Hüft-, Leisten- und Oberschenkelschmerzen: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Schmerzen in der Leiste, der Hüfte und dem Oberschenkel treten oft gemeinsam auf und können miteinander zusammenhängen. Beschwerden, die in einer dieser Strukturen lokalisiert sind, können in alle drei Regionen ausstrahlen. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Hüftschnupfen bei Kindern. Auch beim sogenannten "Ischias" können alle drei Körperregionen Beschwerden verursachen, wobei Betroffene häufig von Schmerzen berichten, die von der Lende über das Gesäß bis ins Bein ziehen.

Anatomische Grundlagen der Schmerzausstrahlung

Das Beschwerdebild lässt sich anatomisch gut erklären, da der Ischias-Nerv, der von der Kreuzbeingegend über das Gesäß in Richtung Kniekehle verläuft, oft der Auslöser der Schmerzen ist. Eine Reizung oder Schädigung dieses Nervs kann zu den genannten Beschwerden führen.

Diagnostik von Hüft-, Leisten- und Oberschenkelschmerzen

Die Zuordnung der Schmerzen stellt in der Diagnostik meist kein Problem dar. In aller Regel kann ein Arzt durch eine klinische Untersuchung, bei der die Schmerzen über bestimmte Handgriffe ausgelöst werden, schnell herausfinden, welche Struktur der Auslöser ist.

Mögliche Ursachen von Hüft-, Leisten- und Oberschenkelschmerzen

Die Ursachen für Schmerzen in der Hüfte, Leiste oder im Oberschenkel können vielfältig sein. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:

Ischias-Syndrom

  • Einschießende, ziehende Schmerzen an der Rückseite des Oberschenkels, oft bis in den Fuß ausstrahlend
  • Meist auch Schmerzen in Gesäß und/oder Kreuz
  • Verstärkung bei Bewegung, Husten, Niesen, Pressen
  • Beginn oft nach Heben oder Bücken
  • Mögliche Ursachen: Bandscheibenschaden, Spinalstenose (Verengung des Wirbelkanals), Wirbelbruch

Hüftschnupfen bei Kindern

Ein Hüftschnupfen verschwindet nach kurzer Zeit von ganz alleine, vorausgesetzt, das erkrankte Kind schont sich. Toben ist während der Erkrankung also tabu. Zudem unterstützt eine Gehhilfe dabei, das Hüftgelenk zu entlasten. Kleineren Kindern verordnet die Ärzt*in manchmal sogar einige Tage Bettruhe. Gegen die Schmerzen hilft dann die richtige Lagerung.

Lesen Sie auch: Eingeklemmter Nerv: Ein umfassender Leitfaden

Osteoporose und Oberschenkelbrüche

Oberschenkelbrüche bei älteren Menschen sind besonders häufig, wenn gleichzeitig eine Osteoporose, also ein Knochenschwund, vorliegt. Dann genügen schon einfache Verletzungen, damit der Knochen bricht. Besonders häufig von Osteoporose betroffen sind Frauen ab den Wechseljahren. Ob eine Osteoporose vorliegt, lässt sich mit einer Knochendichtemessung feststellen. Vorbeugend hilft vor allem viel Bewegung, weil diese den Knochenaufbau anregt.

Bewegungsmangel und Muskelverspannungen

Nicht nur bei Osteoporose, sondern auch beim Ischias ist Bewegung essenziell - sobald es die akuten Schmerzen zulassen. Wieder in Bewegung zu kommen ist deswegen so wichtig, weil die reflexartig verspannte Muskulatur einen großen Anteil an den Schmerzen hat. Wer dann viel liegt oder sich schont, riskiert, dass sich die Muskeln noch mehr verspannen. Finden Sie heraus, welche Bewegungen Ihnen guttun - etwa Spaziergänge, sanfte Yoga-Übungen oder (Rücken-)Schwimmen.

Nervus cutaneus femoris lateralis Läsion

Der Nervus cutaneus femoris lateralis kann durch Druck und Verletzungen geschädigt werden. Dieser Nerv vermittelt die Empfindung von Berührung, Schmerz und Temperatur am seitlichen und vorderen Oberschenkel.

Symptome:

  • Beschwerden an der Vorder- bzw. Außenseite des Oberschenkels
  • Kribbeln, brennende Schmerzen, Missempfindungen und Taubheit
  • Meistens ist nur eine Seite betroffen
  • Die Symptome treten vor allem dann auf, wenn der Druck auf den Nerv steigt - etwa beim Tragen enger Hosen ("Jeanskrankheit") und in der Schwangerschaft
  • Die Symptome werden bei vielen Patient*innen stärker, wenn sie das Hüftgelenk strecken, also das Bein nach hinten führen
  • Provozieren lassen sich die Beschwerden häufig auch durch langes Stehen bzw. Gehen sowie durch ein langes Liegen mit gestrecktem Bein

Ursachen:

  • Einklemmung (Kompression) im Bereich des Leistenbandes (Meralgia paraesthetica)
  • Ungünstige Anatomie
  • Seltene Ursachen: Knochenwucherungen und weitere krankhafte Veränderungen, wachsender Tumor oder eine Verletzung
  • Nervenschädigung durch Diabetes (betrifft jedoch meist mehrere Nerven zugleich)

Risikofaktoren:

  • Enge Hosen ("Jeanskrankheit")
  • Schwangerschaft
  • Übergewicht
  • Fahrradfahren, langes Laufen oder ähnliche körperliche Anstrengung
  • Bettlägerigkeit
  • Diabetische Polyneuropathie
  • Erkrankungen im Bauchraum

Diagnose:

  • Arztgespräch in Verbindung mit einer gezielten Untersuchung
  • Taubheit und Schmerzen im betroffenen Hautbereich sind wegweisend
  • Beklopfen bestimmter Hautbereiche kann Schmerzen hervorrufen (Hoffmann-Tinel-Zeichen)
  • Die Funktion der Muskeln ist nicht beeinträchtigt
  • Spezielle Untersuchungsmethoden (falls erforderlich): Spritzen eines Medikaments zur örtlichen Betäubung an der Durchtrittsstelle des Nervs, Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Neurografie), Ultraschall, MRT, Spezielle Hirnstrommessung (evozierte Potenziale)

Behandlung:

  • Nicht immer ist eine Behandlung notwendig (bei einem Viertel der Betroffenen bessern sich die Beschwerden spontan)
  • Physiotherapie
  • Schmerztherapie (bei neuropathischen Schmerzen)
  • Infiltration (Spritzen eines Medikaments zur örtlichen Betäubung in das Gewebe)
  • Kortison (manchmal in Betracht)
  • Operation (nur selten, wenn die Beschwerden sehr stark sind bzw. nicht auf andere Behandlungsversuche ansprechen): Operative Beseitigung aller einengenden Strukturen (Dekompression) und Freilegung des Nerven (Neurolyse), Durchtrennen des Nervs (Neurektomie) und gezieltes Abtragen von Nervengewebe (letzter Ausweg)

Was Sie selbst tun können:

  • Vermeiden Sie das Tragen enger Hosen
  • Vermeiden Sie Streckbewegungen im Hüftgelenk
  • Gegebenenfalls kann eine Gewichtsreduktion hilfreich sein

Prognose:

  • In 25 % der Fälle klingen die Schmerzen von selbst ab
  • Die konservative Behandlung ist meistens erfolgreich
  • Eine Neurektomie führt am ehesten zu dauerhafter Schmerzfreiheit
  • In manchen Fällen bleiben die Schmerzen dauerhaft bestehen
  • Eine Neurektomie kann als Komplikation Schmerzen auslösen

Hüftschmerzen

Hüftschmerzen können nach starker körperlicher Beanspruchung, aber auch ganz unabhängig davon auftreten. Sie gehören zu den am weitesten verbreiteten Gelenkschmerzen. Falsche Bewegungen oder einseitige Belastung des Kugelgelenks können zu Schmerzen in der Hüfte führen. Umgekehrt können Schmerzen aus der Lendenwirbelsäule in die Hüftregion ausstrahlen.

Symptome:

  • Hüftschmerzen machen sich oft im Bereich der Leisten, im "Knick" zwischen Oberschenkel und Unterbauch bemerkbar
  • In vielen Fällen strahlen sie auch in eines oder beide Beine aus
  • Manchmal sind auch die Muskulatur, Nerven oder inneren Organe in der Nähe der Hüfte Ursache der Hüftschmerzen und nicht die Hüfte selbst
  • Dumpfe und beständige Schmerzen an der Außenseite (Schleimbeutelentzündung)
  • Einseitige Hüftschmerzen sind die Regel
  • Hüftschmerzen nachts, im Liegen oder in Ruhe
  • Hüftschmerzen, die beim Sitzen oder nach längerem Sitzen auftreten (Probleme mit dem Musculus piriformis)

Ursachen:

  • Verschleißerscheinungen am Gelenk (Hüftarthrose)
  • Unfälle oder Verletzungen am Gelenk
  • Angeborene Fehlstellungen
  • Folgewirkungen von Stoffwechselkrankheiten
  • Systemische Gelenkentzündung
  • Verletzungen von Sehnen und Bändern der Hüfte (Sport, Unfall oder Sturz)
  • Riss der Gelenklippe (Labrumriss)
  • Fraktur (Bruch) des Schenkelhalses (Sturz oder einer Verdrehung des Oberschenkelkopfes)
  • Pertrochantäre Fraktur (häufiger bei älteren Menschen mit Osteoporose)
  • Luxation des Hüftgelenks (Unfall)
  • Hüftimpingement (Anstoßen von Knochen an Knochen)
  • Hüftdysplasie
  • Nerven können an der Nervenwurzel im Rückenmark oder auf Ihrem Weg durch die Hüfte in das Bein eingeklemmt werden (Ischias-Syndrom, Nervus femoralis, Nervus obturatorius)
  • Störung der Muskelsteuerung
  • Meralgia paraesthetica (Kompression eines Hautnerven am Oberschenkel)
  • Blockade des Ischiasnervs
  • Muskuläres Ungleichgewicht (Dysbalance)
  • Hüftarthrose
  • Entzündungen der Hüfte ohne Bakterien (Hüftschnupfen bei Kindern)
  • Beinlängendifferenz
  • Ausrenken / Auskugeln des Hüftgelenks (Hüftluxation)
  • Angeborene oder in der Kindheit bzw. Jugend erworbene Formstörungen des Hüftgelenkes (Hüftdysplasie, Impingement)
  • Durchblutungsstörungen des Hüftkopfes (Hüftkopfnekrose)
  • Eitrige Hüftgelenkentzündungen
  • Chronische Polyarthritis
  • Schleimbeutelentzündungen an der Außenseite des großen Rollhügels (Bursitis trochanterica)
  • Piriformis-Syndrom
  • Erkrankungen der Lendenwirbelsäule
  • Störungen des Knochenstoffwechsels (Osteoporose)
  • Tumorerkrankungen im Hüftbereich
  • Meralgia parästhetica
  • Polymyalgia rheumatica
  • Stoffwechselerkrankungen (Gicht)
  • Fibromyalgie
  • „Schnappende Hüfte“

Diagnose:

  • Klinische Untersuchung
  • Bildgebende Verfahren (Röntgen, Ultraschall, MRT)

Behandlung:

  • Krankengymnastik
  • Schmerzmittel
  • Hüftarthroskopie (minimalinvasiv)
  • Konservative Behandlung (Krankengymnastik, Schmerzmittel)
  • Bandscheibenoperation (bei Nervenkompression)
  • Physiotherapie
  • Medikamente
  • Operation (Hüftarthroskopie)

Was Sie selbst tun können:

  • In Bewegung bleiben oder schmerzarme Lage suchen
  • Wärmeanwendungen
  • Schonen & richtig liegen
  • Osteoporose vorbeugen
  • Bewegung (Spaziergänge, sanfte Yoga-Übungen oder (Rücken-)Schwimmen)

Leistenschmerzen

Die Anatomie der Leiste ist sehr kompliziert. Die klare Schmerzzuordnung ist bei Leistenschmerzen erst durch Kenntnis der komplexen Differentialdiagnosen (Abgrenzung und Ausschluss anderer Erkrankungen) möglich. Diese ist in der akuten Phase der Leistenschmerzen in den ersten 4 Wochen besonders wichtig. Bei länger bestehenden Symptomen, sogenannten chronischen Leistenschmerzen, ist die Therapiechance schlechter.

Lesen Sie auch: Symptome und Behandlungsmethoden bei eingeklemmtem Nerv

Ursachen:

  • innere Organe
  • keimfreie Entzündungen
  • Stoffwechselerkrankungen
  • Entwicklungsstörungen des Hüftgelenks

Hüftschmerzen während der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft kommt es häufiger zu Hüftschmerzen, weil sich das Bindegewebe und das Muskelgewebe im Bereich des Beckens durch die hormonellen Veränderungen lockert. So verändert sich die Statik des Beckens, was Beckenschmerzen, aber auch Schmerzen in Rücken und Hüfte verursachen kann. Hinzu kommt die schwangerschaftsbedingte Gewichtszunahme - Gelenke werden zusätzlich belastet. Während der Schwangerschaft kann es auch zu einer Einengung eines Hautnervs außen am Oberschenkel kommen (Nervus cutaneus femoris lateralis) - auch das kann sich wie Schmerzen im Hüftbereich anfühlen.

Piriformis-Syndrom

Als Piriformis-Syndrom wird die Einengung des Ischiasnervs durch den Piriformis-Muskel bezeichnet. Das Syndrom geht mit Schmerzen und Taubheitsgefühlen einher und verschlimmert sich häufig nach dem Sitzen.

Symptome:

  • Schmerzen im Verlauf des Ischiasnervs (Gesäß, Hinterseite des Oberschenkels, Waden, kleiner Zeh)
  • Plötzlich einschießende, brennende oder stechende Schmerzen
  • Taubheitsgefühl in der hinteren Gesäßregion und auf der Rückseite des Oberschenkels
  • Auslösung der Schmerzen durch langes Sitzen oder auch durch Treppensteigen, Rennen oder Gehen
  • Verschlimmerung der Schmerzen nach langem Sitzen, Treppensteigen, Gehen oder Laufen
  • Heftigere Symptome beim Aufstehen aus dem Bett

Ursachen:

  • Trauma im Bereich der Hüfte, im Gesäß oder Bein (Unfall)
  • Zu hohe Belastung des nicht ausreichend starken Muskels
  • Übermäßiges ungewohntes Training
  • Zu schwacher Piriformis-Muskel durch fehlendes Training
  • Unzureichendes Aufwärmen vor dem Training und unzureichendes Dehnen danach
  • Langes Sitzen
  • Anatomische Anomalien (zweiteiliger Piriformis-Muskel oder Verzweigungen des Ischiasnervs)

Behandlung:

  • Weitere Reizung des Ischiasnervs verhindern
  • Wärme oder Kälte zur Schmerzlinderung ausprobieren
  • Piriformis-Muskel mit gezielten Übungen dehnen und kräftigen
  • Für einige Tage alles vermeiden, was die Schmerzen auslöst (langes Sitzen, Treppensteigen, Laufen, das Hochheben von Lasten oder lange Spaziergänge)
  • Schmerztabletten wie Ibuprofen (kurzfristig)
  • Dehn- und Kräftigungsübungen zur Linderung und Vorbeugung

Vorbeugung:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • Gute Körperhaltung beim Sitzen, Stehen und Autofahren
  • Ausreichendes Aufwärmen vor dem Sport
  • Dehnen der beanspruchten Muskulatur nach der Sporteinheit
  • Langes Sitzen vermeiden und zwischendurch immer wieder aufstehen und dehnen

Ärztliche Behandlung:

  • Bei fehlender Besserung oder sehr starken Schmerzen
  • Ausschluss anderer Erkrankungen (Bandscheibenvorfall)
  • Untersuchung (Beine anheben und drehen, auf bestimmte Druckpunkte drücken)
  • Weitere Untersuchungen (MRT, Computertomogramm, Ultraschalluntersuchung oder Röntgenaufnahme)
  • Physiotherapie oder Medikamente

Einklemmende Hüfte (Hüft-Impingement)

Bei einer Einklemmenden Hüfte (Hüft-Impingement) ist die Gelenkbeweglichkeit in der Hüfte durch Verengung eingeschränkt. Das Krankheitsbild wird auch als femoroacetabuläres Impingement-Syndrom (FAIS) bezeichnet. Dabei stößt der Oberschenkel-Hüftkopf an die Gelenkpfanne der Hüfte und schädigt diese mit der Zeit. Unbehandelt kann sich daraus eine Hüftharthrose entwickeln.

Symptome:

  • Schmerzen beim langen Sitzen
  • Bewegungseinschränkung in der Hüfte (Schonungshaltung, Schonungsbewegung)
  • Schmerzen in der Leistengegend oder an der Hüftvorderseite, seltener an den Seiten oder im Gesäß
  • Stechendes und eingeklemmtes Gefühl
  • Beschwerden beim Bergaufgehen oder beim Treppensteigen sowie beim Beugen der Hüfte (z.B. Schuhe binden)
  • „Schnappende“ Empfindungen
  • Schmerzbedingtes Hinken beim Gehen
  • Eingeschränkte Beweglichkeit des Hüftgelenkes (besonders in Bezug auf die Fähigkeit des Drehens nach innen)

Ursachen:

  • Wiederholte Unfälle auch mit kleineren Bagatellverletzungen der Hüfte
  • Kindliche Reifestörungen der Hüfte (z.B. Hüftluxation, Hüftdysplasie)
  • Fehlentwicklungen durch Fehl- und Überbelastungen der Hüfte und der Hüftgelenke
  • Anatomische Veränderungen der Gelenkpartner Oberschenkel-Hüftkopf und der Gelenkpfanne

Diagnose:

  • Anamnese
  • Untersuchungsbefunde aus klinischer Untersuchung
  • Bildgebende Verfahren

Behandlung:

  • Konservative Therapien (medikamentöse Behandlungen, Physiotherapien)
  • Operative Behandlungen (Hüftarthroskopie)

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei eingeklemmtem Nerv

tags: #Nerv #Hüfte #Oberschenkel #Schmerzen #Ursachen