ADHS: Eine umfassende Betrachtung aus neurologisch-psychiatrischer Sicht

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine komplexe neuropsychiatrische Erkrankung, die sowohl Kinder als auch Erwachsene betrifft. In diesem Artikel werden wir die verschiedenen Aspekte von ADHS beleuchten, von den Symptomen und Ursachen bis hin zu Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, wobei wir uns besonders auf die Perspektive von Neurologen und Psychiatern konzentrieren.

Was ist ADHS?

Das Zappelphilipp-Syndrom, medizinisch als Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung bezeichnet, ist eine ernst zu nehmende folgenschwere Störung. ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Hauptmerkmale der ADHS sind Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Bereits 1845 beschrieb der Frankfurter Nervenarzt Dr. Heinrich Hoffmann Anzeichen einer ADHS in seinem weltbekannten Kinderbuch „Struwwelpeter“. Es handelt sich entsprechend keineswegs um eine „Modekrankheit“.

Epidemiologie: Wie verbreitet ist ADHS?

Mit einer Häufigkeit von 3 bis 6 % bei Kindern und Jugendlichen ist ADHS eine häufige psychische Erkrankung. Man geht davon aus, dass ca. 4-6% aller Kinder und ca. 2-4% aller Erwachsenen an einem ADHS leiden. Eine Meta-Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass weltweit ca. 5% der Kinder und Jugendlichen von ADHS betroffen sind. Auch in Deutschland schätzen Experten die Anzahl der ADHS-Patienten in der Altersgruppe von 6-18 Jahren auf ungefähr 5%, das entspricht etwa 500.000 Betroffenen. Jungen sind 3- bis 6-mal häufiger betroffen als Mädchen.

Interessanterweise bildet sich die ADHS nur bei einem vergleichsweise geringen Anteil von ca. 30% der betroffenen Kinder bis zum Erwachsenenalter vollständig zurück. Insofern ist es aus psychiatrischer Sicht notwendig, diesem in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bestens bekannten Krankheitsbild auch im Erwachsenenalter Beachtung zu schenken.

Ursachen von ADHS

Man vermutet heute, dass Hauptursachen für ADHS in Veränderungen der Funktionsweise des Gehirns zu suchen sind. Dabei handelt es sich um sehr komplexe Veränderungen, die im Zusammenspiel mit psychosozialen Faktoren zu hyperkinetischem Verhalten führen.

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Symptome von ADHS

ADHS-Symptome lassen sich in drei Kernbereiche einteilen:

  • Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwächen
  • Impulsive Verhaltensweisen
  • Ausgeprägte Unruhe

Probleme in einem/oder allen Bereichen können auch im normalen Entwicklungsverlauf auftreten. Kinder und Jugendliche mit ADHS unterscheiden sich von „gesunden“ Gleichaltrigen hinsichtlich des Ausmaßes und der Stärke der Probleme. Vielfach werden die Verhaltensauffälligkeiten erst im Kindergarten oder in der Schule, wenn Kinder sich erstmals in ein Regelwerk äußerer Strukturen einfinden müssen, besonders deutlich und als ADHS erkannt. Je nach Ausprägung wird die Störung fataler Weise aber auch oft erst noch später oder gar nicht diagnostiziert.

Im Erwachsenenalter stehen Konzentrationsschwierigkeiten, innere Unruhe, mangelnde Geduld, Flüchtigkeitsfehler, rasche Ablenkbarkeit, Schwierigkeiten mit Planung und Organisation, motorische Unruhe, Impulsivität, Konflikte mit anderen Mitmenschen etc. im Vordergrund. Die Störung hat Einfluss auf das Nichterreichen angestrebter persönlicher und beruflicher Ziele trotz vorhandener Fähigkeiten, ruft Probleme hervor, wenn Routine und Disziplin bei der Arbeit gefordert werden und kann zu erhöhten Abbruchraten im Bereich beruflicher Tätigkeiten führen. Psychische Begleit- bzw. Folgeerkrankungen sind häufig.

Bei erwachsenen Patienten mit ADHS finden sich besonders häufig zusätzlich ein Drogenmissbrauch bzw. Alkoholismus (bis 50%), Persönlichkeitsstörungen (bis 60%), affektive Störungen (bis 35%) und Angststörungen (bis 25%). ADHS-Betroffene haben nicht nur in der schulischen Ausbildung und im Berufsleben Schwierigkeiten, sondern sie haben auch mehr als nicht Betroffenen eheliche oder partnerschaftliche Probleme.

Diagnostik von ADHS

Wenn Sie sich für eine differenzierte ADS bzw. Haben Sie 4 von diesen 6 Fragen mit “JA” beantwortet, bieten wir Ihnen gerne eine umfassende Abklärung an. Diese beinhaltet ein erstes ausführliches Gespräch. Bei einem sich erhärtenden Verdacht führen wir eine neuropsychologische Testung und ggf. auch medikamentöse Therapie durch.

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In unserer Praxis gehen wir in einem ausführlichen Gespräch Ihren Beschwerden und Symptomen gezielt auf den Grund. Bei Bedarf steht uns zudem der Einsatz moderner, technischer Geräte zur Verfügung.

Folgende Aspekte sind bei der Diagnostik von ADHS relevant:

  • Anamnese: Eine genaue Erhebung der Krankheitsgeschichte ist essenziell. Vorbefunde von Kinder- und Jugendpsychiatern, Kinder- und Jugendärzten und Psychotherapeuten, Berichte von stationären oder teilstationären psychiatrischen oder psychosomatischen Vorbehandlungen sowie Schulzeugnisse oder ähnliche Dokumente aus der Kindheit können wichtige Hinweise liefern.
  • Testverfahren: Zur Abklärung einer ADHS werden verschiedene Testverfahren eingesetzt. Wir führen zunächst einen Suchtest ,den ASRS-V1.1 Test durch. Danach die WURS-K (Wender-Utah-Rating-Scale), ein Test zur retrospektiven Erfassung möglicher Symptome einer ADHS im Kindesalter. Strukturiertes Interview inklusive Testverfahren nach Hase (Hogrefe)
  • Apparative Zusatzdiagnostik: In einigen Fällen kann eine apparative Zusatzdiagnostik sinnvoll sein, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.

Therapie von ADHS

Nach der Diagnostik kann dann eine Behandlung wie folgt eingeleitet werden:

  • Medikamentöse Einstellung: Eine spezielle medikamentöse Behandlung, welche nicht in allen Fällen erforderlich ist, kann direkt durch uns initiiert und auch längerfristig durchgeführt werden. Mittel der Wahl ist hier Methylphenidat, ein Alternativpräparat ist Atomoxetin. Ggfs. Weiterhin übernehmen wir auch die Weiterbehandlung von jungen Erwachsenen ab dem 18. Lebensjahr. (Methylphenidat-Derivate, Lisdexamphetamin, Atomoxetin, Guanfacin), auch telefonbasiert
  • Psychotherapie: Im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzeptes kann eine Psychotherapie helfen, die Symptome von ADHS zu bewältigen und Strategien für den Alltag zu entwickeln.
  • Neurofeedback: Neurofeedback schwerpunktmäßig bei ADHS, Depressionen, Schlafstörungen und Angsterkrankungen.
  • Diagnostik und Therapie von Komorbiditäten: Es ist wichtig, Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen zu erkennen und zu behandeln.

Die Rolle des Neurologen und Psychiaters

In unserer Praxis erwartet Sie ein fachlich geschultes und engagiertes Team aus Neurologen und Psychiatern, das sich gewissenhaft um Ihre körperliche und seelische Gesundheit kümmert. Die Kombination aus aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und einer modernen Ausstattung machen eine kompetente sowie erfolgreiche Diagnostik und Therapie möglich. Wir achten auf die individuelle Behandlung unserer Patienten und sind jederzeit für Sie da.

Dr. med Dirk Ohlmann ist sowohl Neurologe, Psychiater als auch Psychotherapeut. Die Kompetenzen aus beiden Fachgebiete ermöglichen es ihm, sowohl hirnorganisch begründbare Krankheiten zu diagnostizieren als auch psychiatrische Störungen hauptsächlich über ihre Phänomene und den Verlauf zu erkennen und zu behandeln.

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Weitere Leistungen unserer Praxis

Neben der Behandlung von ADHS bieten wir in unserer Praxis ein breites Spektrum an neurologischen und psychiatrischen Leistungen an. Hierzu gehören unter anderem:

  • Neurologie: Das Fachgebiet der Neurologie befasst sich mit Störungen des Gehirns, des Rückenmarks, der peripheren Nerven und der Muskulatur. Wir decken in der Praxis am Stadtwald das gesamte Spektrum der neurologischen Krankheiten ab. Typische Krankheitsbilder der Neurologie sind u. a. Demenz, Parkinson-Erkrankungen, Multiple Sklerose, Epilepsie, Polyneuropathie oder Nervenengpasssyndrome wie das Karpaltunnelsyndrom. In der Neurologie hat die Gefäßdiagnostik einen hohen Stellenwert. Sie wird durchgeführt zur Beurteilung einer Schlaganfallgefährdung, zur Kontrolle nach stattgehabt Schlaganfall und zur Abklärung von anderen Gefäßerkrankungen.
  • Psychiatrie: Das medizinische Fachgebiet der Psychiatrie befasst sich mit Störungen des Gemütszustands - unabhängig davon ob diese körperliche oder seelische Ursachen haben. In der Psychiatrie werden unterschiedliche seelische Störungen diagnostiziert und behandelt. Typische psychische Erkrankungen sind u. a. Demenzen, Depressionen, bipolare Störungen, Psychosen, Angststörungen, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrome.
  • Psychotherapie: Die Kompetenzen aus beiden Fachgebiete ermöglichen es ihm, sowohl hirnorganisch begründbare Krankheiten zu diagnostizieren als auch psychiatrische Störungen hauptsächlich über ihre Phänomene und den Verlauf zu erkennen und zu behandeln.
  • Demenzdiagnostik und -therapie: Diagnostik über Eigen- und Fremdanamnese sowie apparativer Zusatzdiagnostik von der leichten kognitiven Störung über alle Demenzstadien, Besprechung von Präventivstrategien, Medikamentöse und nicht medikamentöse Therapieoptionen inklusive Therapie von Verhaltensstörungen, Patientenvorsorge und Betreuung bei Etablierung von Pflegegraden
  • Schlaganfallprävention und -behandlung: Kooperation mit der „Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)“, Bestimmung eines Risikoscore, Labordiagnostik inklusive Lipiddifferenzierung, Ausgedehnte extrakranielle und transkranielle Gefäßdiagnostik, Etablierung einer nicht medikamentösen und medikamentösen Prävention eines vaskulären Erstereignisses, Regelmäßige Verlaufskontrollen, Betreuung und Verlaufskontrolle von Schlaganfallpatienten mit Kontrolle von Gefäßstenosegraden
  • Psychische Erkrankungen: Ausführliche Diagnostik anhand einer psychodynamischen Anamnese und des psychopathologischen Befundes inklusive Testpsychologie, Erstellung eines multimodalen Behandlungskonzeptes („Arzt und Patient sitzen in einem Boot“): Psychotherapie, differenzierte Psychopharmakotherapie incl. Esketamin nasal, Neurofeedback, transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS), Sozialpsychiatrie: Distanzierung vom krankmachenden Umfeld im Sinne einer Krankschreibung im Bedarf, ggf. stationäre Therapie in einer kooperativen Privatklinik, Wiedereingliederung oder Betreuung im Rentenverfahren, Schwerbehinderung
  • Bewegungsstörungen: Parkinson-Spektrum-Erkrankungen: Frühdiagnose über klinischen Befund, DaTSCAN und C-MRT inklusive Differenzialdiagnostik (z. B. Multisystematrophie, corticobasale Degeneration), Stadiengerechte medikamentöse und nicht medikamentöse Therapie (Logopädie, Krankengymnastik, Ergotherapie), Behandlung von Speichelfluss und Verziehungen des Rumpfes (Kamptokormie) mit Botulinumtoxin, Ggf. Parkinson-Komplexbehandlung in Kooperationskliniken, Diagnose und Therapie von hyperkinetisch-hypotonen Syndromen (Dystonien wie z. B. Torticollis, Blepharospasmus, Bruxismus) mit Botulinumtoxin, Folgende Krankheitsbilder werden mit langjähriger Erfahrung behandelt: Bewegungsstörungen wie z. B. der Schiefhals, Augenzwinkern oder Fazialisüberbeweglichkeiten, Zähneknirschen (Bruxismus)
  • Kopfschmerzen: Differentialdiagnostik primärer und sekundärer Kopfschmerzformen, Kopfschmerzkalender, Attackenbehandlung und bei Bedarf Induktion einer medikamentösen Prophylaxe auch mit modernen CGRP- Antikörpern und Therapie der chronischen Migräne mit Botulinumtoxin, Nicht medikamentöse Behandlungsoptionen (Neurofeedback, Akzeptanz- und Commitmenttherapie, ACT)
  • Nervenerkrankungen: Karpaltunnelsyndrom: Anamnese, Diagnostik durch moderne Elektrophysiologie, Therapieempfehlung (konservative versus operative Therapie) inklusive Brief, Polyneuropathie: Anamnese, Diagnostik durch Elektrophysiologie und Labor, Therapie einer behandelbaren Ursache oder entsprechenden Nervenschmerzen, medikamentös oder mit lokalem Capsaicin-Pflaster oder Botulinumtoxin, Diagnose von Muskelerkrankungen anhand von Labor und dem EMG (Untersuchung des Muskels mit einer Nadel) mit Erstellung eines Therapieplans, Frühdiagnose und stadiengerechte Therapie der amyotrophen Lateralsklerose (ALS)

Diagnostische Verfahren in der Neurologie

Bei der neurologischen Diagnostik spielen die genaue Befragung (Anamnese) und die neurologische Untersuchung eine wichtige Rolle. Hinzu kommen technische und apparative Verfahren. Durch eine sorgfältige neurologische Untersuchung ist es möglich, Störungen im Gehirn, Rückenmark und den Nerven zu lokalisieren.

  • Elektroneurografie (ENG): Die Elektroneurografie (ENG) ist ein Untersuchungsverfahren für die peripheren Nerven. Sie dient der Beurteilung der Funktion der Nerven, z.B. der Geschwindigkeit mit der Nerven Informationen weiterleiten. Die Untersuchung ist ungefährlich und wird schonend durchgeführt, indem der Nerv mit einem leichten Stromimpuls erregt wird. Der Impuls wird dann durch Klebeelektroden gemessen. Diese Untersuchung wird durchgeführt z.B. in der Diagnostik einzelner (Karpaltunnelsyndrom) oder mehrerer (Polyneuropathie) Nerven.
  • Elektromyographie (EMG): Die elektromyographische Untersuchung dient der Messung elektrischer Aktivität in ausgewählten Muskeln, um die Muskel- und Nervenfunktion zu beurteilen. Um die elektrische Aktivität des Muskels abzuleiten, werden dünne Nadelelektroden (ähnlich denen bei einer Akkupunktur) durch die Haut in den ausgewählten Muskel eingeführt. Die Elektrode leitet dann direkt die elektrische Aktivität der umgebenen Muskelfasern ab und stellt sie in Form von Spannungskurven auf dem Bildschirm dar.
  • Evozierte Potentiale: Die evozierten Potentiale dienen zur Messung längerer bzw. funktionell zusammenhängender Nervenbahnen. Es wird ein Impuls an einen Nerven oder ein Sinnesorgan gegeben und die Zeit gemessen, bis der Reiz das Gehirn erreicht. Die Messung erfolgt, wie beim EEG, mit Oberflächenelektroden an bestimmten Stellen der Kopfhaut. Bei den somato-sensiblen evozierten Potentialen wird die Funktion der langen, sensiblen Nervenbahnen von Armen und Beinen zum Gehirn gemessen. Bei den visuell evozierten Potentialen (VEP) erfolgt eine Messung der Sehbahnen beidseits.
  • Elektroenzephalogramm (EEG): Mit dem EEG (Elektroenzephalogramm) kann die elektrische Aktivität des Gehirnes („Hirnströme“) gemessen und grafisch dargestellt werden. Die Ableitung erfolgt in entspannter Haltung im Liegen oder Sitzen über Elektroden, die an der Kopfhaut angelegt werden. Während der Untersuchung, die etwa 30 Minuten dauert, werden kurze Anweisungen, etwa die Augen zu öffnen, gegeben.
  • Testverfahren zur Demenzabklärung: Als Testverfahren zur Abklärung einer möglichen Demenz verwenden wir den Dem-Tect, den MoCa Test, den MMST (Mini-Mental-Status-Test) und den Uhrentest. Bei allen Tests handelt es sich um einfache Testverfahren um frühzeitig eine beginnende Demenz zu erkennen.

Moderne Behandlungsmethoden

Neue Behandlungsmethoden, die teilweise Medikamenteneinahmen unnötig oder aber auch reduzieren können. Außerdem sind bei diesen Therapieformen keine Nebenwirkungen zu erwarten.

  • Neurofeedback: Neurofeedback schwerpunktmäßig bei ADHS, Depressionen, Schlafstörungen und Angsterkrankungen.
  • Biofeedback: Biofeedback schwerpunktmäßig zur Stressprophylaxe eingesetzt.

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