Nervenzelle: Ruhepotential und Aktionspotential einfach erklärt

Das Ruhepotential und das Aktionspotential sind grundlegende Mechanismen der Signalübertragung in Nervenzellen und damit essenziell für das menschliche Leben. Alle Vorgänge des menschlichen Körpers werden auf diese Weise reguliert. Jeder Reiz, den man auch als Erregung bezeichnet, wird durch solche Potentiale weitergegeben, damit er schlussendlich im Gehirn ankommt und interpretiert werden kann. In diesem Artikel werden wir uns genauer ansehen, wie diese Potentiale entstehen, welche Phasen es gibt und welche Rolle die Ionenkanäle und die Natrium-Kalium-Pumpe dabei spielen.

Was ist das Ruhepotential?

Die Membran einer Nervenzelle ist elektrisch geladen. Man spricht von dem sogenannten Membranpotential. Das Membranpotential ist die elektrische Spannung zwischen der Innen- und Außenseite der Zellmembran. Das Membranpotential entsteht durch eine ungleiche Verteilung von Ionen zwischen dem Zellinneren und dem Zelläußeren. Entscheidend sind dabei vor allem Natrium-Ionen ($\ce{Na+}$), Kalium-Ionen ($\ce{K+}$), Chlorid-Ionen ($\ce{Cl-}$) und Kalzium-Ionen ($\ce{Ca^{2+}}$). Solange kein Aktionspotential entsteht, spricht man vom Ruhepotential. Dieses liegt bei ungefähr $- 70 mV$. Da dieses Potential anliegt, wenn die Zelle keinen Nervenimpuls weiterleitet, sich also in Ruhe (OFF) befindet, wird es als Ruhepotential bezeichnet.

Aufrechterhaltung des Ruhepotentials

Im Ruhezustand ist die Zellmembran vor allem für Kalium-Ionen und eventuell für Chlorid-Ionen durchlässig. Die Membran ist aber nicht für alle Ionen gleich durchlässig, sondern besitzt eine eigene Permeabilität für jede Ionensorte. Das liegt an den Ionenkanälen in der Membran, die für unterschiedliche Ionen durchlässig sind. Im Ruhezustand sind nur die Kaliumionenkanäle geöffnet. Daher sind vor allem die Kalium-Ionen für die Entstehung des Ruhepotentials verantwortlich. Im Ruhezustand sind die Natriumkanäle in der Membran geschlossen. Trotzdem kann Natrium in gewissen Mengen durch die Membran in die Zelle strömen. Die Leckströme würden auf Dauer zu einem Ladungsausgleich führen und es gäbe kein Ruhepotential.

Die Aufrechterhaltung des Ruhepotentials in der Nervenzelle ist ein komplexer Prozess, der durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Die beständige Tätigkeit der Natrium-Kalium-Pumpe trägt wesentlich zur Aufrechterhaltung des Ruhepotentials der Nervenzelle bei. Diese Balance zwischen chemischen und elektrischen Kräften ist entscheidend für die Stabilität des Ruhepotentials und Aktionspotentials.

Die Tätigkeit der Natrium-Kalium-Pumpe ist entscheidend, da jedes eingedrungene Natriumion eine positive Ladung ins Axon transportiert, wodurch ein weiteres Kaliumion die Zelle verlassen kann. Die Natrium-Kalium-Ionenpumpe spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des Ruhepotentials in der Axonmembran. Diese Pumpe, ein Membranprotein, transportiert aktiv drei Natriumionen nach außen und im Gegenzug zwei Kaliumionen nach innen. Die Natrium-Kalium-Pumpe hält die für das Ruhepotential benötigte Ionenverteilung aufrecht, indem sie Natriumionen wieder nach außen und Kaliumionen nach innen in die Nervenzelle pumpt. (3 Na+ raus, 2 K+ rein --> daher ein negatives Vorzeichen beim Ruhepotential, denn es gehen mehr positive Ladungen raus als hinein). Dieser Prozess verbraucht ATP als Energiequelle und verhindert, dass das Ruhemembranpotential zusammenbricht. Ohne diese Pumpe würden die durch Leckströme einströmenden Natrium-Ionen das Zellinnere positiver machen und mehr Kalium-Ionen könnten die Zelle verlassen, was zu einem Konzentrationsausgleich führen würde.

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Die Konzentration der Kaliumionen bestimmt maßgeblich das Ruhepotential. Für das Zustandekommen dieses Gleichgewichtspotentials sind zusammenfassend also zwei Kräfte verantwortlich: der Konzentrationsgradient und der Ladungsausgleich.

Der Konzentrationsgradient strebt einen Ausgleich an, sodass auf beiden Seiten gleich viele Ionen vorhanden sind, also gleiche Konzentrationen vorherrschen. Das Ladungsausgleich hingegen ist bestrebt, gleiche Ladungsträger durch Abstoßung zu trennen und gegensätzliche anzuziehen, also einen Ladungsausgleich zu erreichen.

Das Gleichgewicht zwischen beiden Kräften führt zur Ausbildung des Ruhepotentials.

Die Rolle der Zellmembran

Der Aufbau der Nervenzellmembran spielt eine entscheidende Rolle für das Ruhepotential der Nervenzelle. Sie ist undurchlässig für die meisten geladenen Teilchen und verfügt über spezifische Ionenkanäle sowie zahlreiche Natrium-Kalium-Pumpen. Die Zellmembran fungiert dabei als Isolator, da sie für die meisten Ionen nicht durchlässig ist. Kaliumionen können durch spezielle Ionenkanäle die Membran passieren und folgen dabei ihrem Konzentrationsgradienten nach außen.

Messung des Ruhepotentials

Mit Hilfe von zwei Mikroelektroden kann man das Ruhepotential experimentell bestimmen. Eine der beiden Mikroelektroden, die Messelektrode, wird in die Zelle hineingestochen, die zweite, die Bezugselektrode, wird von außen an die Zelle gehalten. Per Definition ist der Spannungswert „außen“ mit Null (0 V) anzugeben.

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Was ist das Aktionspotential?

Unter einem Aktionspotential versteht man die Reizweitergabe an Nervenzellen, die durch eine Veränderung des elektrischen Membranpotentials entsteht. Das Aktionspotential ist ein entscheidender Mechanismus für die Signalweiterleitung in Nervenzellen. Als Aktionspotential bezeichnest du einen Nervenimpuls, der für die Weiterleitung von Reizen verantwortlich ist.

Die Übertragung von Reizen findet in Nervenzellen (Neuronen) statt und äußert sich als Änderung des Membranpotentials. Zu einer Änderung der Spannung kommt es durch das Öffnen und Schließen von spannungsgesteuerten Ionenkanälen in der Membran. Das funktioniert so: Kommt ein elektrischer Reiz an einer Nervenzelle an, ändert sich die Spannung und die Ionenkanäle öffnen sich. Ein Aktionspotential (kurz AP) ist eine vorübergehende Spannungsänderung des Membranpotentials über der Zellmembran. Es dient zur Reizweiterleitung zwischen Nervenzellen.

Phasen des Aktionspotentials

Der Ausgangszustand in dem sich die Membran befindet, ist das Ruhepotential. Die Membranspannung beträgt ca. -70 mV. Während des Ruhepotentials sind alle spannungsabhängigen Ionenkanäle geschlossen. Ein Reiz stört nun dieses Ruhepotential, es kommt zur Ausbildung eines Aktionspotentials mit folgenden Phasen:

  1. Depolarisation: Der ankommende Reiz stört dieses Ruhepotential. Die Membranspannung wird dadurch auch geändert, jedoch muss ein bestimmter Schwellenwert erreicht werden, damit ein Aktionspotential ausgelöst wird. Dieser Schwellenwert liegt ungefähr bei -50 mV. Unter dem ‚Alles-oder-Nichts-Gesetz‘ verstehst du, dass ein Aktionspotential entweder in voller Größe oder gar nicht auftritt. Das bedeutet, dass die Reizschwelle entweder überschritten und ein Aktionspotential ausgelöst wird oder eben nicht. Als Reaktion auf den überschrittenen Schwellenwert, läuft das Aktionspotential über das Axon. Dabei werden spannungsgesteuerte Natrium- ($Na^+$) Ionenkanäle geöffnet. $Na^+$ gelangt in das Zellinnere. Dadurch, dass die Natriumionen positiv geladen sind, kommt es zu einer Depolarisierung der Membran. Der intrazelluläre Raum wird durch die große Menge an $Na^+$ positiv geladen. Die Natriumionen strömen in die Axonmembran an und wandeln das negative Ruhepotential in ein positives Membranpotential um.( --> Ladungsverteilung an der Membran dreht sich kurzfristig um (innen positiv, außen negativ)).

  2. Repolarisation: Nach ca. 1-2 ms schließen sich de $Na^+$- Kanäle wieder und die $K^+$- Kanäle öffnen sich. $K^+$ diffundert aus dem Zellinneren in Richtung des nun positiver geladenen extrazellulären Raums. Einerseits werden die $K^+$-Ionen durch den Spannungsunterschied (Außen wurde es weniger positiv, da Na+ ins Zellinnere eingedrungen ist) nach "Außen" gezogen, andererseits sorgt der "Drang" des Konzentrationsausgleichs dafür, dass die Ionen in den kaliumarmen Raum diffundieren. Das hat zur Folge, dass die Spannung im Zellinneren wierde abnimmt. Diesen Vorgang nennt man auch Repolarisation. Das Zelläußere ist jetzt im Vergleich zum Inneren der Zellen negativ geladen und die Kaliumkonzentration außerhalb der Zelle ist niedriger.

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  3. Hyperpolarisation: Nun schließen sich auch die $K^+$-Kanäle wieder. Dies nimt jedoch mehr Zeit in Anspruch, als bei den $Na^+$-Kanälen. Das bedeutet, dass weiterhin $K^+$-Ionen aus dem intrazellulären Raum gelangen können. Das hat zur Folge, dass die Spannung in der Zelle unter das Nivau des Ruhepotentials sinkt. Diesen Zustand nennt man Hyperpolarisation.

  4. Refraktärzeit: Bei diesem Zustand beibt es jedoch nicht. Die $K^+$- und $Na^+$-Kanäle sind nun wieder geschlossen und bleiben ungefähr 2 ms inaktiv, sodass kein weiteres Aktionspotential unmittelbar anknüpfen kann. Das ist die sogenannte Refraktärzeit, sie sorgt dafür, dass ein Aktionspotential nur in eine Richtung, nämlich zur Synapse, und nicht wieder zum Soma läuft. Nach dem Ablauf des Aktionspotentials kann nicht direkt die nächste Erregung weitergeleitet werden. Es dauert eine kurze Zeit bis eine Zelle wieder erregbar ist. Die Zeit, in der die Kanäle inaktiv sind, heißt Refraktärzeit. Sie ist wichtig für eine unidirektionale Weiterleitung eines Reizes. Du kannst im Verlauf des Aktionspotentials zwei Phasen der Refraktärzeit unterscheiden. Kurz nach der Umpolarisierung können sich die Natriumkanäle erstmal gar nicht öffnen. Das ist die absolute Refraktärphase. Nach der Repolarisation wird der Schwellenwert zur Öffnung der Kanäle wieder niedriger, bis er wieder auf den Normalwert sinkt. Diese Phase, bei der du stärkere Reize für die Auslösung eines Aktionspotentials benötigst, heißt relative Refraktärzeit.

  5. Wiederherstellung des Ruhepotentials: Die $Na^+$$K^+$-Pumpe sorgt dann im Folgenden für den Austausch der beiden Ionen in die Zelle beziehungsweise aus ihr heraus, bis die ursprüngliche Konzentrations- bzw. Ionenverteilung wieder hergestellt ist (Ruhepotential). Damit die Zelle bereit für ein neues Aktionspotential ist, muss die ursprüngliche Ionenverteilung wieder hergestellt werden. (Natrium-Kalium-ATPase). Unter Energieverbrauch pumpt sie Natrium aus der Zelle heraus und Kalium in die Zelle zurück. Somit hält sie das Ruhepotential der Zelle aufrecht. Nun ist die Membran bereit für ein neues Aktionspotential.

Alles-oder-Nichts-Gesetz

Sollte dieser Schwellenwert nicht erreicht werden, wird der Reiz nicht weitergegeben (Alles oder nichts Gesetz). Diese Aktionspotentiale laufen dann immer gleich ab. Die Reizstärke beeinfusst also nicht die stärke des Aktionspotentials (Frequenzmodulation).

Ein zu schwacher Reiz erreicht nicht den Schwellenwert. Nein, ein starker Reiz kann kein größeres Aktionspotenzial auslösen. Sobald der Schwellenwert erreicht ist, läuft das Aktionspotential immer gleich ab - egal, wie stark der Reiz war. Das Überschreiten des Schwellenwerts bringt das „Fass zum Überlaufen“Aktionspotential = ALLES oder NICHTS!

Die Rolle der Ionenkanäle und Membranleitfähigkeit

Beim Aktionspotential werden spannungsgesteuerte Na+-Kanäle aktiviert und die Membranleitfähigkeit (d.h. die Durchlässigkeit der Membran) für Natrium-Ionen steigt kurzzeitig an. Nach ca. 0,1 ms sinkt Leitfähigkeit für Natriumionen wieder ab, gleichzeitig steigt die Leitfähigkeit für Kaliumionen nun relativ langsam an. Die Leitfähigkeit für die Ionen variiert im Verlauf des Aktionspotentials.

Weiterleitung des Aktionspotentials

Die Fortführung des Aktionspotenzials entlang des Axons kann nur in eine Richtung erfolgen, da die zurück liegende Membran nicht erregt werden kann. Die Axone mancher Neuronen sind von Hüllzellen umgeben. Sie übernehmen isolierende Funktion. In gewissen Abständen befinden sich Einschnürungen zwischen den Hüllzellen. Nur an diesen Einschnürungen kann es zum Aktionspotenzial beziehungsweise zum Ladungsausgleich zwischen den Schnürringen kommen. Die Weiterleitung ist an Axonen mit Hüllzellen springend und schnell.

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