Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Form der Altersdemenz, betrifft allein in Deutschland über eine Million Menschen. Die neurologische Alzheimer-Forschung konzentriert sich auf die Entschlüsselung der Krankheitsmechanismen und die Entwicklung neuer Therapieansätze. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über aktuelle Forschungsbereiche, Diagnoseverfahren und Behandlungsansätze in der Alzheimer-Forschung.
Forschungsschwerpunkte
Die neurologische Alzheimer-Forschung verfolgt mehrere Schwerpunkte, um die komplexen Ursachen und Mechanismen dieser Krankheit besser zu verstehen. Zu den wichtigsten Forschungsbereichen gehören:
- Neuroinflammation und Gliazellen: Ein zentraler Fokus liegt auf der Rolle von neuroinflammatorischen Veränderungen in Gliazellen (Astrozyten und Mikroglia) und der neurovaskulären Einheit bei neurodegenerativen Erkrankungen. Astrozyten stehen im Verdacht, an der Verbreitung der giftigen Amyloid-beta-Oligomere und Tau-Fibrillen beteiligt zu sein. Mikrogliazellen spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem des Gehirns und sorgen dafür, dass schädliche Substanzen wie Krankheitserreger zerstört und abtransportiert werden.
- Vaskuläre kognitive Beeinträchtigung (VCI) und vaskuläre Demenz: Die Forschung befasst sich auch mit neurodegenerativen Erkrankungen, bei denen Durchblutungsstörungen im Gehirn zu kognitiven Einbußen führen. Dazu zählen kognitive Veränderungen nach Schlaganfall, zerebrale Mikroangiopathie sowie die zerebrale Amyloidangiopathie (CAA).
- Zelluläre und molekulare Mechanismen der Hirnalterung: Der Fokus liegt auf den zellulären und molekularen Mechanismen von Hirnalterung und altersbedingten neurodegenerativen Erkrankungen, insbesondere der Pathogenese der Alzheimer-Erkrankung und anderen zerebralen Proteopathien.
- Erbliche Formen der Alzheimer-Erkrankung: Durch die Koordination der in den USA initiierten DIAN (Dominantly Inherited Alzheimer Network)-Studie in Deutschland wird ein besseres Verständnis der erblichen Formen der Alzheimer-Erkrankung angestrebt. Diese Längsschnittuntersuchung mit Menschen, die solche "Alzheimer-Mutationen" aufweisen, sowie deren Geschwistern, die die Mutation nicht geerbt haben, soll auch bessere Einsicht in die Entstehung der weitaus häufigeren sporadischen Form der Alzheimer-Erkrankung ermöglichen.
Diagnoseverfahren
Die Diagnose der Alzheimer-Krankheit hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Eine frühe Diagnose ist wichtig, da verschiedene Studien darauf hindeuten, dass der Krankheitsprozess bereits zehn bis 20 Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome beginnt. Zu den wichtigsten Diagnoseverfahren gehören:
- Anamnese und körperliche Untersuchung: Zunächst findet ein Anamnese-Gespräch statt, bei dem die Ärztin oder der Arzt nach aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Medikamenten und möglichen Risikofaktoren fragt. Im Anschluss folgt eine allgemeine körperliche Untersuchung.
- Kognitive Tests: Kognitive oder auch neuropsychologische Tests können wichtige Hinweise auf das Vorliegen einer Demenzerkrankung geben. Bei der Testung werden verschiedene Verfahren angewendet, die Gedächtnis, Aufmerksamkeit und weitere kognitive Bereiche überprüfen.
- Biomarker: Der Nachweis bestimmter Proteine (Amyloid-beta, Tau) im Nervenwasser oder Blut kann die Diagnose absichern. Für eine Behandlung mit Leqembi ist dieser Nachweis eine zentrale Voraussetzung. Wichtiger Bestandteil des neuen Demenz-Registers sind neben klinischen Messwerten die sogenannten Biomarker. Denn findet man bei Patienten bestimmte Biomarker im Nervenwasser oder bei bildgebenden Verfahren, „so kann Alzheimer schon in einem sehr frühen Stadium diagnostiziert werden und im besten Fall die Behandlung sehr viel früher beginnen“.
- Bildgebende Verfahren: Bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomographie) sind wichtig, um Veränderungen im Gehirn zu erkennen. Bei der Vaskulären Demenz basiert die Diagnose auf MRT-Aufnahmen, die Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfälle zeigen. Bei der Frontotemporalen Demenz sind MRT-Aufnahmen besonders wichtig, um den für diese Form typischen Abbau im Stirn- oder Schläfenlappen zu erkennen. Bei unklarem Befund können PET- oder SPECT-Untersuchungen sinnvoll sein.
- Weitere Untersuchungen: Je nach vermuteter Demenzform können weitere Untersuchungen sinnvoll sein. Bei der Lewy-Körperchen-Demenz helfen zusätzliche Untersuchungen, etwa zur Beweglichkeit oder zum Schlafverhalten. Auch spezielle bildgebende Verfahren wie DAT-SPECT oder MIBG-Szintigrafie können zum Einsatz kommen.
Behandlungsansätze
Obwohl die Alzheimer-Krankheit noch nicht heilbar ist, gibt es verschiedene Behandlungsansätze, die den Verlauf der Krankheit verlangsamen und die Symptome lindern können. Zu den wichtigsten Behandlungsansätzen gehören:
- Medikamentöse Therapie: Interessant sind derzeit für Alzheimer-Patienten vor allem Wirkstoffe, die in frühen Erkrankungsphasen auf die Entfernung des Proteins Beta-Amyloid abzielen. Ein Beispiel hierfür ist Lecanemab (Markenname: Leqembi), ein Antikörper, der sich an Beta-Amyloid-Proteine heftet und deren Abbau durch das Immunsystem ermöglicht. Im Ergebnis werden der Verlauf der Erkrankung und das Fortschreiten der kognitiven und funktionellen Beeinträchtigungen verlangsamt.
- Nicht-medikamentöse Therapie: Neben einer medikamentösen Therapie bietet sich von Fall zu Fall die Möglichkeit zur Teilnahme an Interventionsstudien, in denen z. B. mittels Gedächtnistrainings, körperlicher Aktivität und/ oder Transkranieller Magnetstimulation positive Effekte auf die Gedächtnisleistung zu erzielen sind.
- Teilnahme an Therapiestudien: Als universitäre Spezialsprechstunde sind wir aktiv an der Erforschung neuer Therapie- und Diagnostikmöglichkeiten beteiligt. Daher können wir in bestimmten Fällen die Teilnahme an Therapiestudien beispielsweise mit neuen Medikamenten anbieten.
Bedeutung einer frühen Diagnose
Eine frühe Diagnose der Alzheimer-Krankheit ist von großer Bedeutung, da sie es ermöglicht, frühzeitig mit der Behandlung zu beginnen und den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen. Zudem können Betroffene und ihre Angehörigen sich frühzeitig auf die Veränderungen einstellen und die notwendigen Vorkehrungen treffen.
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Deutsches Demenz-Register
Im neuen Deutschen Demenz-Register sollen alle Daten zu den Biomarkern erfasst werden. Im Deutschen Demenz-Register werden auch Daten zu Risikofaktoren, Klinik, Neuropsychologie und Bildgebung gesammelt. „Alle Patienten mit Gedächtnisstörungen und entsprechenden Biomarkern können sich beteiligen.“ Das Deutsche Demenz-Register soll bei den sich im Deutschen Netzwerk beteiligenden Gedächtnisambulanzen verfügbar sein. Das sei natürlich freiwillig. „Ein Vorteil für die Patienten ist, dass sie besonders eng in die Wissenschaft eingebunden sind“, so Prof. Schulz. Ein weiterer Vorteil für die Patienten: Im neuen Demenz-Register sollen auch die jeweiligen Medikamente erfasst werden. So lassen sich bei einem neuen Einsatz nicht nur im weiteren Verlauf Medikation, Wirkung und unerwünschte Nebenwirkungen aufnehmen und auswerten.
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