Nervenschmerzen im seitlichen Oberschenkel: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Schmerzen im Bereich des Oberschenkels, insbesondere an der Außenseite, sind ein häufiges Problem, das vielfältige Ursachen haben kann. Um die Beschwerden effektiv zu behandeln, ist eine sorgfältige Untersuchung durch einen erfahrenen Orthopäden erforderlich. Lumedis stellt hierzu umfassende Informationen zur Verfügung.

Was sind Schmerzen im seitlichen Oberschenkel?

Schmerzen im seitlichen äußeren Oberschenkel werden als unangenehmes Gefühl im Bereich der äußeren Oberschenkelseite von der Hüfte bis zum Knie wahrgenommen. Typischerweise entstehen diese Schmerzen durch muskuläre Überlastung, insbesondere bei Sportlern, die sich nicht ausreichend dehnen oder ihr Training zu schnell steigern. Die Schmerzen treten in der Regel gleich häufig im rechten und linken Oberschenkel auf, wobei ein beidseitiges Auftreten ebenfalls möglich ist. Neben muskulären Ursachen können auch andere Faktoren wie Hüftarthrose oder Meralgia paraesthetica für die Schmerzen verantwortlich sein.

Ursachen von Nervenschmerzen im seitlichen Oberschenkel

Verschiedene Ursachen können Nervenschmerzen am äußeren Oberschenkel hervorrufen. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:

Muskelverletzungen und -verspannungen

Muskelverletzungen und -verspannungen, oft in Verbindung mit einer Reizung des Tractus iliotibialis, sind typische Ursachen. Der Tractus iliotibialis ist eine breite Faszie, die vom Gesäß über die Oberschenkelaußenseite bis zum Knie verläuft. Insbesondere bei Fahrradfahrern und Läufern kann eine Irritation des Tractus iliotibialis zum schmerzhaften Tractus-iliotibialis-Syndrom führen.

Meralgia Paraesthetica

Die Meralgia paraesthetica, auch bekannt als Inguinaltunnelsyndrom oder Bernhard-Roth-Syndrom, ist ein Nervenkompressionssyndrom, das durch die Einklemmung des Nervus cutaneus femoris lateralis entsteht. Dieser sensible Nerv des seitlichen Oberschenkels verläuft unter dem Leistenband (Ligamentum inguinale). Übergewicht, enge Kleidung und Schwangerschaft begünstigen die Entstehung dieses Syndroms. Die Symptome umfassen dumpfe und brennende Schmerzen an der Oberschenkelaußenseite sowie Missempfindungen wie Taubheitsgefühl. Typischerweise lassen die Symptome nach, wenn die Hüfte gebeugt wird, wodurch der Nerv entlastet wird.

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L2-Syndrom

Ein Bandscheibenvorfall, der die Nervenwurzel L2 betrifft (L2-Syndrom), kann ebenfalls Schmerzen im seitlichen Oberschenkel verursachen. Bandscheibenvorfälle betreffen meistens die Nervenwurzeln L4 bis S1, aber in seltenen Fällen kann es zu einem Bandscheibenvorfall mit Druck auf die Nervenwurzel L2 kommen. Wenn diese Rückenmarksnerven komprimiert werden, können Schmerzen sowie Missempfindungen wie Taubheitsgefühl oder Kribbeln und eine Kraftminderung im Bereich des seitlichen Oberschenkels entstehen. Bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall sollte frühzeitig eine Bildgebung (MRT der LWS) erfolgen.

Bursitis Trochanterica

Der Schleimbeutel im Bereich des Trochanter major, die Bursa trochanterica, der sich seitlich oben am Oberschenkel / Hüfte befindet, kann sich durch Überbelastungen und Verletzungen entzünden. Eine Entzündung der Bursa trochanterica, eine sogenannte Bursitis trochanterica, kann zu starken bewegungsabhängigen Schmerzen am Oberschenkel außen führen. Typischerweise treten die Schmerzen im Bereich des seitlichen Hüfte über dem Trochanter major auf und verstärken sich bei Druck.

Hüftarthrose

Eine Hüftarthrose ist eine weit verbreitete chronische Erkrankung, die mit dem zunehmenden Verlust des Knorpels im Hüftgelenk einhergeht. Die Hüfte wird steifer, weniger beweglich und verursacht zunehmende Schmerzen bei Bewegung und später auch in Ruhe. Die Schmerzen können von der Hüfte und Leiste über den gesamten Oberschenkel bis ins Knie ausstrahlen. Demgemäß sind auch ziehende Schmerzen im seitlichen Oberschenkel ein mögliches Symptom einer Hüftarthrose, jedoch nicht als isoliertes Symptom. Typisch sind zu Beginn der Arthrose Anlaufschmerzen und Schmerzen nach Bewegung, während im späten Krankheitsverlauf Ruhe- und Nachtschmerzen hinzukommen.

Piriformis-Syndrom

Das Piriformis-Syndrom ist eine weitere mögliche Ursache für Schmerzen im Oberschenkel, die durch eine Einengung des Ischiasnervs durch den Piriformis-Muskel verursacht wird. Dieser Muskel verläuft von der unteren Wirbelsäule zum Oberschenkel und ist an der Außenrotation des Oberschenkels beteiligt. Eine Reizung, Verdickung oder Verkrampfung des Piriformis-Muskels kann den Ischiasnerv reizen, was zu Schmerzen im Gesäß und an der Rückseite des Oberschenkels führen kann. Die Schmerzen können plötzlich einschießen und werden oft als brennend oder stechend beschrieben. Auch Taubheitsgefühle in der Gesäßregion und auf der Rückseite des Oberschenkels sind möglich. Auslöser können langes Sitzen, Treppensteigen, Rennen oder Gehen sein.

Begleitsymptome und ihre Bedeutung

Schmerzen am äußeren Oberschenkel können von verschiedenen Begleitsymptomen begleitet werden, die auf unterschiedliche zugrunde liegende Ursachen hinweisen können:

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  • Taubheitsgefühl oder Kribbeln: Dies deutet auf eine Meralgia paraesthetica hin, bei der der Nervus cutaneus femoris lateralis komprimiert ist. Dies führt zu Sensibilitätsstörungen wie Taubheitsgefühl, Brennen oder Kribbeln im äußeren Oberschenkel.
  • Brennende oder blitzartige Schmerzen: Diese sind typisch für nervenbedingte Beschwerden.
  • Schwellung oder Rötung: Diese können auf eine Bursitis trochanterica oder eine Infektion hinweisen.
  • Muskelschwäche: Diese kann durch eine Lumboischialgie aufgrund eines Bandscheibenvorfalls oder einer Nervenwurzelkompression in der Lendenwirbelsäule (LWS) verursacht werden.
  • Bewegungseinschränkung: Diese deutet oft auf Gelenk- oder Weichteilprobleme hin, wie z.B. das Trochanter-Schmerzsyndrom (einschließlich Bursitis trochanterica), Hüftgelenksarthrose oder Tendinopathie der Abduktoren.
  • Schmerzen beim Gehen oder Stehen: Diese treten typischerweise bei Belastung auf und können sich bei längerer Aktivität verschlimmern. Mögliche Ursachen sind Hüftgelenksarthrose, Bursitis trochanterica oder das iliotibiale Bandsyndrom.
  • Nächtliche Schmerzen / beim Liegen: Diese können durch eine Bursitis trochanterica oder Hüftgelenksarthrose verursacht werden.
  • Druckempfindlichkeit: Diese deutet auf eine Bursitis trochanterica oder myofasziale Triggerpunkte hin.
  • Schmerzen, die bis ins Knie oder den Unterschenkel ausstrahlen: Diese können durch eine Lumboischialgie, das Iliotibiales Bandsyndrom oder eine Reizung der Nervenwurzeln L4/L5 verursacht werden.
  • Steifheit im Hüftgelenk: Diese deutet auf eine Hüftgelenksarthrose oder entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis hin.
  • Schmerzen in der Leistenregion: Da Hüft- und Leistenschmerzen oft schwer zu unterscheiden sind und Hüftschmerzen häufig in die Leiste ausstrahlen, sollte bei Schmerzen in Leiste und seitlichem Oberschenkel eine gründliche Untersuchung des Hüftgelenks erfolgen.

Diagnose von Nervenschmerzen im seitlichen Oberschenkel

Um die richtige Diagnose bei Schmerzen im seitlichen Oberschenkel zu stellen, führt der behandelnde Arzt zunächst ein Arzt-Patient-Gespräch sowie eine körperliche Untersuchung durch. Im Gespräch befragt der Arzt den Betroffenen nach Beschwerden, nach einem möglicherweise mit den Symptomen zusammenhängenden (Sport)Unfall und Vorerkrankungen. Es folgt eine körperliche Untersuchung der Beine und Hüftgelenke. Der Arzt untersucht den seitlichen Oberschenkel nach Entzündungszeichen, Blutergüssen etc. und prüft die Beweglichkeit und Kraft in beiden Beinen.

Ultraschalluntersuchung

Eine Ultraschalluntersuchung kann schnell und einfach durchgeführt werden und ist nebenwirkungsfrei. Der Untersucher setzt den Schallkopf im Bereich des seitlichen Oberschenkels und gegebenenfalls Hüfte oder Leiste an. Dabei können bei einer Bursitis trochanterica meistens Entzündungszeichen und bei einer größeren Muskelverletzung Einblutungen ins Gewebe nachgewiesen werden.

Röntgenbild

Ein Röntgenbild ist indiziert, wenn der Verdacht auf eine Hüftgelenksarthrose besteht oder nach einem Unfall Knochenbrüche ausgeschlossen werden sollen. Bei einer Arthrose kann anhand des Röntgenbildes eine Einteilung in das aktuelle Arthrose-Stadium erfolgen, bei Vorliegen einer Fraktur dienen die Röntgenbilder der (operativen) Therapieplanung. Auch bei seltenen Erkrankungen der Hüfte, die Schmerzen im Oberschenkel hervorrufen, wie bei einer Epiphyseolysis capitis femoris oder einer Coxitis (mit Bursitis), können krankhafte Veränderungen im Röntgenbild dargestellt werden.

Magnetresonanztomographie (MRT)

Ein MRT kann bei seitlichen Oberschenkelschmerzen hilfreich sein, wenn die zuvor durchgeführten bildgebenden Verfahren zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt haben. Das MRT ist der Goldstandard der Untersuchung von Weichteilgewebe. Sowohl Frakturen als auch Entzündungen und Gewebenekrosen können mit dem MRT diagnostiziert werden.

Elektromyographie (EMG)

Das EMG, Elektromyographie, ist eine Untersuchungsmethode, die der Messung der elektrischen Aktivität eines Muskels dient. Entzündete / schmerzhafte Muskeln sind in der Regel aktiver als gesunde Muskeln. Mit dem rechts-links Vergleich hat man immer einen Normwert bei der Testung. Daher werden auch immer beide Seiten getestet. Es gilt dann über eine gezielte Therapie auf Basis der erhobenen Daten die betroffene Muskulatur wieder physiologisch zu aktivieren, damit keine Überlastung auf den Muskel entsteht. Das Oberflächen-EMG ist die genauste diagnostische Methode um muskuläre Ursachen bei Schmerzen im seitlichen Oberschenkel aufzudecken.

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Behandlung von Nervenschmerzen im seitlichen Oberschenkel

Die Behandlung von Schmerzen im seitlichen Oberschenkel richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Hier sind einige der gängigen Behandlungsansätze:

Konservative Behandlung

  • Kompression: Eine Kompression kann bei einer Muskelverletzung helfen, das Einbluten ins Gewebe zu reduzieren.
  • Ruhe und Schmerzmedikation: Bei einer Schleimbeutelentzündung besteht die Behandlung zunächst aus körperlicher Ruhe und entzündungshemmenden Schmerzmedikamenten wie Ibuprofen oder Diclofenac.
  • Kälteanwendungen: Kälteanwendungen können genutzt werden, um die Schmerzen und Schwellung zu lindern.
  • Infiltrationstherapien und Stoßwellentherapie: Weiterhin kommen Infiltrationstherapien mit Traumeel/Zeel oder die Stosswellentherapie zum Einsatz.
  • Physiotherapie und Osteopathie: Osteopathie und Physiotherapie sind besonders bei Bandscheibenvorfällen, Muskelverhärtungen, Fehlstellungen oder Unklarheit der eigentlichen Ursache empfehlenswert. Osteopathen verfolgen dabei einen ganzheitlichen Ansatz und versuchen, durch manuelle Techniken die Selbstheilungsprozesse des Körpers zu unterstützen.
  • Injektionen: Eine Meralgia paraesthetica kann mit einer Injektion eines Betäubungsmittels im Bereich des Durchtritts des Nervus cutaneus femoris lateralis durch das Leistenband gelindert werden. Bei etwa 25% der Betroffenen kommt es jedoch zu einer spontanen Rückbildung des Syndroms. Bei den übrigen kann eine Nervenblockade mit Betäubungsmitteln längerfristig angewendet werden.

Operative Behandlung

Kommt es bei einer Meralgia paraesthetica nicht zu einer Abheilung, kann neben Physiotherapie und lokalen Injektionen von Betäubungsmittel eine operative Durchtrennung des betroffenen Nervs erwogen werden.

Behandlung von Begleiterkrankungen

  • Hüftarthrose: Eine Hüftarthrose wird in frühen Stadien konservativ behandelt, während im Endstadium der Coxarthrose ein künstlicher Gelenkersatz indiziert ist.
  • Bandscheibenvorfälle: Bandscheibenvorfälle werden meistens konservativ behandelt, mit Osteopathie, Physiotherapie und Schmerzmedikamenten.

Selbsthilfemaßnahmen

  • Vermeidung enger Kleidung: Vermeiden Sie das Tragen enger Hosen, um den Druck auf den Nerv zu reduzieren.
  • Gewichtsreduktion: Eine Gewichtsreduktion kann helfen, den Druck auf den Nerv zu verringern.
  • Ergonomische Anpassungen: Ergonomische Sitz- und Stehpositionen können helfen, eine gesunde Körperhaltung zu fördern und den Druck auf den Nerv zu reduzieren.

Dauer der Schmerzen

Die Dauer der Schmerzen im seitlichen Oberschenkel hängt von der Ursache der Beschwerden ab. Kleine Sportverletzungen wie Muskelfaserrisse oder Prellungen heilen oft innerhalb von zwei Wochen komplett ab. Mit entsprechender Ruhigstellung und entzündungshemmenden Medikamenten dauert eine akute Schleimbeutelentzündung ebenfalls 10 bis 14 Tage an. Eine Hüftarthrose verläuft chronisch progredient und ist nicht heilbar. Eine frühe konservative Behandlung kann jedoch helfen, den Krankheitsprozess zu verlangsamen und die Symptome zu lindern. Ein Bandscheibenvorfall heilt unter konservativer Therapie oftmals innerhalb eines Jahres ab. Eine Meralgia paraesthetica heilt bei etwa 25% der Betroffenen innerhalb weniger Wochen spontan ab.

Laufanalyse und Elektromyographie (EMG)

Fehlstellungen von Fuß, Bein und Hüfte, eine Beinlängendifferenz und eine Asymmetrie im Gangbild sind Risikofaktoren für Sportverletzungen, Sehnen- und Schleimbeutelentzündungen. Diese Risikofaktoren können anhand einer Laufbandanalyse frühzeitig erkannt und Folgeschäden vorgebeugt werden. Mittels Videokameras und einer Druckmessplatte im Laufband wird das Zusammenspiel aller beteiligten Gelenke analysiert. Bei Schmerzen im seitlichen Oberschenkel tritt häufig eine seitlich abfallende Hüfte oder ein überkreuzter Fußaufsatz (overcrossing) auf. Beides führt zu einer zu hohen Spannung auf der Oberschenkelaußenseite unter Last. Ursächlich dafür ist eine Abschwächung der Hüfte und Rumpfmuskulatur.

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