Das Karpaltunnelsyndrom (KTS) ist ein weit verbreitetes neurologisches Problem, das durch die Kompression des Nervus medianus im Karpaltunnel des Handgelenks verursacht wird. Es betrifft schätzungsweise jeden sechsten Menschen im Laufe seines Lebens, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Die Symptome reichen von nächtlichen Schmerzen und Taubheitsgefühlen bis hin zu Kraftlosigkeit und eingeschränkter Handfunktion. Eine frühzeitige und korrekte Diagnose ist entscheidend, um die richtige Behandlung einzuleiten und dauerhafte Schäden zu vermeiden.
Was ist das Karpaltunnelsyndrom?
Der Karpaltunnel ist ein Kanal auf der Beugeseite des Handgelenks, der von den Handwurzelknochen und einem darüber liegenden Bindegewebsband, dem Retinaculum flexorum, gebildet wird. Durch diesen Tunnel verlaufen der Nervus medianus (Handmittelnerv) und die Sehnen der Hand- und Fingermuskulatur. Beim Karpaltunnelsyndrom kommt es zu einer Verengung dieses Tunnels, wodurch der Nervus medianus unter Druck gerät.
Diese Verengung kann verschiedene Ursachen haben, darunter:
- Schwellungen: Entzündungen, Flüssigkeitseinlagerungen (z.B. bei Schwangerschaft, hormonellen Veränderungen oder Einnahme von Kortisonpräparaten), Rheuma, Gicht, Diabetes oder Schilddrüsenprobleme können zu Schwellungen im Karpaltunnel führen.
- Überlastung: Wiederholte oder monotone Handbewegungen, wie sie beispielsweise bei der Arbeit am Computer oder bei bestimmten handwerklichen Tätigkeiten vorkommen, können das Handgelenk überlasten und Schwellungen verursachen.
- Traumata: Knochenbrüche, Verstauchungen oder andere Verletzungen im Bereich des Handgelenks können den Karpaltunnel verengen.
- Anatomische Faktoren: In seltenen Fällen kann eine angeborene Enge des Karpaltunnels oder das Vorhandensein von zusätzlichen Muskeln oder Gewebe zu einer Kompression des Nervus medianus führen.
- Amyloidablagerungen: Internationale Studien zeigen, dass bei über 50-jährigen Patienten mit Karpaltunnelsyndrom in bis zu 30 % der Fälle Amyloidablagerungen im Sehnengleitgewebe oder Karpalband gefunden werden können.
Symptome des Karpaltunnelsyndroms
Typische Symptome des Karpaltunnelsyndroms sind:
- Nächtliche Schmerzen: Elektrisierende Schmerzen in der Hand, die oft in den Arm ausstrahlen.
- Taubheit und Kribbeln: Ein Gefühl von "Einschlafen" oder Kribbeln in den Fingern, insbesondere im Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger (Daumenseite).
- Steifheit: Steifheit der Hand am Morgen.
- Kraftlosigkeit: Schwierigkeiten beim Zupacken oder Festhalten von Gegenständen.
- Eingeschränkte Feinmotorik: Probleme beim Ausführen von feinen Greifarbeiten, wie z.B. Knöpfe schließen oder Schreiben.
Die Symptome treten oft nachts auf, da das Handgelenk im Schlaf häufig abgeknickt wird, was den Druck auf den Nerv erhöht. Im fortgeschrittenen Stadium können die Beschwerden jedoch auch tagsüber auftreten und zu dauerhaften Gefühlsstörungen und Funktionseinschränkungen führen.
Lesen Sie auch: Symptome und Diagnose
Diagnose des Karpaltunnelsyndroms
Eine frühzeitige und gesicherte Diagnose ist entscheidend für den Behandlungserfolg. Die Diagnose des Karpaltunnelsyndroms basiert auf:
Anamnese: Eine ausführliche Befragung des Patienten nach seinen Beschwerden, Vorerkrankungen und Risikofaktoren.
Klinisch-neurologische Untersuchung: Der Arzt führt verschiedene Tests durch, um die Funktion des Nervus medianus zu überprüfen. Dazu gehören:
- Hoffmann-Tinel-Zeichen: Beklopfen des Nervus medianus am Handgelenk löst elektrisierende Schmerzen aus.
- Phalen-Test: Beugen der Handgelenke für eine Minute löst Taubheitsgefühle und Kribbeln aus.
Elektrophysiologische Messung (Nervenleitgeschwindigkeit, NLG): Diese Untersuchung misst die Geschwindigkeit, mit der elektrische Signale entlang des Nervus medianus geleitet werden. Eine verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit ist ein Zeichen für eine Nervenschädigung.
Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen kann eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Handgelenks durchgeführt werden, um andere Ursachen für die Beschwerden auszuschließen oder Veränderungen am Nervus medianus darzustellen.
Lesen Sie auch: Behandlung Karpaltunnelsyndrom: Arztwahl
Behandlung des Karpaltunnelsyndroms
Die Behandlung des Karpaltunnelsyndroms richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung und den individuellen Bedürfnissen des Patienten. Es gibt sowohl konservative als auch operative Behandlungsmöglichkeiten.
Konservative Behandlung
Konservative Maßnahmen zielen darauf ab, den Druck auf den Nervus medianus zu reduzieren und die Symptome zu lindern. Dazu gehören:
- Handgelenksschiene: Das Tragen einer Handgelenksschiene, insbesondere nachts, kann das Handgelenk in einer neutralen Position halten und so den Druck auf den Nerv verringern.
- Entzündungshemmende Medikamente: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac können helfen, Schmerzen und Entzündungen zu lindern.
- Kortikosteroid-Injektionen: In einigen Fällen kann eine Injektion von Kortikosteroiden in den Karpaltunnel eine vorübergehende Linderung der Symptome bewirken.
- Physiotherapie und Ergotherapie: Spezielle Übungen können helfen, die Beweglichkeit des Handgelenks zu verbessern, die Muskulatur zu stärken und die Nervenfunktion zu fördern.
- Manuelle Therapie: Die Neurodynamik ist eine manuelle Therapie, die darauf abzielt, Verklebungen zu lösen und die Beweglichkeit des Nervus medianus im umgebenden Gewebe zu verbessern.
- Kinesio-Taping: Diese Methode kann in Kombination mit der Neurodynamik eingesetzt werden, um die Ergebnisse weiter zu verbessern.
Konservative Maßnahmen können kurzfristig zu einer deutlichen Symptombesserung führen, ihr Erfolg im Langzeitverlauf ist jedoch nicht immer gesichert.
Operative Behandlung
Wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichend helfen oder die Symptome sich verschlimmern, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Ziel der Operation ist es, den Karpaltunnel zu erweitern und den Druck auf den Nervus medianus zu entlasten.
Es gibt zwei operative Verfahren:
Lesen Sie auch: Leistungen von Neurologe Hartmann
- Offene Karpaltunnelspaltung: Bei diesem Verfahren wird ein kleiner Schnitt in der Handfläche gemacht, um den Karpaltunnel freizulegen. Das Retinaculum flexorum, das Bindegewebsband, das den Karpaltunnel begrenzt, wird dann durchtrennt, um den Druck auf den Nerv zu reduzieren.
- Endoskopische Karpaltunnelspaltung: Bei diesem minimal-invasiven Verfahren werden kleine Schnitte in der Handfläche und am Handgelenk gemacht. Eine kleine Kamera (Endoskop) wird in den Karpaltunnel eingeführt, um den Operateur bei der Durchtrennung des Retinaculum flexorum zu unterstützen.
Beide Verfahren sind in der Regel sehr erfolgreich bei der Linderung der Symptome des Karpaltunnelsyndroms. Die Wahl des Verfahrens hängt von den individuellen Bedürfnissen des Patienten und der Erfahrung des Chirurgen ab.
Nach der Operation ist es wichtig, die Hand hochzulagern und aktiv Fingergymnastik zu betreiben, um Schwellungen zu vermeiden und die Beweglichkeit zu verbessern. In der Regel kann die Hand nach einigen Wochen wieder voll belastet werden.
Was tun bei Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom?
Bei Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom sollte man einen Arzt aufsuchen, um die Diagnose zu sichern und die geeignete Behandlung einzuleiten. Neurologen, Orthopäden und Handchirurgen sind Spezialisten für die Behandlung des Karpaltunnelsyndroms.
tags: #Neurologe #Karpaltunnelsyndrom #Diagnose #Behandlung