Die Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) war lange Zeit eine gefürchtete und oft tödliche Krankheit bei Katzen. Doch dank neuer Medikamente und Forschungsergebnisse gibt es heute Hoffnung und effektive Behandlungsansätze, besonders auch bei der neurologischen Form der FIP.
Was ist FIP?
Die Feline Infektiöse Peritonitis ist eine Infektionskrankheit, die durch ein mutiertes Felines Coronavirus (FCoV) verursacht wird. Dieses Virus hat nichts mit dem SARS-CoV-2-Virus zu tun, das COVID-19 beim Menschen verursacht. In der Regel verursacht das Feline Enterale Coronavirus (FECV) nur eine milde Darminfektion mit Durchfall und/oder Erbrechen. In seltenen Fällen kann dieses Virus jedoch in die gefährliche Form des Felinen Infektiösen Peritonitis Virus (FIPV) mutieren. Warum es bei manchen Katzen zu dieser Mutation kommt und bei anderen nicht, ist noch nicht vollständig geklärt. Ein geschwächtes Immunsystem und Stress jeglicher Art begünstigen jedoch die FIP-Erkrankung. Jüngere Tiere sind besonders gefährdet.
Übertragung des Virus
Das Virus wird zumeist direkt von Tier zu Tier oder über infizierten Kot übertragen. Auch eine Übertragung vom Muttertier auf die Welpen während der Trächtigkeit ist möglich. Ob ein bereits infiziertes Tier jedoch auch die mutierte und gefährliche FIP entwickelt, lässt sich nicht vorhersagen. Schätzungsweise tragen zwischen 20 und 45 Prozent der Hauskatzen das Feline Coronavirus in sich und scheiden es mit dem Kot in die Umgebung aus. Die Infektion kann bereits beim Muttertier erfolgen, aber auch ältere Tiere können sich bei infizierten Artgenossen, über kontaminierte Gegenstände oder Ausscheidungen anstecken. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 5 bis 12 Prozent mutiert das Virus jedoch im Laufe des Katzenlebens.
Formen von FIP
Klassisch wird zwischen der "feuchten" und der "trockenen" FIP unterschieden, wobei die meisten Katzen Mischformen aus beiden Komponenten zeigen. Die feuchte FIP ist durch Flüssigkeitsansammlungen in der Bauch- und/oder Brusthöhle gekennzeichnet (Aszites bzw. Pleuraerguss). Diese Flüssigkeit ist gelblich-dickflüssig und eiweißreich und kann bei der Diagnose hilfreich sein. Die trockene FIP tritt in Form von knotigen Veränderungen an inneren Organen auf und kann je nach Lokalisation mit unspezifischen bis sehr spezifischen Symptomen einhergehen.
Neurologische FIP
Die neurologische Form der trockenen FIP äußert sich durch Entzündungsprozesse im Gehirn, die zu Krämpfen, Anfällen, Lähmungen und Orientierungslosigkeit führen können. Diese Form kann auch mit Koordinationsstörungen, Blindheit und Bewusstseinsstörungen einhergehen. Gelbsucht kann ebenfalls auftreten, wenn eine Leberschädigung durch FIP vorliegt oder der Transport des Bilirubins zur Leber verzögert ist.
Lesen Sie auch: Finden Sie den richtigen Neurologen in Ulm
Symptome von FIP
FIP kann mit einer Vielzahl von Symptomen auftreten, was die Diagnose oft erschwert. Erste Anzeichen sind häufig unspezifisch:
- Fieber
- Fressunlust
- Gewichtsabnahme
- Atemnot
- Lethargie bis hin zu Apathie
Je nach Form der FIP können weitere Symptome hinzukommen:
- Feuchte FIP: Flüssigkeitsansammlungen im Bauchraum (Aszites), die zu einem sichtbaren Wasserbauch führen, oder in der Brusthöhle (Pleuraerguss), die Atemnot verursachen können.
- Trockene FIP: Knotige Veränderungen an inneren Organen, Gelbsucht, Blutarmut, Augenveränderungen (z.B. Blut- oder Fibrinansammlungen in der vorderen Augenkammer, Uveitis, Hornhautveränderungen), neurologische Symptome (Krämpfe, Anfälle, Lähmungen, Orientierungslosigkeit).
Diagnose von FIP
Die Diagnose von FIP ist nicht immer einfach und eindeutig. Eine umfangreiche Anamnese (Alter, Haltung, Vorgeschichte) und klinische Symptome können erste Hinweise geben. Formen mit ausgeprägten spezifischen Symptomen wie die okuläre FIP oder eine schwere Bauchwassersucht werden häufig eher erkannt als Katzen mit unspezifischen Symptomen wie Fieber und Fressunlust.
Diagnostische Verfahren
- Punktion und Untersuchung von Flüssigkeit: Bei Tieren mit Flüssigkeitsansammlungen in Brust- oder Bauchhöhle kann eine Punktion und Untersuchung der Flüssigkeit schnell die Diagnose einer FIP bringen.
- Blutuntersuchungen: Diese zeigen häufig eine Blutarmut, erhöhte Entzündungs- und Leberwerte, ein erhöhtes Globulin (spezifisches Eiweiß) und einen erniedrigten Albumin-Globulin-Quotienten.
- Katzen-Virologie: Bei FIP-verdächtigen Tieren sollte immer auch eine Katzen-Virologie mit FIP, FIV und FeLV angefordert werden, um andere Erkrankungen auszuschließen oder eine Kombination mit dem FIP-Virus festzustellen. Eine Katze mit FIP weist deutlich erhöhte Antikörper gegen das Feline Coronavirus auf. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass auch Katzen mit der weniger gefährlichen unmutierten Form des Felinen Enteralen Coronavirus hohe Antikörper aufweisen können. Diese Antikörper können also nicht zwischen der Grundform und der mutierten Form unterscheiden.
- Röntgen- oder Ultraschalluntersuchung: Diese können Ergüsse oder Gewebeknoten sichtbar machen.
- PCR-Test: Dieser Test kann bei einer Entnahme von Flüssigkeit aus der Körperhöhle, dem Gehirn oder befallenem Gewebe einen genaueren Aufschluss darüber geben, ob eine Bauchfellentzündung vorliegt.
- Immunhistochemie (IHC): Dies ist der genaueste Test, bei dem eine Gewebeprobe (z.B. aus Leber, Niere, Lymphknoten oder Gehirn) auf das Vorhandensein von FIP-Viren untersucht wird.
- Organische Veränderungen im Ultraschall: In Kombination mit dem Ausschluss anderer Ursachen und einem positiven Corona-Blutergebnis können organische Veränderungen, wie sie beispielsweise im Ultraschall sichtbar werden, zu der entsprechenden Schlussfolgerung führen.
Behandlung von FIP
Jahrzehntelang galt FIP als unheilbar. Die meisten Katzen wurden nach der Diagnose euthanasiert oder starben innerhalb weniger Wochen bis Monate. Es gab zwar viele klinische Studien mit verschiedenen Medikamenten, aber erst seit 2018 wird die Wirksamkeit eines neuen Medikamentes namens "GS-441524" in der Literatur erwähnt. Dieses Medikament zeigte bereits bei etlichen FIP-erkrankten Katzen eine deutliche klinische Besserung mit Heilung der FIP.
GS-441524
GS-441524 ist ein Nukleosid-Analogon, das die Vermehrung des FIP-Virus blockiert. Leider ist bisher kein Medikament mit diesem Wirkstoff in Deutschland zugelassen. Aus diesem Grund hat sich ein privates Netzwerk gebildet, welches das Medikament aus dem Ausland (größtenteils China) bezieht, um Katzen in Deutschland die notwendige Therapie zu ermöglichen. Dies war nur durch die ehrenamtliche Arbeit von vielen Freiwilligen möglich. Doch der illegale Bezug über den Schwarzmarkt war und ist stets mit gewissen Risiken verbunden. Der Wirkstoff ist oft nicht in der angegebenen Menge enthalten und Besitzer können durch Betrug auf den Kosten sitzen bleiben.
Lesen Sie auch: Tagesklinik für Neurologie
Anfangs wurde das Medikament oft unter die Haut injiziert, was aufgrund der sauren Zusammensetzung zu starken Schmerzen der Katze bis hin zu Abszessen und Hautnekrosen geführt hat. Die subkutane Injektion von GS gilt deshalb mittlerweile als tierschutzwidrig. Die Behandlung sollte deshalb nur noch oral oder in Ausnahmefällen intravenös erfolgen. Die intravenöse Gabe ist momentan allerdings nur in der LMU in München im Rahmen einer klinischen Studie zu FIP unter Frau Prof. Hartmann möglich.
Glücklicherweise gibt es seit November 2024 eine Apotheke in Paris, die Suspensionen oder Pasten zur oralen Einnahme mit dem Wirkstoff GS-441524 auf Rezept herstellt und europaweit verschickt. Dafür stellt die behandelnde Tierarztpraxis ein Rezept aus und die Besitzer können sich auf der Seite der Apotheke als Kunden registrieren und das Rezept einlösen. Das Medikament wird dann angefertigt und versendet und kommt i.d.R. innerhalb von 24-48 Stunden bei den Besitzern an. Zur besseren Akzeptanz kann zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen gewählt werden. Da der Import des Medikamentes nur nach Rezept im Einzelfall erlaubt ist, kann das Medikament leider nicht in Tierarztpraxen bevorratet werden.
Die Behandlungszeit mit GS liegt inzwischen meist bei 42 Tagen, kann in schweren Fällen aber auch bis zu 84 Tage betragen. Die Heilungschancen betragen je nach Studie ca. 90%.
Momentan liegt das Patent zu der pharmazeutischen Formulierung von GS bei einem US- amerikanischen Pharma-Unternehmen, welches das Patent bisher nicht freigibt bzw. keine kommerzielle Herstellung erlaubt. Bis dieses Patent ausgelaufen ist, wird GS also vermutlich auch weiterhin nur auf Rezept hergestellt werden können. Sobald das Patent ausläuft und Medikamente mit GS kommerziell hergestellt werden können, kann die Behandlung nochzeitiger und effektiver stattfinden.
Remdesivir
Remdesivir ist ein weiteres antivirales Medikament, das in einigen Ländern als Alternative zu GS-441524 eingesetzt wird. Es ist ein zugelassenes Medikament gegen COVID-19 und wirkt ähnlich wie GS-441524, indem es die Virusvermehrung hemmt.
Lesen Sie auch: Erfahren Sie mehr über Neuroteam Elmenhorst
Zusätzliche unterstützende Maßnahmen
Zusätzlich zu dem Medikament mit GS benötigen fast alle Katzen auch weitere symptomatische Therapie, wie Medikamente gegen Übelkeit, gegen Schmerzen, zur Entzündungshemmung, Leberschutz usw. Viele Katzen benötigen sogar eine intensivmedizinische Behandlung mit stationärer Unterbringung und Infusion.
Kosten der Behandlung
Die Kosten hängen von Körpergewicht und Schwere der Erkrankung ab und liegen etwa zwischen 800€ und 1500€ für das Medikament mit GS. Zusätzlich kommen Kosten für Diagnostik, regelmäßige Blutkontrollen und die weiterführende notwendige Therapie hinzu und liegen deshalb insgesamt oft über 3000€. Viele Tierkrankenversicherungen übernehmen allerdings mittlerweile die Kosten für das GS aus der Apotheke in Paris.
Therapiebeginn bei Verdacht
Da die Therapie selber bisher keine bekannten Nebenwirkungen hat, FIP sehr schnell tödlich enden kann und die endgültige Diagnosefindung häufig langwierig ist, wird empfohlen, bereits bei einem fundierten Verdacht mit der Therapie zu starten. Es sollten vor Therapiebeginn allerdings immer Proben zur Diagnostik mit PCR entnommen werden, z.B. aus Bauchhöhlenflüssigkeit, Lymphknoten oder dem Kammerwasser. Es wird einer nicht anFIP erkrankten Katze nicht schaden, vorübergehend mit dem Medikament behandelt zu werden, allerdings kann eine rechtzeitige Behandlung einer FIP-erkrankten Katze das Leben retten. Sollte die PCR nach Therapiebeginn doch negativ auf das FIP-Virus ausfallen, sollte die Therapie mit GS beendet und nach einer anderen Ursache für die Symptome der Katze gesucht werden. Zudem sollte das Medikament nicht missbräuchlich und unnötigerweise eingesetzt werden, da sonst die Gefahr der Resistenzbildung besteht, welche unbedingt vermieden werden muss.
Prävention von FIP
Theoretisch gibt es eine Impfung gegen FIP, allerdings weist diese keine gesicherte Wirksamkeit auf, weshalb sie aktuell nicht empfohlen wird. Generell sollte man auf Hygiene im Katzenumfeld achten, insbesondere in Mehrkatzenhaushalten. In größeren Zuchten oder Tierheimen sollten Tiere möglichst in kleineren, festen Gruppen gehalten und nicht untereinander durchgetauscht werden. Auch die Reduktion von Stress ist angeraten.
Umgang mit FIP-positiven Katzen
Wenn man eine FIP-positive Katze hat, muss und sollte man bereits andere im Haushalt lebende Katzen nicht von ihr trennen, da sie sich zum einen mit hoher Wahrscheinlichkeit schon mit der Grundform des Felinen Enteralen Coronavirus angesteckt haben und die Trennung von regelmäßigen Sozialpartnern für die FIP-erkrankte Katze massiven Stress und damit eine schlechtere Prognose bedeuten kann. Wenn man bereits eine FIP-Katze hat, sollte man sich allerdings am besten keine neue Katze OHNE Antikörper gegen das Feline Coronavirus anschaffen, um diese nicht unnötig zu gefährden.
Weitere präventive Maßnahmen
- Optimale Haltung der Katze: Da sich Katzen vor allem dort anstecken, wo sie sich mit vielen anderen Artgenossen aufhalten, ist es ratsam, den Kontakt Ihres Lieblings zu anderen Katzen möglichst gering zu halten. Haben Sie einen Mehrkatzenhaushalt, können Sie das Infektionsrisiko senken, indem Sie jedem Tier ein eigenes Katzenklo sowie eigene Trink- und Fressnäpfe bereitstellen. Zudem sollten die Fress- und Trinknäpfe genügend weit von den Katzenklos entfernt sein.
- Hygiene: Da die Viren bis zu 7 Wochen außerhalb eines Wirtes überlebensfähig sind, ist eine gute Hygiene und ständiges Säubern des Katzenklos wichtig. So können Sie die Wahrscheinlichkeit senken, dass Ihre Samtpfote sich durch Kot, Speichel oder kontaminierte Gegenstände ansteckt. Zudem sollten Jungtiere von mit Coronaviren infizierten Katzen ferngehalten werden, da sie besonders anfällig für Mutationen des felinen Coronavirus sind.
- Vermeiden von Stress: Ob Jungtier oder erwachsene Katze - sobald das Immunsystem des Tieres geschwächt ist, hat das FCoV (felines Coronavirus) leichtes Spiel. Stress kann häufig durch Veränderungen wie einen Umzug, Halterwechsel, Revierkämpfe in Mehrkatzenhaushalten oder andere gesundheitliche Beschwerden hervorgerufen werden. Bieten Sie Ihrem Stubentiger bei solchen Veränderungen einen Rückzugsort, wo er sich wohlfühlen und zurückziehen kann.
Unterstützung während der Behandlung
Während der Behandlung ist es wichtig, die Katze bestmöglich zu unterstützen, um ihre Genesung zu fördern.
- Appetit anregen: Katzen mit FIP haben oft wenig Appetit und verlieren an Gewicht. Bieten Sie Ihrer Katze schmackhaftes, hochwertiges Futter an. Warme, feuchte Nahrung ist oft leichter zu fressen.
- Stress reduzieren: Katzen mit FIP reagieren empfindlich auf Stress. Sorgen Sie für eine ruhige und entspannte Umgebung. Vermeiden Sie Veränderungen in der Routine und bieten Sie Ihrer Katze einen sicheren Rückzugsort.
- Medikamentengabe erleichtern: Verabreichen Sie Medikamente so stressfrei wie möglich. Fragen Sie Ihren Tierarzt nach Tipps zur Medikamentengabe. Belohnen Sie Ihre Katze nach der Medikamentengabe mit einem Leckerli.
- Regelmäßige Tierarztbesuche: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Tierarzt sind wichtig, um den Verlauf der Behandlung zu überwachen und gegebenenfalls anzupassen.
- Optimale Ernährung für FIP-Katzen: Hochwertige Proteine zur Unterstützung der Muskelregeneration, Omega-3-Fettsäuren, z. B. in Fischöl, zur Reduktion von Entzündungen, leicht verdauliche Kohlenhydrate als Energielieferant und Vitamin- und Mineralstoffzusätze zur Stärkung des Immunsystems.
tags: #neurologische #FIP #Katze #Symptome #Behandlung