Alzheimer-Medikamente: Aktuelle Forschung und Entwicklungen

Weltweit arbeiten Forscher an Therapieansätzen, um Demenzerkrankungen wie Alzheimer zu behandeln und idealerweise zu heilen. Bei der Alzheimer-Demenz sterben Nervenzellen im Gehirn ab, was zu einem fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten führt. Die genauen Ursachen der Krankheit sind noch nicht vollständig geklärt, was die Forschung vor große Herausforderungen stellt. Ein besonderes Problem ist der klinisch stumme Beginn der Erkrankung und ihr langer Verlauf.

Die Herausforderungen der Alzheimer-Forschung

„Alzheimer beginnt zunächst ohne Symptome, obwohl es schon erste Veränderungen im Gehirn gibt. Wenn dann die ersten Symptome auftauchen, sind in der Regel schon mehrere Jahre bis Jahrzehnte vergangen und die nachweisbaren Hirnveränderungen schon sehr weit fortgeschritten“, erklärt Prof. Dr. Thomas Arendt. Die Alzheimer-Krankheit ist durch Proteinablagerungen im Gehirn gekennzeichnet. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieb Alois Alzheimer Plaques aus Amyloid-beta und Faserbündel aus Tau.

Die Forschung konzentriert sich darauf, diese Ablagerungen durch Wirkstoffe entweder gar nicht erst entstehen zu lassen oder sie aufzulösen. Wissenschaftler haben sich zunehmend auf das Protein Amyloid-beta konzentriert, auf das aktuelle Antikörper-Wirkstoffe wie Donanemab und Lecanemab abzielen. Es werden aber auch andere Wege beschritten, beispielsweise das Stoppen von Entzündungsprozessen im Gehirn.

Fortschritte und Durchbrüche in der Alzheimer-Forschung

Das menschliche Gehirn besteht aus etwa 86 Milliarden Neuronen, die mit Milliarden von Synapsen verbunden sind. Wie das alles funktioniert, ist noch nicht vollständig verstanden. Dies stellt die Arzneimittelforschung und -entwicklung vor große Herausforderungen.

Dennoch könnte die Alzheimer-Forschung vor einer Wende stehen. Die europäische Zulassungsbehörde EMA prüft Zulassungsanträge für zwei monoklonale Antikörper. Diese können die Erkrankung zwar nicht heilen, haben aber in Studien gezeigt, dass sie das Fortschreiten der Demenzerkrankung deutlich bremsen können. Dies wäre ein bedeutender Fortschritt, da die Zahl der Betroffenen stetig steigt. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft geht davon aus, dass im Jahr 2050 bis zu 2,7 Millionen Menschen in Deutschland mit Demenz leben werden, die meisten davon betroffen von der Alzheimer-Erkrankung.

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Interview mit Jörg Schaub, Neuroscience, Lilly Deutschland

Jörg Schaub von Lilly Deutschland erklärt, dass jahrzehntelange Forschung endlich die ersten Arzneimittel hervorbringt, die an der Entstehung der Krankheit ansetzen. Die Komplexität des Gehirns und die unvollständige Kenntnis der dortigen Vorgänge haben die Entwicklung lange verzögert. Es gibt derzeit etwa 130 Moleküle, die weltweit erforscht werden, viele davon in frühen Stadien klinischer Studien.

Schaub betont, dass auch gescheiterte Studien wichtig sind, da sie Erkenntnisse liefern, um die Erkrankung besser zu verstehen. Lilly hat einen Antikörper entwickelt, der in klinischen Studien gezeigt hat, dass er im frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit das Fortschreiten der Erkrankung signifikant verzögern kann. Dieser Antikörper richtet sich gezielt gegen die Beta-Amyloid-Plaques und ist damit potentiell krankheitsmodifizierend.

Die Finanzierung solcher langwierigen Forschungsprojekte ist eine Herausforderung. Lilly reinvestiert mehr als 25 Prozent des gesamten Umsatzes in die Forschung und Entwicklung, was eine wichtige Voraussetzung für das Ziel ist, Menschen mit schweren Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit besser behandeln zu können.

Obwohl der Antikörper keine Heilung darstellt, kann er den Betroffenen und ihren Familien mehr Zeit geben, um Dinge zu tun, die für sie von Bedeutung sind, da sie länger selbstständig bleiben können. Zudem geht die Forschung in hohem Tempo weiter, was die Chance erhöht, die Erkrankung immer besser behandeln zu können.

Prävention und Früherkennung

Schaub betont, dass neben Arzneimitteln auch Prävention und Früherkennung wichtig sind. Es gibt 14 bekannte Risikofaktoren für die Alzheimer-Erkrankung. Wer auf diese achtet, kann das Risiko mindern und den Verlauf der Krankheit verzögern. Allerdings wird die Krankheit oft zu spät diagnostiziert, da eine Verschlechterung der Kognition im Alter oft als normal angesehen wird.

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Um dies zu ändern, ist seit November 2023 eine neue S3-Leitlinie Demenz in Kraft, die einen Paradigmenwechsel in der Diagnostik darstellt. Die Leitlinie empfiehlt eine klinische und Biomarker-gestützte Diagnostik, um eine Diagnose bereits im Stadium der leichten kognitiven Störung zu stellen. Dies ist besonders wichtig, da die neuen Medikamente zur Behandlung von Menschen mit einer frühen symptomatischen Alzheimer-Krankheit entwickelt wurden.

Lilly arbeitet eng mit verschiedenen Partnern zusammen, um die frühzeitige Versorgung von Alzheimerpatienten zu verbessern und verfolgt unterschiedliche Forschungsansätze, einschließlich des Einsatzes von medikamentösen Therapien in noch früheren Stadien der Alzheimer-Krankheit und anderer therapeutischer Targets als das Beta-Amyloid. Das Ziel ist, den Verlauf zu verlangsamen oder sogar zu stoppen.

Nanotechnologie in der Alzheimer-Therapie

Mehr als 26 Millionen Menschen leiden weltweit an Alzheimer. Bisher gibt es für diese fortschreitende Erkrankung des Gehirns keine Heilung. Vielversprechende Therapieversuche scheitern oft daran, dass die Medikamente nicht dort ankommen, wo sie gebraucht werden: im Gehirn der Alzheimer-Patienten.

Vergesslichkeit und Orientierungsstörungen sind oft erste Anzeichen für eine Alzheimer-Demenz. In Deutschland leiden rund 700.000 Menschen an Alzheimer, einer Erkrankung, bei der langsam fortschreitend Nervenzellen im Gehirn absterben. Eine Heilung gibt es bislang nicht.

Prof. Dr. Claus Pietrzik, Koordinator des internationalen Forschungsteams NanoBrain, erklärt, dass es zwar vielversprechende Ansätze gibt, um das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit zu verlangsamen, diese jedoch meist daran scheitern, dass die Medikamente nicht ins Gehirn gelangen. Das Gehirn wird durch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke abgeriegelt und geschützt. Diese Schranke verhindert, dass schädliche Substanzen, aber eben auch Alzheimer-Medikamente, in das Gehirn gelangen.

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Im Gehirn von Patienten mit Alzheimer-Demenz sterben Nervenzellen ab, was zu einer Schrumpfung des Gehirns um bis zu 20 Prozent führt. Zudem bilden sich zwischen den Nervenzellen typische Eiweißablagerungen, die Amyloid-Plaques. Bestimmte Medikamente, wie nichtsteroidale Anti-Rheumatika, können die Entstehung dieser Eiweißablagerungen stoppen - zumindest im Tiermodell. In großen klinischen Studien mit Alzheimer-Patienten haben die Medikamente jedoch noch nicht funktioniert, da der Wirkstoff wahrscheinlich nicht im Gehirn ankommt.

Die Forscher versuchen nun, mithilfe von Nanopartikeln dieses Alzheimer-Medikament in das Gehirn zu transportieren. Nanopartikel sind winzige Fettkügelchen, die mit Medikamenten beladen werden können. Die Nanopartikel werden mit Ankermolekülen versehen, die bestimmte Strukturen in der Blut-Hirn-Schranke erkennen. Diese Ankermoleküle binden gezielt einen Rezeptor auf der Blut-Hirn-Schranke und transportieren so die Nanopartikel und mit ihnen auch das Alzheimer-Medikament ins Gehirn.

Das Projekt NanoBrain wird im Rahmen des ERA-Netzes NEURON vom BMBF mit mehr als 500.000 Euro für drei Jahre gefördert. Neben Wissenschaftlern aus Mainz und vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik in St. Ingbert sind auch Forscher aus Österreich und Israel beteiligt.

Aktuelle Entwicklungen und Rückschläge

Die steigende Lebenserwartung führt zu einer Zunahme der Alzheimer-Fälle. Rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Demenz, wobei etwa 60 Prozent der Betroffenen Alzheimer haben. Bis 2070 könnten laut Robert Koch-Institut doppelt so viele Senioren an Alzheimer leiden wie derzeit.

In den vergangenen Monaten gab es vielversprechende Entwicklungen, aber auch Rückschläge. Ein Beispiel ist der Wirkstoff Lecanemab, der in den USA seit Anfang 2023 zugelassen ist. In Europa wurde die Zulassung von der EMA jedoch abgelehnt, da die Wirkung als zu schwach erachtet wurde und gleichzeitig schwere Nebenwirkungen wie Schwellungen und Blutungen im Gehirn möglich sind. Die EMA prüft jedoch noch einen weiteren Antrag auf Zulassung für den Antikörper Donanemab, dessen Wirkprinzip ähnlich ist wie bei Lecanemab, aber möglicherweise eine etwas größere Wirkung zeigt.

Die Therapie mit Antikörpern funktioniert vor allem im Frühstadium von Alzheimer und erfordert eine sehr gute Diagnostik sowie eine engmaschige Überwachung der Patienten per Hirnscan in einer Klinik.

Repurposing von Medikamenten

Eine spannende Richtung ist das "Repurposing", also die Umwidmung von Medikamenten. Forscher suchen nach Wirkstoffen, die eigentlich für andere Krankheiten zugelassen sind und möglicherweise auch einen Effekt auf beginnenden Alzheimer haben. Es gibt vielversprechende Studien mit Diabetesmedikamenten wie Gliflozinen, die laut einer Studie im British Medical Journal das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, reduzieren könnten. Auch bei den neuen Abnehmspritzen wie Wegovy wird eine positive Wirkung vermutet.

Die positiven Effekte könnten auf der Bremsung von Entzündungsprozessen im Gehirn oder der Verbesserung des Zuckerstoffwechsels im Hirn beruhen.

Impfung gegen Gürtelrose

Eine Studie im Fachmagazin Nature Medicine hat untersucht, wie sich der Impfstoff gegen Gürtelrose (Shingrix) auf den Ausbruch von Alzheimer auswirkt. Die Studie ergab, dass Alzheimer bei Geimpften im Schnitt rund ein halbes Jahr später diagnostiziert wurde als bei Ungeimpften. Eine Theorie besagt, dass die Impfung das Herpes-Zoster-Virus unterdrückt, das möglicherweise eine Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielt.

Risikofaktoren und Prävention

Eine Kommission des Fachmagazins Lancet Psychiatry hat 14 Risikofaktoren für Alzheimer zusammengetragen und die These aufgestellt, dass damit rund 45 Prozent aller Fälle vermieden werden könnten. Obwohl diese Zahl von vielen Fachleuten als zu hoch gegriffen angesehen wird, sind sich alle einig, dass man es zumindest ein Stück weit selbst in der Hand hat, ob und wann eine Alzheimererkrankung ausbricht.

Rauchen, Übergewicht und Diabetes steigern das Risiko genauso wie hoher Blutdruck und Bewegungsmangel. Neu hinzugekommen sind auf der Risikoliste: zu hohe Werte beim LDL-Cholesterin und Sehverlust. Schlechtes Sehen scheint genauso wie schlechtes Hören den Ausbruch von Alzheimer zu beschleunigen.

Unterstützung der Forschung durch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG)

Die DAlzG unterstützt regelmäßig Forschungsvorhaben im Bereich Demenz, insbesondere die Versorgungsforschung. Alle zwei Jahre schreibt die DAlzG eine Forschungsförderung im Bereich der Versorgungsforschung aus. Zudem unterstützt die DAlzG Forschungsprojekte auch praktisch, beispielsweise indem sie ihr Expertenwissen in Projektbeiräten zur Verfügung stellt.

Arbeitsgruppe „Demenz und Forschung"

Die Arbeitsgruppe „Demenz und Forschung" bezieht Menschen mit Demenz in Forschungsprojekte ein, um ihre Gedanken, Erfahrungen und ihr Wissen zu berücksichtigen. Die Arbeitsgruppe wurde im Rahmen des Projektes PraWiDem aufgebaut und wird von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft fortgeführt.

Lecanemab (Leqembi): Ein neuer Antikörper zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit

Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) ist ein neues Medikament zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit. Es richtet sich an Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) bei Alzheimer oder im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit. Seit April 2025 ist Leqembi in der EU zugelassen, in Deutschland aber noch nicht verfügbar. Derzeit laufen die Vorbereitungen für den Einsatz.

Leqembi reduziert schädliche Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn. Es ist der erste Alzheimer-Antikörper, der in der EU zugelassen wurde. Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn erkennt und bindet. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und baut die Plaques ab bzw. verhindert die Bildung neuer Plaques.

Einschränkungen und Voraussetzungen für die Behandlung mit Leqembi

Leqembi kann Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf aufhalten. Ziel der Behandlung ist es, den geistigen Abbau bei Menschen im frühen Krankheitsstadium zu verlangsamen. Wer mit Leqembi behandelt werden kann, muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden.

Der Wirkstoff kommt nur für Menschen infrage, die sich im frühen Stadium der Erkrankung befinden und bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Dazu zählen vor allem Personen mit einer Alzheimer-Diagnose im Stadium eines Mild Cognitive Impairment (MCI) oder im frühen Stadium einer Alzheimer-Demenz.

Die krankhaften Amyloid-beta-Ablagerungen müssen im Gehirn nachgewiesen werden - entweder durch eine Lumbalpunktion oder mittels Amyloid-PET. Auch genetische Voraussetzungen spielen eine Rolle: Erkrankte dürfen höchstens eine Kopie des sogenannten ApoE4-Gens tragen. Personen mit zwei Kopien sind wegen der erhöhten Gefahr für Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Leqembi eignet sich außerdem nicht für Menschen, die Gerinnungshemmer einnehmen. In Kombination mit dem Medikament steigt das Risiko für eine Hirnblutung deutlich.

Nur etwa 1 von 100 Menschen mit einer Alzheimer-Demenz erfüllt alle Voraussetzungen für die Behandlung mit Leqembi. Neben den medizinischen Voraussetzungen ist zusätzlich die Teilnahme an einem EU-weiten Register verpflichtend.

Vor dem Beginn der Behandlung mit Leqembi wird geprüft, ob die Patientin oder der Patient das so genannte ApoE4-Gen besitzt. Menschen mit einer doppelten Kopie dieses Gens (ApoE4-Homozygote) haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen und können deshalb nicht mit Leqembi behandelt werden.

Ablauf der Behandlung und Sicherheitsvorkehrungen

Die Behandlung mit Leqembi stellt neue Anforderungen an die ärztliche Versorgung. Es braucht eine frühzeitige Diagnose sowie spezialisierte Einrichtungen mit ausreichender personeller und technischer Ausstattung.

Leqembi wird als Infusion (Tropf) alle zwei Wochen direkt in die Vene verabreicht. Die Behandlung dauert jeweils etwa eine Stunde. Vor Beginn und während der Behandlung sind MRT-Untersuchungen notwendig, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder kleine Blutungen im Gehirn frühzeitig zu erkennen. Diese Untersuchungen müssen vor der 5., 7. und 14. Dosis erfolgen. Werden die vorgeschriebenen MRTs nicht durchgeführt, muss die Behandlung abgebrochen werden.

Treten während der Behandlung Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verwirrtheit oder Übelkeit auf, entscheiden die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, ob eine zusätzliche MRT-Untersuchung notwendig ist.

Die Behandlung mit Leqembi wird beendet, wenn sich die Alzheimer-Erkrankung deutlich verschlechtert und in ein mittelschweres Stadium übergeht.

Mögliche Nebenwirkungen

In Studien traten bei einem Teil der Teilnehmenden Nebenwirkungen auf - darunter Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H). Diese waren in den meisten Fällen symptomlos, wurden aber engmaschig kontrolliert. Bei den für die EU-Zulassung relevanten Patientengruppen - also Menschen mit höchstens einer Kopie des ApoE4-Gens - kam es in rund 13 % der Fälle zu Hirnblutungen und in 9 % zu Hirnschwellungen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen (11 %) und Infusionsreaktionen (26 %). In der Studie wurden drei Todesfälle gemeldet, von denen zwei mit der gleichzeitigen Einnahme von Gerinnungshemmern in Verbindung gebracht wurden.

Verfügbarkeit in Deutschland

Leqembi ist seit dem 15. April 2025 in der EU zugelassen - ein genauer Termin, ab wann Leqembi in Deutschland verschrieben werden kann, steht noch nicht fest. Vor der Markteinführung muss der Hersteller zusätzliche Auflagen erfüllen. Dazu zählen unter anderem ausführliche Aufklärungsunterlagen und eine sogenannte Patientenkarte.

Klinische Studien und Wirksamkeit von Lecanemab

Der Wirkstoff Lecanemab wurde in den vergangenen zehn Jahren mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern in verschiedenen klinischen Studien untersucht. Ausschlaggebend für die Zulassung waren die Ergebnisse der Phase-3-Studie CLARITY AD, die im November 2022 auf der Alzheimer-Konferenz Clinical Trial on Alzheimer´s Disease (CTAD) vorgestellt wurden.

An der CLARITY AD-Studie hatten insgesamt 1.795 Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter Alzheimer-Demenz teilgenommen. Während des 18-monatigen Untersuchungszeitraums wurde in regelmäßigen Abständen kognitive Fähigkeiten, wie das Gedächtnis, die Orientierung oder die Fähigkeit, Probleme zu lösen, von Fachleuten überprüft. Ergebnis der Studie war, dass die Krankheit bei denjenigen, die Lecanemab erhielten, um 27 Prozent langsamer voranschritt als bei der Kontrollgruppe.

Trotz der messbaren Wirksamkeit wird die Wirkung von Leqembi von vielen Expertinnen und Experten eher als moderat eingeschätzt. Es ist fraglich, inwieweit die Wirkung für die Betroffene spürbar ist und im Alltag einen Unterschied macht. Die Studie hat jedoch gezeigt, dass sich der verzögernde Effekt mit der Dauer der Einnahme zunimmt. Das könnte bedeuten, dass eine Einnahme über den Zeitraum der bisher untersuchten 18 Monate hinaus die Wirksamkeit von Lecanemab noch erhöht.

Stellungnahme von Prof. Dr. Gabor Petzold zum Alzheimer-Wirkstoff Lecanemab

Prof. Dr. Gabor Petzold, Direktor der Klinischen Forschung am DZNE und Sektionsleiter Vaskuläre Neurologie am Uniklinikum Bonn, betont, dass die europäische Zulassung von Lecanemab einen Gamechanger und den Beginn einer neuen Ära darstellt, da erstmals ein Medikament zur Verfügung steht, das nicht nur auf die Symptome der Krankheit zielt, sondern gegen ihre Ursachen wirkt.

Er weist darauf hin, dass die EMA im Sommer eine Zulassung für den Alzheimer-Wirkstoff Lecanemab noch abgelehnt hatte und diese Entscheidung von Forschern des DZNE deutlich kritisiert wurde. Die EMA empfiehlt nun doch eine Zulassung, da der Hersteller Daten vorgelegt hat, bei denen eine Patientengruppe ausgeklammert wurde, bei der die Gefahr von Nebenwirkungen besonders hoch ist (Erkrankte mit einer bestimmten Genvariante).

Voruntersuchungen und Spezialisierung

Die Therapie mit Lecanemab erfordert einige Voruntersuchungen, um festzustellen, ob die Patient:innen zweifelsfrei an Alzheimer erkrankt sind und ob Lecanemab geeignet ist. Es werden standardisierte Testmethoden, Untersuchungen des Nervenwassers oder des Gehirns der Patient:innen durchgeführt. Aus Studien ist bekannt, dass das Risiko für Nebenwirkungen besonders hoch ist bei Patient:innen, bei denen das Gen ApoE4 doppelt vorliegt. Die EMA hat sie von der Behandlung mit Lecanemab ausgeschlossen. Auch Menschen, die regelmäßig bestimmte Blutverdünner einnehmen, werden von der Therapie ausgeschlossen, denn bei ihnen ist die Gefahr für Hirnblutungen erhöht. Von allen Patient:innen muss zudem eine Kernspintomographie des Kopfes gefertigt werden, um bestimmte Mikroblutungen im Hirn nachzuweisen.

Die Voruntersuchungen sind umfangreich, können aber auch von größeren nicht-universitären Häusern, Gedächtnisambulanzen oder auch Schwerpunktpraxen durchgeführt werden, da eine gewisse Spezialisierungsgrad und Expertise notwendig sein werden.

Kosten und zukünftige Entwicklungen

Die Kosten für Lecanemab sind noch unklar und müssen im Gemeinsamen Bundesausschuss verhandelt werden. Zusätzlich entstehen auch Kosten für die doch recht aufwendigen Untersuchungen im Vorfeld, etwa bei den Aufnahmen im MRT. Und auch während der Behandlung mit Lecanemab müssen MRT-Scans gefertigt werden, mindestens vier, um sicher zu gehen, dass keine Hirnblutungen auftreten.

Petzold rechnet damit, dass in den kommenden Jahren eine ganze Reihe von Wirkstoffen auf den Markt kommt. So hat zum Beispiel bereits ein weiterer Hersteller die Zulassung für einen Antikörper beantragt, der ebenfalls gegen die Amyloid-Proteine wirkt. Auch zu diesem Präparat wird die EMA in nicht allzu ferner Zukunft eine Empfehlung abgeben. Zudem können auch die Antikörper-Therapien selbst noch verbessert, also ihre Wirkung verstärken und Nebenwirkungen abschwächen werden.

Es gibt ein zweites Protein, das Alzheimer auslöst, es nennt sich Tau. Auch zu ihm gab es bereits erste ermutigende Studien, die zeigen, dass bestimmte Medikamente in der Lage sind, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Interessant sind auch Kombinationstherapien: In Zukunft könnten wir vielleicht mit Präparaten arbeiten, die sowohl Antikörper gegen Amyloid als auch gegen Tau enthalten. Oder diese um Medikamente aus ganz anderen Bereichen ergänzen: Die neuen Schlankmacher-Spritzen etwa scheinen eine positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf bei Alzheimer-Patient:innen zu haben.

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