Nervenverödung zur stationären Behandlung: Ein umfassender Überblick

Die Nervenverödung, auch Neurolyse genannt, ist ein Verfahren der neurochirurgischen Schmerztherapie, das darauf abzielt, Schmerzen, die von den Wirbelgelenken oder dem Iliosakralgelenk ausgehen, zu lindern oder auszuschalten. Dabei werden die schmerzleitenden Nerven gezielt ausgeschaltet, um die Schmerzweiterleitung zum Gehirn zu unterbrechen. Es handelt sich um eine symptomatische Behandlung, die nicht die Ursache des Schmerzes, wie z.B. Arthrose, behebt, sondern lediglich die Schmerzwahrnehmung reduziert.

Anatomische Grundlagen

Die Wirbelkörper sind durch kleine Gelenke, die Facettengelenke, miteinander verbunden. Zusätzliche Gelenke finden sich zwischen Wirbelsäule und Rippen (Costotransversal- und Costovertebralgelenke) sowie zwischen Kreuzbein und Darmbein (Iliosakralgelenk). Die Nervenverödung zielt darauf ab, Teile dieser Gelenke und die dazugehörigen schmerzführenden Nerven gezielt auszuschalten.

Indikationen für eine Nervenverödung

Eine Nervenverödung kommt infrage, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Chronische Rückenschmerzen, die seit mindestens drei Monaten bestehen und den Alltag erheblich einschränken.
  • Konservative Behandlungen wie Physiotherapie, Bewegung, Kräftigungsübungen und Medikamente haben keine ausreichende Besserung gebracht.
  • Ärztliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Beschwerden von den Facettengelenken ausgehen.
  • Eine oder mehrere Facettenblockaden haben gezeigt, dass die Schmerzen wahrscheinlich in den Facettengelenken entstehen.

Nicht geeignet für den Eingriff sind Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen, bei denen die Ursache nicht eindeutig den Wirbelgelenken zugeordnet werden kann.

Diagnostik vor dem Eingriff

Vor einer Nervenverödung muss sichergestellt werden, dass die Schmerzen tatsächlich von den Wirbelgelenken verursacht werden. Dies geschieht in der Regel durch eine Facettenblockade, bei der ein lokales Betäubungsmittel an die entsprechenden Nerven gespritzt wird. Führt diese Injektion zu einer Schmerzlinderung, ist dies ein Hinweis darauf, dass die Wirbelgelenke die Schmerzquelle sind.

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Facettenblockade

Bei der Facettenblockade wird ein kurz wirksames Betäubungsmittel an die Seitenäste der Spinalnerven gespritzt, die die Facettengelenke im betroffenen Rückenbereich versorgen.

Diagnostische Facettengelenkinfiltration

Hierbei werden die Wirbelgelenke mit einer speziellen Injektionsnadel unter Bildwandler-Kontrolle infiltriert, die entsprechend den klinischen Befunden und der bildgebenden Diagnostik am ehesten für die Beschwerdeursache verantwortlich sind. Danach wird ein lokales Betäubungsmittel eingespritzt, um das Gelenk somit gezielt zu betäuben. Im Anschluss an die diagnostische Facettengelenkinfiltration wird der Patient befragt, ob er eine zumindest kurzfristige Besserung der lokalen Beschwerdesymptomatik feststellen konnte. Ebenso wird nach einer verbesserten Beweglichkeit im Bereich des betroffenen Wirbelsäulenabschnittes gefragt. In der Regel hält eine diagnostische Infiltration nur wenige Tage an.

Durchführung der Nervenverödung

Der Eingriff wird in der Regel stationär durchgeführt, um eine engmaschige Überwachung zu gewährleisten. Der Patient wird bäuchlings auf dem Operationstisch gelagert. Unter computertomographischer oder Röntgen-Kontrolle wird eine dünne Nadel (ca. 2 mm) vorsichtig an den Nerv herangeführt. Durch Einleitung eines leichten Reizstroms kann der Arzt prüfen, ob die Nadel richtig platziert ist. Sitzt die Nadel richtig, kann der Patient ein leichtes Zucken der Muskulatur spüren.

Methoden der Nervenverödung

Zur Ausschaltung des Nerven stehen verschiedene Methoden zur Verfügung:

  • Chemische Neurolyse: Abtötung des Nervs durch Zuführung von 96%igem Alkohol (Ethanol).
  • Lasertherapie: Durchtrennung des Nervs mittels Laser.
  • Thermokoagulation (Radiofrequenzdenervation): Erhitzung des Nervs mit einer Thermosonde auf ca. 70-90°C.
  • Kryodenervation: Vereisung des Nervs mit einer Kryosonde auf ca. -60°C.

Bei der Thermokoagulation führt der Rückenspezialist unter Röntgenkontrolle eine nadelförmige Hochfrequenzsonde in den zu behandelnden Bereich. Ob die Sonde richtig liegt, prüft der Operateur mit computergestützten Stimulationstests. Führt die Stimulation dort, wo der Patient sonst die Schmerzen empfindet, ist die Sonde korrekt gelagert. Die Stimulation führt durch Erregung der Muskelfasern zu einer Art Pochen in der Wirbelsäulenmuskulatur. Wenn die Sonde richtig sitzt, beginnt der Operateur mit der Thermokoagulation. Dabei werden der Nerv und seine Umgebung durch den hochfrequenten Strom aus der Wärmesonde erhitzt. Danach ist der Nerv ausgeschaltet und kann keine Schmerzsignale mehr weiterleiten.

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Das zerstörte (verödete) Nerventeil ist dabei etwa so groß wie ein Fingernagel. Die Prozedur wird an mehreren Wirbelgelenken wiederholt. Der gesamte Eingriff wird durch wiederholte Computertomogramm- bzw. Röntgenkontrollen überwacht.

Endoskopische Denervation

Ein anderes, eher selten eingesetztes Verfahren ist die sogenannte endoskopische Denervation. Dabei können neben der Verödung auch Knochen abgetragen, Nerven und Bänder durchtrennt oder das Gelenk gespült werden. Weil bei dem Eingriff stärker in den Körper eingegriffen wird, hat er auch mehr Risiken. Es fehlt aber an aussagekräftigen Studien zu diesem Verfahren. Dank des Einsatzes der Kamera bei der Endoskopie müssen weniger Röntgen- oder Computertomographie-Aufnahmen erstellt werden, wodurch der Patient einer geringeren Strahlenbelastung ausgesetzt ist. Durch die Verödung der gereizten Nerven werden keine Bänder, Muskeln und Knochen angegriffen. Weitere Vorteile sind ein geringeres Infektionsrisiko, wenig Narbenbildung und kaum Wund- oder Muskelschmerzen. Es erfolgt ein minimalinvasiver Hautschnitt (Schlüsselloch-Chirurgie). Dank der hochauflösenden Kamera werden schmerzleitenden Nerven durchtrennt, Nervenende verödet und die entzündeten Gelenke ausgespült. Die Patientinnen du Patienten spüren sofort nach dem Eingriff eine deutliche Erleichterung oder sind komplett schmerzfrei.

Nachsorge und Rehabilitation

Nach dem Eingriff bleibt der Patient noch für einige Zeit unter Beobachtung, bis er aufstehen kann und sich fit für den Heimweg fühlt. Am Tag des Eingriffs sollte der Patient nicht selbst Auto fahren oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen.

Verhalten nach dem Eingriff

  • Schonung: Vermeiden Sie körperliche Anstrengungen in den ersten Tagen nach dem Eingriff.
  • Physiotherapie: Beginnen Sie zeitnah mit einer stabilisierenden und isometrischen Physiotherapie, um die Rückenmuskulatur zu stärken.
  • Medikamente: Nehmen Sie bei Bedarf Schmerzmittel nach Anweisung des Arztes ein.
  • Kontrolluntersuchungen: Nehmen Sie die vereinbarten Kontrolltermine wahr.

Komplikationen

Die Schmerznervverödung ist ein komplikationsarmer Eingriff. Dennoch können in seltenen Fällen folgende Komplikationen auftreten:

  • Lokale Schmerzen: Schmerzen an der Einstichstelle und kleine Blutergüsse sind möglich.
  • Hautirritationen: Die umliegende Haut kann druckempfindlich sein, taub werden, kribbeln oder jucken.
  • Muskelirritationen: Eine Reizung des Gewebes kann die Beweglichkeit einschränken.
  • Nervenentzündung: Die verödeten Nerven können sich vorübergehend entzünden, was sich wie ein Sonnenbrand anfühlt.
  • Muskelschwäche: Die Verödung kann Muskeln und Bänder schwächen, was in seltenen Fällen zu einer Instabilität der Wirbelsäule führen kann.
  • Nervenverletzung: In sehr seltenen Fällen kann es zu einer vorübergehenden Beinschwäche, Taubheit oder Schmerzen kommen, wenn versehentlich eine Nervenwurzel erhitzt wird.
  • Infektionen: Wie bei jedem invasiven Eingriff besteht ein geringes Risiko für Infektionen.

Wann sollte man den Arzt kontaktieren?

Bei folgenden Symptomen sollte umgehend der Arzt kontaktiert werden:

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  • Fieber
  • Starke Schmerzen
  • Lähmungserscheinungen
  • Rötungen oder andere Entzündungszeichen an der Einstichstelle

Erfolgsaussichten und Langzeitergebnisse

Die Schmerzlinderung setzt in der Regel kurz nach dem Eingriff ein. Die Erfolgsquoten für die Hitzesondenbehandlung liegen in der nationalen und internationalen Literatur bei über 80 Prozent, speziell für die Facetten-Thermokoagulation sogar über 85 Prozent. Allerdings erholen sich die verödeten Schmerznerven nach ein bis zwei Jahren wieder, und die Nervenenden wachsen erneut zusammen. Dann können die Schmerzen zurückkehren. In diesem Fall kann die Nervenverödung wiederholt werden.

Studienlage

Studien deuten darauf hin, dass eine Facettendenervation Schmerzen über einen Zeitraum von etwa vier Wochen lindern kann. Längerfristig zeigte sich allerdings kein Vorteil gegenüber einer Scheinbehandlung. Eine große Studie untersuchte, was bei einer Facettenarthrose besser hilft: Physiotherapie allein oder Physiotherapie plus Facettendenervation. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen.

Alternativen zur Nervenverödung

Neben der Nervenverödung gibt es weitere Behandlungsmöglichkeiten für Rückenschmerzen, die von den Wirbelgelenken ausgehen:

  • Konservative Therapie: Physiotherapie, Schmerzmittel, Bewegung, Kräftigungsübungen.
  • Injektionstherapie: Injektion von Kortison oder Lokalanästhetika in die Wirbelgelenke.
  • Operation: In seltenen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, z.B. bei einer Spinalkanalstenose oder einem Wirbelgleiten.

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