Die neurologische Versorgung in Bayreuth und Umgebung ist breit gefächert und bietet spezialisierte Behandlungen für ein weites Spektrum an neurologischen Erkrankungen. Dieser Artikel gibt einen detaillierten Einblick in die verschiedenen Schwerpunkte und Angebote der neurologischen Kliniken und Zentren in der Region.
Schlaganfall und vaskuläre Erkrankungen
Der Schlaganfall stellt in Deutschland die zweithäufigste Todesursache dar, mit jährlich etwa 250.000 Neuerkrankungen. Eine rasche Diagnose und sofortige Therapieeinleitung sind entscheidend für den Krankheitsverlauf. Innerhalb der ersten Minuten oder Stunden nach Symptombeginn kann versucht werden, ein verschlossenes Blutgefäß durch Lyse (medikamentöse Auflösung eines Gerinnsels) wieder zu öffnen.
Neben der Akuttherapie ist es wichtig, Risikofaktoren schnell zu erkennen und konsequent zu behandeln, um weitere Schlaganfälle zu verhindern. Bei einer kritischen Engstelle (Stenose), die in der Ultraschall-Diagnostik festgestellt wird, kann in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen eine Operation oder Ballondilatation (Stent) durchgeführt werden.
Die Klinik für Neurologie in Bayreuth ist als überregionales Schlaganfallzentrum anerkannt und versorgte im Jahr 2009 1.200 Schlaganfallpatienten. Für die Akutbehandlung steht eine spezialisierte Schlaganfall-Einheit (Stroke Unit) zur Verfügung. Beatmungspflichtige Patienten werden auf einer neurointensivmedizinisch spezialisierten Intensivstation betreut. Nach Abschluss der Stroke Unit-Behandlung erfolgt die Weiterversorgung schwer kranker Patienten auf der Station für Frührehabilitation. Bei geringen Behinderungen kann eine heimatnahe Verlegung in eine neurologische Rehabilitationsklinik erfolgen. In bestimmten Fällen ist nach der vollstationären Behandlung eine längerfristige Nachsorge in der Tagesklinik möglich.
Längerfristig ist die konsequente Einleitung sekundärpräventiver Maßnahmen erforderlich, um weitere Schlaganfälle zu verhindern. Hierzu steht im Rahmen eines Forschungsprojekts eine Präventionsambulanz zur Verfügung. Zur Verbesserung der Schlaganfallversorgung in Nordbayern wurde STENO gegründet, wobei Bayreuth eines der drei Zentren ist, die mit einem telemedizinischen Konsildienst 18 weitere Kliniken versorgen. Bei schwierigen Fällen kann somit direkt die Verlegung ins Zentrum veranlasst werden.
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Multiple Sklerose und Neuroimmunologie
Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste neurologische Erkrankung im jungen Erwachsenenalter, mit etwa 150.000 bis 180.000 Erkrankten in Deutschland. In 90 % der Fälle beginnt die Erkrankung schubförmig-remittierend und geht in 50 % der Verläufe nach etwa 10 Jahren in den sekundär chronisch-progredienten Verlauf über. Seit der Entwicklung der Interferon beta-Präparate im Jahr 1996 ist es möglich, MS wirksam zu behandeln. Seitdem hat es einen enormen Wissensgewinn gegeben, wie die Erkrankung heute individualisiert behandelt werden kann. Jeder Patient benötigt ein spezielles Therapieschema, um Krankheitsstabilität zu erreichen. In einigen Fällen sind zahlreiche Medikamentenumstellungen oder Kombinationsbehandlungen notwendig, um eine optimale Behandlung zu erzielen.
Neben der Basistherapie, die präventiv Krankheitsschübe und sekundäre Verschlechterung verhindern soll, spielt die Therapie der Symptome eine wichtige Rolle bei der MS-Behandlung. Viele Patienten leiden unter Blasenstörungen, Schmerzen, Spastik, Depression, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder sexuellen Störungen als Folge der Multiplen Sklerose. Auch in diesen Bereichen ist es mittlerweile möglich, durch innovative Therapie und enormen Wissensgewinn die Lebensqualität der Betroffenen entscheidend zu verbessern. Neben den vorhandenen Medikamenten werden derzeit zahlreiche neue Medikamente als Tabletten oder Infusionen in Deutschland entwickelt.
Zur Behandlung von MS-Kranken wurde in Bayreuth 2007 das Nordbayerische MS-Zentrum gegründet und 2009 von der Deutschen Multiple Sklerose-Gesellschaft (DMSG) zertifiziert. Derzeit betreut das MS-Zentrum 1.800 Patienten aus einem weiten Einzugsbereich (Nordbayern, Thüringen, Hessen und Sachsen). Je nach Schweregrad der Erkrankung und Fragestellung erfolgt die Versorgung in abgestuften Versorgungsstrukturen, beginnend mit der MS-Ambulanz, Tagesklinik, Frührehabilitation und Akutstation. Bei der Behandlung werden alle derzeit verfügbaren Therapien eingesetzt, einschließlich Plasmapherese, intrathekaler Triamcinolon-Therapie oder Chemotherapien. Falls keine zugelassenen Medikamente einsetzbar sind, besteht die Möglichkeit, an derzeit acht klinischen Prüfungen der Phase II bis IV mit verschiedensten Medikamenten teilzunehmen. Da viele Patienten aus weiter entfernten Gegenden versorgt werden, besteht über eine Telefon-Hotline die Möglichkeit, jederzeit Rücksprache zu nehmen, ob ein kurzfristiger Termin notwendig ist.
Neben der Multiplen Sklerose existieren zahlreiche andere neuroimmunologische Erkrankungen, die das Nervensystem betreffen können. Am häufigsten sind die Myasthenia gravis sowie Immunneuropathien, für die spezielle Behandlungsmethoden vorgehalten werden. Zusätzlich kommt es bei Kollagenosen und Vaskulitiden häufig zu neurologischen Komplikationen, die besondere Behandlungsmethoden erfordern. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit der Rheumatologischen Abteilung der Klinik Hohe Warte.
Frührehabilitation neurologischer Erkrankungen (Phase B) und Klinik für Schädel-Hirn-Verletzte
Auf der 40-Betten-Station werden nach einem interdisziplinären Behandlungskonzept Patienten nach Schlaganfall (Ischämie, Blutung, SAB), Schädel-Hirn-Trauma, hypoxischem Hirnschaden oder anderen schweren neurologischen Erkrankungen betreut, die die Eingangskriterien für eine Behandlung der Phase B erfüllen. Durch die Einbindung der Station in das Akutkrankenhaus können in enger Kooperation mit Intensivstation, Stroke Unit und Neurochirurgischer Klinik Patienten sehr früh nach einer Hirnschädigung übernommen werden. Sowohl interventionelle (PEG-Sondenanlage) als auch operative (ventrikuloperitonealer Shunt, Schädeldachplastik, Tracheostomaverschluss) Eingriffe werden in der Regel direkt von der Station aus durchgeführt, ohne dass eine Verlegung des Patienten erforderlich ist. Diese akutmedizinische Ausrichtung unterscheidet die Frührehabilitation in der Klinik Hohe Warte von anderen Phase-B-Abteilungen, die Reha-Kliniken angegliedert sind.
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Mitglieder der therapeutischen Teams sind neben den Ärzten und Pflegekräften Physio-, Ergo- und Sprachtherapeuten, Neuropsychologen sowie Orthoptisten, Sporttherapeuten und Sozialarbeiter. 90 % der Patienten stammen aus dem eigenen Haus. Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 33 Tage. Etwa 20 bis 25 % der Patienten sind tracheotomiert. Bei Notwendigkeit einer intermittierenden Beatmung werden die Patienten auf der Intensivstation betreut.
Als weitere Spezialisierung können auch Patienten im Rahmen des Konzepts „Frührehabilitation bei Multipler Sklerose" behandelt werden. Dies betrifft MS-Patienten, die aufgrund der Krankheitsprogression und/oder spezieller Probleme (Spastik, Schmerzen, Blasenstörung, kognitive Störungen, Fatigue) von einem verdichteten Programm profitieren. Dieses beinhaltet neben umfassender Diagnostik (MRT, Urodynamik, Elektrophysiologie) Therapieschemata wie Hochdosis-Cortison-Stoßtherapien, Gabe von Mitoxantron, etc. sowie störungsspezifisch intensive Physio-, Ergo- und Sporttherapie, ggf. ergänzt durch neuropsychologisches Training. Die Behandlungsdauer beträgt hierfür zwei bis drei Wochen.
Neuro-Intensivmedizin
Die Neuro-Intensivmedizin umfasst die schnellstmögliche Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen des gesamten Nervensystems unter intensivmedizinischen Bedingungen. Typische Krankheitsbilder sind das Schädel-Hirn-Trauma, Subarachnoidalblutungen, intrazerebrale Blutungen, Querschnittlähmungen, bakterielle Meningitis, Guillain-Barré-Syndrom, Spondylodiszitiden. Durch die Einbindung in ein Akutkrankenhaus der Maximalversorgung und die spezifische Abteilungsstruktur der Betriebsstätte Hohe Warte stehen alle diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten einer Maximalversorgung zur Verfügung.
Apparativ wird das spezielle Leistungsspektrum unterstützt durch Neuromonitoring (EEG, Elektrophysiologie, Neurosonographie, Liquordiagnostik, Hirndruckmessung), erweitertes Kreislaufmonitoring (PICCO, Pulmonaliskatheter), Endoskopie (Bronchoskopie, gastroenterologische Endoskopie) sowie bei Bedarf Echokardiographie (transthorakal und transösophageal). In Zusammenarbeit mit der Nephrologischen Abteilung erfolgt bei Bedarf die Haemodialyse und Plasmapherese. Intrakranielle und wirbelsäulenchirurgische Eingriffe werden durch die Abteilungen für Querschnittgelähmte und Neurochirurgie jederzeit durchgeführt. In Zusammenarbeit mit der Allgemeinchirurgie und Unfallchirurgie kann auch ein erweitertes operatives Spektrum behandelt werden.
Aufgrund langjähriger Erfahrungen mit Langzeit-Beatmungspatienten und der interdisziplinären Aufstellung, einschließlich der Pflegekräfte und des Therapieteams (Physiotherapie und Ergotherapie), können schwere Weaningverfahren inklusive Dilatationstracheotomien, kinetische Therapie und Betreuung von langzeitbeatmeten Patienten mit Heimbeatmungsgeräten auch auf den peripheren Stationen durchgeführt werden. Aufwändige Diagnostik (NMR, CT, Angiographie, Szintigraphie) sind auch bei beatmeten Intensiv-Patienten jederzeit möglich.
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Das Intensivteam besteht aus Neurologen und Anästhesisten sowie Weiterbildungsassistenten aus der Orthopädie und Neurochirurgie (2 Oberärzte, 2 Fachärzte, 7 Weiterbildungsassistenten). Neben der Betreuung der Intensivstation obliegt dem Team auch die Zuständigkeit für die Notfallversorgung der Betriebsstätte Hohe Warte sowie der Notaufnahme. Durch die Interdisziplinarität des Teams, eingebettet in die Organisationsstruktur der Klinik für Neurologie, ist es möglich, neben den intensivmedizinischen Basistechniken alle diagnostischen und therapeutischen Techniken der spezialisierten Neuro-Intensivmedizin vorzuhalten. Die Versorgung erfolgt auf universitärem Spitzenniveau und bedient sich auch neuerer, noch nicht routinemäßig angewandter Techniken. Nach Entlassung aus der Intensivstation erfolgt die Weiterverlegung der Patienten in der Regel auf die Abteilung für Querschnittgelähmte oder die Frührehabilitation. Falls notwendig, erfolgt die vorübergehende Unterbringung auf der Intermediate Care Unit in der Neurologie oder Neurochirurgie.
Notaufnahme
Die interdisziplinäre Notaufnahme befindet sich in einem modernen Neubau in der Nähe der Stroke Unit / Intermediate Care Station, Intensivstation und der Notfall-Diagnostik. Sie ist ständig mit einem Arzt und Pflegepersonal besetzt, um stationäre Aufnahmen, prästationäre oder ambulante Behandlungen zu organisieren und durchzuführen. Der Dienstarzt wird bei Bedarf durch den Arzt der Schlaganfallstation verstärkt. Die Station nimmt alle überwachungspflichtigen Patienten und Patienten mit Schlaganfall auf, jährlich etwa 2.500 Patienten.
Alle 14 Betten der Stroke Unit/Intermediate Care Station (ICU) sind monitorüberwacht. Neben engmaschiger klinischer Überwachung werden kontinuierlich Blutdruck, Herzstromkurve (EKG), Herz- und Atemfrequenz, Sauerstoff-Sättigung, Temperatur und Blutzucker aufgezeichnet. Das Pflegepersonal und das therapeutische Team sind speziell geschult. Physiotherapie (Krankengymnastik) und Sprachtherapie, Schluck- und Ergotherapie werden an 7 Tagen der Woche durchgeführt. Neuropsychologen, Sozialarbeiter und eine Orthoptistin sind in das Team eingebunden. Das Ärzteteam besteht aus einem Oberarzt, sieben Stationsärzten und einem internistischen Oberarzt. Die Stationsärzte arbeiten ganztags im Schichtbetrieb, um Diagnostik und Therapie der akut erkrankten Patienten zu gewährleisten. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Neuroradiologischen Abteilung, der Neurochirurgie und der Gefäßchirurgie. Alle Untersuchungen sind ohne lange Transportwege im Stationsbereich möglich, die Röntgen-/CT-/MRT-Untersuchungen auf Stockwerksebene. Aufnahme, Diagnostik und Therapie erfolgen mithilfe von Algorithmen und einem hausinternen Stroke-Leitfaden.
Für die intensivmedizinische Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems (Schädel-Hirn-Traumata, Schlaganfall, Hirnblutungen, traumatische Rückenmarkserkrankungen, Spondylodiszitiden, bakterielle Meningitis, Guillain-Barré-Syndrom, Status Epilepticus) sowie postoperative Überwachung auch orthopädischer und urologischer Patienten stehen 16 modern ausgestattete Beatmungsplätze zur Verfügung. Das Ärzteteam ist interdisziplinär zusammengesetzt und besteht aus intensivmedizinisch ausgebildeten Neurologen und Anästhesisten sowie Rotationsassistenten aus der Neurochirurgie und Orthopädie. Es umfasst zwei Oberärzte, zwei Fachärzte und sieben Assistenzärzte. Zudem ist das Team zuständig für die Notfallversorgung der Klinik Hohe Warte einschließlich der Betreuung von vital instabilen Patienten in der Notaufnahme. Das Pflegeteam besteht aus Fachkräften, darunter viele mit spezieller qualifizierter Weiterbildung in der Intensivpflege. Zusätzlich werden die Patienten noch von einem großen Team von Physiotherapeuten und Ergotherapeuten betreut.
Frührehabilitationsstation und Weaning-Zentrum
Die Frührehabilitationsstation umfasst 40 Betten und versorgt Patienten mit schweren neurologischen Behinderungen als Folge unterschiedlichster Erkrankungen in der akutmedizinischen Phase. In der Regel werden die Patienten von den Intensivstationen oder der Stroke Unit/IMC übernommen. Möglich sind auch Übernahmen aus anderen Krankenhäusern, falls eine Frührehabilitationsbehandlung für den Patienten sinnvoll erscheint. Seit 10/2012 ist eine 8 Betten-Intensivstation für beatmete Patienten eingerichtet. Die Akutstation umfasst 81 Betten und betreut Patienten mit akutneurologischen Krankheitsbildern, insbesondere Patienten des MS-Zentrums, Epilepsie-Patienten und Patienten nach Abschluss der Behandlung auf der Stroke Unit. Daneben erfolgt die Diagnostik und Therapie von allen neurologischen Erkrankungen, insbesondere neuromuskulären und neuroimmunologischen Erkrankungen, Parkinson-Syndromen oder Infektionen des Nervensystems.
Privatambulanz Prof. Dr. Patrick Oschmann
In der Ambulanz werden Patienten mit neurologischen Erkrankungen jeder Art (z. B. MS, Schlaganfall, Parkinson-Syndrom, Polyneuropathie, chronische Nervenschmerzen, Bandscheibenvorfall, Schwindel und Demenzen) betreut. Eine Konsultation ist auch möglich zur Abklärung von unklaren Beschwerden.
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