Die Neurochirurgische Klinik des Universitätsklinikums Erlangen zählt zu den größten und renommiertesten Einrichtungen ihrer Art in Deutschland. Sie deckt das gesamte Spektrum neurochirurgischer Erkrankungen ab, von Verletzungen und Entzündungen bis hin zu Tumoren und Missbildungen des Gehirns, des Rückenmarks, der Hirnhäute und der Wirbelsäule. Ein besonderer Fokus liegt auf der Entwicklung und Anwendung innovativer Bildgebungsverfahren und Therapieansätze, um die Patientenversorgung stetig zu verbessern.
Physio-metabolische Bildgebung und MR-Physik: Einblicke in die Tumor-Mikroumgebung
Die Arbeitsgruppe für physio-metabolische Bildgebung und MR-Physik widmet sich der Entwicklung, Evaluierung und Implementierung neuartiger Bildgebungsverfahren mittels Magnetresonanztomographie (MRT) sowie innovativer Softwarekonzepte zur Bildverarbeitung. Ziel ist es, die prä- und intraoperative Planung neurochirurgischer Eingriffe zu optimieren und das postoperative Monitoring zu personalisieren.
Durch die Kombination medizinischer Bilddaten mit physio-metabolischen Modellen auf Basis der physikalischen Prinzipien der MR-Bildgebung, können die Forscher einen detaillierten Einblick in die intratumorale Heterogenität der Pathophysiologie von Hirntumoren gewinnen. Diese Art der Bildgebung trägt wesentlich dazu bei, die komplexen Vorgänge in Hirntumoren während und nach therapeutischen Maßnahmen sichtbar und verständlich zu machen.
Die Rolle der Blutgefäße bei Hirntumoren
Blutgefäße spielen eine entscheidende Rolle in der Entwicklung bösartiger Tumore. Im frühen Stadium wachsen die meisten Läsionen avaskulär, bis ein Gleichgewicht zwischen Proliferation und Apoptose erreicht ist. Danach setzt meist die Neoangiogenese ein, also die Neubildung von Blutgefäßen. Der Grad der Vaskularisierung korreliert oft mit der Aggressivität des Tumors sowie einer schlechteren Prognose. Daher ist die Beurteilung der Architektur des Tumorgefäßbetts von hoher Relevanz für die klinische Beurteilung und Therapieplanung von Hirntumoren.
Neue Strategien zur Darstellung der Neovaskularisation
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten internationalen Forschungsprojekt unter der Leitung der Neurochirurgischen Klinik wurden neue Strategien der MRT-Bildgebung und Bildverarbeitung zur Darstellung der Neovaskularisation von Hirntumoren entwickelt. Es wurden neuartige Bewertungsstrategien von MR-Perfusionsdaten implementiert und neue MRI-Biomarker eingeführt, die detailliertere Einblicke in die Komplexität und Heterogenität vaskulärer Veränderungen bei Hirntumoren ermöglichen.
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Nachuntersuchungen bei Patienten mit rezidivierenden Glioblastomen während einer antiangiogenen Monotherapie (Bevacizumab) zeigten, dass die frühe Reaktion (nach einem Monat) auf Bevacizumab durch die Reduktion der kleineren Mikrovaskulatur (ca. 10 μm) dominiert wird. In der 3-Monats-Kontrolle zeigte sich bei den Tumoren zusätzlich eine Reduktion der größeren Mikrovaskulatur (> 20 μm).
Hypoxie und Energiestoffwechsel
Hypoxie, also eine Mangelsituation an Sauerstoff, ist ein bekannter Auslöser der Neovaskularisation. Es besteht eine enge Beziehung zwischen der Neubildung von Tumorvaskulatur, der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung und den Pfaden des Energiestoffwechsels (Warburg-Effekt). In einem Forschungsprojekt zur Korrelation von Sauerstoffmetabolismus und Neovaskularisation konnte gezeigt werden, dass die eingeführten Biomarker im Vergleich zu anderen bildgebenden Biomarkern am besten für die Differenzierung des IDH1-Genmutationsstatus bei anaplastischen Gliomen geeignet sind.
TME-Mapping: Die Lokalisierung hypoxischer und vaskulärer Nischen
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen, wurden die MRI-Biomarker-Informationen für den Sauerstoffmetabolismus und die Neovaskularisation mithilfe einer automatischen Klassifizierungsstrategie fusioniert, um die nichtinvasive Lokalisierung hypoxischer und vaskulärer Nischen innerhalb der heterogen strukturierten Tumor-Mikroumgebung (TME) zu ermöglichen. Dieser Ansatz, als TME-Mapping bezeichnet, offenbarte zwei unterschiedliche metabolische Phänotypen für Glioblastome. In Rezidiven von Gliomen wurde festgestellt, dass diese signifikant hypoxischer sind als noch unbehandelte Tumoren. Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass hypoxische Nischen für Therapieversagen und die Einleitung von Neovaskularisation verantwortlich sind.
Künstliche Intelligenz in der Neurobildgebung: Radiophysiomics
Die diagnostischen Verbesserungen durch innovative Bildgebungsmethoden führen zu einer zunehmenden Anzahl und Komplexität zusätzlicher Neurobildgebungsdaten. Für den physio-metabolischen Ansatz bedeutet dies, dass bei jeder MRT-Untersuchung eines Patienten zusätzlich zu den klinischen MRT-Daten sieben Biomarkerkarten erstellt werden. Eine zeitnahe Auswertung dieser komplexen Informationen durch einen Menschen ist im klinischen Alltag kaum möglich.
Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) wie Deep Learning (DL) und traditionelles maschinelles Lernen (ML) bieten neue Möglichkeiten zur Unterstützung von Medizinern. In aktuellen Studien wurden hochdimensionale Radiomics-Merkmale aus den physio-metabolischen MRT-Daten mit traditionellen ML- und DL-Methoden kombiniert, um die Nützlichkeit und Wirksamkeit von KI für die präoperative Klassifizierung unbehandelter Hirntumore in einem klinischen Umfeld zu untersuchen. Dieser Ansatz wird als „Radiophysiomics“ bezeichnet. Die Ergebnisse zeigten, dass die KI-basierte Radiophysiomics sowohl der menschlichen Beurteilung als auch der KI-basierten Klassifizierung von Hirntumoren mit konventionellen MRT-Daten überlegen war.
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Ein besonders relevantes Forschungsgebiet ist die KI-unterstützte Verbesserung der Diagnostik von Hirntumor-Rezidiven. Die Entwicklung eines KI-gestützten Behandlungsmonitors der nächsten Generation zur Ergebnisvorhersage auf der Grundlage serieller klinischer und physio-metabolischer Bildgebungsdaten ist das aktuelle Forschungsgebiet der AG physio-metabolische Bildgebung und MR-Physik.
Bildverarbeitung: Visualisierung komplexer Strukturen
Die Arbeitsgruppe Bildverarbeitung konzentriert sich auf die Entwicklung von Software-Konzepten und -Methoden zur Verbesserung der prä- und intraoperativen Planung neurochirurgischer Eingriffe. Auf Basis medizinischer Bilddaten werden wichtige Fragestellungen bearbeitet, um Strukturen wie Tumore, Gefäße oder Nerven voneinander zu separieren (Segmentierung), unterschiedliche Aufnahmen wie Angiographie, CT oder MRT miteinander zu verbinden (Registrierung) und die Ergebnisse anschaulich mit 2D- und 3D-Repräsentationen darzustellen (Visualisierung). Die Bildverarbeitung leistet einen wichtigen Beitrag, um die mit Verfahren der Bildgebung messbaren Informationen auf anschauliche Weise zugänglich zu machen und klinische Anwendungen wie Diagnose, Behandlungsplanung und medizinische Ausbildung zu unterstützen.
3D-Visualisierung neurovaskulärer Kompressions-Syndrome
Ein Schwerpunkt der Arbeitsgruppe liegt in der detaillierten und genauen 3D-Visualisierung komplexer Nerven-Gefäß-Beziehungen in der hinteren Schädelgrube an der Oberfläche des Hirnstamms. Dies ist von großer Bedeutung für die Beurteilung neurovaskulärer Kompressions-Syndrome wie Trigeminusneuralgie, Spasmus hemifacialis und Glossopharyngeusneuralgie. Eine hierfür entwickelte Methode der Bildverarbeitung und 3D-Visualisierung hat sich als leistungsstarkes Werkzeug zur Analyse neurovaskulärer Zusammenhänge erwiesen.
Um insbesondere bei höheren Feldstärken Artefakte der MR-Bildgebung zu überwinden, die die Qualität der 3D-Darstellung erheblich einschränken können, wurde ein effizienter und robuster Ansatz basierend auf vorausgehender Registrierung und Fusion hochauflösender MR-Daten entwickelt, der den etablierten Ansatz zur 3D-Visualisierung weiter verbessert. Dies macht die Erkennung und die Analyse neurovaskulärer Kompression-Syndrome präziser und unterstützt effektiv die mikrovaskuläre Dekompression.
Eine weitere Fragestellung der Arbeitsgruppe war eine vergleichende Analyse der 3D-Visualisierung neurovaskulärer Kompressions-Syndrome abhängig davon, ob die verwendeten MR-Daten bei 1,5 Tesla oder bei 3,0 Tesla gemessen wurden. Für beide Feldstärken wurden die Unterschiede der 3D-Visualisierung vor und nach Anwendung der Fusion-Methode hinsichtlich der Genauigkeit bei der Wiedergabe neurovaskulärer Details sowie der Kompensation von Bildartefakten untersucht.
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Auszeichnungen und Expertise
Die hohe Expertise der Neurochirurgischen Klinik Erlangen wird auch überregional anerkannt. So wurden beispielsweise drei Experten des Universitätsklinikums Erlangen, darunter Prof. Dr. Michael Buchfelder, Direktor der Neurochirurgischen Klinik, von der Zeitschrift „Guter Rat“ als Deutschlands beste Ärzte für ausgewählte Fachbereiche ausgezeichnet.
Neuroonkologie: Ein besonderer Schwerpunkt
Ein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt von Prof. Dr. Oliver Schnell, dem Direktor der Neurochirurgischen Klinik, ist die Neuroonkologie. Diese befasst sich mit der Diagnostik und Behandlung von Hirn- und Rückenmarkstumoren, einschließlich Tumoren im Gehirn und am Schädelknochen sowie Hirnmetastasen. Prof. Schnell möchte eine noch stärkere Anlaufstelle für neuroonkologische Patientinnen und Patienten schaffen und misst dabei auch der Versorgung von Kindern und Jugendlichen einen hohen Stellenwert bei.
Innovationen in der operativen Therapie
Ein Verfahren, das Prof. Schnell am Uniklinikum Erlangen neu einführen möchte, ist die fluoreszenzgestützte Tumorresektion, insbesondere die 5-ALA-Fluoreszenz-Methode. Dabei reichert sich ein vor der Operation getrunkenes Farbstoff-Wasser-Gemisch in den Tumorzellen an und lässt diese unter dem OP-Mikroskop rot-violett leuchten, wodurch sie für den Operateur besser sichtbar und von gesundem Gewebe zu unterscheiden sind.
Die intraoperative Kernspintomografie (MRT), die am Uniklinikum Erlangen bereits bei Tumoren des Gehirns und der Schädelbasis eingesetzt wird, soll durch den intraoperativen Ultraschall ergänzt werden. Generell wird es künftig minimalinvasiver operiert: Die Schnitte werden kleiner, die Eingriffe gezielter. Dazu gehören auch der Ausbau der endoskopischen Schädelbasischirurgie und die technische Weiterentwicklung von Wirbelsäuleneingriffen. Unterstützt wird das Team dabei von modernster Bildgebungs- und OP-Technik, wie Neuronavigation und intraoperativem Neuromonitoring zur Überwachung von Nervenfunktionen. Langfristig möchte Prof. Schnell auch Wachoperationen am Gehirn einführen, bei denen die Patienten ansprechbar bleiben.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Tumorboard
Neben der Behandlung lebensbedrohlicher Krebsarten ist in Erlangen die neurochirurgische Versorgung von Hypophysentumoren und Epilepsie etabliert. Prof. Schnell betont den großen Vorteil des Uniklinikums Erlangen in seiner Interdisziplinarität: „Wir haben hier neben der Neurochirurgie auch alle anderen Fachgebiete unter einem Dach - darunter Neurologie, Neuroradiologie, Neuropathologie und Strahlentherapie. Wir können unsere Patientinnen und Patienten also von der Diagnostik und Therapie bis hin zur Nachsorge beraten und lotsen, sodass sie keine wichtigen Termine verpassen und immer wissen, was wann, wo und warum mit ihnen passiert.“
Die Basis aller Therapieentscheidungen bildet das Tumorboard, in dem sich Experten verschiedener Fachrichtungen treffen und die weiteren Schritte besprechen. „Dank dieser engen Kooperation können wir Betroffenen die bestmögliche Behandlung aus einer Hand bieten“, so Prof. Schnell.
Translationale Neurochirurgie
Prof. Schnell betont, dass sein Bestreben immer war, Grundlagenwissenschaft schnell in die klinische Anwendung zu bringen und die Erkrankten früh davon profitieren zu lassen. Aus diesem Grund wurde eine neue Professur für Translationale Neurochirurgie eingerichtet, um diese Translation in Erlangen zu stärken. Dies ermöglicht es, Patientinnen und Patienten besonders früh in klinische Studien aufzunehmen und ihnen so Zugang zu neuen Therapien zu ermöglichen.
Epilepsiechirurgie: Interdisziplinäre Versorgung auf höchstem Niveau
In Deutschland leiden ca. 600.000 Menschen unter einer Epilepsie. Etwa 65 % der Patienten sind medikamentös behandelbar, während bei 35 % trotz optimaler Medikamenteneinstellung weiterhin epileptische Anfälle auftreten. Einem Teil dieser Patienten mit therapieresistenter Epilepsie kann durch einen epilepsiechirurgischen Eingriff geholfen werden.
Prächirurgische Diagnostik und interdisziplinäre Fallkonferenzen
Voraussetzung für einen erfolgreichen epilepsiechirurgischen Eingriff ist eine genaue prächirurgische Diagnostik, um die Gehirnregion, von der die epileptischen Anfälle ausgehen, zu identifizieren und mögliche Veränderungen des Gehirns wie Narben oder Tumorgewebe zu erkennen. Die interdisziplinäre Erlanger Arbeitsgruppe Epilepsiechirurgie erhielt bereits 1993 die behördliche Anerkennung als Zentrum der höchsten Stufe (Grad IV) zur Versorgung von Patienten mit schwer behandelbarem Anfallsleiden (Epilepsiezentrum).
Nach den präoperativen Untersuchungen im Epilepsiezentrum wird für jeden Patienten in regelmäßigen Abständen in interdisziplinären Fallkonferenzen ("Epilepsiekonferenz") ein individueller Behandlungsplan erstellt. Diese enge Zusammenarbeit von Neurologen, Psychologen, Neuroradiologen, Neuropädiatern und Neurochirurgen ermöglicht eine fundierte Entscheidung für oder gegen eine Operation. In der Neurochirurgischen Klinik ist eigens zu diesem Zweck eine Epilepsiechirurgische Sprechstunde eingerichtet worden.
Operative Verfahren und moderne Technik
Neben der Phase-II-Diagnostik mit Implantation von subduralen Elektroden oder Tiefenelektroden zur genaueren Lokalisation des Anfallsfokus und weiteren Operationsplanung werden alle gängigen epilepsiechirurgischen Verfahren durchgeführt, wie beispielsweise die mikrochirurgische Entfernung anfallsauslösender Hirnareale, eine genau definierte Durchtrennung von Ausbreitungsbahnen der Anfälle oder die Implantation eines Nervenstimulators (Vagusnervstimulator, VNS).
Ergänzende Verfahren wie die Durchführung eines Hirnoberflächen-EEGs während der Operation (intraoperative Ableitung mittels Elektrokortikographie), die Darstellung des Anfallsfokus durch die Magnetenzephalographie (MEG) oder durch FET-PET/SPECT-Untersuchungen (Nuklearmedizin) sowie die dreidimensionale Visualisierung der Ableitungselektroden und funktionellen Hirnarealen (z.B. Sprachzentrum, Sehbahn) ermöglichen ein sehr hohes Maß an Präzision und Sicherheit für den Patienten.
Forschungsschwerpunkte
Die Arbeitsgruppe Epilepsiechirurgie der Neurochirurgischen Klinik arbeitet eng mit dem Epilepsiezentrum der Neurologischen Klinik, der Neuroradiologischen Abteilung sowie der Neuropädiatrie der Kinderklinik des Universitätsklinikums Erlangen zusammen. Forschungsschwerpunkte sind unter anderem elektrophysiologische und molekularbiologische Untersuchungen an reseziertem epileptogenen Hirngewebe zur Ursachenforschung der Anfallsleiden, die Anwendung der intraoperativen MRT-Bildgebung und Neuronavigation bei epilespiechirurgischen Eingriffen. Insbesondere die Zusammenführung von funktionellen Daten, 3D-Modellen der Anfallszone und die Auswirkungen von Operationen im Bereich der Gedächtnis- und Sprachfunktionen sind von besonderem Interesse. Des Weiteren erfolgen in enger Kooperation mit dem Lehrstuhl für Neuropathologie Untersuchungen zu morphologischen Besonderheiten anfallsauslösender Gehirnareale. Die Teilnahme an internationalen Studien ermöglicht die Prüfung neuerer, nicht-resezierender operativer Verfahren zur Behandlung pharmakoresistenter Epilepsien.
Intraoperatives Neuromonitoring: Schutz neurologischer Funktionen
Während neurochirurgischer Eingriffe ist der Schutz neurologischer Funktionen von höchster Bedeutung. Die Arbeitsgruppe für intraoperatives Neuromonitoring setzt verschiedene Techniken ein, um die Funktion von Nerven und Hirnarealen während der Operation zu überwachen und frühzeitig auf mögliche Schädigungen zu reagieren.
Akustisch evozierte Potentiale (AEP)
Akustisch evozierte Potentiale (AEP) werden zur Überwachung des N. cochlearis eingesetzt, um die Hörfunktion zu schützen. Während des Eingriffs werden über Kopfhörer Klicktöne abgespielt, deren Verarbeitung durch den Nerv und Hirnstamm über wenige EEG-Elektroden beobachtet werden kann. Veränderungen der gemessenen Antwort, wie z.B. Amplitudenabnahmen und Latenzverzögerungen, weisen auf eine drohende Nervenschädigung hin, der postoperativ eine Höreinschränkung folgen kann.
Somatosensorisch evozierte Potentiale (SEP)
Somatosensorisch evozierte Potentiale (SEP) werden bei Tumor- oder vaskulären Operationen zur Überwachung der kortikalen sensorischen Funktionen eingesetzt, routinemäßig und auch in Ergänzung zu einem neuen Laser-Doppler-System zur intraoperativen Analyse der Hirnperfusion bei neuen klinischen Studien.
Radiochirurgie und stereotaktische Radiotherapie: Nicht-invasive Behandlungsoptionen
Mit der Inbetriebnahme des NOVALIS-Gerätes verfügt das Universitätsklinikum über einen Linearbeschleuniger für Radiochirurgie und stereotaktische Radiotherapie. Dieses Verfahren wird zur Behandlung von inoperablen oder nur mit hohem Risiko zu operierenden Hirntumoren oder Gefäßmissbildungen eingesetzt, sowie als adjuvante Therapie nach Operation zur Behandlung von Tumorrezidiven oder Tumorresten, z.T. in Kombination mit Chemotherapie zum Beispiel bei Hirnmetastasen. Eine Behandlung ist möglich bei Gefäßmissbildungen, Gliomen, Metastasen, Hypophysenadenomen und Kraniopharyngeomen, Tumoren der Schädelbasis sowie Akustikusneurinomen und Meningeomen.
Planung und Durchführung
Zur Planung des Bestrahlungsfeldes und zur exakten Berechnung der Strahlendosis werden zunächst MRT-Aufnahmen angefertigt. Dann erfolgt bei radiochirurgischen Behandlungen am Behandlungstag die Fixierung eines stereotaktischen Rahmens am Kopf des Patienten in Lokalanästhesie, bei stereotaktisch fraktionierten Behandlungen die Anpassung einer Maske, womit weitere stereotaktische Planungsaufnahmen mit Lokalisationsbox (CCT oder Angiographie bei Gefäßmissbildungen) angefertigt werden. Nach Fusion dieser Aufnahmen mit den vorgeplanten MRT-Bildern wird der endgültige Bestrahlungsplan festgelegt. Dann erfolgt die Fixierung des Patienten mit Rahmen oder Maske am Patiententisch im Behandlungsraum und die Applikation der gesamten berechneten Dosis nach dem Bestrahlungsplan entweder in einer oder mehreren Sitzungen. Dabei wird aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Richtungen bestrahlt, wobei das System den Strahl kontinuierlich der Konfiguration z.B. des Tumors anpasst. Damit wird eine maximale Schonung des umgebenden Hirngewebes und strahlenempfindlicher Strukturen und die zielgenaue Applikation der Strahlung auf z. B. den Tumor erreicht.
Radiochirurgische Behandlung der Trigeminusneuralgie
Seit 2012 werden in interdisziplinärer Zusammenarbeit der Neurochirurgischen Klinik und der Strahlenklinik radiochirurgische Behandlungen des N. trigeminus bei Patienten mit Trigeminusneuralgie durchgeführt. Damit kann über die Operation hinaus in vielen Fällen bei Patienten mit anderweitig nicht behandelbarer Neuralgie ein bemerkenswerter Therapieerfolg im Sinne einer Schmerzreduktion oder sogar Schmerzfreiheit erzielt werden.
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