Neue Hoffnung im Kampf gegen Alzheimer: Fortschritte und Herausforderungen

Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte erzielt, die zur Entwicklung neuer Medikamente geführt haben. Diese Fortschritte bieten Hoffnung für Patienten und ihre Familien, obwohl die Herausforderungen bei der Behandlung dieser komplexen Krankheit weiterhin bestehen.

Zulassung neuer Medikamente: Ein Hoffnungsschimmer

Nach einer langen Durststrecke von Fehlschlägen in der Alzheimer-Medikamentenentwicklung hat die EU-Kommission in den letzten Jahren zwei Antikörper-basierte Medikamente zugelassen: Lecanemab (zugelassen am 15. April 2025) und Donanemab (zugelassen am 25. September 2025). Diese Medikamente zielen darauf ab, das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit im Frühstadium zu verlangsamen. Lecanemab ist seit dem 1. September 2025 in Deutschland erhältlich.

Lecanemab (Leqembi): Ein Antikörper gegen Amyloid-Plaques

Lecanemab, vertrieben unter dem Handelsnamen Leqembi, ist ein Antikörper, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn erkennt und bindet. Durch diese Bindung wird das körpereigene Immunsystem aktiviert, das die Plaques abbaut bzw. die Bildung neuer Plaques verhindert. Die Zulassung von Lecanemab erfolgte nach einer komplexen Bewertung durch das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), die sogar eine dritte Entscheidung benötigte, um zusätzliche Sicherheitsdaten zu berücksichtigen.

Donanemab (Kisunla): Ein weiterer Hoffnungsträger

Donanemab ist ein weiterer Antikörper, der auf schädliche Proteinablagerungen im Gehirn, die sogenannten Amyloid-Plaques, abzielt. Der Wirkstoff erkennt eine besonders giftige Form des Peptids Amyloid-beta (Pyroglutamat-Amyloid-beta) und setzt eine Immunreaktion in Gang, die darauf abzielt, die Plaques zu entfernen. Im Juli 2025 erhielt Donanemab eine Zulassungsempfehlung der EMA, nachdem eine ursprüngliche negative Entscheidung vom 28. März 2025 überprüft wurde. Seit dem 25. September 2025 ist Kisunla für den EU-Markt zugelassen.

Klinische Studien und Studienergebnisse

Die Zulassung von Lecanemab basierte maßgeblich auf den Ergebnissen der Phase-3-Studie CLARITY AD, an der 1.795 Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter Alzheimer-Demenz teilnahmen. Die Studie zeigte, dass die Krankheit bei denjenigen, die Lecanemab erhielten, um 27 Prozent langsamer voranschritt als bei der Kontrollgruppe.

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Die TRAILBLAZER-ALZ-2 Studie zeigte, dass Donanemab die schädlichen Amyloid-Ablagerungen effektiv abbauen und den geistigen Abbau um 35 Prozent verlangsamen konnte.

Herausforderungen und Einschränkungen

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es wichtige Einschränkungen und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Lecanemab und Donanemab:

  • Zielgruppe: Die Medikamente sind nur fürPatientinnen und Patienten im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit geeignet, d.h. bei leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) oder beginnender Demenz.
  • Diagnostischer Aufwand: Um festzustellen, ob ein Patient für die Therapie geeignet ist, sind aufwendige Untersuchungen erforderlich, darunter die Untersuchung von Nervenwasser (Lumbalpunktion) oder Amyloid-PET-Scans, um die Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn nachzuweisen.
  • Genetische Voraussetzungen:Patientinnen und Patienten mit einer doppelten Kopie des ApoE4-Gens sind aufgrund eines erhöhten Risikos für Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Ein Gentest ist daher erforderlich.
  • Weitere Ausschlusskriterien: Patientinnen und Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen, sind ebenfalls von der Behandlung ausgeschlossen, da das Risiko für Hirnblutungen in Kombination mit dem Medikament steigt.
  • Nebenwirkungen: In Studien traten bei einem Teil der Teilnehmer Nebenwirkungen auf, darunter Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H). Diese waren in den meisten Fällen symptomlos, wurden aber engmaschig kontrolliert.
  • Kosten: Die Kosten für das Medikament und die erforderlichen Voruntersuchungen und Überwachungsmaßnahmen sind beträchtlich.

Bedeutung der Früherkennung

Die neuen Medikamente unterstreichen die Bedeutung der Früherkennung von Alzheimer. Da die Medikamente am wirksamsten sind, wenn sie im Frühstadium der Erkrankung eingesetzt werden, ist es entscheidend, dass Menschen mit ersten Anzeichen von Gedächtnis- oder Denkstörungen frühzeitig einen Arzt aufsuchen. Moderne bildgebende Verfahren ermöglichen es, die für Alzheimer charakteristischen Gehirnveränderungen (Beta-Amyloid und Tau-Fibrillen) bereits in einem frühen Stadium nachzuweisen.

Weitere Forschungsansätze

Neben den Antikörper-basierten Therapien werden derzeit zahlreiche weitere Ansatzpunkte für die Alzheimer-Therapie in klinischen Studien oder bei Tieren erprobt. Dazu gehören Medikamente, die auf das Tau-Protein abzielen, das ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielt, sowie Kombinationstherapien, die verschiedene Wirkstoffe kombinieren. Auch die präventiven Maßnahmen, wie die Reduktion von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Förderung eines gesunden Lebensstils, spielen eine wichtige Rolle bei der Verringerung des Alzheimer-Risikos.

Die Rolle der Nationalen Demenzstrategie

Die Nationale Demenzstrategie (NDS) benennt diverse Maßnahmen, die Diagnostik, Therapie und Versorgung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in allen Phasen der Erkrankung betreffen. Deren konsequente und verstärkte Umsetzung ist nun das Gebot der Stunde. Die Alzheimer-Gesellschaften in Deutschland setzen sich seit über 30 Jahren für einen ganzheitlichen Ansatz ein, der neben neuen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten die Bedeutung von Beratung, Begleitung und Selbsthilfe, nicht-medikamentösen Therapien sowie angemessener Pflege von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen während des gesamten Krankheitsprozesses einbezieht.

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