Nerven im menschlichen Körper: Funktion und Aufbau

Nerven sind weit mehr als nur "Drahtseile" für Gelassenheit in stressigen Situationen. Sie sind das komplexe Kommunikationsnetzwerk des Körpers, das Abläufe steuert, Muskelbewegungen ermöglicht, Sinnesreize verarbeitet und unbewusste Reflexe reguliert. Dieser Artikel beleuchtet den Aufbau, die Funktion und die Bedeutung der Nerven im menschlichen Körper.

Nerven als "Telefonleitungen" des Körpers

Vereinfacht ausgedrückt, fungieren Nerven als "Telefonleitungen" des Körpers, über die Informationen zwischen Gehirn und Organen ausgetauscht werden. Sie ermöglichen Muskelbewegungen, die Wahrnehmung von Sinnesreizen und regulieren unbewusste Reflexe sowie Stoffwechselprozesse.

Aufbau der Nerven

Häufig wird der Begriff "Nerv" fälschlicherweise mit der Nervenzelle (Neuron) gleichgesetzt. Die Nervenzelle ist jedoch die kleinste Baueinheit der Nerven. Sie ist eine hochspezialisierte Zelle, die motorische oder sensorische Informationen in Form von elektrischen Impulsen weiterleitet.

Die Nervenzelle (Neuron)

Die Nervenzelle besteht aus folgenden Hauptbestandteilen:

  • Dendriten: Kurze Fortsätze, die wie Antennen Signale von anderen Zellen empfangen und an den Zellkörper weiterleiten.
  • Zellkörper (Soma): Verarbeitet die empfangenen Signale.
  • Axon: Eine lange Faser, die Signale vom Zellkörper zu den synaptischen Endknöpfchen leitet.
  • Synaptische Endknöpfchen: Bilden das Ende des Neurons und übertragen das elektrische Signal mittels Synapsen zur nächsten Nervenzelle oder zu einer anderen Zelle (z. B. Muskelzelle).

Ein Axon bildet zusammen mit seiner Umhüllung aus Gliazellen eine Nervenfaser.

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Gliazellen: Helfer der Nervenzellen

Gliazellen übernehmen vielfältige Aufgaben. Sie isolieren beispielsweise als Myelinschicht das Axon und sorgen so für eine schnelle und störungsfreie Weiterleitung elektrischer Signale. Außerdem wirken Gliazellen isolierend und sorgen für mechanische Stabilität.

Nervenfaserbündel und Bindegewebe

Ein Nerv besteht aus vielen einzelnen Nervenfasern, die gebündelt und von Bindegewebe umgeben sind. Dieses Bindegewebe wird in drei Zonen unterteilt:

  • Endoneurium: Umhüllt einzelne Nervenfasern und enthält kleine Blutgefäße zur Versorgung der Nervenfasern.
  • Perineurium: Fasst Nervenfasern zu Bündeln, den sogenannten Faszikeln, zusammen und übt eine stützende und teilende Funktion aus.
  • Epineurium: Umgibt den gesamten Nerv und schützt ihn.

Das Nervensystem: Eine komplexe Kommunikationsplattform

Das menschliche Nervensystem ist eine komplexe Kommunikationsplattform, auf der viele Milliarden Nervenzellen in ständigem Austausch mit der Umwelt und den Organen stehen. Es steuert die Abläufe im gesamten Körper und ist mit allen Organen verbunden. Das Nervensystem ermöglicht dem Körper sowohl mit der Umwelt als auch mit seinen Organen zu interagieren. Es nimmt Sinnesreize auf, verarbeitet sie und löst Reaktionen wie Muskelbewegungen oder Schmerzempfindungen aus.

Zentrales und peripheres Nervensystem

Anatomen haben das Nervensystem in das zentrale Nervensystem (ZNS) und das periphere Nervensystem (PNS) unterteilt, um die Struktur besser zu verstehen. Zentrales und peripheres Nervensystem bilden zusammen eine funktionelle Einheit.

  • Zentrales Nervensystem (ZNS): Umfasst das Gehirn und das Rückenmark, die sicher im Schädel und Wirbelkanal liegen. Das ZNS ist doppelseitig symmetrisch aufgebaut. Stabile Knochenstrukturen - Schädelknochen und Rückenwirbel - schützen es mechanisch. Das ZNS ist die Steuerzentrale des Körpers. Es steuert die bewusste Koordination der Bewegung (Motorik), vermittelt Nachrichten aus der Umwelt oder unserem Körperinneren und reguliert das Zusammenspiel aller Körpersysteme (Atmung, Hormonhaushalt, vegetatives und peripheres Nervensystem, innere Organe, Herz-Kreislauf-System, Muskulatur). Darüber hinaus ermöglicht uns das zentrale Nervensystem komplexe Funktionen wie Gedächtnis (Lernen, Erinnerung), Bewusstsein, Gefühle, Verstand und Vernunft.
  • Peripheres Nervensystem (PNS): Umfasst alle Nerven, die außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks liegen. Das periphere Nervensystem besteht aus neuronalen Komponenten, die sich aus dem ZNS fortsetzen. Rückenmark, die sich außerhalb des ZNS befinden. Es leitet zum einen dem ZNS Informationen aus der Körper-Peripherie und von den Sinnesorganen weiter. Anschließend übermittelt es die Antworten des ZNS an Zielorgane - darunter Muskeln, Drüsen oder andere Abschnitte des verzweigten Nervensystems.

Somatisches und vegetatives Nervensystem

Je nachdem, in welche Richtung die Übertragung der Nervensignale erfolgt und welchem Nervensystem die Nerven zugeordnet werden, differenziert die Neurobiologie zudem zwischen efferenten bzw. afferenten Fasern sowie somatischen bzw. vegetativen Fasern. Zudem tragen beide Nerventypen zum somatischen und vegetativen Nervensystem bei. Nach der Funktion wird das Nervensystem in das somatische (willkürliche) und das vegetative (unwillkürliche) Nervensystem unterteilt. Sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem enthalten willkürliche und unwillkürliche Anteile.

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  • Somatisches Nervensystem: Steuert die bewusste Wahrnehmung und willkürliche Bewegungen durch die Skelettmuskulatur. Es lässt sich willentlich beeinflussen und steuert mit seiner quergestreiften Muskulatur den Bewegungsapparat („Willkürliches Nervensystem“). Der überwiegende Teil des Somatischen Nervensystems liegt direkt im ZNS. Es hilft uns also Sinneseindrücke zu verarbeiten und zielgerichtet in Bewegungsabläufe umzusetzen.
  • Vegetatives Nervensystem: Kontrolliert unbewusst lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Verdauung und Stoffwechsel. Es entzieht sich der willkürlichen Kontrolle und steuert die „Vitalfunktionen“ wie Atmung, Blutdruck, Körpertemperatur, Herzschlag, Verdauung, Stoffwechsel und Sexualität. Es kontrolliert dazu die glatte Muskulatur der Eingeweide und Gefäße, die Herzmuskulatur und die Drüsen. Das Vegetative Nervensystem hält die gleichmäßige Funktion und das Gleichgewicht dieser Organe aufrecht. Hierzu empfängt es Signale aus dem Gehirn und sendet sie an den Körper. In der Gegenrichtung überträgt das vegetative Nervensystem Meldungen des Körpers zum Gehirn, zum Beispiel wie voll die Blase ist oder wie schnell das Herz schlägt. Das vegetative Nervensystem kann sehr rasch die Funktion des Körpers an andere Bedingungen anpassen.

Das vegetative Nervensystem besteht aus drei Teilen:

  • Sympathisches Nervensystem (Sympathikus): Bereitet den Körper auf Aktivität und Stress vor ("Kampf-oder-Flucht"-Modus). Durch die Nerven des Sympathikus (sympathisches Nervensystem) werden vorwiegend Funktionen ausgelöst, die den Körper infolge eines Stressauslösers von außen in erhöhte Leistungsbereitschaft versetzen (sogenannter „Fight or flight“ Modus). Seine Aufgabe ist es, eine schnelle Leistungssteigerung des Gesamtorganismus bei Stress, Kampf oder Flucht zu garantieren. Dazu aktiviert es das Herz-Kreislauf- und das Atmungssystem, steigert den Blutdruck (Verengung der Blutgefäße) und die Energiebereitstellung aus Glukose. Dagegen reduziert es Verdauungsprozesse.
  • Parasympathisches Nervensystem (Parasympathikus): Fördert Ruhe und Erholung. Der Parasympathikus (parasympathisches Nervensystem) wiederum dämpft diese Reaktionen und reguliert die Organfunktionen in Ruhe- und Erholungsphasen („rest and digest“). Parasympathisches Nervensystem reduziert den Energieverbrauch. Es senkt Herz- und Atemfrequenz auf einen Basiswert. Zudem steigert es die Drüsensekretion, um den körpereigenen Stoffwechsel und den Aufbau von Reserven zu fördern.
  • Enterisches Nervensystem (ENS): Reguliert die Verdauungsprozesse im Magen-Darm-Trakt. Das enterische Nervensystem (ENS), ist ein komplexes Geflecht aus Nervenzellen, das den Magen-Darm-Trakt durchzieht. Es steuert nicht nur die Darmbewegung und sekretorische Prozesse während der Verdauung, sondern vermittelt auch Befindlichkeiten wie Völlegefühle oder Schmerzen. Es besteht aus einem komplexen Neuronen-Geflecht, das als dünne Schicht nahezu die gesamten Verdauungsmuskeln des Magen-Darm-Trakts durchzieht. Dabei handelt es sich um rund 100 Millionen Nervenzellen - vier- bis fünfmal mehr als im Rückenmark.

Afferente und efferente Nervenfasern

Je nachdem, welche Aufgabe der Nerv erfüllt bzw. in welche Richtung er die Informationen weiterleitet, wird er als efferenter (motorischer), afferenter (sensorischer) oder gemischter Nerv bezeichnet.

  • Afferente Nervenfasern: Leiten Informationen von der Peripherie (z. B. Haut, Sinnesorgane, Eingeweide) zum zentralen Nervensystem. Afferente Nerven hingegen leiten eine Information aus der Peripherie, also von Organen wie der Haut, Sinnesorgane und Eingeweide, an das zentrale Nervensystem weiter. Das heißt, afferente Fasern teilen dem Gehirn mit, was wir hören, fühlen oder sehen. Die Nervenbahnen des peripheren Nervensystems, die Informationen zum ZNS hin leiten, werden als sensorisch oder afferent (von lateinisch affere = hintragen, zuführen) bezeichnet.
  • Efferente Nervenfasern: Senden Signale vom zentralen Nervensystem an die Organe, Muskeln und Drüsen. Efferente Nerven senden Signale vom zentralen Nervensystem an das periphere Nervensystem bzw. zu den Organen, Muskeln und Drüsen. Efferente Nerven leiten elektrische Impulse vom Zentrum (Gehirn, Rückenmark) zur Peripherie, beispielweise zur Skelettmuskulatur.

Hirnnerven und Spinalnerven

Zum peripheren Nervensystem gehören auch die Hirnnerven und die Spinalnerven.

  • Hirnnerven: Zwölf Nervenpaare, die direkt aus dem Gehirn entspringen und vor allem den Kopf- und Halsbereich versorgen. Ein angenehmer Duft, leuchtende Farben oder ein leckeres Essen - um diese schönen Erfahrungen wahrnehmen zu können, benötigen wir unsere Hirnnerven. Sie leiten die von den Sinnesorganen gewonnenen Eindrücke an das Gehirn weiter. Darüber hinaus sind die Hirnnerven aber auch in der Lage, Befehle aus dem Hirn an die Muskeln zu übertragen. Es gibt zehn echte Hirnnervenpaare.
  • Spinalnerven: 31 Nervenpaare, die aus dem Rückenmark entspringen und den restlichen Körper versorgen. Spinalnerven treten jeweils paarig auf verschiedenen Höhen des Rückenmarks aus und verlassen den Wirbelkanal der Wirbelsäule durch sogenannte Zwischenwirbellöcher (Foramina intervertebralia). Im Hals-, Lenden- und Kreuzbeinbereich vereinigen sich die vorderen Äste der verschiedenen Spinalnerven miteinander und bilden sogenannte Nervengeflechte (Plexus). Die Spinalnerven sind ebenfalls gemischte Nerven. Sie bilden sich aus den Nervenwurzeln im Rückenmark und verzweigen sich nach ihrem Austritt aus dem Wirbelkanal in 3-4 Äste, um verschiedene Körperbereiche versorgen zu können.

Funktion der Nerven

Die Hauptaufgabe der Nerven besteht darin, Informationen in Form von elektrischen Impulsen zu übertragen. Diese Informationen können sensorischer Natur sein (z. B. Berührung, Schmerz, Temperatur), motorischer Natur (z. B. Muskelbewegung) oder autonomer Natur (z. B. Herzfrequenz, Atmung).

Informationsübertragung

Die Informationsübertragung erfolgt über spezielle Strukturen, die Synapsen. An den Synapsen werden elektrische Signale in chemische Signale umgewandelt und von einer Nervenzelle zur nächsten übertragen.

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Reflexe

Ein Reflex ist eine unwillkürliche Reaktion auf einen Reiz. Reflexe werden über spezielle Nervenbahnen gesteuert, die das Gehirn umgehen. Ein bekanntes Beispiel ist der Rückziehreflex, wenn man eine heiße Herdplatte berührt. Beim sogenannten Rückziehreflex müssen diese Informationen nicht erst im Gehirn verarbeitet werden, sondern werden direkt blitzschnell im Rückenmark verschaltet. Dort wird ein Befehl an die Muskeln des Arms generiert.

Steuerung von Körperfunktionen

Die Nerven steuern eine Vielzahl von Körperfunktionen, darunter:

  • Muskelbewegung
  • Sinneswahrnehmung
  • Atmung
  • Herzschlag
  • Verdauung
  • Stoffwechsel
  • Hormonregulation

Erkrankungen der Nerven

Schädigungen der Nerven können zu einer Vielzahl von Beschwerden führen, darunter Schmerzen, Missempfindungen, Muskelschwäche und Lähmungen.

Ursachen von Nervenschäden

Nervenschäden können verschiedene Ursachen haben:

  • Verletzungen: Akute Verletzungen können Nerven schädigen und Schmerzen oder Missempfindungen verursachen.
  • Druckschäden (Kompression): Einklemmungen von Nerven, z. B. beim Karpaltunnelsyndrom, können neuropathische Schmerzen verursachen. Sogenannte neuropathische Schmerzen können etwa durch Druckschäden (Kompression) entstehen, wenn ein Nerv eingeklemmt ist.
  • Stoffwechselerkrankungen: Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes können Nervenschäden verursachen. Auch Stoffwechselerkrankungen wie z. B.
  • Entzündungen: Entzündungen können Nerven schädigen.
  • Infektionen: Infektionen können Nerven schädigen.
  • Autoimmunerkrankungen: Autoimmunerkrankungen können Nerven schädigen.
  • Vergiftungen: Umweltgifte und Drogen (auch Alkohol) können Nervenzellen schädigen. Alter, Umweltgifte und Drogen (auch das Zellgift Alkohol) sind die größten Feinde der Nervenzellen.
  • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine sporadisch auftretende oder vererbte neurodegenerative Erkrankung der ersten und zweiten Motoneurone.

Periphere Neuropathie

Die periphere Neuropathie ist eine Erkrankung, bei der die Reizweiterleitung der peripheren Nerven gestört ist. Dadurch werden Sinnesreize z. B. von Händen oder Füßen vermindert, verstärkt oder gar nicht an das Gehirn weitergeleitet. Betroffene der peripheren Neuropathie verspüren häufig ein Missempfinden wie Kribbeln („Ameisenlaufen“), Nadelstechen oder Brennen in den Füßen.

Läsionen des Motoneurons

  • Läsion des ersten Motoneurons: Mehrzahl an Defiziten, die nach einer Schädigung eines ersten Motoneurons (z. B. Schlaganfall) auftreten können. Neurologische Untersuchung, Spastik und Klonus.
  • Läsion des zweiten Motoneurons: Mehrzahl an Defiziten, die nach einer Schädigung eines zweiten Motoneurons (z. B. Trauma oder Impingement) auftreten können. Anzeichen und Symptome können Lähmung oder Parese, Muskelatrophie, Areflexie und Fibrillationen umfassen.

Wie man die Nerven gesund hält

Um die Nerven gesund zu halten, ist es wichtig, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, Stress zu vermeiden, regelmäßig Sport zu treiben und schädliche Substanzen wie Alkohol und Nikotin zu meiden.

Wissenschaftler sind heute der Auffassung, dass an dem Sprichwort "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" weniger dran ist, als immer vermutet wurde. Studien mit Senioren haben gezeigt, dass das menschliche Gehirn auch im Alter noch wachsen kann, wenn wir etwas Neues lernen. Jonglieren, Klavier spielen oder eine Fremdsprache lernen - was es ist, ist egal. Die Hauptsache: Es ist neu und macht Spaß.

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