Neurologische Medikamente: Eine Übersicht zur Behandlung von Nervenschmerzen und anderen neurologischen Erkrankungen

Neurologische Erkrankungen umfassen ein breites Spektrum von über 1.000 verschiedenen Krankheitsbildern. Viele dieser Erkrankungen sind selten, wie beispielsweise die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), von der jährlich etwa ein bis zwei von 100.000 Personen betroffen sind. Glücklicherweise befinden sich laut dem Bericht „Medicines in development for neurological disorders“ auch für diese Patienten 20 Medikamente in der Entwicklung, von denen sich drei sogar in der letzten Studien-Phase III befinden. Insgesamt sind laut PhRMA über 500 Arzneimittel gegen verschiedene neurologische Erkrankungen in den Pipelines biopharmazeutischer Unternehmen. Das wachsende Wissen im Bereich der Neurologie führt zu wissenschaftlichem Fortschritt und erlaubt es den Forschern, neue Wege und Methoden zur Behandlung der komplexen Erkrankungen zu untersuchen.

Ein wichtiger Aspekt der Neurologie ist die Behandlung von Nervenschmerzen, die sich von anderen Schmerzarten unterscheiden, die infolge einer Gewebeschädigung entstehen. Nervenschmerzen entstehen als direkte Folge einer Schädigung von Gefühlsnerven. Im Folgenden werden verschiedene Aspekte der medikamentösen Behandlung neurologischer Erkrankungen, insbesondere von Nervenschmerzen, beleuchtet.

Die Besonderheiten von Nervenschmerzen

Nervenschmerzen, auch neuropathische Schmerzen genannt, unterscheiden sich wesentlich von Schmerzen, die durch Gewebeschädigung verursacht werden. Sie entstehen durch eine direkte Schädigung oder Funktionsstörung von Nerven, die für die Schmerzübertragung verantwortlich sind. Dies kann zu Gefühlsstörungen wie Taubheit oder Überempfindlichkeit führen. Typische Beispiele für Nervenschmerzen sind die Trigeminusneuralgie mit einschießenden, teils elektrisierenden Gesichtsschmerzen oder die diabetische Polyneuropathie, bei der die Zuckerkrankheit zu einer Schädigung vieler kleiner Nerven, zumeist an Füßen und Unterschenkeln, führt. Betroffene beschreiben Nervenschmerzen häufig als elektrisierend, einschießend oder brennend.

Da Nervenschmerzen andere Ursachen haben als Gewebeschmerzen, sprechen sie nicht gut auf herkömmliche Schmerzmittel wie NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) und Coxibe an. Daher werden zur Behandlung von Nervenschmerzen spezielle Medikamente eingesetzt, die auf die spezifischen Mechanismen der Schmerzentstehung und -weiterleitung in den Nerven abzielen.

Medikamentöse Behandlung von Nervenschmerzen

Es hat sich gezeigt, dass Medikamente, die ursprünglich zur Behandlung anderer Erkrankungen entwickelt wurden, bei Nervenschmerzen sehr wirksam sein können. Hierzu zählen insbesondere Antikonvulsiva und Antidepressiva.

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Antikonvulsiva

Antikonvulsiva sind Medikamente, die ursprünglich zur Behandlung epileptischer Anfälle entwickelt wurden. Sie greifen beruhigend in die Funktion der Nervenzellen ein, indem sie die Aktivität der Nervenzellen und der schmerzleitenden Nervenbahnen beeinflussen. Dadurch normalisieren sie die für neuropathische Schmerzen typischen Veränderungen und Störungen der Nervenfunktion.

Bekannte Beispiele für Antikonvulsiva, die bei Nervenschmerzen eingesetzt werden, sind Gabapentin und Pregabalin. Bei neuropathischen Schmerzerkrankungen werden diese Medikamente gezielt zur Schmerzlinderung eingesetzt und nicht zur Behandlung von Depressionen oder Anfällen. Die Wirkung entsteht durch eine Hemmung der Schmerzweiterleitung im Rückenmark.

Antidepressiva

Auch Antidepressiva, die zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, können bei Nervenschmerzen wirksam sein. Sie beeinflussen ebenfalls die Aktivität der Nervenzellen und der schmerzleitenden Nervenbahnen und können so die Schmerzweiterleitung hemmen.

Häufig verwendete Antidepressiva zur Behandlung von Nervenschmerzen sind Amitriptylin oder Duloxetin. Wie bei den Antikonvulsiva werden diese Medikamente bei neuropathischen Schmerzerkrankungen gezielt zur Schmerzlinderung eingesetzt und nicht zur Behandlung von Depressionen.

Langzeitanwendung und Nebenwirkungen

Antikonvulsiva und Antidepressiva können jahrelang eingenommen werden, ohne dass bleibende Organschäden entstehen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass alle diese Medikamente Nebenwirkungen haben können, die zumeist im Gehirn ausgelöst werden. Am häufigsten kann es zu Müdigkeit, Schwindel und manchmal Gedächtnisstörungen kommen. Glücklicherweise verschwinden diese Nebenwirkungen regelhaft mit der Zeit oder bei Reduktion der eingenommenen Medikamentenmenge.

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Es ist wichtig, die Einnahme dieser Medikamente eng mit dem behandelnden Arzt abzustimmen, um die bestmögliche Wirkung bei minimalen Nebenwirkungen zu erzielen.

Örtliche Behandlung von Nervenschmerzen

Neben der systemischen Behandlung mit Tabletten gibt es auch die Möglichkeit, einige Formen von Nervenschmerzen mit örtlicher und oberflächlicher Behandlung am Schmerzort zu therapieren. Dabei werden die Medikamente in Form eines Pflasters oder als Creme auf die Haut aufgebracht, um bestimmte Bestandteile der Nervenzelloberfläche zu beeinflussen und die Schmerzentstehung oder -weiterleitung zu verhindern.

Lidocain-Pflaster

Ein Beispiel hierfür ist das Medikament Lidocain, ein örtliches Betäubungsmittel, das auch der Zahnarzt in einer Spritze zur Betäubung verwendet. In Form eines Pflasters kann Lidocain direkt auf den Schmerzbereich aufgebracht werden, um die Nervenaktivität lokal zu reduzieren und so die Schmerzen zu lindern.

Capsaicin-Pflaster

Ein andersartiges Pflaster enthält den Wirkstoff Capsaicin, der aus der Chilischote gewonnen wird. Capsaicin kann nach Pflasterbehandlung auf der Haut dazu führen, dass sich geschädigte Nervenfasern aus der betroffenen Haut zurückziehen und damit die Nervenschmerzen in diesem Bereich für 2-3 Monate verschwinden. Danach wachsen die Nervenfasern wieder nach. Bei Wiederauftreten der Schmerzen kann dann erneut ein Capsaicin-Pflaster geklebt werden.

Diese Form der Behandlung ist besonders dann sinnvoll, wenn es einen kleinen oberflächlichen Schmerzbereich gibt, etwa bei einem Nervenschmerz nach einer Gürtelrose, der auch als postherpetische Neuralgie bezeichnet wird.

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Opioide bei unzureichender Schmerzlinderung

Lassen sich Nervenschmerzen durch die zuvor genannten Medikamente nicht ausreichend behandeln, können mittelstark oder stark wirksame Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide zum Einsatz kommen. Diese Medikamente sind mit Morphin verwandt, einem Medikament, das sich vom Schlafmohn herleitet. An den Opioiden ist besonders, dass sie sowohl bei Gewebeschmerzen wie auch bei Nervenschmerzen wirken.

Weitere Entwicklungen in der Neurologie

Die Forschung im Bereich der Neurologie schreitet stetig voran. Laut PhRMA befinden sich über 500 Arzneimittel gegen verschiedene neurologische Erkrankungen in den Pipelines biopharmazeutischer Unternehmen. Dies deutet auf ein wachsendes Verständnis der komplexen Mechanismen neurologischer Erkrankungen hin und eröffnet neue Perspektiven für die Entwicklung innovativer Therapien.

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