Einführung
Das Parkinson-Syndrom ist ein Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen, aber kein "echtes" (idiopathisches) Parkinson-Syndrom darstellen. Diese werden als sekundäre oder symptomatische Parkinson-Syndrome bezeichnet. Medikamentös induzierte Parkinson-Syndrome, insbesondere durch Neuroleptika, stellen eine bedeutende Ursache dar und erfordern ein genaues Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen und Therapieansätze.
Ursachen des Neuroleptika-induzierten Parkinson-Syndroms
Dopamin-Antagonismus
Medikamentös induzierte Parkinson-Syndrome traten erstmals nach der Einführung von Neuroleptika zur Behandlung von Psychosen und/oder psychomotorischer Unruhe auf. Der Antagonismus an zentralen Dopamin-D2-Rezeptoren wird für diesen Effekt hauptsächlich verantwortlich gemacht. Neuroleptika, auch Antipsychotika genannt, sind eine Hauptursache für medikamentös induzierten Parkinsonismus. Diese Medikamente blockieren Dopaminrezeptoren im Gehirn, insbesondere die D2-Rezeptoren, was zu einem Dopaminmangel führt, der die Symptome des Parkinsonismus auslösen kann.
Atypische Neuroleptika
Mit der Einführung atypischer Neuroleptika, die eine geringere Affinität zu den D2-Rezeptoren aufweisen, ging die Inzidenz der medikamentös induzierten Parkinson-Syndrome deutlich zurück. Atypische Neuroleptika haben eine geringere Affinität zu D2-Rezeptoren und verursachen seltener extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen und Parkinson-Syndrome.
Weitere Medikamente
Neben den Neuroleptika/Antipsychotika weisen auch einige Antidepressiva, Calciumkanalblocker, prokinetische Substanzen, einige Antikonvulsiva sowie Antiemetika einen Partialantagonismus zu den D2-Rezeptoren auf und können ein Parkinsonoid induzieren. Detaillierte Kenntnisse über die potenziell auslösenden Pharmaka sind daher besonders wichtig, insbesondere im Umgang mit einem geriatrischen Patientenkollektiv, das per definitionem besonders vulnerabel gegenüber Arzneimittelnebenwirkungen ist.
Opipramol
Opipramol ist eines der meistverordneten Psychopharmaka in Deutschland. Es ist in der Roten Liste als trizyklisches Antidepressivum eingeordnet und wird häufig als Tranquilizer bei Angststörungen oder Schlaflosigkeit eingesetzt. Allerdings liegen kaum wissenschaftliche Daten (Pharmakologie und Klinik) zu dieser Substanz vor, die sowohl die Wirksamkeit als auch das Nebenwirkungsspektrum abbilden. Die chemische Struktur und pharmakologischen Eigenschaften von Opipramol ähneln denen von Imipramin oder Trimipramin, inklusive des Antagonismus zu den Dopamin-D1/D2-Rezeptoren. Allerdings wurde ein medikamentös induziertes Parkinsonoid in Zusammenhang mit der Einnahme von Opipramol bislang noch nicht berichtet.
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In einer Parkinson-Fachklinik konnten medikamentös induzierte Parkinson-Syndrome nach einem Behandlungsbeginn mit Opipramol beobachtet werden. Ziel eines Artikels war es, diesen Zusammenhang genauer zu beleuchten und eine Sensibilisierung für Parkinson-Syndrome bei Medikamenten mit Dopamin-antagonistischer Wirkung zu erzielen.
Risikofaktoren
Einige Faktoren erhöhen das Risiko, ein medikamentös induziertes Parkinson-Syndrom zu entwickeln:
- Höheres Alter: Ältere Menschen sind anfälliger, da sie altersbedingt bereits einen Abbau der Dopaminrezeptoren in der Substantia nigra aufweisen.
- Weibliches Geschlecht: Frauen scheinen häufiger betroffen zu sein.
- Vorliegen einer kortikalen Atrophie: Eine Atrophie der Hirnrinde kann die Anfälligkeit erhöhen.
- Multimedikation: Die Einnahme mehrerer Medikamente, insbesondere solcher mit dopaminantagonistischer Wirkung, erhöht das Risiko.
Symptome
Die Symptome des neuroleptika-induzierten Parkinson-Syndroms ähneln denen der idiopathischen Parkinson-Krankheit und umfassen:
- Bradykinese: Verlangsamung der Bewegungen.
- Rigor: Muskelsteifheit.
- Tremor: Zittern, typischerweise in Ruhe.
- Posturale Instabilität: Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Patienten alle drei Kardinalsymptome aufweisen müssen. Einige Patienten können auch andere extrapyramidal-motorische Symptome wie orofaziale Dyskinesien oder Akathisie entwickeln.
Diagnose
Die Diagnose eines medikamentös induzierten Parkinson-Syndroms basiert auf folgenden Kriterien:
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- Symptombeginn im Anschluss an eine Behandlung mit einem Dopamin-Antagonisten.
- Fehlen der Symptome vor dem Beginn der Medikation.
- Symptomremission nach Absetzen der Medikation.
Es ist wichtig, andere Ursachen für Parkinsonismus auszuschließen, wie z. B. die idiopathische Parkinson-Krankheit, atypische Parkinson-Syndrome und andere sekundäre Ursachen.
Therapie
Die Behandlung des neuroleptika-induzierten Parkinson-Syndroms umfasst in erster Linie das Absetzen oder die Dosisreduktion des auslösenden Medikaments. In den meisten Fällen führt dies zu einer Besserung oder vollständigen Remission der Symptome.
Medikamentöse Behandlung
In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung erforderlich sein, um die Symptome zu lindern. Zu den in Frage kommenden Medikamenten gehören:
- Anticholinergika: Können Tremor und Rigor reduzieren, werden aber aufgrund von Nebenwirkungen selten eingesetzt.
- Amantadin: Kann die Symptome verbessern und Dyskinesien reduzieren.
- Levodopa: Kann bei einigen Patienten wirksam sein, ist aber nicht immer die beste Option, da es Dyskinesien verursachen kann.
- Dopaminagonisten: Können eine Alternative zu Levodopa sein, haben aber auch Nebenwirkungen.
Weitere Maßnahmen
Zusätzlich zur medikamentösen Behandlung können physiotherapeutische Maßnahmen, Ergotherapie und Logopädie helfen, die motorischen Fähigkeiten zu verbessern und die Lebensqualität zu erhalten.
Besonderheiten bei der Behandlung mit Parkinson-Medikamenten
Viele Betroffene erhalten einen genauen Zeitplan für ihre Medikation. Die pünktliche Medikamenteneinnahme ist entscheidend.
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L-Dopa-Präparate sollten nicht mit eiweißreicher Nahrung eingenommen werden, da dies die Aufnahme ins Blut verringert.
Zusätzlich zu den festgelegten Einnahmezeiten haben einige Betroffene eine Bedarfsmedikation für plötzliche OFF-Phasen oder besondere Belastungen. Häufig wird ein schnelllösliches L-Dopa-Präparat verschrieben, das vor der Einnahme in Wasser aufgelöst wird.
Da viele Betroffene mehrere Medikamente einnehmen - nicht nur gegen Parkinson - kann es schwer sein, den Überblick zu behalten. Seit 2016 gibt es den „bundeseinheitlichen Medikationsplan“, der alle aktuell verordneten Arzneimittel enthält. Er wird idealerweise von der Hausärztin oder dem Hausarzt ausgestellt, da dort alle Informationen aus den Fachpraxen zusammenlaufen.
Bei Schwankungen der Medikamentenwirkung kann es hilfreich sein, ein Protokoll zu führen, in dem die Zeiten guter und eingeschränkter Beweglichkeit festgehalten werden.
Betroffene empfinden den sogenannten ON-Zustand oft als angenehmer, selbst wenn starke, für die Umgebung auffällige Überbewegungen auftreten. Im Vergleich dazu wird der unbewegliche OFF-Zustand als belastender empfunden, auch wenn er äußerlich unauffälliger ist.
Alle Parkinson-Medikamente können Halluzinationen oder Verwirrtheit auslösen. Erste Warnsignale sind häufig vermehrte Albträume oder Trugwahrnehmungen, wie vorbeihuschende Schatten. Anfänglich sind sich Betroffene meist bewusst, dass diese Erscheinungen nicht real sind („Pseudohalluzinationen“). Neben der Medikation können auch Flüssigkeitsmangel oder Infektionen (z. B. Grippe, Harnwegsinfekt) Halluzinationen oder Verwirrtheit verstärken.
Prognose
Die Prognose des neuroleptika-induzierten Parkinson-Syndroms ist in der Regel gut, wenn das auslösende Medikament abgesetzt wird. In den meisten Fällen verschwinden die Symptome innerhalb von Wochen oder Monaten. In einigen Fällen können die Symptome jedoch persistieren, insbesondere bei älteren Menschen oder bei Patienten mit bereits bestehender Parkinson-Krankheit.
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