Die Parkinson-Demenz ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die oft mit Schlafstörungen einhergeht. Insbesondere die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) kann ein frühes Anzeichen für diese Erkrankung sein. Es ist wichtig, diese Anzeichen zu erkennen und frühzeitig ärztlichen Rat einzuholen, um den Verlauf der Krankheit bestmöglich zu beeinflussen.
Was ist die REM-Schlaf-Verhaltensstörung?
Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD), englisch: „REM sleep behavior disorder“, wurde erstmals 1986 von dem amerikanischen Schlafforscher Carlos Schenck beschrieben. Sie ist eine relativ seltene Schlafstörung, die schätzungsweise bei 0,5 bis 1 Prozent der Bevölkerung auftritt. Die Häufigkeit nimmt jedoch mit dem Alter zu und betrifft schätzungsweise 5 Prozent der Menschen über 60 Jahre. REM steht für den englischen Begriff „Rapid Eye Movement“, übersetzt „schnelle Augenbewegung“. Der Begriff REM-Schlaf ist abgeleitet von der Tatsache, dass wir im Traum die Augen unwillkürlich schnell und ruckartig bewegen. Abgesehen von diesen ruckartigen, schnellen Augenbewegungen fehlt im REM-Schlaf jegliche Muskelaktivität, das heißt, wir sind sozusagen gelähmt, während wir träumen. Weiterhin finden sich im REM-Schlaf ein unregelmäßiger Herzschlag, Blutdruck- und Atmungs-Schwankungen.
Normalerweise ist während des REM-Schlafs die Muskulatur gelähmt, um zu verhindern, dass wir unsere Träume körperlich ausleben. Bei der RBD ist dieser Schutzmechanismus gestört. Charakteristisch für die REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist: Die sonst im REM-Schlaf blockierte Muskelaktivität ist teilweise vorhanden. Dadurch kann bei der REM-Schlaf-Verhaltensstörung der Traum teilweise in Aktionen umgesetzt (ausagiert) werden. Die Betroffenen schreien, schlagen, treten oder wehren sich im Schlaf um sich. Wiederkehrende aktionsgeladene und teilweise aggressive Träume sind ebenfalls typisch. Betroffene berichten häufig von einer Flucht oder einem Angriff, bei dem sie im Traum versuchen, den vermeintlichen Angreifer zum Beispiel zu treten. Der Schlaf ist oft wenig erholsam.
RBD als Frühsymptom von Parkinson und Demenz
Wichtig zu beachten ist, dass die REM-Schlaf-Verhaltensstörung als Vorläuferstadium für die Entwicklung eines Parkinson-Syndroms gilt. Eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung kann in bis zu 80 Prozent aller Fälle in einem Zeitraum bis zu 15 Jahren in neurologische Krankheiten wie Parkinson, Lewy-Körperchen-Demenz und Multisystematrophie übergehen. Wer also an einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung leidet, darüber hinaus eine Riechstörung hat und merkt, dass er vergesslicher wird oder sich nicht mehr so gut orientieren kann wie früher, sollte sich ärztlichen Rat holen. Die richtigen Ansprechpartner sind Neurologinnen und Neurologen, am besten mit einer Spezialisierung im Bereich Schlafstörungen. Hier können Betroffene klären lassen, ob bereits Symptome für die Parkinson-Krankheit oder die Lewy-Körper-Demenz nachweisbar sind.
Morbus Parkinson und Lewy-Körper-Demenz gehören neuropathologisch zur gleichen Krankheitsentität. Sie zeichnen sich neben der Kernsymptomatik (motorische und kognitive Störungen) auch durch Schlafstörungen aus, insbesondere die REM-Schlaf- Verhaltensstörung. Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist damit ein Symptom beider Erkrankungen, sie kann beiden Erkrankungen aber auch als Frühsymptom vorausgehen. Auch die Symptome Obstipation, Hyposmie und Miktionsstörungen können beiden Erkrankungen bereits Jahre vorausgehen.
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Idiopathischer Morbus Parkinson (IMP) und die Lewy-Körper-Demenz („Lewy body dementia“, LBD) sind neurodegenerative Erkrankungen, die mit Schlafstörungen einhergehen. Sie gehören aus neuropathologischer Sicht zu den sogenannten Alpha-Synukleinopathien. Bei diesen Erkrankungen kommt es zur intrazellulären Ablagerung von aggregiertem Alpha- Synuklein, einem normalerweise löslichen Protein in den Nervenzellen, und damit zur Ausbildung von neuronalen Einschlusskörperchen, die sich im Perikaryon der Neurone als Lewy-Körper, in den Axonen als Lewy-Neuriten manifestieren und zu definierten Funktionseinschränkungen des Gehirns führen. Beide Erkrankungen zeichnen sich neben einer gemeinsamen neuropathologischen Grundlage durch klinische Ähnlichkeiten wie extrapyramidal-motorische Störungen, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, psychopathologische Symptome wie optische Halluzinationen oder auch Schlafstörungen aus.
Die RBD kann somit als Symptom eines IMP oder einer LBD gesehen werden, sie kann symptomatisch auch bei weiteren Hirnschädigungen jeglicher Art (Ischämien, Tumoren, MS), durch entzündliche Prozesse oder auch unter der Gabe bestimmter Medikamente (u.a. Antidepressiva) auftreten. Sie ist aber auch als isoliertes Krankheitsbild im Sinne einer idiopathischen RBD (iRBD) beschrieben.
Ursache der fehlenden Hemmung ist als Hauptläsionsort der pontine Coeruleus- Subcoeruleus-Komplex, indem durch die Läsion der inhibitorische Input auf die Muskelaktivität wegfällt. Zusätzliche Schlafprobleme treten bei RBD lediglich im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf auf und sind durch eine signifikant verminderte Gesamtschlafzeit charakterisiert. Sowohl die NREM-Stadien als auch der REM-Schlaf scheinen nicht wesentlich verändert zu sein. Darüber hinaus treten kognitive Defizite v.a. auf der Ebene des deklarativen Gedächtnisses und der Visuokonstruktion, aber auch in Teilbereichen der exekutiven Funktionen auf.
Da die RBD wie oben beschrieben in einen IMP und eine LBD übergehen kann, sollten die betroffenen Patienten immer gut in Hinblick auf die Entwicklung motorischer wie auch kognitiver Störungen untersucht werden.
Patienten mit Lewy-Körper-Demenz weisen neben dem Auftreten einer RBD weitere Veränderungen des Schlafs auf. Die Schlafeffizienz ist vermindert, der Wachanteil nach Schlafbeginn ist erhöht mit vermehrten Arousal- Reaktionen, zudem kommt es mit zunehmendem Alter zu einer Reduktion des REM-Schlafs und einer Verlangsamung der Frequenzen im REM-Schlaf. Die Verlangsamung der REM-Schlaf-Frequenz bei RBD-Patienten ist mit dem Auftreten von kognitiver Verschlechterung verbunden. Zudem muss bei diesen Patienten auch auf das Vorliegen weiterer primärer Schlafstörungen wie schlafbezogener Atemstörungen und Restless Legs oder auch periodischer Beinbewegungen während des Schlafs („periodic limb movement during sleep“, PLMS) geachtet werden.
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Neben dem möglichen Vorliegen einer RBD hängen die bei Patienten mit IMP auftretenden Schlafstörungen sowohl von der Dauer als auch der Ausprägung und Progredienz der Krankheit ab. Dabei tritt neben einer Reduktion der Schlafeffizienz bzw. der Gesamtschlafzeit auch eine Störung der Schlafarchitektur auf. Auf kognitiver Ebene entwickeln IMP-Patienten regelmäßig Defizite in Teilen der exekutiven Funktionen, des Arbeitsgedächtnisses wie auch des deklarativen Gedächtnisses. Bei bis zu 50 % der Patienten entwickelt sich im Verlauf der Erkrankung eine Demenz.
Schlafstörungen gehören zu den häufigsten nicht motorischen Symptomen beim IMP, nahezu jeder Patient mit IMP leidet im Verlauf der Erkrankung darunter. Am häufigsten sind Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen, nächtliche Akinese und REM-Schlaf-Verhaltensstörung („REM sleep behaviour disorder“, RBD) mit nächtlichen Vokalisationen und komplexen Bewegungen. Diese Schlafstörungen nehmen mit Progression der Krankheit zu, ebenso die Tagesschläfrigkeit. Schwere Schlafunterbrechungen sind besonders häufig bei älteren Patienten mit On-off-Phänomen oder Halluzinationen. Plötzliches Einschlafen während des Tages tritt etwa 7-mal häufiger bei Parkinsonpatienten als bei gesunden Älteren auf, abhängig von der Dauer der Erkrankung und in Zusammenhang mit der Gabe von L-Dopa.
Weitere Symptome der Parkinson-Demenz
Neben der REM-Schlaf-Verhaltensstörung gibt es weitere Symptome, die auf eine Parkinson-Demenz hinweisen können:
- Kognitive Beeinträchtigungen: Menschen mit Parkinson-Demenz verarbeiten Informationen oft langsamer und haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, Aufgaben zu planen und Probleme zu lösen. Auch das Lang- und Kurzzeitgedächtnis kann nachlassen.
- Veränderungen der Persönlichkeit: Es kann zu Veränderungen der Persönlichkeit kommen.
- Bewegungsstörungen: Zittern, Muskelsteifigkeit, verlangsamte Bewegungen und Gleichgewichtsstörungen sind typische motorische Symptome der Parkinson-Krankheit, die auch bei der Parkinson-Demenz auftreten.
- Halluzinationen: Insbesondere bei der Lewy-Körperchen-Demenz treten bereits sehr früh im Krankheitsverlauf optische Halluzinationen auf.
- Weitere Schlafstörungen: Neben der RBD können auch andere Schlafstörungen wie Ein- und Durchschlafstörungen, frühes Erwachen und nächtlicher Harndrang auftreten.
Diagnose der REM-Schlaf-Verhaltensstörung
Um eine Diagnose zu stellen, werden in der Regel spezielle Fragebögen verwendet und die Krankengeschichte einbezogen. Zunächst einmal ist wichtig, die Krankengeschichte von den Betroffenen zu erfahren und bestenfalls auch durch Menschen, die in ihrer Nähe schlafen, wie etwa Lebenspartner*innen. Bei eindeutigem Verdacht auf das Vorliegen einer RBD wird eine Schlafuntersuchung im Schlaflabor unter Videokontrolle vereinbart (Polysomnographie mit Video-Aufzeichnung). Hier kann man die „körperlichen“ Ereignisse einem Schlafstadium zuordnen und kann gleichzeitig die Muskelaktivität im REM-Schlaf beurteilen. Eine eindeutige Diagnose ist nur mit Hilfe einer Polysomnographie möglich.
Mit der Schlafableitung lassen sich die Schlaf- und die Muskelaktivitäten genau messen. Auch erfolgen eine neurologische Untersuchung mit der Frage nach ersten Parkinson-Symptomen und gegebenenfalls weitere Untersuchungen.
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Behandlung der REM-Schlaf-Verhaltensstörung
Bisher existiert noch kein Medikament, das für die Behandlung der REM-Schlaf-Verhaltensstörung zugelassen ist.
Erstes Ziel bei der Behandlung der RBD muss die Sicherheit des Betroffenen und des Bettnachbarn wegen der erhöhten Verletzungsgefahr beim Ausagieren der Träume sein. Die Schlafumgebung sollte so eingerichtet sein, dass ein maximaler Schutz für den Betroffenen besteht. In einem nächsten Schritt sollte die Medikation im Hinblick auf mögliche auslösende oder verstärkende Effekte auf eine RBD überprüft und ggf. eine Umstellung der Medikation vorgenommen werden.
Die Behandlung der IMP- und LBDassoziierten RBD und der iRBD unterscheiden sich prinzipiell nicht. Pharmakologisch stehen für die Behandlung der RBD hauptsächlich Clonazepam und Melatonin zur Verfügung, wobei die Evidenzlage für beide Substanzen gering ist. Durch Clonazepam wird die phasische REM-Schlaf- Aktivität reduziert, eine Wirkung auf die tonische REM-Aktivität liegt nicht vor (Einnahme 30min vor dem Zubettgehen, Dosierung 0,25 bis 2mg). Eine Alternative ist Melatonin in einer Dosierung von 3-12mg ca. 2 Stunden vor dem Zubettgehen. Weitere Medikamente, die beschrieben wurden, sind Rivastigmin, Imipramin, Gabapentin, Carbamazepin, Clonidin, Clozapin, Quetiapin, Pramipexol. Es kann auch ein Behandlungsversuch mit REMSchlaf unterdrückenden Antidepressiva (v.a. SSRI, SNRI) vorgenommen werden.
Generell sind körperliche Aktivität und Sport zu empfehlen. Wichtig für Betroffene ist, dass sie sich selbst oder andere bei ihren aktionsgeladenen Träumen nicht verletzen. Spitze oder schwere Gegenstände sollten daher nicht in greifbarer Nähe sein. Nachttische und andere Möbel räumt man besser weg, wenn man sich daran verletzten kann. Hilfreich können auch ein weicher Teppich oder eine Matte vor dem Bett sein, falls man herausfällt. Menschen mit schwerer REM-Schlaf-Verhaltensstörung sollten eventuell alleine schlafen oder zumindest ein größeres Kissen zwischen sich und die andere Bettseite legen.
Unter der ursächlichen Behandlung mit Dopamin-agonistischen Substanzen bei IMP oder Cholinesterasehemmern bei LBD kann es - durch die dadurch induzierte Zunahme des REM-Schlafs - auch zu einer Verschlechterung der RBD kommen, wenngleich für Donepezil auch ein positiver Effekt beschrieben ist. Daher ist beim Einsatz von Cholinesterasehemmern und dopaminergen Substanzen auf eine mögliche Entwicklung oder Intensivierung einer RBD zu achten und ggf. die Medikation anzupassen.
In jedem Fall sollten bei beiden Erkrankungen eine möglichst optimale Einstellung und Behandlung der Grunderkrankung vorgenommen werden.
Was kann man selbst tun?
Da der Morbus Parkinson leider noch nicht heilbar ist, rückt für viele natürlich die Frage in den Vordergrund, wie man sich selbst davor schützen kann. Es gibt zwar keine »ultimative« Parkinson-Vorsorge, dennoch können Sie mit moderater regelmäßiger Bewegung, der Vermeidung von negativem Stress sowie durch regelmäßige ärztliche Checkups durchaus Einfluss auf die Risikofaktoren der Erkrankung nehmen. Und wohl auch durch gesunde und abwechslungsreiche Ernährung.
Neue Studien zeigen, dass die sattsam bekannte mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, mit Ölen mit ungesättigten Fettsäuren, mit Fisch, mit Hülsenfrüchten und mit wenig Fleisch nicht nur Schlaganfällen, Herzinfarkten und Demenz vorbeugen, sondern auch den Verlauf von Morbus Parkinson verlangsamen und sogar das Risiko senken kann, überhaupt daran zu erkranken.
Wie so oft gilt: Essen Sie viel Gemüse, Vollkorn und sog. Polyphenole, z. B. aus Olivenöl, Grüntee und roten Beeren. Vermeiden sie weitestgehend Fertiggerichte, gesättigte Fette und zu viel Zucker. Wer auf Fleisch nicht verzichten mag, sollte zumindest auf weißes Fleisch setzen, also auf Geflügel statt Rind oder Schwein. Treiben Sie regelmäßig Sport, wie die WHO es empfiehlt - tun Sie etwas für Ihre Gesundheit.
Schlafhygiene
Unabhängig von konkreten Problemen beim Ein- oder Durchschlafen kann es sinnvoll und hilfreich sein, Schlafgewohnheiten gelegentlich zu hinterfragen. Hier sind einige Tipps für eine Verbesserung der Schlafhygiene:
- Einschlafroutine: Die Stunde vor dem Schlafengehen kann genutzt werden, um bewusst zur Ruhe zu kommen und sich „vom Tag zu verabschieden“. Fernsehen und Computer sollten in dieser Stunde möglichst nicht mehr genutzt werden, auch das Mobiltelefon sollte auf lautlos gestellt sein. Ein entspannendes Bad oder eine Tasse Kräutertee (wenn keine Probleme mit nächtlichen WC-Gängen bestehen) können dabei helfen, den Körper auf das Einschlafen vorzubereiten. Um beim Einschlafen nicht ständig an wichtige Erledigungen am Folgetag denken zu müssen, kann es sinnvoll sein, anstehende Aufgaben schriftlich festzuhalten, um den Kopf freizubekommen.
- Schlafzimmer: Das Schlafzimmer sollte ein Ort der Entspannung sein und auch ausschließlich zum Schlafen genutzt werden. Die Temperatur sollte niedriger sein als in den anderen Räumen (16 - 18 Grad sind ideal).
- Ernährung / Getränke: Kaffee, schwarzer Tee oder andere koffeinhaltige Getränke sollten vor dem Schlafengehen vermieden werden. Alkohol kann zwar beim Einschlafen helfen, sollte aber bei Schlafstörungen trotzdem gemieden werden, weil er den Schlaf oft insgesamt beeinträchtigt. Die Abendmahlzeit sollte nicht zu schwer sein und auch nicht zu spät eingenommen werden.
- Sport: Eine regelmäßige sportliche Aktivität im Tagesverlauf kann die Schlafqualität deutlich verbessern.