Der Beruf des Neurologen ist komplex und vielseitig, spezialisiert auf die Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems und Muskelerkrankungen. Neurologen nutzen eine Vielzahl von Diagnoseverfahren, darunter Elektromyografie und Elektroneurografie. Dieser Artikel bietet einen Überblick über empfehlenswerte Neurologie-Lehrbücher, die sowohl für Einsteiger als auch für erfahrene Fachärzte geeignet sind.
Die Bedeutung der klinisch-neurologischen Untersuchung
Die klinisch-neurologische Untersuchung ist ein zentraler Bestandteil der neurologischen Praxis. Sie stellt neben der Anamnese das wichtigste Instrument für Neurologen dar. Da aktuelle Lehrbücher diesen Aspekt oft vernachlässigen, ist ein Werk, das sich diesem Thema widmet, besonders wertvoll.
Empfehlenswerte Neurologie-Lehrbücher
Für den Einstieg und die Grundlagen
- Geraint Fuller. Neurologische Untersuchung. Auf einen Blick. Urban & Fischer 2006: Dieser Klassiker, übersetzt ins Deutsche, gilt als eines der besten Bücher zur neurologischen Untersuchung.
- Masuhr, Neumann. Duale Reihe: Neurologie. MLP, 2013: Dieses Buch bietet ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ist didaktisch gut aufbereitet. Es beschreibt die wichtigsten neurologischen Krankheiten und ihre Leitsymptome knapp und anschaulich. Hervorragende anatomisch-pathologische Zeichnungen visualisieren die komplexen Zusammenhänge zwischen Ursachen und resultierenden Störungen. Kurze Blicke auf das Wesentliche erleichtern das Repetieren, Fallbeispiele und Merkeboxen erschließen dem Leser die Neurologie fast mühelos.
- Egli, Mumenthaler. Basiswissen Neurologie. Thieme, 1996: Für Leser, die eine schnelle Einführung suchen.
- Mummenthaler, Mattle. Neurologie. Thieme, 2008: Ein umfassendes Werk, das einen guten Überblick über die gesamte Bandbreite der Neurologie bietet - von den Grundlagen der Diagnostik über die wichtigsten Krankheitsbilder des ZNS, die Pathologie von Rückenmark und peripherem Nervensystem bis hin zu Muskelerkrankungen.
- C., Steinmetz H., Kastrup O.: Dieses Werk setzt sich zum Ziel, das gesamte Fachgebiet der Neurologie übersichtlich und dennoch umfassend abzubilden. Die aufgeführten Krankheitsbilder werden nach einem einheitlichen Schema dargestellt, das allgemeine Informationen zur Epidemiologie und Pathogenese sowie zur typischen Symptomatik, dem diagnostischen Vorgehen und detaillierte Therapieempfehlungen beinhaltet.
Für die Arbeit auf Station und in der Praxis
- Checkliste Neurologie. Thieme. 2012: Sehr gut geeignet für die Arbeit auf Station. Bietet präzise Handlungsempfehlungen, Untersuchungsbefunde und Therapieempfehlungen.
- Delank, Gehlen. Neurologie. Thieme, 2010: Aktuell und attraktiv aufbereitet.
- Klingelhöfer. Klinikleitfaden Neurologie/Psychiatrie. Urban, Fischer, 2009.
- Hufschmidt, Lücking. Neurologie compact. Thieme 2013: Ein Standard-Nachschlagewerk für die Praxis. Sehr vollständig (auf Facharztniveau) und systematisch.
Für den erfahrenen Neurologen und Facharzt
- Brandt, Dichgans, Diener. Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen. Kohlhammer, 2012: Die "Bibel" für Fachärzte der Neurologie. Konzentriert sich mehr auf Therapie als auf (Differential-)Diagnostik. Ein sehr gutes Nachschlagewerk für Details. Es ist seit langem eines der führenden Standardwerke in der Neurologie. Entsprechend dem Titel liegt der Schwerpunkt auf der Therapie, insbesondere auf der Darstellung der medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten. Die in Frage kommenden Medikamente werden differenziert in ihrer Wirkweise und Dosierung dargestellt und mögliche Nebenwirkungen ausführlich erörtert. Konkrete Dosierungsempfehlungen sind hilfreich. Wichtige Aspekte werden durch Merkkästchen hervorgehoben sowie durch Abbildungen und Tabellen ergänzt. Im Gegensatz zu vielen anderen Lehrbüchern werden auch Medikamente mit mäßiger studienbasierter Evidenz bzw. deren Anwendung im Off-Label-Use aufgeführt. Die wissenschaftliche Evidenz wird in Form von Evidenzleveln sowie Empfehlungsstärken erläutert. Das Werk beschränkt sich nicht nur auf Ausführungen zur Therapie, sondern stellt auch die typische klinische Symptomatik, das diagnostische Vorgehen und den Verlauf der Erkrankungen dar. Im Anhang des jeweiligen Kapitels werden dem Leser umfangreiche Literaturangaben zur Verfügung gestellt. Der Verlag ermöglicht dem Leser einen kostenfreien Online-Zugriff auf die Inhalte des Buches über einen Zeitraum von 12 Monaten.
- Poeck, Hacke. Neurologie. Springer, 2010: Ursprünglich als Einsteigerwerk konzipiert, eignet es sich inzwischen hervorragend für Praktiker und zur Facharztvorbereitung. Die Erweiterung der Autorenschaft hat zu einer inhaltlichen Erweiterung geführt, sodass auch seltene neurologische Erkrankungen aufgeführt werden. Die ersten Kapitel, die sich mit Anamnese, klinischer Untersuchung und typischen neurologischen Symptomen befassen, sind sehr gelungen und verständlich dargelegt. Die Präsentation der Krankheitsbilder beinhaltet neben einer präzisen Schilderung der Symptomatik auch Empfehlungen zur Medikation mit Dosierungen. In sogenannten Facharztboxen werden seltenere Erkrankungen oder Spezifizierungen zu einzelnen Krankheitsbildern aufgeführt. Abschließend finden sich noch Ausführungen zur neurologischen Intensivmedizin, Rehabilitation sowie Neurogeriatrie.
- Adams, Victor, Ropper. Principles of Neurology. McGrawHill, 2014: Das amerikanische Standardlehrbuch. Sehr ausführlich und prosaisch gehalten. Eignet sich eher für zukünftige Neurologen.
- Diedrich M.: Dieses Fachbuch hat sich über die letzten Jahrzehnte sukzessiv zu dem Standardwerk in der Neurologie entwickelt. Der Inhalt ist immer aktuell und wird mit jeder Auflage durch neue Kapitel erweitert. Der Leser findet nicht nur fundierte Informationen zur jeweiligen Erkrankung, sondern erhält zahlreiche präzise Empfehlungen auch zum diagnostischen Vorgehen und - dem Titel des Werkes entsprechend - zur Therapie mit genauen Dosierungsangaben. Dabei werden auch Medikamente mit mäßiger studienbasierter Evidenz bzw. deren Anwendung im Off-Label-Use aufgeführt. Die Neuauflage wurde komplett überarbeitet und durch zwei neue Kapitel zur Neuropädiatrie und Neurogeriatrie ergänzt. Der Aufbau der Kapitelgliederung in Klinik, Verlauf, therapeutische Prinzipien, pragmatische Therapie und Unwirksamkeit von Therapieverfahren hat sich bewährt und wurde beibehalten. Im Anhang des jeweiligen Kapitels finden sich umfangreiche Literaturangaben.
Spezielle Themen und Schwerpunkte
- Urban, Peter: Klinisch-neurologische Untersuchungstechniken: Dieses Fachbuch ist dreigeteilt in die Kapitel Anamnese, allgemeine klinische Untersuchung und klinisch-neurologische Untersuchungstechniken bei ausgewählten Erkrankungen und Symptomen. Der Autor stellt die komplette Basisuntersuchung - inklusive der Neuropsychologie - sowie die spezifischen Untersuchungen - u.a. die Hirntoddiagnostik - detailliert dar. Er gibt Tips zu der den normalen Untersuchungsgang ergänzenden symptomorientierten Diagnostik. Auch differenzialdiagnostische Überlegungen fließen in die Darstellung der verschiedensten Symptome und Befunde ein. Hervorzuheben ist auch das Kapitel zur Detektion psychogener Störungen sowie die diesbezüglich im Text immer wieder eingestreuten Hinweise.
- Suchenwirth R., Dittel R.: Neurologische Untersuchung: Dieses Buch hebt sich aufgrund seiner Detailliertheit positiv von ähnlichen Werken ab. Es enthält zahlreiche Untersuchungstechniken, Zeichen oder praktische Untersuchungsanweisungen, die ansonsten selten beschrieben sind. Besondere Erwähnung verdient die Darstellung der Motorikprüfung, bei der die wichtigsten Muskelprüfungen detailliert in Text und Bild dargestellt werden. Die Autoren geben daneben auch Hinweise zur speziellen und erweiterten Anamneseerhebung und ergänzen ihr Werk mit einem Kapitel zur Neuropsycholgie.
- Kornhuber, S. Zierz: Die neurologische Untersuchung: Das Werk behandelt die wichtigsten Instrumente eines jeden Neurologen: Die Anamnese und die neurologische Untersuchung. Die Autoren geben Hinweise, wie eine differenzierte Anamnese erfolgen sollte und nach welchen Punkten gefragt werden muss, die vom Patienten nicht immer direkt angesprochen werden. Die neurologische Untersuchung wird sehr detailliert und umfassend dargestellt. Besondere Erwähnung verdient die sehr gute Darstellung der Muskelfunktionsprüfung. Eingang finden auch autonome Funktionen, die Untersuchung des muskuloskelettalen Systems, die Untersuchung der höheren Hirnfunktionen.
Werke mit Einschränkungen
- Gleixner, Müller und Wirth. Neurologie und Psychiatrie. 2013/2014: Obwohl wegen seines Formates als "Herold der Neurologie/Psychiatrie" bezeichnet, wird es fachlich nicht immer als zufriedenstellend bewertet. Ein Student bemängelte: "Kurz, knapp, trotzdem relativ vollständig, dafür wenig (s/w) Bilder!", und eine Bewertung auf Amazon kritisierte "vage, schwammige Informationen und insbesondere keine logischen Gedankengänge".
- Malte E. Kornhuber, Stephan Zierz (Hrsg.): Die neurologische Untersuchung: Obwohl es alle Untersuchungstechniken und zu erhebenden Befunde anschaulich beschreibt, orientiert es sich am lange Zeit üblichen Kurs der neurologischen Untersuchung und ist als isoliertes Lehrbuch für die aktuellen Studienbedingungen nicht geeignet. Es wäre sinnvoller als Eingangskapitel für ein Lehrbuch der Neurologie geeignet.
Weitere relevante Fachbücher
Neben den oben genannten Neurologie-Lehrbüchern gibt es auch eine Reihe von Fachbüchern, die sich mit verwandten Themen befassen und für Neurologen von Interesse sein können:
- Berger, M.: Psychiatrie und Psychotherapie: Ein ausführliches Standardwerk der Psychiatrie und Psychotherapie.
- Gastpar, M; Kasper, S.; Linden, M. Hinterhuber, J, Fleischhacker, W. Kasper, S.;Volz, H.-P. Laux, G., Möller, H. J. Machleidt, M.; Bauer, M.; Lamprecht, F. Möller, H.-J., Laux, G., Deister A. Payk, T. Hoffmann, S.O.; Hochapfel, G.: Neurosenlehre, psychotherapeutische und psychosomatische Medizin - CompactLehrbuch. Schattauer, 2004 (7. von Uexküll, Th.: Psychosomatische Medizin (6. Auflage). Deter, H.C.: Angewandte Psychosomatik. von Uexküll, Th. (Hrsg). Integrierte Psychosomatik in Praxis und Klinik (2. Aufl.) . Ahrens, St., Schneider, W. (Hrsg.) Lehrbuch der Psychotherapie und Psychosomatischen Medizin (2. Aufl.). Senf, W., Broda, M. (Hrsg.). Praxis der Psychotherapie (3. Aufl.). Reimer, Ch., Eckert, J., Hautzinger, M., Wilke, E.: Psychotherapie (2. Aufl.). Grawe, K.: Psychologische Therapie. Lambert, M.J.: Bergin and Garfields Handbook of Psychotherapy and Behavior Change (5th Ed.).
- Kernberg, O., Dulz, B., Sachsse, U.. Handbuch der Borderline-Störungen (2. Fischer, G., Riedesser, P.: Lehrbuch der PSychotraumatologie. Cierpka, M., Reich, G.: Psychotherapie der Ess-Störungen (2. Rudolf, G., Henningsen, P.: Somatoforme Störungen.
Die Rolle der klinischen Symptomatik und Diagnostik
Die klinische Symptomatik und die Diagnostik spielen eine zentrale Rolle in der Neurologie. Ein gutes Lehrbuch sollte diese Aspekte umfassend und verständlich darstellen. Umfangreiches Bildmaterial mit Befunden sowie Illustrationen und zahlreiche Tabellen bieten eine sinnvolle Ergänzung zu den Textbeiträgen. Wichtige Inhalte sind in Form von Merkkästchen, "Keypoints" und "Praxistipps" hervorgehoben.
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