Neue Epilepsie-Medikamente: Ein umfassender Überblick

Die Behandlung von Epilepsie hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Ähnlich wie bei der Parkinson-Krankheit ist die medikamentöse Therapie ein zentraler Bestandteil der Behandlung von Epilepsien, obwohl die eigentlichen Anfälle nur einen kleinen Teil des Lebens der Betroffenen ausmachen. Daher sind sowohl die nachhaltige Wirksamkeit als auch die Langzeitverträglichkeit von Medikamenten von entscheidender Bedeutung.

Wenn keine Anfallsfreiheit erreicht wird, ist die Verträglichkeit der Medikamente (ASM) wichtiger als die Anfallsfrequenz. Die Pharmakotherapie zielt darauf ab, Anfälle zu verhindern, ohne die Ursache der Erkrankung zu beheben. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen Medikamente oder andere Therapien die Ursache der Anfälle behandeln können. Beispiele hierfür sind Everolimus bei tuberöser Sklerose, Vitamin-B6-Substitution bei Vitamin-B6-abhängiger Epilepsie, ketogene Ernährung bei Glukose-1-Transporterdefekt und epilepsiechirurgische Eingriffe.

Verantwortungsvoller Therapiebeginn

Vor Beginn einer medikamentösen Epilepsietherapie im Erwachsenenalter sollte man sich der großen Verantwortung bewusst sein. In den meisten Fällen ist eine lebenslange Therapie zu erwarten, selbst wenn schnell Anfallsfreiheit erreicht wird. Die sozialen, psychologischen und juristischen Folgen von Rückfällen sind enorm, so dass viele Patienten aus Angst vor diesen Folgen keine Absetzversuche unternehmen.

Selbst wiederholte Anfälle bedeuten nicht immer, dass eine medikamentöse Behandlung erforderlich ist. Bei Kindern kann es sinnvoll sein, den Spontanverlauf abzuwarten, insbesondere bei Syndromen mit guter Spontanprognose. Umgekehrt kann es erforderlich sein, nach dem ersten Anfall eine Therapie einzuleiten, wenn ein hohes Rückfallrisiko besteht.

Therapieaussichten und Wirksamkeit

Grundsätzlich sind die Therapieaussichten zu Beginn günstig. Neuere Daten bestätigen, dass etwa 50 % der Patienten bei richtiger Diagnose und Indikationsstellung mit dem ersten Medikament anfallsfrei werden. Weitere 10-15 % erreichen dies mit dem zweiten Medikament, wenn das erste nicht erfolgreich war.

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Wesentliche Wirksamkeitsunterschiede zwischen den verfügbaren Medikamenten bestehen in der Monotherapie nicht. Unabhängig vom gewählten Medikament beträgt die Wahrscheinlichkeit einer zufriedenstellenden Wirksamkeit etwa zwei Drittel, sowohl bei älteren als auch bei neueren Medikamenten. Vergleichsstudien werden in der Regel erst durchgeführt, wenn die Wirksamkeit in der Monotherapie gezeigt wurde. Statistische Unterschiede wurden meist nur bei bestimmten Patientengruppen festgestellt, bei denen in der Langzeittherapie deutliche Unterschiede auftreten (z. B. ältere Patienten). Diese Unterschiede beruhen oft nicht auf der Wirksamkeit, sondern auf der besseren Verträglichkeit.

Langzeittherapie und Verträglichkeit

Wenn Patienten anfallsfrei sind, aber Nebenwirkungen auftreten, ist es oft schwierig, sie von einer Medikamentenumstellung zu überzeugen. Viele Patienten, die mit älteren Medikamenten anfallsfrei sind, sind nicht bereit, diese umzustellen, obwohl Langzeitnebenwirkungen wahrscheinlich sind.

Heute stehen über 20 zugelassene Medikamente zur Verfügung. Einige dieser Medikamente ermöglichen es, Langzeittoxizität zu vermeiden, Interaktionsprobleme mit anderen Medikamenten vorzubeugen und eine zufriedenstellende Lebensqualität zu gewährleisten. Die Auswahlkriterien für die Erstbehandlung basieren wesentlich auf den SANAD-Studien. In diesen Studien wurde die Effizienz der Erstbehandlung mit verschiedenen Medikamenten verglichen. Die erfolgreichsten Medikamente waren Lamotrigin für fokale und Valproat für generalisierte und unklassifizierte Epilepsien. Entsprechend differenziert sind die Empfehlungen der Leitlinien, insbesondere bei generalisierten Epilepsien. Valproat wird aufgrund der Datenlage als Ersttherapie empfohlen, jedoch nur, wenn bei Frauen eine Schwangerschaft ausgeschlossen ist.

Monotherapie als Standard

Die initiale medikamentöse Epilepsietherapie ist eine Monotherapie, da Wirksamkeit und Verträglichkeit so leichter zu beurteilen sind. Die Liste der für die Monotherapie zugelassenen Medikamente ist limitiert. In Europa besteht für alle neueren Medikamente seit Perampanel keine Monotherapiezulassung, da die Wirksamkeit und Verträglichkeit nur in der Zusatztherapie gezeigt wurde.

Die Europäische Zulassungsbehörde leitet daraus keine Monotherapiezulassung ab, was diskutabel ist. Hochwirksame neue Medikamente wie Brivaracetam, Perampanel oder Cenobamat, die in ihrer Wirkung durch Enzyminduktoren abgeschwächt werden, nicht in Monotherapie zuzulassen, beraubt Verschreibern einer einfachen Therapiemöglichkeit und setzt Patienten unnötigen Zusatztherapien aus, die ein höheres Risiko für Nebenwirkungen mit sich bringen.

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Therapieplanung und Medikamentenauswahl

Die Therapieplanung setzt die Kenntnis des pharmakologischen Profils jeder Substanz voraus, um das bestmögliche Medikament zu identifizieren und Begleitmaßnahmen zur Optimierung von Wirksamkeit und Verträglichkeit zu beurteilen. Eine anhaltende Wirkung ist essentiell. Benzodiazepine sind in der akuten Anwendung wirksam, aber in der Dauertherapie durch einen Wirksamkeitsverlust limitiert. Clobazam spielt in der Dauertherapie eine wichtigere Rolle.

Es wird eine möglichst stabile kontinuierliche Serumkonzentration angestrebt. Das therapeutische Drugmonitoring wird bei der Beurteilung der initialen Monotherapie überschätzt. Es dient der Sicherstellung der Adhärenz und kann dazu dienen, den individuellen therapeutischen Bereich festzuhalten, unter dem Patienten anfallsfrei sind. Da eine möglichst niedrig dosierte Monotherapie angestrebt wird, sollte besprochen werden, wie zu verfahren ist, wenn sich Betroffene nicht sicher sind, ob sie die Medikation eingenommen haben.

Individuelle Therapieentscheidungen

Grundsätzlich ist es zulässig, im Erwachsenenalter mit einem Medikament der individuellen Wahl die Therapie zu beginnen, sofern dies der Zulassungsstatus zulässt. Es gibt Empfehlungen, die sich auf die SANAD-Studien stützen. Der Einsatz aller zur Monotherapie zugelassenen Medikamente ist je nach individueller Bedürfnislage möglich, wird aber nicht empfohlen.

Therapien beginnen bei fokalen Epilepsien bevorzugt mit Lamotrigin entsprechend der Ergebnisse der SANAD-II-Studie. Die am häufigsten eingesetzte Alternative ist Levetiracetam. Sie ist gerechtfertigt, wenn Lamotrigin aufgrund der langsamen Eindosierung nicht in Frage kommt. Bei Lamotrigin können allergische Symptome, bei Levetiracetam Müdigkeit oder psychiatrische Störwirkungen Gründe für ein Scheitern der Therapie sein. Ein Nachteil der SANAD-Studien ist, dass sie keine Aussagen zu Oxcarbazepin und Lacosamid zulassen. Lacosamid hat sich als frühzeitig einsetzbare Alternative etabliert.

Besondere Herausforderungen bei generalisierter Epilepsie

Das wesentliche Problem bei generalisierter Epileptogenese ist, dass Valproinsäure das wirksamste Medikament ist. Daraus resultiert die Schwierigkeit, dass Frauen im gebärfähigen Alter bei nicht ausgeschlossener Schwangerschaft das bestwirksame Medikament zunächst nicht gegeben werden sollte. Valproinsäure und Topiramat sind in dieser Patientinnengruppe Risikosubstanzen hinsichtlich großer Fehlbildungen und des Risikos für Autismusspektrumstörungen und kognitive Beeinträchtigungen des Nachwuchses.

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Neue Antiepileptika im Fokus

Cenobamat

Das Antiepileptikum Cenobamat ist seit April 2021 als Zusatztherapie zur Behandlung von fokalen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen zugelassen, wenn eine Vorbehandlung mit mindestens zwei Antiepileptika keine ausreichende Anfallskontrolle zeigte.

Cenobamat zeichnet sich durch einen dualen Wirkmechanismus aus: Es ist ein positiver allosterischer Modulator von Subtypen des GABAa-Ionenkanals und führt zu einer verstärkten Hemmung von Natriumkanälen. Die Einnahme erfolgt 1 x täglich, und das Medikament wird über 10 Wochen langsam eindosiert. Die Erhaltungsdosis liegt bei 200 mg, die Maximaldosis bei 400 mg/Tag. Bei Patienten mit Nieren- oder Leberfunktionsstörungen ist Vorsicht geboten.

Zu den Nebenwirkungen zählen Somnolenz und eine mögliche Reduktion hormoneller Kontrazeptiva. Aufgrund der Möglichkeit eines Hypersensibilitätsyndroms (DRESS) ist eine langsame Aufdosierung erforderlich. Cenobamat sollte in der Schwangerschaft möglichst unterbleiben und in der Stillzeit nicht eingenommen werden. Wechselwirkungen sind mit Carbamazepin, Lamotrigin, Phenytoin und Phenobarbital beschrieben. Gelegentliche Kontrollen der Leberwerte und regelmäßige EKG-Kontrollen sind ratsam.

Cenobamat stellt eine interessante Therapieoption für Patienten mit fokaler Epilepsie dar, die auf andere Präparate nicht ausreichend ansprechen. Es besteht die Wahrscheinlichkeit einer deutlichen Reduktion der Anfallshäufigkeit und Anfallsfreiheit.

Oxcarbazepin (Trileptal®)

Mit Trileptal ® steht seit Februar vergangenen Jahres ein neues Antiepileptikum zur Verfügung. Das Medikament enthält den Wirkstoff Oxcarbazepin und ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen und Kindern mit fokalen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung. Trileptal ® kann sowohl in der Monotherapie als auch in der Kombination mit anderen Antiepileptika eingesetzt werden. Wie die umfangreichen Studiendaten belegen, eröffnet sich durch dieses Antiepileptikum auch für einige der bislang erfolglos vorbehandelten Menschen mit Epilepsie eine neue Chance auf Anfallsfreiheit.

Trileptal ® eignet sich für Menschen mit fokalen Anfällen und bietet eine Verbesserung der Behandlung. In klinischen Studien hat sich gezeigt, dass Menschen mit Epilepsie, die erfolglos mit Carbamazepin oder anderen Antiepileptika vorbehandelt waren, durch einen Wechsel auf Trileptal ® anfallsfrei werden können. Auch wenn sich unter einer Behandlung mit Carbamazepin die Anfälle bessern, jedoch Nebenwirkungen auftreten, so dass die Dosis nicht weiter erhöht werden kann, lohnt es sich, auf eine Behandlung mit Trileptal ® zu wechseln. Da dieses Antiepileptikum verträglicher ist als Carbamazepin, kann die Dosis weiter erhöht werden. Dadurch kann in einigen Fällen das Ziel der Anfallsfreiheit doch noch erreicht werden.

Bei Menschen mit Epilepsie, deren Anfälle durch Medikamente bereits gut beherrscht werden, kann ein Wechsel auf das neue Antiepileptikum ebenfalls Sinn machen. Denn neben der Wirksamkeit liegt der Vorteil von Trileptal ® insbesondere in der vergleichsweise guten Verträglichkeit. So ist Trileptal ® beispielsweise deutlich verträglicher, als das ältere Carbamazepin und es lässt sich auch einfacher anwenden. Nebenwirkungen, die dazu führen, dass die Behandlung abgebrochen wird, traten in den klinischen Studien unter Trileptal ® lediglich halb so häufig auf wie unter Carbamazepin. Auch im Vergleich zu anderen Antiepileptika wie Phenytoin erwies sich Trileptal ® als deutlich besser verträglich. Hohe Rate Anfallsfreiheit

Trileptal ® ist sehr wirksam. Dies zeigte sich in vielen klinischen Studien. So wurden unter der Behandlung mit diesem Antiepileptikum bis zu 60% der Menschen mit Epilepsie, bei denen die Erkrankung vor kurzem festgestellt wurde, von den Anfällen befreit. In anderen Studien wurde die Wirksamkeit bei denjenigen Epilepsie-Kranken geprüft, die schon seit langem erkrankt sind und bereits mit mehreren Medikamenten erfolglos vorbehandelt waren. Diese Menschen mit schwer behandelbarer Epilepsie werden meist mit mehreren Antiepileptika gleichzeitig behandelt. Deshalb wur- de in den klinischen Studien untersucht, welchen Erfolg es bringt, Trileptal ® zusätzlich zu den bestehenden Medikamenten einzunehmen. Da Menschen mit einer schwer zu behandelnden Epilepsie selten völlig anfallsfrei werden, wird in den Studien in der Regel geprüft, bei wieviel Patienten die Zahl der Anfälle unter der Behandlung mindestens um die Hälfte zurückgeht. Es zeigt sich, dass unter der zusätzlichen Behandlung mit Trileptal ® die Zahl der Anfälle bei bis zu 50% (2400 mg/Tag) aller Personen, die an dieser Studie teilgenommen hatten, halbiert wurde.

Trileptal ® eignet sich sowohl für noch nicht vorbehandelte Menschen mit Epilepsie, als auch für Menschen, die bereits mit mehreren Antiepileptika behandelt wurden, aber nicht anfallsfrei geworden sind. Es kann alleine angewendet, aber auch mit anderen Antiepileptika kombiniert werden. Die Trileptal ® -Tabletten werden zweimal täglich eingenommen, und die Dosierung liegt zwischen 600 und 2400 mg/ Tag. In Einzelfällen können auch höhere Dosierungen sinnvoll sein. Dabei sollte die Dosis in der Regel schrittweise erhöht werden, d. h. man fängt mit 300 - 600 mg/Tag an und nimmt pro Woche 300 mg/Tag bzw. 600 mg/Tag mehr ein. Bei einigen Menschen empfiehlt es sich allerdings, in der Dosierung von dieser Faustregel abzuweichen. So sollte bei älteren Menschen mit einer Nierenerkrankung die Dosis unter Umständen etwas langsamer gesteigert werden. Bei Kindern orientiert sich die Dosis immer am Körpergewicht und liegt anfänglich etwa bei 8 bis 10 mg/kg. Meist wird diese Dosis dann im Laufe der Zeit auf etwa 30 mg/ kg gesteigert.

Für Menschen mit Epilepsie, die neu auf ein Medikament eingestellt werden, bietet Trileptal ® den Vorteil, dass die Dosis vergleichsweise rasch erhöht werden kann und deshalb auch schnell die Wirkung einsetzt. Die Umstellung von einem anderen Antiepileptikum auf Trileptal ® ist problemlos, und erfolgt manchmal sogar von einem Tag auf den anderen. Dabei ist es von Vorteil, dass zwischen den anderen Antiepileptika und Trileptal ® kaum Wechselwirkungen auftreten, was die Anwendung vereinfacht. Auch wenn zugleich andere Medikamente eingenommen werden, die nicht der Behandlung der Epilepsie, sondern der Behandlung anderer Krankheiten dienen, verursacht Trileptal ® kaum Störungen. Dieses geringe Potential für Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten ist günstig für alle Menschen mit Epilepsie, die noch weitere Antiepileptika oder noch andere Medikamente einnehmen.

Bei dem neuen Antiepileptikum Trileptal ® sieht dies anders aus. Denn dieses Medikament ist zwar in Deutschland erst seit vergangenem Jahr zugelassen. Doch in einer Vielzahl anderer Länder wurde dieses Antiepileptikum bereits seit vielen Jahren erfolgreich zur Behandlung der Epilepsie eingesetzt. Deshalb liegen für Trileptal ® bereits reichhaltige Erfahrungen vor, die belegen, dass es sich um ein sehr sicheres und auch langfristig vergleichsweise gut verträgliches Medikament handelt. Zudem wurde Trileptal ® mehr als andere Antiepileptika in einer Vielzahl von klini- schen Studien geprüft.

Trileptal ® wurde in verschiedenen klinischen Studien untersucht, an denen fast 7000 Menschen mit Epilepsie teilnahmen. Darunter waren mehr als 1000 Kinder und etwa 400 ältere Menschen mit Epilepsie. Ein Teil dieser Men-schen wurde über mehr als vier Jahre unter Beobachtung durch einen Arzt mit Trileptal ® behandelt.

Die Wirksamkeit und Verträglichkeit dieses Antiepileptikums wurde zum einen im Vergleich zu einem Scheinmedikament (Placebo) sowie im Vergleich zu einer sehr niedrigen, unwirksamen Dosis geprüft. Zum anderen wurde die Wirkung und Verträglichkeit in mehreren Studien auch direkt mit anderen Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenytoin und Valproat verglichen.

Diese umfangreichen positiven Erfahrungen führten dazu, dass Trileptal ® anders als die meisten der neueren Antiepileptika nicht nur in der Kombination mit anderen Antiepileptika, sondern auch als alleiniges Medikament zur Behandlung einer Epilepsie (Monotherapie) eingesetzt werden kann. Ausserdem gehört Trileptal ® zu den wenigen der neueren Antiepileptika, das auch bei Kindern eingesetzt werden darf. Dieses Antiepileptikum ist zugelassen zur Behandlung von Kindern ab einem Alter von 6 Jahren.

Wie bei jedem wirksamen Medikament, können auch unter Trileptal ® Nebenwirkungen auftreten. Diese sind jedoch oft auf die Anfangsphase der Behandlung beschränkt und nur selten schwer ausgeprägt. Zu möglichen Nebenwirkungen zählen Kopfschmerz, Benommenheit, Doppeltsehen, Erbrechen, ein ungewöhnlicher Gang und Müdigkeit. Auch kann es unter einer Behandlung mit Trileptal ® zu einem Natriummangel des Blutserums kommen. Dieses als Hyponatriämie bezeichnete Phänomen tritt selten, lediglich in einer Häufigkeit von durchschnittlich weniger als drei von 100 mit Trileptal ® behandelten Menschen auf. In den meisten Fällen führt dies nicht zu Beschwerden. Bei Menschen, die aufgrund einer Nierenerkrankung besonders viel trinken müssen oder Menschen, die bestimmte Entwässerungstabletten einnehmen, sollte jedoch von Zeit zu Zeit der Natriumspiegel kontrolliert werden. Kommt es zu verstärkter Müdigkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen oder Muskelkrämpfen, könnte es sich um einen solchen Natriummangel handeln. Dann sollte man mit seinem Arzt sprechen und gegebenenfalls weniger trinken. Bei einigen Menschen wird dann die Dosis des Medikamentes vermindert oder die Einnahme des Medikamentes unterbrochen. Danach steigen die Natriumspiegel wieder auf das normale Niveau an.

Langzeitstudien und Prognose

Eine Längsschnittstudie untersuchte, ob neuere Antiepileptika die Prognose verbessern. 1 795 Epilepsiepatienten wurden zwischen 1982 und 2012 medikamentös behandelt und mindestens 2 Jahre nachbeobachtet. Im Studienzeitraum nahm die Verschreibung neuerer Antiepileptika zu. Die Anfallsfreiheitsrate war in den 3 untersuchten Zeiträumen vergleichbar bei 61-64%.

Zum Ende des Studienzeitraums waren 1 144 Patienten (63,7%) seit mindestens 1 Jahr anfallsfrei, darunter 993 (86,8 %) durch eine Monotherapie, 1 028 (89,9 %) hatten Anfallsfreiheit mit dem 1. oder 2. Antiepileptikum erreicht. Von der gesamten Studienpopulation blieben 906 Patienten (50,5 %) mit dem initial verschriebenen Antiepileptikum mindestens 1 Jahr anfallsfrei. Versagte es, brachten das 2. und 3. Antiepileptikum eine zusätzliche Chance auf Anfallsfreiheit von 11,6 und 4,4 %. Nur 2,12 % der Patienten erreichten mit weiteren Antiepileptika noch eine optimale Anfallskontrolle. Patienten, die nicht mit dem 1. Antiepileptikum Anfallsfreiheit erreichten, hatten mit jedem weiteren Medikament eine 1,73-mal höhere Wahrscheinlichkeit, unkontrolliert zu bleiben (Odds Ratio: 1,73; 95-%-Konfidenzintervall: 1,56; 1,91; p < 0,001).

Die Chance auf Anfallsfreiheit beträgt mit dem 1. Medikament etwa 50 % und sinkt dann kontinuierlich mit jedem weiteren. Etwa ein Drittel aller Patienten wird nicht anfallsfrei. Verträglichkeit und Wechselwirkungsprofil mancher neuer Medikamente seien im direkten Vergleich aber besser. Auch wenn die Chancen auf Anfallsfreiheit mit jedem weiteren eingesetzten Medikament sanken, wurden auch beim 6. Versuch immer noch 14 % der verbleibenden Population anfallsfrei. Deshalb sollte man nie einen Patienten aufgeben und sich über jedes neue Medikament freuen, das das Behandlungsspektrum erweitert.

Das AMNOG-Verfahren und seine Herausforderungen

Das AMNOG-Verfahren zur Bewertung des Zusatznutzens von Arzneimitteln kann in bestimmten Therapiesituationen an seine Grenzen stoßen. Ein Beispiel ist das Epilepsie-Medikament Epidyolex, dem zunächst ein beträchtlicher Zusatznutzen zugewiesen wurde, der später jedoch nicht mehr bestätigt wurde. Die Begründung war, dass die vorgelegten Daten keine Optimierung der antiepileptischen Behandlung vorsahen.

Obwohl das Medikament zugelassen ist und ein Nutzen amtlich beglaubigt ist, hat ein angeblich nicht belegter Zusatznutzen Folgen. Je geringer der anerkannte Zusatznutzen, desto schwerer der Stand des pharmazeutischen Unternehmers in den Verhandlungen des Erstattungspreises. Weitere mögliche Folgen sind, dass Ärzte es seltener einsetzen, die Forschungsanreize sinken und das Präparat vom Markt genommen wird.

Im AMNOG-Verfahren geht es um den Grad des Zusatznutzens gegenüber der festgelegten Vergleichstherapie. Das Verfahren kommt in besonderen Therapiesituationen wie diesen offenbar an seine Grenzen.

Gentherapie als Zukunftsperspektive

Am heutigen Tag der Epilepsie berichtet Prof. Dr. Regine Heilbronn, von EpiBlok Therapeutics GmbH, von einer neuen Gentherapie, bei der ein Adeno-assoziiertes Virus (AAV) das Gen für das Neuropeptid Dynorphin gezielt in Neurone der betroffenen Hirnregion bringt. Ziel ist eine langfristige Unterdrückung von Anfällen, indem die Nervenzellen Dynorphin auf Vorrat produzieren und bei Bedarf ausschütten.

Bei fokalen Epilepsien entstehen epileptische Anfälle immer wieder an ein und derselben Stelle im Gehirn. Bei der klinisch häufigsten Form, der sogenannten Schläfenlappenepilepsie, liegt der Fokus sehr oft im Hippocampus, wo Lernen, Gedächtnis und Emotionskontrolle gesteuert werden. Bereits zu Beginn der Erkrankung sprechen ca. ein Drittel der Patienten auf keine der verfügbaren Medikamentenklassen an. Außerdem versagen mit zunehmender Krankheitsdauer die verfügbaren Medikamente immer häufiger.

EpiBlok entwickelt einen Genvektor, der epileptische Anfälle am Ort der Entstehung verhindern kann. Die schonende Einmaltherapie wird nur zum Zeitpunkt der Anfallsentstehung aktiviert. Es handelt sich um einen AAV-basierten Genvektor, der schützende Neuropeptide fokal produziert und speichert. Diese werden nur bei starker Erregung freigesetzt, wie zu Beginn eines Anfalls.

Gefördert durch das GO-Bio-Förderprogramm validiert EpiBlok derzeit den Genvektor, um ihn als minimalinvasive Einmaltherapie klinisch zu prüfen und zulassungsfähig zu machen. Die Vision ist es, die heute üblichen Therapien von fokalen Epilepsien mit antiepileptischen Medikamenten mit starken Nebenwirkungen oder mittels invasiver Operationen in Zukunft durch eine lokale, minimal-invasive, und ‚on demand‘ erfolgende Therapie abzulösen.

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