Das Parkinson-Syndrom ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch eine Vielzahl von motorischen und nicht-motorischen Symptomen gekennzeichnet ist. Während das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS), auch Morbus Parkinson genannt, die häufigste Form darstellt, gibt es auch sekundäre Parkinson-Syndrome (SPS), die durch bekannte Ursachen ausgelöst werden. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Behandlung von sekundären Parkinson-Syndromen.
Was ist das sekundäre Parkinson-Syndrom?
Das sekundäre Parkinson-Syndrom (SPS) unterscheidet sich vom primären Parkinson-Syndrom (IPS) dadurch, dass es auf eine identifizierbare Ursache zurückgeführt werden kann. Im Gegensatz zum IPS, bei dem die Ursache in den meisten Fällen unbekannt ist, entstehen SPS durch äußere Einflüsse oder andere Erkrankungen, die das Gehirn schädigen. Sekundäre Parkinson-Syndrome machen bis zu 20 % aller Patienten mit Parkinson-ähnlichen Symptomen aus.
Ursachen des sekundären Parkinson-Syndroms
Verschiedene Faktoren und Erkrankungen können ein sekundäres Parkinson-Syndrom auslösen:
- Medikamente: Bestimmte Medikamente, insbesondere Neuroleptika (z. B. Chlorpromazin, Haloperidol), Lithium (gegen bipolare Störungen), Metoclopramid (gegen Übelkeit) und Flunarizin (zur Vorbeugung von Migräne-Anfällen), können als Nebenwirkung ein Parkinsonoid verursachen. Auch manche Antikonvulsiva (Valproat und Lamotrigin) wurden damit in Verbindung gebracht.
- Gifte: Verschiedene Gifte können das Gehirn schädigen und zu einem SPS führen. Dazu gehören Mangan-Staub, Kohlenmonoxid (CO) und die Chemikalie 1-Methyl-4-Phenyl-1,2,5,6-Tetrahydropyridin (MPTP). Letztere verursachte in den 1980er Jahren bei Drogenabhängigen in den USA, die verunreinigtes Heroin konsumiert hatten, eine Reihe von Parkinson-Fällen.
- Strukturelle Hirnschäden: Veränderungen im Gehirngewebe, die durch Durchblutungsstörungen (vaskuläres Parkinson-Syndrom), eine Störung des natürlichen Abflusses des Gehirnwassers (Normaldruckhydrozephalus), Entzündungen (Enzephalitis), Tumore oder Verletzungen in bewegungsrelevanten Hirnarealen verursacht werden, können ebenfalls ein SPS auslösen. Auch häufige kleine Schlaganfälle können die Ursache sein.
- Stoffwechselerkrankungen: Seltene Stoffwechselerkrankungen, die das Gehirn in Mitleidenschaft ziehen, wie Morbus Wilson (eine Kupfer-Ausscheidungsstörung) und Hypoparathyreoidismus (eine Unterfunktion der Nebenschilddrüse), können ebenfalls zu einem SPS führen.
- Traumata: In seltenen Fällen können Traumata nach Enzephalitis, Tumoren oder Intoxikationen ein sekundäres Parkinson-Syndrom verursachen.
Symptome des sekundären Parkinson-Syndroms
Die Symptome des SPS ähneln denen des IPS, können aber je nach Ursache variieren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Bradykinese/Akinese: Verlangsamung aller Bewegungsabläufe, Ungeschicklichkeit, Schwierigkeiten, Bewegungen zu beginnen.
- Rigor: Erhöhte Muskelspannung, Steifigkeit am ganzen Körper, oft verbunden mit Schmerzen im Nacken-Schulterbereich, der Wirbelsäule oder der Hüfte.
- Ruhetremor: Zittern, das überwiegend in Ruhe auftritt.
- Posturale Instabilität: Haltungsinstabilität, die im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf zu häufigen Stürzen führen kann.
Zusätzlich zu den motorischen Symptomen können auch vegetative und kognitiv/neuropsychologische Symptome auftreten, wie z. B. Riechstörungen, Obstipation, Depression und Schlafstörungen.
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Diagnose des sekundären Parkinson-Syndroms
Die Diagnose des SPS stützt sich auf eine umfassende Anamnese, eine neurologische Untersuchung und den Ausschluss anderer Erkrankungen.
- Anamnese: Der Arzt wird gezielt nach der Einnahme von Medikamenten, Kontakt mit Giften, früheren Erkrankungen und Verletzungen fragen, die als Ursache für das SPS in Frage kommen. Ein Fragebogen zur Früherkennung der Parkinsonerkrankung kann hilfreich sein, um erste Anzeichen zu erkennen.
- Neurologische Untersuchung: Eine detaillierte Analyse der Bewegungsabläufe ist entscheidend. Dabei wird auf die typischen Symptome wie Bradykinese, Rigor, Tremor und posturale Instabilität geachtet.
- Bildgebung: Eine kernspintomographische Untersuchung (MRT) des Gehirns sollte erfolgen, um strukturelle Veränderungen wie Durchblutungsstörungen, einen Hydrozephalus oder Tumore auszuschließen. Apparative Zusatzdiagnostik dient im Wesentlichen dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Um eine unspezifische bzw. ungezielte Diagnostik zu vermeiden, sollte die Indikation zur Bildgebung nur durch den Spezialisten gestellt werden.
- Weitere diagnostische Maßnahmen: In speziellen Fällen können nuklearmedizinische Verfahren wie SPECT (Single-Photon-Emissionscomputertomographie), Ultraschall und ein L-Dopa-Test helfen, die Diagnose zu sichern und andere Erkrankungen auszuschließen. Auch eine Nervenwasseruntersuchung, Tremordiagnostik, autonome Testung, neuropsychologische Testung, kardiale Diagnostik, ein Riech-Test und genetische Beratung und Diagnostik können in Erwägung gezogen werden. Am verbreitetsten ist der DAT-Scan, bei dem die Dopamin-Transportermoleküle dargestellt werden.
Es ist wichtig, das SPS von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen zu unterscheiden, wie z. B. dem essentiellen Tremor (ET). Im Gegensatz zum Parkinsontremor ist der essentielle Tremor ein Aktionstremor, der bei aktiver Ausführung einer Tätigkeit auftritt.
Differentialdiagnose
Wichtig ist die gute klinische Beurteilung der Patienten. Sekundäre Parkinsonsyndrome durch Traumata nach Enzephalitis durch Tumor oder Intoxikation spielen in der Praxis nur selten eine Rolle.
Bei manchen Parkinsonpatienten steht der Tremor ganz im Vordergrund. Differentialdiagnostisch ist hier insbesondere der essentielle Tremor (ET) abzugrenzen. Der essentielle Tremor ist eine spezifische neurologische Bewegungsstörung noch ungeklärter Ursache. Im Gegensatz zum Parkinsontremor ist der essentielle Tremor ein Aktionstremor, d.h. er tritt auf, wenn der Patient eine Tätigkeit aktiv ausführt, zum Beispiel beim Halten von Gegenständen wie einer Tasse Kaffee oder einer Wasserflasche oder dem Durchführen feinmotorischer Arbeiten. Er tritt typischerweise an beiden Armen auf und verstärkt sich typischerweise erheblich unter Stress. Die Erkrankung nimmt in der Regel nach dem 40. Lebensjahr langsam zu, es entwickeln sich jedoch über das Zittern hinaus keine anderen Symptome. Therapeutisch können einschleichend dosierte Beta-Blocker helfen.
Apperative Zusatzdiagnostik dient im wesentlichen dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Hier sind insbesondere der NPH und das vaskuläre Parkinsonsyndrom im Rahmen einer chronischen Durchblutungsstörung (SAE) zu erfassen.
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Der Normaldruck-Hydrozephalus ist klinisch durch eine Trias aus Gangstörung, Harninkontinenz und dementieller Entwicklung gekennzeichnet. Im MRT zeigen sich erweiterte Ventrikel mit diskrepant engen Furchen an der Mantelkante. Die Diagnose kann durch einen Liquor-Ablass-Versuch in der neurologischen bzw. neurochirurgischen Klinik erhärtet werden. Therapeutisch stehen Shunt-Verfahren zur Verfügung.
Um eine unspezifische bzw. ungezielte Diagnostik zu vermeiden, sollte die Indikation zur Bildgebung nur durch den Spezialisten gestellt werden. Nach der Diagnosestellung sollte die Überweisung an einen Facharzt für Neurologie erfolgen, um die Diagnose zu sichern und eine zielgerichtete Therapie einzuleiten. Wichtig ist auch die Information der Patienten bzw. des sozialen Umfelds.
Behandlung des sekundären Parkinson-Syndroms
Die Behandlung des SPS zielt in erster Linie auf die Beseitigung oder Behandlung der zugrunde liegenden Ursache ab. Wenn das SPS durch Medikamente verursacht wird, sollte das auslösende Medikament nach Möglichkeit abgesetzt werden. Bei strukturellen Hirnschäden können je nach Ursache operative Eingriffe oder andere Therapien erforderlich sein.
Die symptomatische Behandlung des SPS ähnelt der des IPS. Medikamente, die den Dopaminmangel ausgleichen, wie z. B. L-Dopa, können die motorischen Symptome lindern. Allerdings sprechen SPS-Patienten oft weniger gut auf diese Medikamente an als IPS-Patienten.
Zusätzlich zur medikamentösen Therapie sind Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie wichtige Bestandteile der Behandlung, um die Mobilität, Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
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- Physiotherapie: Hilft, Mobilität, Gleichgewicht und Kraft zu verbessern und das Risiko von Stürzen zu reduzieren.
- Ergotherapie: Unterstützt Patienten dabei, alltägliche Aktivitäten besser zu bewältigen und gibt Hilfsmittel oder Anpassungen für das häusliche Umfeld, um die Selbstständigkeit möglichst lange aufrechtzuerhalten.
- Logopädie: Kann helfen, die Sprachverständlichkeit zu verbessern und Schlucktechniken zu trainieren.
Behandlung von Begleiterscheinungen
Viele Patienten mit SPS leiden auch unter Begleiterscheinungen wie Depressionen, Schlafstörungen, Blasenfunktionsstörungen und orthostatische Hypotonie (niedriger Blutdruck beim Aufstehen). Diese Symptome sollten gezielt behandelt werden, um das Wohlbefinden der Patienten zu verbessern.
- Orthostatische Hypotonie: Kann mit allgemeinen Maßnahmen wie ausreichender Flüssigkeitszufuhr und dem Tragen von Kompressionsstrümpfen behandelt werden. In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung mit einem Sympathomimetikum wie Midodrin erforderlich sein. Bei einer bestehenden benignen Prostatahyperplasie kann die orthostatische Hypotonie durch die Einnahme von Tamsulosin verstärkt werden. In diesem Fall sollte die Prostatahyperplasie mit Finasterid behandelt werden, das keinen Einfluss auf den Blutdruck hat.
- Blasenfunktionsstörungen: Können mit Medikamenten zur Kontrolle der Blasenfunktion behandelt werden.
- Depressionen und Angstzustände: Antidepressiva können hilfreich sein.
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