Nervenschmerzen im Oberschenkel: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Schmerzen im Oberschenkel können vielfältige Ursachen haben und sich unterschiedlich äußern. Eine genaue Diagnose ist entscheidend für eine effektive Behandlung. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Nervenschmerzen im Oberschenkel, ihre Ursachen, Symptome, Diagnoseverfahren und Behandlungsoptionen.

Was sind Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen)?

Nervenschmerzen, auch neuropathische Schmerzen genannt, entstehen durch eine Schädigung oder Funktionsstörung von Nervenfasern des Nervensystems. Im Gegensatz zu anderen Schmerzarten, bei denen Schmerzimpulse von Nervenendigungen in den Geweben des Körpers ausgehen, entstehen neuropathische Schmerzen direkt durch die Nervenschädigung selbst.

Ursachen von Nervenschmerzen

Nervenschmerzen können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, darunter:

  • Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule kann auf Nervenwurzeln drücken und diese reizen, was zu Schmerzen im Oberschenkel führen kann. Besonders häufig ist eine Reizung im Bereich der Wirbel L2-L4.
  • Meralgia paraesthetica: Hierbei wird der seitliche Oberschenkelhautnerv (Nervus cutaneus femoris lateralis) komprimiert, was zu Schmerzen, Kribbeln und Brennen im äußeren Oberschenkel führt. Ursachen können enge Kleidung, Gewichtszunahme, Schwangerschaft oder langes Stehen sein.
  • Nervenwurzelentzündung (Radikulitis): Eine Entzündung einer Spinalnervenwurzel kann durch Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder Verletzungen verursacht werden und zu blitzartigen Schmerzen in den von dem Nerv versorgten Bereichen führen.
  • Ischiasnervreizung: Eine Reizung des Ischiasnervs, beispielsweise durch einen Bandscheibenvorfall im unteren Rücken oder das Piriformis-Syndrom, kann zu Schmerzen an der Rückseite des Oberschenkels führen.
  • Polyneuropathie: Eine Erkrankung vieler Nerven, beispielsweise im Rahmen von Diabetes mellitus, kann zu brennenden Schmerzen und Berührungsschmerzen in den Füßen und Händen führen.
  • Gürtelrose (Herpes zoster): Eine Nervenentzündung durch das Varizella-Zoster-Virus kann zu neuropathischen Schmerzen im Bereich kleiner Nerven in der Haut führen.
  • Nervenquetschungen oder -durchtrennungen: Unfälle oder Operationen können Nerven schädigen und Nervenschmerzen verursachen.
  • Engpass-Syndrome: Die Kompression von Nerven, wie beim Karpaltunnel-Syndrom am Handgelenk, kann zu Nervenschmerzen und Ausfällen führen.
  • Diabetes Mellitus: Schäden an den peripheren Nerven als Folge von Diabetes.
  • Alkoholmissbrauch: Alkohol gilt als Nervengift und kann die Weiterleitung von Reizen und Signalen stören.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B12 kann Nervenschäden verursachen.
  • Autoimmunerkrankungen: Erkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom können die Nervenscheiden der peripheren Nerven schädigen.
  • Krebserkrankungen: Die Neuropathie kann ein erstes Warnsignal für eine Krebserkrankung sein.
  • Chemotherapie: Bestimmte Zytostatika können eine Polyneuropathie fördern.
  • Gifte: Verschiedene Gifte können Nervenschäden verursachen.

Symptome von Nervenschmerzen im Oberschenkel

Nervenschmerzen im Oberschenkel können sich durch verschiedene Symptome äußern:

  • Blitzartige Schmerzen: Plötzliche, stechende Schmerzen, die an einen elektrischen Schlag erinnern.
  • Brennende Schmerzen: Ein anhaltendes, brennendes Gefühl im Oberschenkel.
  • Kribbeln oder Taubheit: Ein Gefühl von Kribbeln oder Taubheit im betroffenen Bereich.
  • Muskelschwäche: Eine begleitende Muskelschwäche im Bein kann auftreten, wenn der betroffene Nerv auch für die Ansteuerung der Oberschenkelmuskulatur zuständig ist.
  • Schmerzausstrahlung: Die Schmerzen können in benachbarte Bereiche wie die Leiste oder das Gesäß ausstrahlen.
  • Funktionelle Einschränkungen: Schwierigkeiten beim Gehen oder Tragen von schweren Gegenständen.
  • Allodynie: Schmerzen, die durch leichte Berührungen ausgelöst werden, die normalerweise keine Schmerzempfindung auslösen.
  • Hyperalgesie: Verstärkte Schmerzempfindlichkeit nach schmerzauslösenden Reizen.

Spezifische Schmerzbilder

  • Schmerzen an der Oberschenkelinnenseite: Können auf eine Reizung des Nervus obturatorius hindeuten.
  • Schmerzen an der Rückseite des Oberschenkels: Sind meist auf eine Reizung des Ischiasnervs zurückzuführen.
  • Schmerzen am seitlichen Oberschenkel: Werden häufig mit Meralgia paraesthetica in Verbindung gebracht.

Diagnose von Nervenschmerzen im Oberschenkel

Die Diagnose von Nervenschmerzen im Oberschenkel erfordert eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung durch einen Arzt.

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Anamnese und körperliche Untersuchung

Der Arzt wird Fragen zu den Schmerzen stellen, wie z.B.:

  • Wo genau treten die Schmerzen auf?
  • Wie fühlen sich die Schmerzen an (z.B. blitzartig, brennend, stechend)?
  • Wann treten die Schmerzen auf?
  • Was löst die Schmerzen aus oder verschlimmert sie?
  • Gibt es begleitende Symptome wie Kribbeln, Taubheit oder Muskelschwäche?

Bei der körperlichen Untersuchung beurteilt der Arzt die Nervenfunktion, Muskelkraft und Reflexe des Beins, um die genaue Ursache einzugrenzen.

Bildgebende Verfahren

  • MRT (Magnetresonanztomographie): Wird empfohlen, wenn sowohl die Weichteil- als auch die Nervenstrukturen im Detail dargestellt werden müssen. Besonders nützlich bei Verdacht auf Bandscheibenvorfälle, Tumoren oder andere Weichteilprobleme.
  • CT (Computertomographie): Kann hilfreich sein, um knochenbedingte Ursachen auszuschließen.
  • Röntgen: Wird eingesetzt, um knochenbedingte Ursachen auszuschließen, wie z.B. Brüche oder Gelenkerkrankungen.
  • Ultraschall: Ein wertvolles Instrument zur Diagnose von Weichteil- und Nervenerkrankungen. Ermöglicht die Erkennung von Schwellungen, Nerveneinklemmungen oder Weichteilverletzungen.

Elektrophysiologische Untersuchungen

  • EMG (Elektromyographie): Misst die elektrische Aktivität der Muskeln und kann Unregelmäßigkeiten in der Nervenleitung oder der Muskelreaktion erkennen.
  • Neurographie: Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit.
  • SEP (Somatosensibel evozierte Potenziale): Prüfung der gesamten Gefühlsbahn von der Haut über das Rückenmark bis ins Gehirn.

Weitere diagnostische Tests

  • Bluttests: Zum Ausschluss von Krankheiten, die nervenschädigend sind (z.B. Diabetes).
  • QST (Quantitative sensorische Testung): Prüfung der Hautempfindlichkeit.
  • Hautbiopsie: Untersuchung einer Gewebeprobe aus der Haut, um die Ursache einer Polyneuropathie zu finden.

Behandlung von Nervenschmerzen im Oberschenkel

Die Behandlung von Nervenschmerzen im Oberschenkel ist vielfältig und hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab.

Konservative Behandlung

  • Schmerzmittel:
    • Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac zur akuten Schmerztherapie.
    • Stärkere Schmerzmittel bei Bedarf.
  • Entzündungshemmende Medikamente: Orale oder gespritzte Medikamente zur Behandlung von Nervenentzündungen.
  • Medikamente gegen Nervenschmerzen: Gabapentin oder andere Medikamente, die auf Nervenschmerzen abzielen.
  • Physiotherapie:
    • Stärkung der Muskeln
    • Verbesserung der Flexibilität
    • Reduktion des Drucks auf die betroffenen Nerven
    • Gleichgewichtstraining
  • Ergotherapie: Kann im Einzelfall sinnvoll sein.
  • Psychotherapie: Kann im Einzelfall sinnvoll sein.
  • Lokale Injektionen: Injektion von Lokalanästhetika oder Kortison in das Gewebe.
  • Hydrodissektion: Spülung des den Nerven umgebenden Gewebes mit Zuckerlösung, um mehr Platz für den Nerven zu schaffen.
  • TENS-Gerät: Stimulation der Nerven durch Impulse, um Schmerzen zu lindern.
  • Anpassung des Lebensstils:
    • Vermeidung enger Kleidung
    • Gewichtsabnahme
    • Vermeidung von Streckbewegungen im Hüftgelenk
    • Ergonomische Anpassung des Arbeitsplatzes

Operative Behandlung

  • Druckentlastung: Bei Nervenkompression ist eine Druckentlastung das Mittel der Wahl.
  • Dekompression und Neurolyse: Operative Beseitigung aller einengenden Strukturen und Freilegung des Nerven.
  • Neurektomie: Durchtrennung des Nerven und gezielte Abtragung von Nervengewebe (als letzter Ausweg).

Behandlung spezifischer Ursachen

  • Meralgia paraesthetica: Lebensstiländerungen, entzündungshemmende Medikamente.
  • Bandscheibenvorfall: Physiotherapie, Schmerzmedikamente, in schweren Fällen chirurgischer Eingriff.
  • Neuropathie (z.B. durch Diabetes): Medikamente wie Gabapentin, Blutzuckerkontrolle bei Diabetes.
  • Muskelverletzungen: Ruhe, schrittweise Rehabilitationsübungen.
  • Diabetische Polyneuropathie: Optimierung der Blutzuckereinstellung, Vitamin-B1-Gabe.
  • Alkoholbedingte Polyneuropathie: Alkoholabstinenz, Vitamin-B1-Gabe.

Dauer und Verlauf

Die Dauer von Nervenschmerzen im Oberschenkel hängt von der Ursache und der gewählten Behandlung ab. Akute Probleme bessern sich oft innerhalb weniger Wochen, während chronische Erkrankungen länger dauern können. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind wichtig, um eine Chronifizierung der Schmerzen zu vermeiden.

Prävention

Zur Vorbeugung von Nervenschmerzen im Oberschenkel eignen sich folgende Maßnahmen:

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  • Vermeidung von Übergewicht
  • Tragen passender Kleidung
  • Angemessene sportliche Bewegung
  • Ergonomische Sitz- und Stehpositionen
  • Ausgewogene Ernährung zur Vermeidung von Vitaminmangel
  • Kontrolle des Blutzuckerspiegels bei Diabetes
  • Vermeidung von übermäßigem Alkoholkonsum

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