Neuroleptika-Anwendung bei Epilepsie: Eine umfassende Analyse

Die Anwendung von Neuroleptika, insbesondere der zweiten Generation (SGA), bei Patienten mit Epilepsie erfordert eine sorgfältige Abwägung. Obwohl diese Medikamente in der Behandlung von psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie von großem Nutzen sein können, bergen sie auch das Risiko, epileptische Anfälle auszulösen oder die EEG-Aktivität zu verändern. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen Neuroleptika und Epilepsie, wobei ein besonderer Fokus auf Olanzapin und Clozapin gelegt wird.

Einführung in die Elektroenzephalographie (EEG) in der Psychiatrie

Die Elektroenzephalographie (EEG) hat sich als wertvolles Instrument in der Neurologie etabliert, insbesondere in der Epileptologie. Obwohl anfängliche Hoffnungen auf eine breite diagnostische Anwendung in der Psychiatrie nicht vollständig erfüllt wurden, bleibt das EEG relevant, insbesondere im Zusammenhang mit der Behandlung mit Antipsychotika der zweiten Generation (SGA).

Antipsychotika der zweiten Generation (SGA) und EEG-Veränderungen

Nach der Einführung von Antipsychotika der zweiten Generation (SGA) mit dem Vorteil geringerer extrapyramidalmotorischer Störungen (EPMS) im Vergleich zu Antipsychotika der ersten Generation (FGA) kam es zu einem deutlichen Wechsel zugunsten einer häufigeren Verschreibung der neueren Antipsychotika der zweiten Generation. Allerdings zeigte sich konsekutiv auch eine relevante Verschiebung der Profile der unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Insbesondere die Substanzen vom Clozapin-Typ zeigten eine höhere Inzidenz für EEG-Veränderungen und epileptische Anfälle, sodass EEG-Untersuchungen bei psychiatrischen Patienten unter Antipsychotika der zweiten Generation einen erneuten, besonderen Stellenwert bekamen, neben EEG-Untersuchungen als bisheriger Ausschluss-Methode von hirnorganischen Veränderungen.

Clozapin: Ein erhöhtes Risiko für EEG-Auffälligkeiten und Anfälle

Clozapin, ein atypisches Neuroleptikum, ist bekannt für sein erhöhtes Risiko, EEG-Auffälligkeiten und epileptische Anfälle auszulösen. Studien haben gezeigt, dass Clozapin bei bis zu 4,5 % der behandelten Patienten Krampfanfälle verursachen kann. Daher wird bei der Behandlung mit Clozapin ein konsequentes, proaktives EEG-Monitoring empfohlen.

Olanzapin: Dosisabhängige EEG-Veränderungen und seltenere Anfälle

Olanzapin, ein weiteres SGA, kann ebenfalls EEG-Veränderungen verursachen, jedoch in geringerem Ausmaß als Clozapin. Diese Veränderungen sind dosisabhängig, wobei das Risiko bei Tagesdosen über 20 mg signifikant erhöht ist. Epileptische Anfälle unter Olanzapin sind jedoch seltene, schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Die grundsätzliche Beobachtung von Krampfanfällen unter Olanzapin muss intensiviert werden (Pharmakovigilanz, Arzneimittel-Überwachungsprojekte).

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Eine Studie von Degner et al. (2012) ergab, dass bei 40,9 % der mit Olanzapin behandelten Patienten pathologische EEG-Auffälligkeiten auftraten, meist im Sinne einer EEG-Verlangsamung. Die mittlere Tagesdosis von Olanzapin war signifikant höher bei Patienten mit EEG-Auffälligkeiten, als in der Patientengruppe mit einem weiter bestehendem normalem EEG-Alpha-Rhythmus (24,4 mg/Tag [SD 8,1] vs. 12,7 mg/Tag [SD: 4,8]; T =-4,3, df=21, p<0,001). Darüber hinaus war bei Patienten mit EEG-Auffälligkeiten die mittlere Olanzapin-Konzentration mit 45,6 µg/l (SD: 30,9) deutlich höher als die bei Patienten ohne EEG-Veränderungen mit 26,3 µg/l (SD: 21,6).

Das Risiko epileptischer Anfälle unter Antipsychotika

Epileptische Anfälle sind als klinisch schwere UAW unter allen Antipsychotika bekannt. Bridgers [8] fand EEG-Veränderungen mit epilepsietypischen Mustern unter der Therapie mit Antipsychotika der ersten und zweiten Generation bei 2,6% stationär behandelter Patienten, mit einer hohen Variabilität unter den Antipsychotika der zweiten Generation. Komossa und Mitarbeiter [26] evaluierten in einer Cochrane-Analyse vier randomisierte, kontrollierte Studien und fanden ein deutlich erhöhtes Risiko für epileptische Anfälle unter Clozapin. Bei den Substanzen Amisulpirid, Quetiapin, Risperidon und Olanzapin war das Risiko deutlich geringer. Die Arbeitsgruppe ermittelte keinen signifikanten Unterschied zwischen den letztgenannten Antipsychotika. Alper und Mitautoren [1] analysierten Daten der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA). Sie untersuchten Studien der Phase II und III unter psychotropen Medikamenten bei insgesamt 75873 Patienten zwischen 1985 und 2004 in Hinblick auf die Inzidenz epileptischer Anfälle. Schizophrene Patienten hatten auch ohne antipsychotische Medikation ein erhöhtes Risiko für epileptische Krampfanfälle. Unter Antipsychotika stieg das Risiko für Krampfanfälle, im Durchschnitt auf eine Inzidenz von 0,5 bis 0,9% unter einer entsprechenden Therapie. Bei den atypischen Antipsychotika hatte Clozapin das höchste Risiko für zerebrale Krampfanfälle mit einer Inzidenz von 3,5%, gefolgt von Olanzapin (0,9%), Quetiapin (0,8%), Aripiprazol (0,4%), Ziprasidon (0,4 bzw. 0,5%) und Risperidon (0,3%).

Eine aktuelle spanische Arbeit von Lertxundi und Koautoren [29] hatte das Ergebnis, dass Antipsychotika der zweiten Generation, nicht nur Clozapin, ein erhöhtes Risiko für epileptische Anfälle gegenüber typischen Antipsychotika, besitzen. In einer retrospektiven Analyse ermittelten sie in ihrem Pharmakovigilanz-Projekt die Odds-Ratios (OR) für Antipsychotika und epileptische Anfälle. Das Odds-Verhältnis für Antipsychotika der zweiten Generation lag gegenüber dem der ersten Generation bei 3,20 (95%-Konfidenzintervall [KI] 2,21-4,63). Wenn man unter den Antipsychotika der zweiten Generation Clozapin ausklammert, lag das OR gegenüber Antipsychotika der ersten Generation noch bei 2,08 (95%-KI: 1,39-3,12).

Kasuistische Berichte über Anfälle unter Olanzapin

Trotz der Einschätzung, dass das Risiko für epileptische Anfälle unter Olanzapin eher gering ist, gibt es mehrere Fallberichte über Anfälle unter Olanzapin-Monotherapie. Diese Berichte unterstreichen die Notwendigkeit, das Risiko von Anfällen bei der Behandlung mit Olanzapin sorgfältig zu berücksichtigen.

EEG-Monitoring unter Olanzapin: Eine sinnvolle Maßnahme?

Angesichts der vorliegenden Daten wird die Implementierung eines EEG-Monitorings in der klinischen Praxis während einer Olanzapin-Medikation als sinnvoll angesehen. Dies gilt insbesondere für höhere Tagesdosierungen (>20 mg/Tag), erhöhte Blut- bzw. Plasmakonzentrationen, für Risikopatienten (z.B. mit hirnorganischen Vorschädigungen) und bei Gabe von Medikamentenkombinationen, auch in Kenntnis der limitierten prädiktiven Relevanz des EEG für potenzielle epileptische Anfälle.

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Vorgehensweise bei EEG-Veränderungen unter Olanzapin

In der Praxis ist eine Entscheidung oft schwierig, wenn im EEG Zeichen pathologischer Veränderungen mit einer potenziellen Senkung der Schwelle zur Auslösung epileptischer Anfälle auftreten. Nicht immer sollte sofort eine Reduktion oder sogar ein Absetzen des Arzneimittels erfolgen. Bei EEG-Veränderungen, die keine epilepsietypischen Muster enthalten, sollten zunächst nur EEG-Kontrollen durchgeführt werden. Falls im EEG-Befund epilepsietypische Muster auftreten, sollte eine weitere Diagnostik hinsichtlich Risikofaktoren für eine Epilepsie erfolgen. Bei Vorliegen solcher Risikofaktoren sollten diese, falls möglich, minimiert bzw. ausgeschaltet werden. Ansonsten ist, nach Meinung der Autoren, unter sorgfältiger, individueller Nutzen-Risiko-Abwägung, eine Dosisreduktion mit anschließenden EEG-Kontrollen zu erwägen, unter Umständen eine Umstellung auf ein anderes Neuroleptikum.

Epilepsie: Ursachen, Symptome und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch eine vorübergehende Funktionsstörung des Gehirns, bei der Nervenzellen unkontrolliert elektrische Signale aussenden.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen der Epilepsie sind vielfältig und oft nicht vollständig geklärt. In vielen Fällen spielen genetische Faktoren eine Rolle. Andere Ursachen können sein:

  • Hirnschäden durch Unfälle, Schlaganfälle oder Infektionen
  • Entwicklungsstörungen des Gehirns
  • Stoffwechselerkrankungen
  • Hirntumore

Symptome

Die Symptome eines epileptischen Anfalls können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, welche Hirnregionen betroffen sind. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Bewusstseinsverlust
  • Krämpfe
  • Muskelzuckungen
  • Störungen der Sinneswahrnehmung
  • Verhaltensänderungen

Behandlung

Die Behandlung der Epilepsie zielt darauf ab, Anfälle zu verhindern oder ihre Häufigkeit zu reduzieren. Die wichtigsten Behandlungsmethoden sind:

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  • Medikamentöse Therapie (Antiepileptika): Antiepileptika sind Medikamente, die die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn reduzieren und so Anfälle verhindern können.
  • Chirurgische Behandlung: In einigen Fällen kann eine Operation sinnvoll sein, um den Teil des Gehirns zu entfernen, der die Anfälle auslöst.
  • Vagusnervstimulation: Bei dieser Methode wird ein Schrittmacher implantiert, der den Vagusnerv stimuliert und so die Anfallshäufigkeit reduzieren kann.
  • Ketogene Diät: Eine spezielle, fettreiche Diät kann bei manchen Menschen mit Epilepsie die Anfallshäufigkeit reduzieren.

Differenzialdiagnose: Epilepsie oder psychische Störung?

In manchen Fällen können epileptische Anfälle fälschlicherweise als Symptome einer psychischen Störung interpretiert werden. So berichtete Professor Ludger Tebartz van Elst auf dem Welt-Psychiatrie-Kongress in Berlin von Fällen, in denen Patienten mit epileptiformen EEG-Mustern zunächst als Borderline- oder Schizophreniepatienten behandelt wurden. Erst eine umfassende organische Diagnostik und die Behandlung mit Antikonvulsiva führten zu einer Besserung der Symptome.

Die Bedeutung einer umfassenden organischen Diagnostik

Diese Fälle unterstreichen die Bedeutung einer umfassenden organischen Diagnostik bei Patienten mit psychischen Symptomen. Insbesondere bei ungewöhnlichen Symptomkonstellationen oder einem schweren Verlauf sollte eine EEG-Abklärung erfolgen, um organische Ursachen auszuschließen.

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