Die Neurochirurgie in Innsbruck hat sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt und sich sowohl in der Patientenversorgung als auch in der Forschung international einen Namen gemacht. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Neurochirurgie in Innsbruck, von den Schwerpunkten der Klinik über innovative Operationstechniken bis hin zur Ausbildung junger Mediziner.
Spezialisierung und Schwerpunkte der Universitätsklinik für Neurochirurgie Innsbruck
Die Universitätsklinik für Neurochirurgie Innsbruck unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Claudius Thomé hat sich auf verschiedene Bereiche spezialisiert. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Neuroonkologie und neuroonkologischen Chirurgie, insbesondere auf der Entfernung von Tumoren in eloquenten Regionen des Gehirns. Eloquente Regionen sind solche, die exklusiv eine Funktion des Gehirns tragen, beispielsweise Sprache, Bewegung oder räumliche Koordination.
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Wirbelsäulenchirurgie, die in den letzten Jahren immer schonender und effektiver geworden ist. Es wird zunehmend Wert auf den Erhalt der anatomischen Strukturen gelegt, etwa in der Bandscheibe oder auch bei der Muskulatur, die die Wirbelsäule umgibt.
Innovative Operationstechniken in der Wirbelsäulenchirurgie
Die Wirbelsäulenchirurgie hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, insbesondere im Bereich der minimal-invasiven Techniken. Unter dem Stichwort Minimal Access Spine Technology (MAST) wird die Zielregion meist über Trokarsysteme (Punktionsinstrumente, die den Zugang ermöglichen und offenhalten) schonend erreicht. Derartige Eingriffe sind dadurch mit deutlich weniger Komplikationen verbunden als früher und haben ihren Schrecken verloren. In Kombination mit der fortwährenden Verbesserung der Narkosetechniken sind so Eingriffe bis ins hohe Alter möglich. Dies wird der demografischen Entwicklung und den zunehmenden Ansprüchen der älteren Patienten in Bezug auf Lebensqualität und Mobilität gerecht.
Entscheidend für die Etablierung der schonenderen Operationstechniken war und ist der technische Fortschritt im Operationssaal. Operationsmikroskope oder kameragestützte Visualisierung erlauben eine anhaltende Verkleinerung des operativen Zugangs bei immer besserer Detaildarstellung des Operationsgebietes. Die spinale Navigation ermöglicht die computerunterstützte Einbringung von Implantaten mit hoher Präzision. Mithilfe der intraoperativen Bildgebung kann das Operationsergebnis noch am „offenen“ Patienten überprüft werden. Dies verbessert das Operationsergebnis und verhindert Reoperationen. Schrauben und andere Implantate werden technisch weiterentwickelt und können minimal-invasiv eingebracht werden. All diese Faktoren münden letztendlich in bessere Behandlungsresultate.
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Bedeutung der Weiterbildung für Operateure
Der technische Fortschritt in der Wirbelsäulenchirurgie setzt voraus, dass Operateure sich entsprechend weiterbilden und die erforderlichen Kompetenzen erwerben, um mit diesen Entwicklungen Schritt halten zu können. Univ.-Prof. Dr. Michael Ogon vom Orthopädischen Spital Speising in Wien betonte anlässlich der „Summer University“ in Wien, dass aufgrund neuer Erkenntnisse, neuer Operationstechniken und des technologischen Fortschrittes die spezialisierte Ausbildung in der Wirbelsäulenchirurgie immer wichtiger wird.
Die Zukunft der Wirbelsäulenbehandlung: Regenerative Therapiestrategien
Die Zukunft der Wirbelsäulenbehandlung liegt in den Augen von Univ.-Prof. Dr. Claudius Thomé in regenerativen Therapiestrategien. Ziel muss es sein, die natürliche Abnutzung der Bandscheiben beziehungsweise der gesamten Wirbelsäule zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen. Molekularbiologische Erkenntnisse beispielsweise zu Stammzellen und Wachstumsfaktoren werden uns in der Zukunft erlauben, die Alterungsprozesse zu beeinflussen. In einer aktuellen klinischen Studie an der Medizinischen Universität Innsbruck werden derzeit Bandscheibenzellen aus Bandscheibenvorfällen gezüchtet und den Patienten nach drei Monaten wieder eingespritzt. Erste Ergebnisse sind in ein bis zwei Jahren zu erwarten.
Ergonomische Vorteile des RoboticScope in der Neurochirurgie
In der Neurochirurgie sind herkömmliche Operationsmikroskope mit ergonomischen Herausforderungen verbunden, welche die Haltung der Chirurg:innen beeinträchtigen und potenziell zu muskuloskelettalen Störungen führen können. Eine kürzlich vom Team der Universitätsklinik für Neurochirurgie Innsbruck durchgeführte Studie untersucht die Verwendung des RoboticScope mit seinem Head-Mounted Display für die Wirbelsäulenchirurgie. Mit dem RoboticScope können Chirurg:innen in ihrer bevorzugten Arbeitsposition arbeiten und gleichzeitig das Operationsfeld im Blick behalten.
An der Studie nahmen 21 Neurochirurg:innen teil, die noch nie zuvor mit dem RoboticScope gearbeitet haben. Nach einer standardisierten Schulung führten die Teilnehmer:innen eine einstufige thorakolumbale Dekompression an menschlichen Kadavern mit dem RoboticScope durch. Obwohl bei der Hälfte der Teilnehmenden eine technische Unterstützung während des Versuchs notwendig wurde, war das Feedback der Erstanwender:innen in höchstem Ausmaß positiv. Das RoboticScope gibt uns in der Neurochirurgie die Möglichkeit die Freiheiten der Exoskope mit der gestochen scharfen Visualisierung von konventionellen Operationsmikroskopen zu verbinden.
Claudius Thomé zum President-Elect der EANS gewählt
In medizinischen Fachgesellschaften ist es üblich, einen sogenannten President-Elect zu wählen, der zwei Jahre später zum President wird und wiederum zwei Jahre später zum Past-President. Die European Association of Neurosurgical Societies (EANS) ist die größte neurochirurgische Fachgesellschaft Europas und hält derzeit (5.-9. Oktober) ihre Jahrestagung mit über 3.000 Teilnehmern in Wien ab. In der dazugehörigen Generalversammlung wurde Claudius Thomé, Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurochirurgie, zum President-Elect gewählt. Mit der Wahl ist er der designierte Nachfolger des amtierenden Präsidenten und wird diesem in zwei Jahren nachfolgen. Thomé ist außerdem Kongresspräsident der Jahrestagung und hat diese nach Österreich geholt. Schon jetzt allerdings nimmt Thomé als President-Elect eine aktive Rolle in der Fachgesellschaft ein.
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Erfahrungen von Basisärzten in der Neurochirurgie Innsbruck
Ein wichtiger Aspekt der Neurochirurgie in Innsbruck ist die Ausbildung junger Mediziner. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen bezüglich der Aufgabenverteilung für Basisärzte. Wie in einem Bericht beschrieben, gibt es keine konkreten Aufgaben für einen. Alles was geht wird auf die Basisärzte abgeschoben. Mit dem KPJ-Zugang für das Klinik interne Programm kann man nur die Patienten auf der Station anschauen, keine Patienten suchen, die evtl. interessant sein könnten.
Ein typischer Ablauf sieht wie folgt aus: 7:30 Morgenbesprechung dann entweder auf Station, Ambulanz oder OP. 13 Uhr Mittagsbesprechung. Danach geht es nochmal auf Station für eine Nachmittagsvisite. Mit nochmal Besprechung danach - Heimgehen war dann so gegen 15:30-16 Uhr. Auf Station: Visite mitlaufen und ab und zu Neurostatus bei den Patienten durchführen, manchmal auch Verbandswechsel oder Drainage ziehen (jedoch eher selten und kommt auf den Arzt an, der die Visite geht). OP: entweder man hat Glück und es steht sowas wie Basis/Famulus oder Gastarzt auf dem OP-Programm, dann kann man mitgehen (Saugen und Spülen Hauptaufgabe) ansonsten hingehen und zuschauen jederzeit möglich.
Fazit für Interessierte an der Neurochirurgie
Ist man Neurochirurgie interessiert und möchte viel sehen und machen - dann lieber woanders. Möchte man Chirurgie nur hinter sich bringen, dann go for it.
Die Rolle der Ehrlichkeit und Empathie in der Patientenbetreuung
Univ.-Prof. Dr. Claudius Thomé betont die Bedeutung von Ehrlichkeit und Empathie während der gemeinsamen Gespräche mit Krebspatienten. Er sieht das Bedürfnis, umfassend informiert zu werden, als zentral an. Er rät den Patient:innen: Stellen Sie viele Fragen! Informieren Sie sich über mögliche Studien und nehmen Sie daran teil! Er betont, dass die Behandlung als Partnerschaft zwischen Ärzt:innen und Patient:innen gesehen werden sollte: Wir können nur gemeinsam Erfolge feiern.
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