Pudendusneuralgie: Symptome, Ursachen und Behandlungsansätze

Die Pudendusneuralgie ist eine schmerzhafte Erkrankung, die durch eine Reizung oder Schädigung des Nervus pudendus verursacht wird. Dieser Nerv spielt eine entscheidende Rolle bei der Versorgung des Beckenbodens und der Genitalregion. Die Erkrankung kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen, da sie mit chronischen Schmerzen, Funktionsstörungen und psychischer Belastung einhergehen kann.

Historischer Hintergrund

Die Pudendusneuralgie wurde erstmals bei Wettkampfradfahrern identifiziert und 1988 von dem französischen Psychiater Gérard Amarenco als „Radfahrersyndrom“ oder „Alcock-Kanal-Syndrom“ bezeichnet. Spätere Erkenntnisse zeigten, dass Beckenverletzungen diese Erkrankung auch bei anderen Patientenpopulationen auslösen können.

Epidemiologie

Die Häufigkeit der Pudendusneuralgie wird auf eine Inzidenz von 1 / 100 000 geschätzt und wird bei Frauen häufiger als bei Männern beobachtet.

Ursachen der Pudendusneuralgie

Die Pudendusneuralgie kann verschiedene Ursachen haben, wobei mechanische Verletzungen, virale Infektionen oder immunologische Prozesse eine Rolle spielen können.

Mechanische Ursachen sind häufig:

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  • Muskelkrämpfe im Beckenboden: Muskeln wie der Musculus levator ani oder Musculus obturatorius internus können den Nervus pudendus einengen.
  • Druck durch Bänder: Umliegende Bänder wie das Sakrospinal- oder Sakrotuberalligament können auf den Nerv drücken.
  • Narbengewebe: Narbengewebe infolge von Traumata oder Operationen kann den Nerv einklemmen.
  • Chirurgische Eingriffe: Bei Operationen können Netze oder Nähte den Nerv direkt verletzen.

Bei Frauen sind die häufigsten Ursachen für eine Pudendusneuralgie chirurgische Verletzungen, insbesondere durch gynäkologische Eingriffe wie vaginale Operationen bei Prolaps oder Inkontinenz, Beckenverletzungen (z. B. durch Heben schwerer Lasten, Stürze oder das Einführen von Fremdkörpern) und seltener vaginale Geburten. Bei Männern hingegen sind Beckenverletzungen die häufigste Ursache für eine Pudendusneuralgie.

Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Verletzungen des Beckens wie ein Beckenbruch, Schuss- oder Stichverletzungen, Gewalteinwirkung im Bereich des Beckens
  • Gynäkologische Erkrankungen wie Endometriose
  • Eine schwer verlaufene Geburt
  • Gefäßerkrankungen des Beckens wie Thrombosen oder Krampfadern
  • Bindegewebige Verengung des Alcock-Kanals
  • Seltener sind folgende Erkrankungen, die oft Nerven schädigen, die Ursache für eine Pudendusneuralgie:
  • Herpes zoster (Gürtelrose)
  • Tumorerkrankungen im Becken
  • Diabetes mellitus

Symptome der Pudendusneuralgie

Patienten mit einer Pudendusneuralgie berichten über neuropathische Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervus pudendus. Die Schmerzen werden daher häufig als brennend oder auch messerstichartige Schmerzsymptomatik zwischen Testis/Labien und Anus beschrieben. Diese Schmerzen verstärken sich typischerweise beim Sitzen auf einem Stuhl, nicht jedoch auf der Toilette. Bei rektaler digitaler Palpation des Ligamentum sacrospinale kommt es zu einer Verstärkung der Schmerzsymptomatik.

Weitere Symptome können sein:

  • Starke Nervenschmerzen (Neuralgie), die als stechend, brennend und einschließend beschrieben werden.
  • Sensibilitätsstörungen im Sinne von Missempfindungen (Parästhesien) im Dammbereich.
  • Harn- oder Stuhlinkontinenz.
  • Störungen der Sexualfunktion.
  • Schmerzen im Genital- und Dammbereich, die ein- oder beidseitig auftreten können.
  • Einseitige Schmerzen, die beim Sitzen zunehmen und beim Liegen nachlassen.
  • Taubheitsgefühle oder Kribbeln im Bereich des Beckens.
  • Ein Gefühl einer Rasierklinge.
  • Funktionsverlust des Beckenbodens einschließlich der Schließmuskeln von Blase und Darm.
  • Sexuelle Funktionsstörungen, z. B. Impotenz beim Mann.
  • Schmerzen in der Leiste.

Diagnose der Pudendusneuralgie

Die Diagnose der Pudendusneuralgie kann eine Herausforderung sein, da die Symptome oft unspezifisch sind und leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können.

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Die typische klinische Diagnose einer Pudendusneuralgie kann nach den Nantes-Kriterien erfolgen, welche sich wie folgt zusammensetzen:

  • Schmerzen im anatomischen Versorgungsgebiet des Nervus pudendus.
  • Zunahme der Schmerzsymptomatik durch Sitzen.
  • Der Patient erwacht nicht durch die Schmerzen in der Nacht.
  • Keine objektive Hypästhesie bei klinischer Untersuchung
  • Positives ansprechen auf eine Pudendusblockade

Weitere diagnostische Maßnahmen sind:

  • Anamnese: Der Arzt befragt den Patienten ausführlich zu seiner Krankheitsgeschichte, um Informationen über die Art, Lokalisation und Intensität der Schmerzen zu erhalten.
  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht den Patienten, um mögliche Druckpunkte oder andere Auffälligkeiten festzustellen.
  • Bildgebende Verfahren: Mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) kann der Arzt ein Bild des Beckens und des Rückenmarks machen, um andere Ursachen für die Schmerzen auszuschließen.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen: Durch eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) lassen sich Schädigungen des Nervus pudendus nachweisen.
  • Pudendusblockade: Der Arzt spritzt ein Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) entlang des Schamnerven. Bewirkt die Betäubung eine Besserung der Symptome, bestätigt das in der Regel die Diagnose.

Therapie der Pudendusneuralgie

Die Therapie der Pudendusneuralgie zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze, die je nach Ursache und Schweregrad der Erkrankung eingesetzt werden können.

Konservative Therapie

  • Schmerzmittel: Bei der langfristigen Behandlung dieser chronischen Nervenschmerzen haben sich auch Antidepressiva oder Antikonvulsiva als wirksam erwiesen. Antidepressiva (wie Amitriptylin oder Mianserin) und Antikonvulsiva (Krampflöser, Beispiele sind Gabapentin, Pregabalin, Carbamazepin und Lamotrigin) wirken dabei auf der Ebene der Signalweiterleitung in den Nerven, etwa indem sie Nervenbotenstoffe hemmen.
  • Physiotherapie: Physiotherapeutische Übungen, die auf die Entspannung und das Stretching des Beckenbodens abzielen, können helfen, die Symptome zu lindern. Techniken zur Verbesserung der Körperhaltung und spezielle Sitzkissen können ebenfalls dazu beitragen, den Druck auf den Nervus pudendus zu reduzieren.
  • TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation): Eine Reizstromtherapie, bei der Elektroden an den schmerzenden Stellen aufgeklebt werden, um die Schmerzweiterleitung ins Gehirn zu verringern.
  • SPNS (subkutane periphere Nervenstimulation): Dabei implantieren die Ärzte Elektroden unter der Haut und stimulieren die Nerven.
  • Pudendusblockade: Eine Mischung aus Kortison und langfristig wirksamen Lokalanästhetika wird an die Kompressionsstelle des Pudendusnerven gespritzt.

Operative Therapie

  • Neurolyse: Bei der als Neurolyse bezeichneten Operation wird der Nervus pudendus freigelegt, um jeglichen Druck, der auf ihm lastet (zum Beispiel durch Narbengewebe), zu nehmen.

Weitere Therapieansätze

  • Pudendale Neuromodulation (PNM): Ein noch junges Therapie-Verfahren zur neuromodulativen Behandlung chronischer Erkrankungen der Harnblase und des Beckens und wird überwiegend bei dortigen Schmerzsyndromen und v.a. der pudendalen Neuralgie eingesetzt. Hierbei wird eine dauerhafte Schmerzlinderung durch elektrisch herbeigeführte Veränderung und Unterbrechung der Schmerzempfindung und -weiterleitung über den Schamnerven erzielt.
  • Alternative Behandlungsformen: Im Bereich der Alternativmedizin gibt es etwa die Osteopathie oder Akupunktur, die manchen Patienten helfen können, die Schmerzen zu lindern.
  • TMX® Beckenbodentrigger: Ein Tool, das speziell für die Triggerpunkttherapie im Bereich des Beckenbodens entwickelt wurde.
  • PRP (Platelet-Rich Plasma): körpereigene Wachstumsfaktoren zur Nervenregeneration
  • Stammzelltherapie: autologe mesenchymale Stammzellen aus Fettgewebe oder Knochenmark - fördern Heilung und reduzieren Entzündungen

Prognose

Grundsätzlich gilt die Prognose der Pudendusneuralgien als gut, sofern alle verfügbaren Therapieoptionen in das Behandlungsschema miteinbezogen werden. Dennoch gibt es Patienten, die nicht von einem operativen Eingriff profitieren und auch die medikamentöse Therapie nur schlecht anschlägt. Wichtig ist, die Schmerzen einer Pudendusneuralgie möglichst frühzeitig zu behandeln, damit sie nicht chronisch werden.

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