Die Neurologie befasst sich mit der Funktion und den Erkrankungen des Nervensystems, einschließlich Gehirn, Rückenmark, peripheren Nerven und Muskeln. Mehr als 100 Milliarden Nervenzellen steuern Bewegungen, Sinne, Sprache und Denken. Eine der zunehmenden Herausforderungen in der neurologischen Praxis ist die Behandlung von Patienten mit Demenz, insbesondere der Alzheimer-Krankheit, da die Menschen immer älter werden. Interessanterweise gibt es einen wachsenden Konsens darüber, dass Diabetes und neurologische Erkrankungen, insbesondere Demenz, miteinander verbunden sein könnten.
Diabetes als Risikofaktor für neurologische Erkrankungen
Studien belegen, dass Diabetiker ein erhöhtes Risiko für Demenz haben. Der Heidelberger Neurowissenschaftler Siegfried Hoyer stellte bereits in den 1990er Jahren die These auf, dass Demenz eine Stoffwechselstörung sein könnte, nämlich ein Diabetes Typ 3. Diese Theorie wird von Werner Reutter, einem Experten für Zuckerbiochemie, und seinem Team unterstützt. Sie glauben, dass defekte Insulinrezeptoren im Gehirn die Ursache sein könnten. Jüngste Studien, unter anderem vom US-Gerontologen Auriel Willette, stützen diese These. Willette konnte an 186 Probanden zeigen, dass bereits vor der Entstehung von Plaques im Gehirn eine Insulinresistenz der Gehirnzellen vorhanden ist.
Diabetes, Demenz und Depressionen scheinen eines gemeinsam zu haben: defekte Insulinrezeptoren. Mäuse, denen das Gen für den Rezeptor im Gehirn fehlt, werden im Alter ängstlich und depressiv. Sie bilden vermehrt Enzyme, die den Belohnungsstoff Dopamin abbauen. Morbus Parkinson ist ebenfalls durch einen Dopaminmangel gekennzeichnet. Die Vermutung liegt nahe, dass auch hier eine Insulinresistenz des Gehirns der Auslöser sein könnte.
Wie Diabetes das Gehirn beeinflusst
Ein schlüssiges Szenario der Alzheimer-Entstehung scheint sich nun logisch zusammenzufügen: Gelangt nicht genügend Glukose in die Gehirnzellen, fehlt den Neuronen die Energie, um ihre Aufgaben zu verrichten. Unter anderem können sie verbrauchte Proteine nicht mehr zeitnah abbauen. Obwohl das Gehirn bei Erwachsenen nur zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht, verbraucht es mehr als die Hälfte der täglich aufgenommenen Kohlenhydrate - konkret: die darin enthaltene Glukose.
Galaktose als mögliche Therapie bei Demenz?
Könnte also ein einfacher Zucker die Lösung bei Demenz sein? Gemeinsam mit der Pharmakologin Melitta Salkovic-Petrisic von der Universität Zagreb konnte Reutter an Ratten zeigen, dass Tiere, deren Insulinrezeptoren im Gehirn chemisch blockiert worden waren und die über Trinkwasser Galaktose erhielten, ihr Erinnerungsvermögen nicht verloren. Erste zaghafte Versuche, den (potenziell) ausgehungerten Hirnzellen von an Demenz erkrankten Menschen ersatzweise Galaktose anzubieten, verliefen sehr vielversprechend, erzählt Reutter. Orientierung, Erinnerung und die soziale Kommunikation verbessern sich deutlich.
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Galaktose ist ein natürlicher Einfachzucker (Monosaccharid) und als Nahrungsergänzungsmittel frei verkäuflich. Sie ist nicht ganz so süß wie Rohrzucker und wird in reiner Form aus Laktose gewonnen. Ausgangsstoff dafür ist meist Molke. Anders als die meisten Arzneimittel habe der besondere Zucker nur Nebenwirkungen, wenn man es damit maßlos übertreibe, sagt Reutter. Viel hilft viel, gelte also auch in diesem Fall nicht. „Es darf nur so viel sein, wie am Tag verstoffwechselt werden kann.
Galaktose: Anwendung und Vorsichtsmaßnahmen
Galaktose ist auch für laktoseintolerante Menschen geeignet. Nur bei übermäßigem Verzehr wirkt sie abführend. Und sogar Diabetiker können den Zucker nehmen, denn er erhöht ihren Blutzuckerspiegel nicht. Ob Galaktose - prophylaktisch bei ersten Anzeichen genommen - den Ausbruch einer Demenz verhindern kann, ist noch spekulativ, denn wie gesagt: klinische Studien fehlen.
Schlaganfall: Ein neurologischer Notfall
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Neurologie ist der Schlaganfall. In Deutschland erleiden jährlich rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Im Ortenaukreis sind pro Jahr etwa 2.000 Menschen davon betroffen. Beim Schlaganfall kommt es zumeist durch mangelnde Durchblutung zu einer Minderversorgung an Sauerstoff in bestimmten Hirngebieten, so dass Nervenzellen absterben. Er ist nicht nur eine Krankheit, die meist bei älteren Menschen auftritt, auch jüngere Menschen und sogar Kinder können davon betroffen sein.
Risikofaktoren und Prävention
Um langfristig das Schlaganfallrisiko zu senken, ist es besonders wichtig, die sogenannten Risikofaktoren auszuschalten. Dazu gehören vor allem der Bluthochdruck, die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus Typ2, Vorhofflimmern, Rauchen sowie Übergewicht und Bewegungsmangel. Vorbeugend sei neben einer ausgewogenen Ernährung beispielsweise regelmäßige Bewegung vor allem auch im Alltag wirksam.
Symptome und Notfallmaßnahmen
Kündigt sich ein Schlaganfall an, ist es sehr wichtig, die Symptome zu erkennen und schnell zu handeln. Eine plötzlich auftretende Lähmung oder ein Schwächegefühl im Arm, hängende Mundwinkel, plötzlich auftretende Sprech- oder Sehstörungen sowie Schwindel und Gangunsicherheit seien Anzeichen für einen Schlaganfall. Tritt eines oder mehrere dieser Symptome auf, sollten Betroffene oder Angehörige sofort den Notruf 112 anrufen. „Jeder Schlaganfall ist ein Notfall!“
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Behandlungsmöglichkeiten
Die Stroke Units am Ortenau Klinikum sind auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert und bieten alle Behandlungsmöglichkeiten. In den ersten Stunden nach dem Schlaganfall sind die Möglichkeiten einer Behandlung am besten. Nach wie vor ist die wesentliche Therapie der Akutphase des Schlaganfalls die sogenannte Thrombolyse. Dabei wird ein Blutgerinnsel in einem verschlossenen Gefäß mit Hilfe eines Medikaments aufgelöst, um die besonders empfindlichen Nervenzellen im Gehirn wieder mit Sauerstoff versorgen zu können. Am Ortenau Klinikum in Lahr kann ein verschlossenes Gefäß im Gehirn zudem mittels eines Katheters wiedereröffnet werden, um das Ausmaß der Hirnschädigung deutlich zu reduzieren. Das als Thrombektomie bezeichnete, relativ schonende operative Verfahren hat die Lahrer Fachklinik in den vergangenen Jahren etabliert.
Weitere neurologische Erkrankungen
Neben Demenz und Schlaganfall gibt es eine Vielzahl weiterer neurologischer Erkrankungen, die in der Praxis eines Neurologen behandelt werden. Dazu gehören:
- Migräne: Immer wiederkehrende Kopfschmerzattacken.
- Karpaltunnelsyndrom: Ein eingeklemmter Nerv an der Hand.
- Parkinson-Krankheit: Auch Schüttellähmung genannt, bei der die Betroffenen nur noch in kleinen Schritten gehen können und die Hände häufig zittern.
- Multiple Sklerose: Eine Entzündung in Gehirn und Rückenmark, zum Beispiel mit Lähmungen.
- Epilepsie: Krampfanfälle, bei denen Menschen zu Boden fallen, bewusstlos werden und sich unwillkürlich bewegen.
Die Rolle des Neurologen
Ein Neurologe untersucht den Patienten neurologisch, überprüft die Kopfnerven, die Muskeleigenreflexe, die Muskelkraft, die Koordination, die Sensibilität, die Sprache und das Gedächtnis. Hieraus entsteht bereits eine Verdachtsdiagnose. Dafür sind ab und zu noch zusätzliche Untersuchungen nötig. Zur Überprüfung der Nervenfunktion führen wir Messungen durch. Dabei bestimmen wir die Geschwindigkeit von elektrischen Impulsen in den Nervenbahnen. Bei der Elektroenzephalographie (EEG) werden die Hirnströme abgeleitet. Dies bedeutet, dass die Hirnaktivität eines Menschen durch die Schädeldecke hindurch aufgezeichnet wird. Eine häufig eingesetzte Methode ist auch die Ultraschalluntersuchung der Halsschlagader und weiterer Gefäße im Gehirn, um nach Verengungen der Blutgefäße zu suchen. Damit kann ein mögliches Schlaganfallrisiko überprüft werden. Außerdem führen wir Blutentnahmen zur Analyse durch.
Stoffwechselerkrankungen und ihre Ursachen
Der Stoffwechsel ist der biochemische Prozess, bei dem der Körper Nahrung in Energie umwandelt, um lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten und Baustoffe für Wachstum, Reparatur und Erhaltung der Zellen zu produzieren. Stoffwechselerkrankungen können den gesamten Organismus beeinflussen und verschiedene Organe und Gewebe betreffen. Die Ursachen für Stoffwechselerkrankungen können dabei ebenfalls sehr vielfältig sein: genetische Veranlagung, Umweltfaktoren und Lebensstil können je nach Art der Erkrankung eine Rolle spielen.
Prävention von Stoffwechselerkrankungen
Da erworbene Stoffwechselerkrankungen aufgrund von Umweltfaktoren, falscher Ernährung oder anderen Einflüssen auftreten, lässt sich das Risiko, an ihnen zu erkranken, durch einen gesunden Lebensstil stark reduzieren. Dies beinhaltet eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und die Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen. Für bereits diagnostizierte Stoffwechselerkrankungen sind eine frühzeitige Diagnose und eine adäquate medizinische Betreuung entscheidend.
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