Neurochirurgie HWS Spezialisten: Ein umfassender Überblick

Beschwerden an der Wirbelsäule, insbesondere im Bereich der Halswirbelsäule (HWS), können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über neurochirurgische Spezialisten und moderne Behandlungsmöglichkeiten im Bereich der HWS-Chirurgie.

Ursachen und Erkrankungen der Halswirbelsäule

Erkrankungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule können vielfältige Ursachen haben. Zu den häufigsten degenerativen Erkrankungen zählen:

  • Bandscheibenleiden: Hierzu gehören Bandscheibenvorfälle, bei denen der Gallertkern der Bandscheibe austritt und auf Nervenstrukturen drückt.
  • Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Spinalkanals, die zu einer Kompression des Rückenmarks und der Nervenwurzeln führt. Eine Spinalkanalstenose der Halswirbelsäule (HWS) ist eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal), durch die Rückenmark, Nerven und Blutgefäße abgedrückt werden können. Sie ist in seltenen Fällen angeboren, entwickelt sich jedoch meist im Laufe des Lebens aufgrund altersbedingter (degenerativer) Abnutzung der Gelenke, Bänder und Bandscheiben.
  • Wirbelgleiten (Spondylolisthesis): Hierbei verschiebt sich ein Wirbelkörper gegenüber dem darunterliegenden.
  • Sonstige Verschleißerkrankungen: Dazu gehören Osteochondrose, Facettengelenksarthrose, altersbedingte Deformitäten, OPLL (Ossifikation des hinteren Längsbandes), FISH (Fluoridinduzierte Hyperostose des Skeletts) und Morbus Forestier.

Neben degenerativen Erkrankungen können auch Tumore, Entzündungen, Gefäßmissbildungen, Verletzungen und Anlagestörungen der Wirbelsäule zu Beschwerden führen.

  • Tumorerkrankungen: Tumore können direkt in der Wirbelsäule, dem Rückenmark oder den Hüllstrukturen entstehen oder als Metastasen von anderen Tumoren auftreten.
  • Entzündliche Erkrankungen: Durch Erreger bedingte Entzündungen können die Bandscheibe (Diszitis), den Wirbelkörper (Spondylitis) oder den Spinalkanal befallen. Auch rheumatische Erkrankungen wie Morbus Bechterew können die Wirbelsäule betreffen.
  • Gefäßmissbildungen: Durale arterio-venöse Fisteln, arterio-venöse Malformationen und Kavernome können ebenfalls Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule verursachen.
  • Verletzungen: Gewalteinwirkungen können zu Brüchen und Verletzungen der Wirbelsäule führen, insbesondere bei Patienten mit Osteoporose.
  • Anlagestörungen: Bogenschlussstörungen und das Klippel-Feil-Syndrom können ebenfalls zu chronischen Beschwerden führen.

Symptome und Diagnose

Eine Spinalkanalstenose der Halswirbelsäule kann zu Missempfindungen in den Händen und Störungen der Feinmotorik sowie zu Gangunsicherheit führen und alltägliche Tätigkeiten enorm erschweren. Im fortgeschrittenen Stadium können Lähmungserscheinungen aufgrund geschädigter Nerven auftreten.

Die Diagnose von Wirbelsäulenerkrankungen erfordert in der Regel eine umfassende Untersuchung, einschließlich Anamnese, körperlicher Untersuchung und bildgebender Verfahren wie Röntgen, CT und MRT. In einigen Fällen sind auch spezielle Untersuchungen wie Angiographie erforderlich.

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Konservative Behandlungsmethoden

Über 90 Prozent aller Rückenschmerzen können erfolgreich konservativ behandelt werden. Für die Therapie der Spinalkanalstenose der Halswirbelsäule stehen je nach Ausprägung der Erkrankung verschiedene konservative Behandlungsmethoden zur Verfügung. Ist die Wirbelkanalverengung nur gering ausgeprägt, können wir Schmerzen und Gefühlsstörungen medikamentös behandeln. Bei stärker ausgeprägten Symptomen kann eine Injektionstherapie sinnvoll sein. Dabei verabreichen wir Ihnen über eine Spritze und unter Röntgenkontrolle schmerzstillende, entzündungshemmende, lokal betäubende oder abschwellende Präparate in den Wirbelkanal (Epiduralraumtherapie) oder an eine Nervenwurzel (periradikuläre Therapie, PRT). Physiotherapie und gezielte Übungen helfen, Ihre Rückenmuskulatur zu kräftigen und zu stabilisieren. Im Rahmen der multimodalen Schmerztherapie setzen unsere interdisziplinären Expertenteams alles daran, Ihre Schmerzen zu lindern und Ihre Lebensqualität zu verbessern.

Zu den konservativen Therapieverfahren zählen unter anderem:

  • Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Stärkung der Muskulatur und Verbesserung der Beweglichkeit.
  • Rückenschule: Erlernen von rückengerechtem Verhalten im Alltag.
  • Manuelle Therapie und Osteopathie: Behandlung von Funktionsstörungen des Bewegungsapparates.
  • Massage: Lockerung der Muskulatur und Schmerzlinderung.
  • Wasserbewegungsbäder: Entlastung der Wirbelsäule und Förderung der Durchblutung.
  • Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente und Muskelrelaxantien.
  • Nervenblockaden: Injektion von Lokalanästhetika und Kortikosteroiden zur Schmerzlinderung. Hierbei führen wir folgende Nervenblockaden durch: Facettengelenksinfiltartion, Periradikuläre Therapie (PRT), ISG-Infiltration.
  • Kryotherapie und Thermokoagulation: Lokale Zerstörung von Nerven zur langfristigen Schmerzlinderung.

Operative Behandlungsmethoden

Führen die konservativen Maßnahmen zu keiner Besserung bzw. bei anhaltenden Schmerzzuständen über mehrere Wochen bis zu zwei Monaten oder akuten Lähmungserscheinungen sollte eine Operation erfolgen. Bei akuten Einklemmungen geschieht dies sofort, jedoch sollte auch bei langanhaltenden Schmerzen nicht länger als nötig gewartet werden, um eine Chronifizierung zu vermeiden. Dabei ist das Ziel die Druckentlastung der Nerven und eine Stabilisierung der Wirbelsäule, um Schmerzfreiheit zu erreichen.

Ist eine Operation erforderlich, stehen moderne, risikoarme Operationsmethoden zur Verfügung. Unsere OP-Säle entsprechen den neuesten medizintechnischen Standards.

Es gibt verschiedene Herangehensweisen an die Operation der Halswirbelsäule. Sie können offen-chirurgisch mittels eines etwa 3-4cm langen Hautschnittes erfolgen, jedoch auch minimalinvasiv durchgeführt werden, um auf mikrochirurgische Art die vorgefallene Bandscheibe zu entfernen.

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Bei der offenen Variante können zwei verschiedene Zugänge gewählt werden, der Zugang von vorne oder der Zugang vom Nacken. Dies wird je nach Lage des Bandscheibenvorfalls entschieden, das heißt je nachdem ob die Bandscheibe nach vorne oder nach hinten prolabiert ist. Nach Entfernung der Bandscheibe kann eine Bandscheibenprothese oder ein Implantat eingesetzt werden. Falls dies nicht möglich ist, können die beiden Wirbelkörper durch eine sogenannte Spondylodese miteinander versteift werden. Die Eingriffe erfolgen im stationären Setting unter Vollnarkose und dauern etwa eine bis anderthalb Stunden.

Je nach vorliegender Grunderkrankung wird die Wirbelsäule von vorne oder/und hinten versorgt. Hierbei wird die Wirbelsäule (HWS, BWS, LWS) z. B. versteift, ein Wirbelkörper ersetzt, der Spinalkanal freigelegt, Tumoren entfernt oder - im Falle einer erheblichen Verletzung - die ursprüngliche Form wieder hergestellt.

Zu den operativen Verfahren gehören:

  • Mikrochirurgische Verfahren: Eingriffe, die mit Hilfe eines Operationsmikroskops durchgeführt werden, um die Sicht zu verbessern und das operative Risiko zu senken. Standardmäßig kommt das Operationsmikroskop bei Eingriffen bei lumbalen, thorakalen oder zervikalen Bandscheibenvorfällen oder Spinalkanaleinengungen aber auch bei Tumoroperationen zum Einsatz.
  • Minimal-invasive Operationen: Spezielle Techniken, die dazu dienen, die Gewebeschichten bis zur Wirbelsäule zu schonen und Blutungen zu reduzieren. Zu den minimal-invasiven Verfahren in der Wirbelsäulenchirurgie gehören auch die Nervenblockaden durch Facettengelenksinfiltration, Periradikuläre Therapie (PRT), Kryotherapie und Thermokoagulation der Nerven und das Verfahren der Vertebroplastie und Kyphoplastie.
  • Offene Operationen: Hierbei wird die Wirbelsäule von vorne oder hinten versorgt, z. B. durch Versteifung, Wirbelkörperersatz oder Spinalkanalerweiterung.
  • Endoskopische Operationsverfahren: Über einen Führungsdraht wird eine starre Arbeitshülse in den Spinalkanal vorgeschoben, um den Bandscheibenvorfall zu entfernen.
  • Implantation von Rückenmarkstimulatoren (SCS) und Medikamentenpumpen: Zur Schmerztherapie bei chronischen Schmerzen.

Risiken und Komplikationen

Wie jede Operation bringt der Eingriff an der Halswirbelsäule übliche Operationsrisiken mit sich. Dazu zählen Entzündungen, Wundinfektionen, Nachblutungen und die Verletzung von umliegenden Strukturen. Beim vorderen Zugang müssen dabei besonders die großen Halsgefäße, die Luftröhre und die Speiseröhre geschont werden. Verletzungen dieser Strukturen treten jedoch selten auf. Es kann zu Heiserkeit und Schluckstörungen kommen, die sich jedoch in der Regel zurückentwickeln.

Beim hinteren Zugang können nach der Operation Verspannungen der Nackenmuskulatur auftreten. Über eine mögliche Verletzung des Rückenmarks müssen die Patienten vor der Operation aufgeklärt werden, dies geschieht jedoch äußerst selten.

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Nachsorge und Rehabilitation

Nach dem Eingriff verbringen die Patienten etwa eine Woche im Krankenhaus, danach erfolgt eine rehabilitative Anschlussbehandlung, die ambulant oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung erfolgen kann. Der Heilungsprozess kann einige Wochen in Anspruch nehmen, die Patienten sollten sich dabei anfangs noch schonen, um die Heilungsfortschritte nicht zu verlangsamen.

Nach den ersten Wochen körperlicher Schonung mit leichten Bewegungen kann ein langsamer Muskelaufbau mit Physiotherapie erfolgen. In dieser Zeit wird eine mäßige aber kontinuierliche Belastung empfohlen.

Langfristig sollten die Patienten sich ausreichend bewegen und moderaten Sport betreiben, um die Rücken- und Nackenmuskulatur zu stärken. Auch ein rückenschonendes Verhalten sollte beachtet werden, um einem erneuten Bandscheibenvorfall vorzubeugen.

Spezialisten und Zentren für HWS-Chirurgie

Die Operation an der Halswirbelsäule wird von ausgebildeten Neurochirurgen durchgeführt und erfolgt in einer Klinik für Neurochirurgie. Auch Orthopäden, die sich auf Wirbelsäulenchirurgie spezialisiert haben, sind können den Eingriff sicher durchführen. Rehabilitationseinrichtungen für die Anschlussbehandlung sind in der Regel auch auf die Rehabilitation von Wirbelsäulenerkrankungen spezialisiert.

Die Charité - Universitätsmedizin Berlin vereint als einzige Einrichtung in Deutschland gleich drei Level-1-Zertifikate der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG) zu einem Charité-weiten Wirbelsäulenzentrum und deckt damit das gesamte Spektrum der Diagnostik und Therapie von Wirbelsäulenerkrankungen auf höchstem Niveau ab.

Als einziges auf europäischer Ebene (Eurospine) zertifiziertes Wirbelsäulenzentrum der Region, ist die Neurochirurgische Universitätsklinik Heidelberg eines der führenden Zentren für die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen in Deutschland und Europa. Als zertifiziertes Wirbelsäulenzentrum der EUROSPINE und der AO Spine, mit zusätzlichem Individualzertifikat für konservative Wirbelsäulentherapie der DWG, bieten wir das gesamte Spektrum der modernen Wirbelsäulenmedizin - von nicht-operativen Verfahren bis hin zu hochspezialisierten, komplexen chirurgischen Eingriffen. Neben der Sektion Wirbelsäulenchirurgie verfügt unser Zentrum ebenfalls über die Sektion für Operative Schmerztherapie, welche eng mit dem Schmerzzentrum des UKHD zusammenarbeitet.

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