Neurologische Ausfälle der Hand: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Neurologische Ausfälle der Hand können vielfältige Ursachen haben und sich durch unterschiedliche Symptome äußern. Diese reichen von Sensibilitätsstörungen und Schmerzen bis hin zu Bewegungseinschränkungen und Lähmungen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um dauerhafte Schäden und eine Schwächung der Hand zu vermeiden.

Einführung

Die Hand wird von drei Hauptnerven versorgt: dem Nervus medianus (Mittelhandnerv), dem Nervus ulnaris (Ellennerv) und dem Nervus radialis (Radialisnerv). Diese Nerven entspringen der Halswirbelsäule und verlaufen über den Arm zur Hand, wobei sie jeweils bestimmte Bereiche der Hand sensibel und motorisch versorgen. Schädigungen oder Einengungen dieser Nerven können zu neurologischen Ausfällen führen.

Ursachen neurologischer Ausfälle der Hand

Die Ursachen für neurologische Ausfälle der Hand sind vielfältig. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:

Engpasssyndrome

Engpasssyndrome entstehen durch die Quetschung eines Nervs an einer Engstelle. Zu den häufigsten Engpasssyndromen, die die Hand betreffen, gehören:

  • Karpaltunnelsyndrom: Hierbei wird der Nervus medianus im Karpaltunnel eingeengt, einem Kanal an der Innenseite des Handgelenks.
  • Kubitaltunnelsyndrom (Sulcus-ulnaris-Syndrom): Hierbei wird der Nervus ulnaris im Kubitaltunnel an der Innenseite des Ellenbogens eingeengt.

Nervenverletzungen

Nervenverletzungen können durch verschiedene Ereignisse verursacht werden, darunter:

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  • Unfälle: Verletzungen durch scharfe Gegenstände, Glasscherben, Kreissägen oder Spaltwerkzeuge können Nerven durchtrennen oder beschädigen.
  • Operationen: Auch bei Operationen an der Hand oder am Arm kann es zu Nervenläsionen kommen.
  • Prellungen und Quetschungen: Gewalteinwirkungen auf den Arm oder die Hand können Nerven schädigen.
  • Weitere Ursachen: Strahlungseinwirkungen, Elektrounfälle, Verbrennungen und Unfälle mit Chemikalien können ebenfalls Nervenverletzungen verursachen.

Polyneuropathie

Polyneuropathie ist eine Erkrankung der peripheren Nerven, die durch Schädigung des inneren Strangs des Nervs oder seiner Umhüllung entsteht. Es gibt über 300 bekannte Ursachen von Polyneuropathie, darunter:

  • Diabetes mellitus (Zuckererkrankung): Etwa jeder dritte Diabetiker ist von Polyneuropathie betroffen.
  • Alkoholkonsum: Chronischer Alkoholkonsum kann zu Nervenschädigungen führen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an Vitaminen wie B1, B2, B6, B12 oder E kann Polyneuropathie verursachen.
  • Schwermetallvergiftung: Blei, Arsen, Thallium, Quecksilber oder Gold können Nerven schädigen.
  • Medikamente: Einige Medikamente, insbesondere Chemotherapeutika, Interferone und Virustherapeutika, können als Nebenwirkung Polyneuropathie verursachen.
  • Entzündliche Erkrankungen: Borreliose, Gefäßentzündungen oder Autoimmunerkrankungen können Polyneuropathie verursachen.
  • Genetische Ursachen: Es gibt mehrere genetisch bedingte Polyneuropathien.

Funktionelle neurologische Störungen

Funktionelle neurologische Störungen, auch als funktionelle Paresen und Gefühlsstörungen bekannt, können Lähmungserscheinungen (Paresen) oder Taubheitsgefühle verursachen, meist unerwartet und oft in Situationen hoher seelischer Belastung. Ursache ist nicht eine strukturelle Schädigung des Nervensystems, sondern eine Fehlanpassung, die jenseits der bewussten Kontrolle stattfindet.

Weitere Ursachen

Weitere mögliche Ursachen für neurologische Ausfälle der Hand sind:

  • Tumore: Tumore an der Hand oder am Arm können auf Nerven drücken und Ausfälle verursachen.
  • Infektionen: Bestimmte Infektionen können Nerven schädigen.
  • Entzündliche Erkrankungen: Rheumatoide Arthritis oder andere entzündliche Erkrankungen können Nerven beeinträchtigen.

Symptome neurologischer Ausfälle der Hand

Die Symptome neurologischer Ausfälle der Hand können je nach betroffenem Nerv und Ursache variieren. Häufige Symptome sind:

  • Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln (Ameisenlaufen), Brennen oder ein pelziges Gefühl in den Fingern oder der Hand.
  • Schmerzen: Handschmerzen, die bis in den Arm ausstrahlen können.
  • Bewegungseinschränkungen: Schwäche oder Kraftlosigkeit in der Hand oder den Fingern, Schwierigkeiten beim Greifen oder Halten von Gegenständen.
  • Lähmungen: In schweren Fällen kann es zu Lähmungen der Hand oder der Finger kommen.
  • Muskelschwund: Bei länger bestehenden Nervenschädigungen kann es zu Muskelschwund im Bereich des Daumenballens oder der Hand kommen.
  • Kalte Füße: Viele Patienten klagen über kalte Füße.
  • Gleichgewichtsstörungen: Auch das Lageempfinden wird zunehmend gestört, so dass die akkurate Aufrechterhaltung des Standes leidet. Dies führt zu Schwanken, Schwindel und Gangstörungen.

Spezifische Symptome je nach betroffenem Nerv:

  • Nervus medianus (Mittelhandnerv): Taubheitsgefühl und Kribbeln im Daumen, Zeige- und Mittelfinger, Schwäche der Daumenmuskulatur, Schwierigkeiten beim Greifen.
  • Nervus ulnaris (Ellennerv): Taubheitsgefühl und Kribbeln im kleinen Finger und Ringfinger, Schwäche der Handmuskulatur, Schwierigkeiten beim Spreizen und Schließen der Finger, Krallenhand.
  • Nervus radialis (Radialisnerv): Schwäche der Hand- und Fingerstrecker, Fallhand (die Hand kann nicht mehr angehoben werden), Sensibilitätsstörungen am Daumen und Handrücken.

Diagnose neurologischer Ausfälle der Hand

Die Diagnose neurologischer Ausfälle der Hand umfasst in der Regel die folgenden Schritte:

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  1. Anamnese: Der Arzt erfragt die genauen Beschwerden, den zeitlichen Verlauf, mögliche Auslöser und Vorerkrankungen.
  2. Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Hand und den Arm, prüft die Sensibilität, die Motorik und die Reflexe. Spezielle Tests, wie der Phalen-Test oder der Hoffmann-Tinel-Test, können Hinweise auf ein Karpaltunnelsyndrom oder ein Kubitaltunnelsyndrom geben.
  3. Elektrophysiologische Untersuchungen:
    • Elektroneurographie (ENG): Bei dieser Untersuchung wird die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen. Eine verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeit kann auf eine Nervenschädigung oder eine Einengung des Nervs hindeuten.
    • Elektromyographie (EMG): Bei dieser Untersuchung wird die elektrische Aktivität der Muskeln gemessen. Veränderungen in der Muskelaktivität können auf eine Nervenschädigung hinweisen.
  4. Bildgebende Verfahren:
    • Röntgenaufnahmen: Röntgenaufnahmen können Knochenbrüche oder andere knöcherne Veränderungen darstellen.
    • Magnetresonanztomographie (MRT): Eine MRT kann Weichteile wie Nerven, Sehnen und Muskeln darstellen und Tumore, Entzündungen oder andere Ursachen für die Nervenschädigung erkennen.
    • Ultraschall: Ein hochauflösender, dynamischer Ultraschall kann das Gleitvermögen eines Nervs beurteilen.
    • Traktographie: Ein Magnetresonanztomographieverfahren mit sehr hoher Auflösung. Damit können funktionsfähige Nervenfasern in den peripheren Nerven dreidimensional und deutlich dargestellt werden.
  5. Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen können Hinweise auf Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, Vitaminmangel oder entzündliche Erkrankungen liefern.
  6. Nervenwasseruntersuchung (Liquoruntersuchung): Bei Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems kann eine Nervenwasseruntersuchung durchgeführt werden.
  7. Genetische Untersuchungen: Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Polyneuropathie können genetische Untersuchungen durchgeführt werden.
  8. Nervenbiopsie: In seltenen Fällen kann eine Nervenbiopsie erforderlich sein, um die Ursache der Nervenschädigung zu klären.

Behandlung neurologischer Ausfälle der Hand

Die Behandlung neurologischer Ausfälle der Hand richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung. Ziel der Behandlung ist es, die Ursache zu beseitigen, die Symptome zu lindern und die Funktion der Hand wiederherzustellen.

Konservative Behandlung

In vielen Fällen können neurologische Ausfälle der Hand zunächst mit konservativen Maßnahmen behandelt werden. Dazu gehören:

  • Ruhigstellung: Eine Schiene oder Orthese kann das Handgelenk oder den Ellenbogen ruhigstellen und den Nerv entlasten.
  • Entzündungshemmende Medikamente: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac können Schmerzen lindern und Entzündungen reduzieren.
  • Kortikosteroidinjektionen: Kortikosteroide können in den Karpaltunnel oder den Kubitaltunnel injiziert werden, um Entzündungen zu reduzieren und den Nerv zu entlasten.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Beweglichkeit der Hand und des Arms zu verbessern, die Muskulatur zu kräftigen und Schmerzen zu lindern.
  • Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, Alltagsaktivitäten trotz der Einschränkungen durchzuführen und die Handfunktion zu verbessern.
  • Neural-Akupunktur: Missempfindungen und Schmerzen können überdies mit einer Neural-Akupunktur behandelt werden.
  • Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT): In einigen Fällen kann eine ESWT die Beschwerden lindern.

Operative Behandlung

Wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichend helfen oder die Nervenschädigung bereits fortgeschritten ist, kann eine Operation erforderlich sein. Ziel der Operation ist es, den Nerv zu entlasten und die Nervenfunktion wiederherzustellen.

  • Karpaltunnelspaltung: Bei einem Karpaltunnelsyndrom wird das Karpalband durchtrennt, um den Nervus medianus zu entlasten. Der Eingriff kann offen oder endoskopisch durchgeführt werden.
  • Kubitaltunnelspaltung: Bei einem Kubitaltunnelsyndrom wird das Band über dem Nervus ulnaris im Kubitaltunnel durchtrennt, um den Nerv zu entlasten. In einigen Fällen kann der Nerv auch verlegt werden, um ihn vor Druck zu schützen.
  • Nervenrekonstruktion: Bei einer Nervenverletzung kann der Nerv genäht oder rekonstruiert werden. In einigen Fällen ist eine Nerventransplantation erforderlich, bei der ein Nerv aus einem anderen Körperteil entnommen und anstelle des beschädigten Nervs eingesetzt wird.

Behandlung der Polyneuropathie

Die Behandlung der Polyneuropathie zielt in erster Linie auf die Beseitigung der Ursache ab. Dies kann beispielsweise die optimale Einstellung eines Diabetes mellitus, das Absetzen schädlicher Medikamente oder die Beendigung einer toxischen Exposition sein. Zusätzlich können Medikamente zur Linderung von Schmerzen und Missempfindungen eingesetzt werden. Bei entzündlichen Ursachen können Cortison-Infusionen, Plasmapherese oder Immunglobuline helfen.

Behandlung funktioneller neurologischer Störungen

Zur Behandlung motorischer und sensibler funktioneller Störungen haben sich sowohl physiotherapeutische als auch psychotherapeutische Verfahren bewährt.

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Prävention neurologischer Ausfälle der Hand

Einige Maßnahmen können helfen, neurologische Ausfälle der Hand vorzubeugen:

  • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Achten Sie auf eine ergonomische Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes, um Fehlbelastungen der Hand und des Arms zu vermeiden.
  • Regelmäßige Pausen: Machen Sie regelmäßig Pausen bei Tätigkeiten, die die Hand und den Arm belasten.
  • Dehnübungen: Führen Sie regelmäßig Dehnübungen für die Hand, den Arm und die Schulter durch.
  • Vermeidung von Überlastung: Vermeiden Sie Tätigkeiten, die die Hand und den Arm überlasten.
  • Behandlung von Grunderkrankungen: Lassen Sie Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus oder rheumatoide Arthritis frühzeitig behandeln.
  • Gesunder Lebensstil: Achten Sie auf einen gesunden Lebensstil mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Bewegung und dem Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Alkoholkonsum.

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