfs versorgen. Auch der andere Endast der Carotis externa, die A. maxillaris, gibt mit den Aa.

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Durch den oberflächlichen Verlauf lässt sich der Puls der A. temporalis superficialis tasten. Neben der zugehörigen Vene begleitet die A. temporalis superficialis der Nervus auriculotemporalis, der die Schläfe sensibel versorgt. Letzterer stammt vom N. mandibularis, dem untersten Ast des fünften Hirnnervs (N. trigeminus). In der Tiefe finden sich hingegen die Rami temporales - Äste des siebten Hirnnervs (N.

Musculus Temporalis

Hier befindet sich auch der Musculus temporalis, der zu den oberflächlichen Kaumuskeln gehört und die gesamte Region fächerförmig ausfüllt. Ihn bedeckt eine derbe Faszie.

Funktion des Schläfenlappens

Die vielleicht bekannteste Funktion des Temporallappens ist das Hören. Das primäre Hörzentrum, die sogenannten Heschl’schen Querwindungen, sind in der tiefen Fissura lateralis verborgen. In diesen Windungen endet die Hörbahn, die Signale von den Sinneszellen in der Schnecke des Ohres überträgt. Wesentlich größer sind die nachgeschalteten sekundären und tertiären auditorischen Zentren, die in der oberen und mittleren Windung des Temporallappens liegen.

Dort, wo die obere und die mittlere temporale Windung nach hinten hin in die Cortices des Okzipitallappens übergehen, überschneiden sich auditorische und visuelle Funktionen. Dort finden sich lexikalische Zentren, die mit der Erkennung geschriebener und gesprochener Worte zu tun haben. Besonders bekannt ist das sensorische Wernicke-​Sprachzentrum, das in der dominanten - meist linken - Hemisphäre lokalisiert ist.

Auf der Innenfläche des Temporallappens, knapp hinter seinem stumpfen Vorderpol, befindet sich eine kleine, nach innen gerichtete Vorwölbung, der Uncus. An seiner dreischichtigen, allocorticalen Oberfläche endet die Riechbahn. Gleich unter diesen Riechrinden liegt die Amygdala, der Mandelkern, die funktional zum limbischen System gehört und für die affektive Einfärbung unseres Erlebens zuständig ist.

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Auch für das Gedächtnis spielt der Temporallappen eine wichtige Rolle. Die am weitesten innen gelegene, breite Windung des Temporallappens, die man in der Untersicht sehen kann, ist der Gyrus parahippocampalis. In ihm liegt der entorhinale Cortex, der eine Art von „Schnittstelle“ zwischen eben jetzt gerade Erlebtem und dem System der Erinnerung darstellt. Gleich daneben und etwas darüber liegt die Hippocampusformation. Im Zusammenspiel sind diese beiden sowohl für das Einlesen von neuen Gedächtnisinhalten als auch für den Abruf bereits vorhandener Erinnerungen zuständig.

Wichtige Schnittstellen zwischen visuellem System und Gedächtnis bilden hier die Isocortices auf der hinteren Unterfläche des Temporallappens. So hat man im spindelförmigen Gyrus fusiformis Zentren gefunden, die mit der (Wieder-)Erkennung von Gesichtern zu tun haben.

Klinische Relevanz der Schläfenanatomie

Die relativ empfindliche Schläfe ist anfällig für Schmerzen und andere Beschwerden. Sind die versorgenden Nerven betroffen, können auch Missempfindungen entstehen. Häufig sind Kopfschmerzen an der Schläfe lokalisierbar.

Kopfschmerzen an der Schläfe

Um die Ursache der Schmerzen zu ermitteln ist daher eine ausführliche Schmerzanamnese erforderlich: Schmerzen können ein- oder beidseitig auftreten, stechend, pochend, bohrend oder dumpf sein und verschiedene zeitliche Verläufe nehmen. Abhängig von der Ursache können auch beidseitige Kopfschmerzen im Bereich der Schläfe auftreten. Auch Prellungen und Brüche - häufig beispielsweise des Os zygomaticum - können Schmerzen im Schläfenbereich auslösen.

Nicht immer muss jedoch eine Krankheiten Ursache für Kopfschmerzen an der Schläfe sein. Auch durch Schlaganfälle können Schmerzen entstehen, weshalb - gerade bei älteren und Risikopatienten/-innen - auch daran gedacht werden muss.

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Schlaganfall im Schläfenlappen

Ein Schlaganfall im Bereich des unter der Schläfe gelegenen Schläfen- oder Temporallappens kann die Sprache, das Gedächtnis und die Emotionen beeinträchtigen. Neben den klassischen Anzeichen - Gesichtslähmungen, die fehlende Fähigkeit beide Arme ausgestreckt zu halten und verwaschener Sprache - ist für einen Temporallappen-Anfall die sogenannte flüssige Aphasie typisch.

Wann sind Kopfschmerzen gefährlich?

In den meisten Fällen haben Kopfschmerzen eine ungefährliche Ursache, etwa Flüssigkeitsmangel oder Stress. Treten plötzlich sehr heftige Kopfschmerzen auf oder dauern Schmerzen über einen längeren Zeitraum an, sollte man aber auf jeden Fall eine/n Arzt/Ärztin aufsuchen, um die Ursache abklären und die Symptome behandeln zu lassen. Eine der gefährlichsten für plötzlich auftretende Kopfschmerzen verantwortlichen Ursachen ist ein Schlaganfall.

Anzeichen für einen Schlaganfall

Klassische Anzeichen für einen Schlaganfall können beispielsweise Gesichtslähmungen, die fehlende Fähigkeit beide Arme ausgestreckt zu halten und verwaschene Sprache sein. Sie werden zusammengefasst durch das FAST-Prinzip, F steht hierbei für Face, A für Arms, S für Speech und T für Time, da besonders die schnelle Reaktion für die Genesungschancen entscheidend sind.

Stiller Schlaganfall

Stille Schlaganfälle sind gefährlich, da sie häufig erst spät oder gar nicht erkannt werden. Hierbei treten Symptome beispielsweise im Schlaf auf und klingen bis zum Aufwachen wieder ab oder sind so gering, dass sie akut nicht auffallen.

Occipitalis-Neuralgie

Bei der Occipitalis-Neuralgie kommt es durch Irritationen oder Reizung eines der beiden Hinterhauptnerven (Occipitalnerven, Nervus occipitalis major und Nervus occiptalis minor) zu scharfen, einschießenden und stechenden Schmerzen im Bereich von Hinterhaupt (Os occipitale) und Nacken. Manchmal strahlt der Schmerz auch in Richtung Auge aus. Die Ursachen einer Occipitalis-Neuralgie sind vielfältig. So können die Nervenwurzeln, aus denen die Hinterhauptnerven hervorgehen, durch arthrotische Veränderungen an der Halswirbelsäule (Spondylarthrose) eingeengt werden. Weitere Ursachen sind Verletzungen der Nerven, Tumoren im Bereich des Nervens oder Infektionen. Manchmal wird der Nerv in seinem Verlauf auch durch benachbarte Arterien komprimiert und geschädigt. Leider spricht die Occipitalis-Neuralgie auf eine medikamentöse Behandlung oft nicht an. Therapeutisch wird dann eine lokale Nervenblockade empfohlen. Bei starken Beschwerden und einem nachgewiesenen Gefäß-Nerv-Kontakt kann eine mikrochirurgische Operation zur Entlastung des Nerven (Neurolyse) helfen.

Nackenschmerzen und Kopfschmerzen

Kopfschmerzen und Nackenschmerzen treten häufig gemeinsam auf. Nackenschmerzen mit Kopfschmerzen werden medizinisch als oberes Zervikalsyndrom bezeichnet. Es betrifft vor allem Menschen, die viel Zeit am Computer verbringen. Umgekehrt können Nackenschmerzen als Folge von Kopfschmerzen auftreten.

Triggerpunkte im Musculus Temporalis

Temporalis Triggerpunkte über und vor dem Ohr können nach hinten ausstrahlende Kopfschmerzen, Kieferschmerzen und Zahnschmerzen auslösen. Des Weiteren können Triggerpunkte im Temporalis die endgradige Kieferöffnung einschränken. Um die Schmerzen ganz und nachhaltig zu lösen, empfiehlt es sich, passende Dehn- und Kräftigungsübungen auszuführen. Ständiges Kaugummikauen kann den Temporalis überlasten und zu Triggerpunkten führen. Zähneknirschen stellt zwar auch eine aktive Überlastung dar, allerdings ist diese oft unbewusst.

Die Hirnnerven

Die Hirnnerven - zwölf an der Zahl - haben verschiedene Qualitäten. Sie werden von kranial (schädelwärts) zu kaudal (schwanzwärts, also zu den Füßen hin) durchnummeriert.

Übersicht der Hirnnerven

HirnnervBezeichnungQualität
1.Nervus olfactorius (Riechnerv)sensorisch
2.Nervus opticus (Sehnerv)sensorisch
3.Nervus oculomotorius (Augenmuskelnerv)parasympathisch-motorisch
4.Nervus trochlearis (Augenmuskelnerv)motorisch
5.Nervus trigeminus (Drillingsnerv, Trigeminus)sensibel-motorisch
6.Nervus abducens (Augenmuskelnerv)motorisch
7.Nervus facialis (Gesichtsnerv, Fazialis)sensorisch-parasympathisch-motorisch
8.Nervus vestibulocochlearis (Hör- und Gleichgewichtsnerv)sensorisch
9.Nervus glossopharyngeus (Zungen-Rachen-Nerv)sensorisch-parasympathisch-motorisch
10.Nervus vagus („umherschweifender“ Nerv, Vagus)sensorisch-parasympathisch-motorisch
11.Nervus accessorius (Hals- oder Beinerv)motorisch
12.Nervus hypoglossus (Zungennerv)motorisch

Funktionen der Hirnnerven

Die Hirnnerven 1, 2 und 8 sind rein sensorische Nerven:

  • Der Nervus olfactorius (Riechnerv) leitet die von den Sinneszellen der Riechschleimhaut in der Nase aufgenommenen Impulse zum Bulbus olfactorius.
  • Der Nervus opticus (Sehnerv) leitet die Signale der Netzhaut weiter zum Gehirn.
  • Der Nervus vestibulocochlearis ist ein zweiteiliger Nerv: Der Nervus vestibularis (Gleichgewichtsnerv) leitet Sinneserregungen vom Vorhof im Felsenbein zum Gehirn und der Nervus cochlearis (Hörnerv) leitet die Erregungen von der Hörschnecke im Innenohr zum Gehirn.

Die Hirnnerven 3, 4 und 6 werden als Augenmuskelnerven bezeichnet und steuern die Bewegung der Augen.

Der Nervus trigeminus (5. Hirnnerv) versorgt mit seinen drei Ästen das Gesicht, die Schleimhaut von Mund und Nase, die Zähne und die Dura mater sensibel. Mit seinem kleineren motorischen Bereich versorgt er die Kaumuskulatur und den Mundöffner.

Der Nervus facialis (7. Hirnnerv) besteht aus sensorischen Fasern, die Geschmacksempfindungen von den vorderen zwei Dritteln der Zunge zum Gehirn leiten, parasympathischen Fasern, die zu den Unterzungen- und Unterkieferspeicheldrüsen sowie den Tränendrüsen führen, und willkürlichen motorischen Fasern, die alle Muskeln des Gesichts versorgen.

Der Nervus vagus (10. Hirnnerv) versorgt mit seinen motorischen Anteilen das Gaumensegel, die Atemwege sowie die oberen Speisewege. Mit seinen sensiblen Anteilen versorgt er den äußeren Gehörgang, den Kehlkopf, die Luftröhre, den unteren Rachen, die Speiseröhre, die Lunge, den Magen, das Herz, die Leber, die Niere, die Milz und viele Gefäße.

Der Nervus accessorius (11. Hirnnerv) versorgt rein motorisch den Musculus sternocleidomastoideus und den M. trapezius.

Der Nervus hypoglossus (12. Hirnnerv) versorgt die gesamte Zungenmuskulatur.

Verlauf der Hirnnerven

  • Der Nervus olfactorius beginnt mit den Riechzellen in der Riechschleimhaut der Nasenhöhle, zieht durch die Löcher der Siebbeinplatte in die Schädelhöhle und dann zum Bulbus olfactorius.
  • Die Nervenfasern des Sehnervs kommen aus der Netzhaut des Auges und ziehen durch die Augenhöhle zum Sehnervkanal.
  • Der Nervus oculomotorius hat seine Wurzelzellen im Mittelhirn nahe der Mittellinie und gelangt durch die obere Augenhöhlenspalte aus der Schädel- in die Augenhöhle.
  • Der Nervus trochlearis ist ein sehr dünner Nerv, dessen Ursprungskerne im Mittelhirn liegen und der durch die obere Augenhöhlenspalte zu dem Muskel gelangt, den er versorgt.
  • Der Nervus trigeminus beginnt mit seinen sensiblen Wurzelzellen in der mittleren Schädelgrube, seitlich von der Brücke.
  • Der Ursprung des Nervus abducens liegt im sogenannten Fazialishügel der Rautengrube und zieht dann in die Augenhöhle.
  • Der Nervus facialis tritt am Kleinhirnbrückenwinkel aus dem Gehirn aus und verläuft gemeinsam mit dem Nervus vestibulocochlearis durch den inneren Gehörgang.
  • Der Nervus glossopharyngeus verlässt das Gehirn hinter der Oliva und zieht durch das Foramen jugulare zur äußeren Schädelbasis.
  • Der Nervus vagus tritt aus der Medulla oblongata aus und zieht zwischen zwei Gefäßen, der Vena jugularis und der Arteria carotis interna, nach unten in die Brusthöhle.
  • Der Nervus accessorius entspringt aus dem Halsmark mit Spinalwurzeln, die sich im Wirbelkanal vereinigen.
  • Die motorischen Fasern des Nervus hypoglossus beginnen mit Wurzelfäden in der Medulla oblongata.

Probleme mit den Hirnnerven

Verletzungen oder Erkrankungen der verschiedenen Hirnnerven und ihrer Äste können unterschiedlichste Folgen haben, je nachdem, welche Aufgabe die betreffenden Nervenfasern erfüllen. Schädigungen des Nervus olfactorius führen zu Ausfällen beim Geschmacksempfinden. Bei Entzündungen des Nervus opticus verschlechtert sich die Sehkraft.

Das Lymphgefäßsystem im Kopf-Hals-Bereich

Ein Drittel aller im Körper vorkommenden Lymphknoten sind im Kopf-Hals-Bereich zu finden. Die Gründe hierfür sind zum einen der Ösophagus und die Trachea, die einen guten Angriffsort für Krankheitserreger bieten. Zum anderen fließt in diesem Bereich die Lymphflüssigkeit von Kopf, Hals, Rumpf und Armen zusammen, weswegen die Filterfunktion der Lymphknoten vor allem in diesem Bereich benötigt wird.

Der Lymphabfluss der Zunge ist auf mehrere verschiedene Lymphknotenstationen aufgeteilt. Die Ganglien im Kopf-Hals-Bereich können anhand ihrer Faserqualität in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Die präganglionären Fasern stammen aus C8-Th3. Das Ganglion cervicale inferius ist häufig mit dem Ganglion cervicothoracicum zum Ganglion stellatum vereint und enthält die Fasern aus Th2-Th7. Das Ganglion pterygopalatinum liegt in der Fossa pterygopalatina. Ursprung der parasympathischen Fasern ist der Nucleus salivatorius superior. Präganglionäre parasympathische Fasern entstammen dem Nucleus salivatorius superior und ziehen mit dem Nervus facialis, der Chorda tympani und dem Nervus lingualis zum Ganglion submandibulare. Das Ganglion oticum befindet sich in der Fossa infratemporalis. Ursprung des parasympathischen Anteils liegt im Nucleus salivatorius superior. Das Ganglion ciliare liegt in der Orbita lateral des Nervus opticus. Parasympathische Fasern aus dem Ramus inferior nervi oculomotorii ziehen über die Nervi ciliares breves zu den Augeninnenmuskeln.

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