Nervenschmerzen in den Fingerspitzen: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Schmerzen in den Fingerspitzen, die sich wie Nadelstiche anfühlen, können plötzlich auftreten und unterschiedliche Ursachen haben. Sie können harmlos sein, aber auch auf ernstere Gesundheitsprobleme hinweisen. Daher ist es wichtig, die möglichen Ursachen zu kennen und zu wissen, welche Maßnahmen zur Linderung der Beschwerden ergriffen werden können.

Was sind Schmerzen wie Nadelstiche im Finger?

Schmerzen in den Fingern, die als Nadelstiche empfunden werden, sind oft plötzlich auftretende, stechende Schmerzen. Sie können von Missempfindungen wie Kribbeln, Ameisenlaufen oder Taubheitsgefühlen begleitet sein. Die Schmerzen können sporadisch oder anhaltend auftreten und in ihrer Intensität variieren.

Mögliche Ursachen von Nervenschmerzen in den Fingerspitzen

Es gibt verschiedene Ursachen für Nervenschmerzen in den Fingerspitzen. Hier sind einige der häufigsten:

Polyneuropathie

Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung, die viele periphere Nerven betrifft. Sie kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, darunter:

  • Diabetes mellitus: Etwa 35 % der Polyneuropathien in Deutschland sind auf Diabetes zurückzuführen.
  • Alkoholmissbrauch: Alkohol ist für etwa 20 % der Fälle verantwortlich.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitamin B1, B2, B6, B12 oder E kann eine Polyneuropathie verursachen. Insbesondere Vitamin B12 (Cobalamin) spielt eine wichtige Rolle bei der Entgiftung von Zellgiften im Körper.
  • Toxine: Bestimmte Toxine, wie Schwermetalle (Blei, Arsen, Thallium, Quecksilber, Gold) oder andere Umweltgifte, können Nervenschäden verursachen.
  • Medikamente: Einige Medikamente, wie Chemotherapeutika, Interferone oder Virustatika, können als Nebenwirkung eine Polyneuropathie auslösen.
  • Entzündliche Erkrankungen: Borreliose (nach Zeckenbiss), Gefäßentzündungen (Vaskulitis) oder Autoimmunerkrankungen können ebenfalls eine Polyneuropathie verursachen.
  • Genetische Faktoren: Es gibt auch genetisch bedingte Polyneuropathien.

Die Polyneuropathie betrifft meist symmetrisch die Extremitäten und beginnt an den Zehen oder Fingern. Zu den Symptomen gehören neben Muskelschmerzen Missempfindungen wie Kribbeln, Brennen, Taubheit oder stechende Schmerzen.

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Nervenkompression

Nerven können an verschiedenen Stellen im Körper eingeklemmt werden, was zu Schmerzen und Missempfindungen führen kann. Einige häufige Kompressionsstellen sind:

  • Karpaltunnelsyndrom: Hier wird der Nervus medianus im Karpaltunnel, einem Engpass unterhalb der Handfläche auf Höhe des Handgelenks, eingeengt. Dies kann durch anatomische Verhältnisse oder Überlastung der Muskulatur verursacht werden.
  • Sulcus ulnaris-Syndrom (Cubitaltunnelsyndrom): Hier wird der Ellennerv am Ellenbogen eingeengt.
  • Nervenkompression im Bereich der Wirbelsäule: Ein Bandscheibenvorfall kann beispielsweise Nerven beim Ein- oder Austritt in das Rückenmark einklemmen. Dies kann zu ausstrahlenden Schmerzen im gesamten Versorgungsgebiet des Nervs sowie zu Missempfindungen führen.

Andere Ursachen

Neben Polyneuropathie und Nervenkompression können auch andere Faktoren Nervenschmerzen in den Fingerspitzen verursachen:

  • Durchblutungsstörungen: Kalte Hände, eine bläuliche Verfärbung der Haut und Schmerzen in Ruhe können auf eine Durchblutungsstörung hinweisen. Das Raynaud-Syndrom ist eine Erkrankung, bei der sich die Blutgefäße in den Fingern oder Zehen zeitweise verengen, was zu Blässe, Taubheit und Schmerzen führen kann.
  • Entzündungen: Überwärmung, Schwellung und Rötung können auf Entzündungen oder sogar Infektionen hinweisen. Arthritis oder Sehnenentzündungen können ebenfalls stechende Schmerzen in den Fingern verursachen.
  • Magnesiummangel oder andere Elektrolytverschiebungen: Müdigkeit, Muskelkrämpfe und Kopfschmerzen können auf einen Magnesiummangel oder andere Elektrolytverschiebungen als Ursache hinweisen.
  • Verletzungen: Kleinere Verletzungen, Fremdkörper (z. B. Splitter) oder Nagelbettentzündungen können ebenfalls Schmerzen im Finger verursachen.

Begleitende Symptome und ihre Bedeutung

Nadelstich-Schmerzen in den Fingern können von verschiedenen Symptomen begleitet sein, die Hinweise auf die Ursache geben können:

  • Kalte Hände und bläuliche Verfärbung der Haut: Deuten auf Durchblutungsstörungen hin.
  • Überwärmung, Schwellung und Rötung: Weisen auf Entzündungen oder Infektionen hin.
  • Rückenschmerzen, Gefühlsstörungen (Kribbeln oder Taubheit) und Muskelschwäche: Deuten auf eine Nervenkompression hin, wie sie bei einem Bandscheibenvorfall oder einem Nervenkompressionssyndrom (z. B. Karpaltunnelsyndrom oder Sulcus ulnaris-Syndrom) auftritt.
  • Müdigkeit, Muskelkrämpfe und Kopfschmerzen: Können auf einen Magnesiummangel oder andere Elektrolytverschiebungen hindeuten.

Diagnose von Nervenschmerzen in den Fingerspitzen

Um die Ursache von Nervenschmerzen in den Fingerspitzen zu diagnostizieren, sind verschiedene Schritte erforderlich:

  1. Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Arzt erfasst den Schmerzverlauf, erhebt die Krankengeschichte und führt eine körperliche Untersuchung durch. Dabei wird geprüft, wie beweglich und empfindlich die Finger und die Hand sind und ob Gefühlsstörungen und Missempfindungen auftreten.
  2. Blutbild: Ein Blutbild kann Hinweise auf Vitaminmangel (z. B. B12-Mangel), Entzündungen oder Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes) geben. Es können auch Elektrolyt- und Vitaminwerte direkt bestimmt werden. Bei Diabetes oder anderen Stoffwechselstörungen können die Zuckerwerte lang- und kurzfristig bestimmt werden. Nierenwerte können ebenfalls einen Hinweis auf eine bestimmte Nervenschädigung geben.
  3. Nervenleitgeschwindigkeit: Die Nervenleitgeschwindigkeit misst die Leitfähigkeit der Nerven und kann so bei der Beurteilung von peripheren Nervenschäden helfen. Sie misst die Geschwindigkeit, mit der die elektrische Aktivität entlang eines Nervs weitergeleitet wird. Dabei kann zwischen Schäden an den Nervenleitfasern (z. B. bei Diabetes) und Schäden an den isolierenden Zellen der Nervenfasern (Myelinscheiden, z. B. Guillain-Barré-Syndrom) unterschieden werden.
  4. Elektromyographie (EMG): Die Elektromyographie misst die elektrische Aktivität der Muskeln und kann helfen, zwischen muskulären und nervalen Ursachen zu unterscheiden.
  5. Weitere Untersuchungen: Bei Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung kann das Nervenwasser (Liquor) untersucht werden. Eine Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule oder Halswirbelsäule ist erforderlich, wenn gleichzeitig dort eine zusätzliche Erkrankung, z. B. ein enger Spinalkanal, vermutet wird. Die wichtigsten genetischen Ursachen lassen sich durch genetische Untersuchungen aus dem Blut heraus abklären.

Behandlung von Nervenschmerzen in den Fingerspitzen

Die Behandlung von Nervenschmerzen in den Fingerspitzen hängt stark von der Ursache ab. Es gibt verschiedene Therapieansätze, die je nach Diagnose eingesetzt werden können:

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Konservative Behandlung

  • Schonung und Ruhigstellung: In der akuten Phase der Schmerzen können Maßnahmen wie Kühlung bei Entzündungen oder Wärme bei Durchblutungsstörungen helfen. Auch Schonung und das Vermeiden von Druck auf das Handgelenk können schnell zu einer Besserung führen. Bei Nervenreizungen wie dem Karpaltunnelsyndrom können Schonung und spezielle Handgelenkschienen helfen, die Symptome zu lindern.
  • Medikamentöse Therapie:
    • Entzündungshemmende Schmerzmittel: Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen können bei Entzündungen und Schmerzen helfen.
    • Vitamin B12: Bei Verdacht auf einen Vitamin-B12-Mangel kann die Einnahme von Vitamin-B12-Präparaten zur Verbesserung der Nervenfunktion beitragen.
    • Weitere Medikamente: Bei neuropathischen Schmerzen können spezielle Medikamente nach Absprache mit dem Arzt eingesetzt werden.
    • Kortison: Bei stärkeren Beschwerden, insbesondere bei Entzündungen, kann auch auf eine Therapie mit Kortison (lokale Injektion in den Karpaltunnel) zurückgegriffen werden. Kortison wirkt abschwellend, schmerzlindernd und entzündungshemmend.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann zur Kräftigung der Muskulatur, zum Lösen von Verspannungen und zur Verbesserung der Durchblutung beitragen. Auch spezielle Übungen zur Dehnung des Handgelenks und der Finger können helfen, die Beschwerden zu lindern.
  • Ergonomische Anpassungen: Bei Tätigkeiten, die das Handgelenk anhaltend und wiederkehrend stark belasten, sollten ausreichend Pausen eingelegt werden, um die Handgelenke zu dehnen und auszuschütteln. Wer viel am Computer arbeitet, sollte darauf achten, dass der Schreibtischstuhl so eingestellt ist, dass die Unterarme beim Sitzen auf einer Linie mit der Tastatur liegen. Um die Gelenke bei der Mausbedienung zu schonen, hilft die Anschaffung einer Handballenauflage.

Operative Behandlung

Bei bestimmten Erkrankungen, wie dem Karpaltunnelsyndrom oder dem Sulcus ulnaris-Syndrom, kann eine Operation erforderlich sein, wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichend helfen.

  • Karpaltunneloperation (Neurolyse): Bei dieser Operation wird das Karpalband über dem Karpaltunnel durchtrennt, um den Druck auf den Mittelnerv im Tunnel zu verringern. Außerdem wird das Gewebe entfernt, welches den Nerv einengt. Der Eingriff kann entweder als offene Operation oder endoskopisch (minimalinvasiv) durchgeführt werden.
  • Cubitaltunneloperation: Bei dieser Operation wird der Ellennerv am Ellenbogen entlastet.

Weitere Behandlungsansätze

  • Neural-Akupunktur: Missempfindungen und Schmerzen können überdies mit einer Neural-Akupunktur behandelt werden.
  • Behandlung der Grunderkrankung: Das primäre Ziel der Behandlung ist die Ausschaltung der Ursache der Polyneuropathie. Dies bedeutet z.B. einen Diabetes mellitus optimal mit Medikamenten einzustellen. Medikamente, die eine Polyneuropathie verursachen, müssen abgesetzt oder ausgetauscht werden, insofern sie nicht aus anderem Grund unabdingbar notwendig sind. Eine toxische Exposition, beispielsweise durch Schwermetalle oder Umweltgifte, muss beendet werden. Ist Alkohol die Ursache der Polyneuropathie, so muss vollständige, lebenslange Abstinenz eingehalten werden.

Was kann man selbst tun?

Um das Risiko für Nervenschmerzen in den Fingerspitzen zu minimieren bzw. das Fortschreiten zu verlangsamen, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden:

  • Richtige Haltung: Es ist vor allem wichtig beim Schlafen, Arbeiten und beim Sport eine neutrale Handposition beizubehalten. Dabei kann ein Gelenkschoner aus der Apotheke helfen.
  • Pausen: Bei Tätigkeiten, die das Handgelenk anhaltend und wiederkehrend stark belasten, sollten ausreichend Pausen eingelegt werden, um die Handgelenke zu dehnen und auszuschütteln.
  • Vibrationen vermeiden: Elektrische Geräte wie Bohrer sollten mit schwingungsdämpfenden Griffen ausgestattet sein.
  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen ist wichtig für die Gesundheit der Nerven. Insbesondere auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 sollte geachtet werden.
  • Stress vermeiden: Stress kann sich negativ auf die Nervenfunktion auswirken. Entspannungsübungen und Stressmanagement-Techniken können helfen, Stress abzubauen.
  • Rauchen vermeiden: Rauchen kann die Durchblutung beeinträchtigen und Nervenschäden verursachen.

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