Die neurologische Untersuchung ist ein wesentlicher Bestandteil der medizinischen Diagnostik, um Funktionsstörungen des Nervensystems zu erkennen. Sie umfasst verschiedene Tests, die darauf abzielen, die Integrität und Funktion von Gehirn, Rückenmark, peripheren Nerven und Muskeln zu beurteilen. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Aspekte der neurologischen Fingeruntersuchung, einschließlich der gängigen Tests, ihrer Durchführung und Interpretation.
Einführung in die neurologische Untersuchung
Die neurologische Untersuchung beginnt oft mit einer allgemeinen Beobachtung des Patienten. Ist er wach und orientiert? Liegen Sprach- oder Sprechstörungen vor? Reagiert er auf verbale Aufforderungen? Auch Bewegungsmuster beim Entkleiden können aufschlussreich sein. Anschließend werden spezifische Aspekte wie Hirnnerven, Sensomotorik, Reflexe und Koordination systematisch untersucht.
Viele Ärzte dokumentieren ihre neurologische Untersuchung mit dem Vermerk „neurologisch grob unauffällig“. Dies ist jedoch wenig aussagekräftig, da jeder Arzt etwas anderes darunter versteht. Eine detailliertere Dokumentation der durchgeführten Tests ist daher vorzuziehen.
Wichtige Aspekte der neurologischen Untersuchung
Reizzeichen
Zu den ersten Reizzeichen, die geprüft werden, gehört die Nackensteife. Dabei wird das Kinn zur Brust gedrückt. Schmerz oder Widerstand können auf Meningitis oder eine Subarachnoidalblutung hindeuten. Ein weiteres wichtiges Reizzeichen ist der Lasègue-Test, der auf eine Reizung der Nervenwurzeln hinweist.
Hirnnerven
Die zwölf Hirnnerven werden systematisch auf ihre Funktion überprüft:
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- N. olfactorius (I): Geruchssinn (z.B. Test mit Kaffee, Vanille, Pfefferminze)
- N. opticus (II): Sehschärfe (Visus), Gesichtsfeld, Pupillenreaktion, Farbsinn
- N. oculomotorius (III), N. trochlearis (IV), N. abducens (VI): Augenbewegungen, Pupillenreaktion
- N. trigeminus (V): Sensibilität des Gesichts, Motorik der Kaumuskulatur
- N. facialis (VII): Mimische Muskulatur (z.B. Zähne zeigen, Pfeifen, Backen aufblasen)
- N. vestibulocochlearis (VIII): Hören (z.B. Weber-Test), Gleichgewicht
- N. glossopharyngeus (IX), N. vagus (X): Gaumensegel, Würgereflex, Stimme
- N. accessorius (XI): Funktion des M. sternocleidomastoideus und M. trapezius
- N. hypoglossus (XII): Zungenbewegung
Sensomotorik
Die Sensibilität wird durch sanftes Bestreichen von Gesicht, Armen, Rumpf und Beinen mit den Untersucherfingern getestet. Bei Auffälligkeiten können zusätzlich Warm-Kalt-Testungen und Spitz-Stumpf-Diskrimination durchgeführt werden. Die Motorik wird durch Beurteilung der Muskelkraft bei verschiedenen Bewegungen gegen Widerstand geprüft.
Reflexe
Die Reflexprüfung ist ein wichtiger Bestandteil der neurologischen Untersuchung. Zu den wichtigsten Reflexen gehören:
- Muskeleigenreflexe: Bizepssehnenreflex, Trizepssehnenreflex, Patellarsehnenreflex, Achillessehnenreflex
- Fremdreflexe: Babinski-Reflex (pathologisch: Dorsalextension der Großzehe und Spreizen der übrigen Zehen)
Um die Reflexauslösung zu erleichtern, können Ablenkungsmanöver wie der Jendrassik-Handgriff eingesetzt werden.
Koordination
Die Koordination wird durch verschiedene Tests überprüft, darunter:
- Finger-Nase-Versuch: Der Patient führt die ausgestreckte Hand mit offenen und geschlossenen Augen zur Nase.
- Knie-Hacke-Versuch: Der Patient setzt die Ferse auf das andere Knie und streicht sie den Unterschenkel hinab und herauf.
- Romberg-Test: Der Patient steht mit geschlossenen Augen und geschlossenen Füßen. Verstärkte Unsicherheit deutet auf eine sensorische Störung hin.
- Unterberger-Tretversuch: Der Patient marschiert mit geschlossenen Augen auf der Stelle.
Spezifische Fingeruntersuchungen
Neben den allgemeinen neurologischen Tests gibt es auch spezifische Fingeruntersuchungen, die zur Beurteilung der Feinmotorik und Koordination der Hände dienen:
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- Finger-Tippen: Der Patient tippt mit den Fingern auf eine Unterlage.
- Wechselndes Berühren der Finger II-IV gegen Daumen: Der Patient berührt mit jedem Finger einzeln den Daumen.
- Virtuelles Klavierspielen: Der Patient simuliert das Klavierspielen in der Luft.
- Händedrehen: Der Patient klatscht mit wechselnder Pronation/Supinationsbewegung der Hand auf die flache Hand der Gegenseite.
- Drehbewegungen mit den Händen: Der Patient simuliert das Einschrauben einer Glühbirne.
Weitere diagnostische Verfahren
Ergänzend zur neurologischen Untersuchung können weitere diagnostische Verfahren eingesetzt werden, um die Ursache von neurologischen Beschwerden abzuklären:
- Elektrophysiologische Untersuchungen:
- Elektromyographie (EMG): Messung der elektrischen Aktivität von Muskeln zur Beurteilung von Nerven- und Muskelerkrankungen.
- Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG): Messung der Geschwindigkeit, mit der Nerven elektrische Impulse leiten.
- Evozierte Potentiale (EP): Messung der Hirnstromaktivität, die durch Sinnesreize ausgelöst wird.
- Elektroenzephalographie (EEG): Aufzeichnung der Hirnströme zur Diagnose von Epilepsie und anderen Hirnfunktionsstörungen.
- Bildgebende Verfahren:
- Computertomographie (CT): Darstellung von Gehirn und Rückenmark zur Erkennung von Blutungen, Tumoren und anderen strukturellen Veränderungen.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Detailliertere Darstellung von Gehirn und Rückenmark zur Diagnose von Entzündungen,Multipler Sklerose, Tumoren und anderen Erkrankungen.
- Ultraschall (Sonographie): Darstellung von Blutgefäßen zur Erkennung von Verengungen oder Verschlüssen, insbesondere der Halsschlagadern.
- Liquoruntersuchung (Lumbalpunktion): Entnahme von Nervenwasser zur Untersuchung auf Entzündungen, Infektionen und andere Erkrankungen des Nervensystems.
- Psychometrische Testverfahren:
- Mini-Mental State Examination (MMSE): Kurztest zur Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten.
- Uhrentest: Test zur Beurteilung der visuokonstruktiven Fähigkeiten und des räumlichen Denkens.
- DemTect: Test zur Früherkennung von Demenz.
Neurologische Notfalluntersuchung
In Notfallsituationen ist eine rasche und fokussierte neurologische Untersuchung entscheidend. Dabei werden insbesondere Bewusstsein, Sprache, Hirnnerven, Motorik, Sensibilität und Reflexe beurteilt. Zur Quantifizierung des Bewusstseins können die Glasgow Coma Scale (GCS) oder der FOUR-Score verwendet werden.
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