Das menschliche Gehirn ist ein faszinierendes Organ, das uns jeden Tag aufs Neue überrascht. Es steuert nicht nur lebenswichtige Funktionen, sondern ist auch der Sitz unseres Bewusstseins, unserer Emotionen und unseres Gedächtnisses. Obwohl es nur etwa zwei bis drei Prozent unserer Körpermasse ausmacht, verbraucht es rund 20 Prozent unserer gesamten Energie- und Sauerstoffaufnahme. Das Gehirn ist wahrlich ein Wunderwerk der Natur, das es verdient, näher betrachtet zu werden.
Die unglaubliche Vielfalt unseres Körpers
Bevor wir uns auf das Gehirn konzentrieren, werfen wir einen Blick auf einige verblüffende Fakten über unseren Körper im Allgemeinen. Wussten Sie, dass Fingernägel etwa 0,5 bis 1,2 Millimeter pro Woche wachsen, also etwa dreimal so schnell wie Zehennägel? Interessanterweise wächst der Mittelfingernagel am schnellsten und der Daumennagel am langsamsten. Auch die Durchblutung spielt eine Rolle: Bei Rechtshändern wachsen die Nägel der rechten Hand schneller als die der linken, da sie stärker beansprucht wird.
Schon beim Stirnrunzeln werden mehr als 40 Muskeln aktiviert, während beim Lächeln 17 Gesichtsmuskeln beteiligt sind. Insgesamt sorgen rund 650 Muskeln für die Bewegung unseres Körpers und machen etwa ein Drittel unserer gesamten Körpermasse aus.
Unsere Atmung ist ebenfalls bemerkenswert: Etwa 12 bis 17 Mal pro Minute strömt ein halber Liter Luft in unsere Lungen. Bei Belastung kann sich diese Frequenz verdreifachen, wodurch sich der Gasaustausch in den Lungen um das 20-fache erhöht. Die Atemfrequenz hängt jedoch auch vom Alter ab: Neugeborene atmen etwa 50 Mal pro Minute ein und aus, während Schulanfänger nur noch halb so oft atmen.
Die Haut ist ein weiteres Organ, das sich ständig erneuert. Jeden Monat wird die äußerste Schicht der Epidermis (Oberhaut) komplett ersetzt, wobei jede Minute etwa 30.000 schuppenartige, tote Zellen abfallen.
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Unsere Sinnesorgane sind ebenfalls erstaunlich. Das menschliche Auge kann mindestens 2,3 Millionen Farben unterscheiden, sofern keine Farbsehschwäche vorliegt. Unser Ohr ist so komplex aufgebaut, dass es kein Ingenieur nachbauen könnte. Mit einer Dicke von nur 0,1 Millimetern ist unser Trommelfell etwa doppelt so dick wie ein Haar, kann aber dennoch dem Druck eines Fahrradschlauchs standhalten.
Das Herz pumpt jeden Tag etwa 8.000 Liter Blut durch unser über 100.000 Kilometer langes Gefäßsystem, das Venen, Arterien und alle kleinen Verästelungen umfasst. Dies entspricht dem zweieinhalbfachen Umfang der Erde.
Neugeborene haben im Gegensatz zu Erwachsenen zusätzliche Skelettteile. Ihr Skelett besteht aus mehr als 300 Knochen und Knorpeln. Normalerweise hat ein Mensch 12 Rippenpaare, aber etwa acht Prozent der Menschen haben ein zusätzliches Rippenpaar.
Die menschliche Nase kann schätzungsweise eine Billion verschiedene Duftnoten unterscheiden. Beim Niesen beschleunigt sich die Ausatemluft durch den Reflex auf über 160 Stundenkilometer. Ein Niesen kann nicht nur durch Staub oder eine Erkältung ausgelöst werden, sondern auch durch helles Sonnenlicht oder sexuelle Erregung.
Unser zweitgrößtes Organ ist der Darm mit einer Länge von etwa acht Metern. Würde man ihn entfalten und ausbreiten, wäre seine Oberfläche größer als ein Tennisfeld. Auf und in unserem Körper leben etwa 100 Billionen Mikroorganismen.
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Der Magen ist wie ein Ballon, der im leeren Zustand nur etwa 20 Zentimeter lang ist, aber bis zu 1,6 Liter fassen kann. Neun verschiedene Speicheldrüsen produzieren im Laufe eines Menschenlebens etwa zwei Schwimmbecken voll Speichel, also etwa eineinhalb Liter pro Tag. Dieser Speichel enthält bakterienhemmende Stoffe und ist wichtig für die Gesundheit der Zähne und die Verdauung von Kohlenhydraten.
Menschen sind die einzigen Lebewesen, die aus emotionalen Gründen wie Rührung oder Trauer weinen. Insgesamt kommen im Laufe unseres Lebens etwa 70 Liter Tränen zusammen. Die Tränenflüssigkeit ist auch wichtig, um unsere Augen gesund zu halten.
Der Körper eines Erwachsenen besteht zu etwa 60 Prozent aus Wasser, ergänzt durch Eiweiß, Fett, Zucker und Salze. Insgesamt sind 23 essenzielle chemische Elemente am Aufbau eines Menschen beteiligt, darunter Kalium, Chlor, Magnesium und Natrium. Unser Körper besteht aus etwa 180 bis 300 Gramm Salz, das wir durch Schwitzen verlieren und regelmäßig ersetzen müssen.
Das Gehirn: Eine Schaltzentrale voller Überraschungen
Nach diesem Ausflug in die Welt der Körperfakten kommen wir zurück zum eigentlichen Thema: dem Gehirn. Es ist unbestreitbar das größte Wunderwerk der Evolution in unserem Kopf. Es besteht aus rund 86 Milliarden Nervenzellen und ist eine beeindruckende Schaltzentrale der Informationsverarbeitung. Obwohl es nur etwa drei Prozent unserer gesamten Körpermasse ausmacht, beansprucht es 15 Prozent des Gesamtenergiebedarfs.
Das Gehirn ist an allen Vorgängen in unserem Körper mehr oder weniger beteiligt. Daher können Schädigungen des Gehirns zu vielschichtigen Beeinträchtigungen in den verschiedensten Funktionsbereichen mit teilweise gravierenden Auswirkungen führen. Erworbene Hirnschädigungen können sowohl im Kindesalter vor Ausreifung des Nervensystems auftreten als auch im Erwachsenenalter.
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In Deutschland sind jährlich bis zu 550.000 Menschen von Beeinträchtigungen der Hirnfunktionen betroffen, beispielsweise durch Unfälle, Verletzungen oder Krankheiten. Eine häufige Ursache für Hirnschädigungen ist der Schlaganfall, bei dem es zu Blutungen, Verschlüssen oder Gefäßverengungen im Gehirn kommt, die eine Unterversorgung oder einen zu starken Druck auf bestimmte Strukturen zur Folge haben. Mit jährlich etwa 280.000 Fällen gehört der Schlaganfall zu den häufigsten Erkrankungen in Deutschland. Umgerechnet erleidet alle zwei Minuten jemand einen Schlaganfall.
Die Diagnose einer Hirnschädigung ist für Betroffene und Angehörige oft mit großer Unsicherheit und Selbstzweifeln verbunden. Sie führt zu Einschränkungen im Alltag, im Beruf und im Sozialleben der Betroffenen und verändert auch das Leben der Familienmitglieder.
Irrtümer und Fakten über unser Denkorgan
Es gibt viele Mythen und Missverständnisse über das Gehirn. Einer der bekanntesten ist, dass wir nur 10 Prozent unseres Gehirns nutzen. Das ist jedoch falsch. Abgesehen vom Denken ist das Gehirn auch für die Steuerung von lebenswichtigen, aber unbewussten Körperfunktionen zuständig. Da wir unser ganzes Gehirn nutzen, führt auch jede Schädigung in der Regel zu Einschränkungen.
Ein weiterer Irrtum ist, dass Kopfschmerzen Gehirnschmerzen sind. Obwohl alle Schmerzwahrnehmungen ans Gehirn gemeldet und dort verarbeitet werden, kann das Organ selbst keine Schmerzen empfinden. Bei Kopfschmerzen schmerzen also nicht das Gehirn, sondern die Blutgefäße der Hirnhaut.
Im Gegensatz zu einem Computer hat unser Gehirn keine begrenzte Speicherkapazität. Während unser Kurzzeitgedächtnis nur wenig Platz hat, kann unser Langzeitgedächtnis unbegrenzt Informationen aufnehmen. Alle dort gespeicherten Erinnerungen bleiben erhalten, selbst wenn wir sie vergessen haben. Vergessen bedeutet nur, dass wir auf die Informationen nicht mehr zugreifen können.
Auch Erinnerungen sind nicht immer zuverlässig. Hirnforscher haben herausgefunden, dass Menschen ihre Erinnerungen meist verschönern und bei jedem Abruf etwas variieren, weil die Situation des letzten Abrufs Einfluss darauf nimmt.
Medikamente, die beispielsweise bei ADHS die Konzentrationsfähigkeit erhöhen, verbessern die geistige Leistung gesunder Menschen nicht. Medizinische Studien zeigen, dass Hirndoping-Medikamente bei Gesunden unberechenbar wirken, teils verschlechternd und selten besser als Placebos.
Das Gehirn hat einen enormen Energiebedarf. Es verbraucht etwa ein Fünftel von dem, was wir essen und einatmen - obwohl es nur zwei Prozent der Gesamtmasse ausmacht.
Kreuzworträtsel und Sudokus helfen kaum, geistig fit zu bleiben. Zwar gilt grundsätzlich auch fürs Gehirn: Wer rastet, der rostet. Doch der Trainingseffekt, den viele sich von Kreuzworträtseln oder Sudokus versprechen, lässt sich nicht nachweisen. Rätsel fragen altes Wissen ab, Denkarbeit sollte jedoch anstrengen und Routinen sprengen, damit sie das Gehirn fit hält. Ein Musikinstrument, eine Sprache oder Tänze zu lernen senkt das Demenzrisiko viel nachhaltiger.
Eine ausgewogene Ernährung ist nicht nur wichtig, um Herz- und Kreislauferkrankungen vorzubeugen, sondern auch fürs Gehirn. Fette, wie sie in panierten Speisen und vielen Fastfood-Produkten stecken, führen zu Ablagerungen im Gehirn. Diese blockieren Reizübertragungen und lösen Entzündungen aus. Dadurch sterben Nervenzellen ab.
Alzheimer-Demenz wird nur in etwa einem Prozent aller Fälle eindeutig erblich bedingt. Diese Betroffenen erkranken in der Regel früh, zwischen dem 30. und dem 65. Lebensjahr.
Rotwein und Schokolade verursachen keine Migräne-Attacken. Oft entsteht der Heißhunger auf Schokolade erst durch eine ohnehin bevorstehende Attacke. Menstruationszyklus-Phasen und Stress gelten aber immer noch als Trigger für Migräne-Attacken.
Schwindel kann auch durch psychische Erkrankungen entstehen. Die zweithäufigste Schwindelform (über 15 Prozent) ist der phobische Schwankschwindel, der im Rahmen von Angsterkrankungen auftritt.
Etwa fünf Prozent der Deutschen, also jeder zwanzigste, erleidet mindestens einmal im Leben einen epileptischen Anfall.
Bei einem Schlaganfall ist schnelles Handeln gefragt. Ein bewährter Schnell-Check heißt „F-A-S-T“: Er steht für face (Gesicht), in dem ein Lächeln möglich sein sollte. Dann sollte man den Betroffenen bitten, die Arme (arms) zu heben und einen einfachen Satz nachzusprechen (speech = Sprache). Time (Zeit) heißt: Falls dies nicht klappt, muss es schnell gehen.
Bei Multipler Sklerose beruhigt sich die Autoimmun-Erkrankung während der Schwangerschaft meist sogar: Schübe werden seltener oder bleiben gar aus.
Nicht alle MS-Patienten benötigen später einen Rollstuhl. Bei nur etwa fünf Prozent der Multiple Sklerose-Erkrankten führt die Krankheit innerhalb weniger Jahre zu einer körperlichen Behinderung.
Bei Parkinson kann die Implantation eines Hirnschrittmachers helfen, wenn sich die Krankheitssymptome mit Medikamenten nicht beherrschen lassen.
Vor einer Gehirnoperation erstellen Neurochirurgen mithilfe des Mappings eine Karte der Gehirnfunktionen, um beispielsweise die Entfernung eines Tumors zu den Sprachzentren und deren Verbindungsbahnen abschätzen und diese während der Operation schonen zu können.
Nach dem Tod Albert Einsteins entnahm der Pathologe Thomas Harvey heimlich und ohne Genehmigung dessen Gehirn, konservierte es und fertigte unzählige Gewebeproben an. Noch heute befinden sich Teile von Einsteins Gehirn in verschiedenen amerikanischen Museen.
Das Coronavirus kann das Nervensystem in Mitleidenschaft ziehen, weshalb man auch von Neuro-Covid spricht. Etwa 80 Prozent der Patient*innen, die mit einer Coronaviruserkrankung im Krankenhaus behandelt werden, haben neurologische Beschwerden.
Weitere faszinierende Fakten über unser Gehirn
- Es gibt kein Multitasking: Unser Gehirn kann nicht mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen. Wenn wir denken, dass wir Multitasking betreiben, schaltet es in Wirklichkeit sehr schnell zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her.
- Das Gehirn braucht Bewegung: Bewegung ist für unser Gehirn genauso wichtig wie für unseren Körper. Sie hilft uns, uns Dinge besser zu merken und kreativ zu sein.
- Alkohol und Vergessen: Wenn wir Alkohol trinken und uns nicht mehr genau erinnern, was wir letzte Nacht getan haben, liegt das daran, dass unser Gehirn während des Betrunkenseins nicht in der Lage ist, Erinnerungen zu speichern.
- Das Gedächtnis ändert sich: Unsere Erinnerungen sind ständig im Fluss und können sich im Laufe der Zeit verändern.
- Der freie Wille: Selbst wenn wir keinen freien Willen haben, erfindet unser Gehirn eine Geschichte, die impliziert, dass wir einen hätten.
- Das Gehirn hat keine Schmerzrezeptoren: Deshalb sind Hirnchirurgen in der Lage, Operationen an Patienten durchzuführen, während diese wach sind.
- Zahlen und Fakten:
- Das Gehirn macht etwa 2 % des Gesamtgewichts unseres Körpers aus, verbraucht aber 20 % unserer gesamten Energie- und Sauerstoffaufnahme.
- Es besteht zu 73 % aus Wasser.
- 60 % des Trockengewichts des Gehirns sind Fett.
- Es enthält etwa 86 Milliarden Gehirnzellen.
- Die Länge aller Nervenbahnen des Gehirns eines erwachsenen Menschen beträgt etwa 5,8 Millionen Kilometer.
- Schlafentzug tötet Gehirnzellen ab: Ein gesunder und ausreichender Schlaf ist die Grundlage für Wohlbefinden und Gesundheit.
- Das Internet erschöpft das Gehirn: Zu viel Smartphone- und Internetnutzung kann einen ADHS-ähnlichen Zustand fördern.
- Während des ersten Lebensjahrs verdreifacht sich das Gehirn: Ein zwei Jahre altes Kleinkind hat bereits ein zu 80 % ausgewachsenes Gehirn.
- Unbegrenzter Speicherplatz: Die Speicherkapazität unseres Gehirns ist praktisch unbegrenzt.
- Das Gehirn denkt negativ: Von den Tausenden von Gedanken, die ein Mensch jeden Tag hat, sind schätzungsweise 70 % negativ.
- Es gibt keine dominante Gehirnhälfte: Fast alle Hirnfunktionen erfordern das Zusammenspiel beider Hirnhälften.
- Unsere Gehirne sind erst mit 25 Jahren „ausgereift“: Der präfrontale Kortex, der für das Denken höherer Ordnung verantwortlich ist, ist als letztes fertig entwickelt.
- Das Gehirn kann bis ins hohe Alter wachsen: Es gibt sie: die Neurogenese.
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