Alzheimer-MRT-Diagnose: Ein umfassender Überblick

Bei anhaltenden Gedächtnis- oder Wortfindungsstörungen sowie auffallenden Verhaltensstörungen im Alter ist eine Abklärung der Ursache beim Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Neurologie unerlässlich. Kompetenzen im Bereich der Alterskrankheiten (Gerontopsychiatrie, Geriatrie) sind hierbei von Vorteil. Das normale Altern kann zwar mit einem Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit einhergehen, doch die Symptome lassen sich meist gut von einer Demenz abgrenzen.

Diagnose von Demenz und Alzheimer

Für die Diagnose „Demenz" sucht der (Geronto)Psychiater/Neurologe neben der Gedächtnisstörung nach weiteren Krankheitsanzeichen, darunter:

  • Störungen des Denk- und Urteilsvermögens
  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Sprachstörung trotz intakter Funktion von Zunge und Kehlkopf (Aphasie)
  • Unfähigkeit, gezielte Bewegungen auszuführen, obwohl Muskeln und Nerven intakt sind (Apraxie)
  • Nichterkennen/Nichtverstehen von Gesprochenem, Gesehenem, Gehörtem oder Getastetem, obwohl die Sinnesorgane intakt sind (Agnosie)
  • Unvermögen, komplexe geistige Ideen in eine Handlung umzusetzen (Störung der Exekutivfunktionen)

Bei einer Demenz greifen die kognitiven Defizite in bedeutsamer Weise in das soziale oder berufliche Leben der Patienten ein, wobei eine deutliche Verschlechterung gegenüber einem früheren Leistungsniveau besteht. Zudem werden bei Alzheimer-Patienten ein verminderter Antrieb und Störungen im Sozialverhalten beobachtet. Die Erkrankung zeigt einen schleichenden Beginn und fortgesetzten geistigen Abbau.

Beurteilung der geistigen Fähigkeiten

Anhand verschiedener Tests kann der Arzt die derzeitige geistige Leistungsfähigkeit des Patienten beurteilen und damit den Schweregrad der Demenz einordnen. Einige dieser Tests sind:

  • Uhren-Test: Das Zeichnen einer Uhr ermöglicht eine Beurteilung des geistigen Zustands. Visuell-räumliche Orientierungsprobleme im Verlauf der Krankheit führen oft dazu, dass Ziffern und Zeiger nicht mehr richtig angeordnet werden können.
  • Mini-Mental-Status-Test (MMST): Dieser Test dient der ersten Orientierung und dauert ca. 10 Minuten. Der Patient beantwortet Fragen zur aktuellen Zeit und zum Raum, spricht Worte nach, führt einen Rückrechentest durch und wiederholt die Worte des Merkfähigkeitstests. Sprach- und Schreibtests ergänzen die Untersuchung.
  • Demenz-Detektion (DemTect): Dieser Spezialtest zur Früherkennung ist dem MMST überlegen und wird häufig vom Gerontopsychiater/Neurologen durchgeführt. Er beinhaltet Aufgaben zur Prüfung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses, der Zahlenverarbeitung und der Sprachflüssigkeit.
  • Montreal Cognitive Assessment (MoCA): Ähnlich dem DemTect dient auch der MoCA der Früherkennung von Defiziten des Gedächtnisses bzw. des Denkvermögens. In 10 Minuten werden verschiedene Bereiche der Leistungsfähigkeit abgefragt, darunter das Lernen von Begriffen, die visuell-räumliche Verarbeitung, die Konzentration, die Exekutivfunktionen, die Abstraktionsfähigkeit, die Sprachflüssigkeit und die Zahlenverarbeitung.
  • ADL-Skalen: ADL-Skalen ("Activities of Daily Living") messen die Auswirkungen der Demenz auf die Alltagsfähigkeiten. Der Test misst, zu welchen Tätigkeiten des alltäglichen Lebens der Patient noch fähig ist. Alltagsprobleme werden mit Punkten zwischen 1 und 10 bewertet.

Bildgebende Verfahren in der Demenzdiagnostik

Bei der Erstdiagnose der Demenz sollte zusätzlich entweder eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. CT und MRT erstellen Schichtaufnahmen des Gehirns und erlauben einen Einblick in den Aufbau des Gehirns. Diese bildgebenden Verfahren ermöglichen allein zwar nicht die Diagnose einer Demenz, können aber helfen, zwischen den einzelnen Formen zu unterscheiden. Der Hauptgrund für die Erstellung von CT- und MRT-Bildern liegt jedoch in der frühzeitigen Erkennung von behandelbaren Ursachen einer Demenz, wie z.B. Hirntumoren oder krankhaften Erweiterungen der Hohlräume im Gehirn. Neuere Verfahren wie Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) und Positronen-Emissionstomographie (PET) können in unklaren Fällen und in Frühstadien zur Sicherung der Diagnose beitragen. So kann eine PET-Untersuchung z.B. einen verminderten Zuckerstoffwechsel im Gehirn nachweisen, obwohl im MRT noch keine Hirnschrumpfung darstellbar ist. Auch ist es neuerdings möglich, die für die Alzheimer-Erkrankung typischen Amyloid-Ablagerungen darzustellen.

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Die Rolle der Magnetresonanztomographie (MRT)

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist heute das Standardverfahren der Bildgebung bei Demenz. Sie liefert äußerst genaue Schnittbilder des Gehirns ohne Strahlenbelastung. Während der Untersuchung liegt der Patient auf dem Rücken in einer Röhre, während das Gerät laute Klopfgeräusche erzeugt. Ein Gehörschutz oder Kopfhörer sorgen für mehr Komfort. Eine MRT-Untersuchung dauert in der Regel 20 bis 30 Minuten. In dieser Zeit ist es wichtig, möglichst still zu liegen, damit die Bilder nicht verwackeln. Über eine Gegensprechanlage ist man die ganze Zeit mit dem Fachpersonal verbunden.

Besonders aufschlussreich sind MRT-Bilder beim Blick auf den Hippocampus, eine Hirnregion, die bei Menschen mit Alzheimer schon in einem frühen Stadium schrumpft. Die MRT spielt bei der Diagnose der Alzheimer-Krankheit eine wichtige Rolle. Zum einen werden die damit aufgenommenen Bilder des Gehirns genutzt, um andere Krankheiten auszuschließen. Zum anderen kann gezielt das Volumen des Hippocampus gemessen werden. Dieser Bereich ist für viele Gedächtnisleistungen zuständig und bei der Alzheimer-Krankheit frühzeitig betroffen. Mittlerweile kann die MRT aber auch zur Prognose genutzt werden.

MRT-Volumetrie

Eine Verbesserung der diagnostischen Unsicherheit könnte der Einsatz von MR-Volumetrie bringen, also die Quantifizierung des Hirnvolumens mittels T1-gewichteter MRT-Sequenzen. „MR-Volumetrie ist automatisiert, reproduzierbar und objektiv“, argumentiert Vernooij. Auf diese Weise können die Daten individueller Patienten mit den vorliegenden Referenzdaten verglichen werden - etwa mit Alterskohorten oder mit Patienten gleichen Geschlechts.

Mit der Weiterentwicklung der Bildgebungstechnologie gewinnt die KI-gestützte MRT-Volumetrie zunehmend an Bedeutung. Diese moderne Methode, die auch am Klinikum Ernst von Bergmann zum Einsatz kommt, nutzt KI-basierte Algorithmen zur präzisen Messung von Gehirnvolumina und ermöglicht eine objektive Quantifizierung von regionalen oder globalen Atrophien. Nach Abgleich der volumetrierten Hirnareale mit normativen Datenbanken werden die Ergebnisse anschaulich in Grafiken und Zahlenwerten dargestellt. Bei MRT-Verlaufskontrollen können durch den Vergleich zeitlicher Veränderungen der Hirnvolumina die Krankheitsdynamik besser erfasst und auch subtilere Veränderungen frühzeitig erkannt werden.

Computertomographie (CT)

Die Computertomographie (CT) arbeitet mit Röntgenstrahlen und erzeugt so detaillierte Schichtaufnahmen des Kopfes. Sie dauert nur wenige Minuten und ist völlig geräuschlos. Für Menschen mit Platzangst oder Unruhe ist sie daher oft angenehmer.

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Positronen-Emissions-Tomographie (PET)

Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist mehr als ein Blick ins Gehirn: Sie zeigt, wie aktiv Nervenzellen arbeiten und ob sich krankhafte Proteine ablagern. Dafür werden schwach radioaktive Substanzen eingesetzt, die bestimmte Prozesse im Gehirn sichtbar machen. Technisch laufen alle PET-Untersuchungen ähnlich ab: Man bekommt eine schwach radioaktive Substanz gespritzt und liegt danach auf einer Liege, die langsam durch den PET-Scanner fährt. Der Unterschied liegt in der Substanz: Sie bindet entweder an Zucker, an Amyloid-Plaques oder an Tau-Fibrillen.

  • FDG-PET: Macht sichtbar, wie gut Nervenzellen Zucker verwerten. Beim klassischen Morbus Alzheimer zeigt die FDG-PET bereits in frühen symptomatischen Erkrankungsstadien eine reduzierte FDG-Aufnahme im Bereich des posterioren Cingulums. Im weiteren Krankheitsverlauf zeigen dann auch der Precuneus sowie temporo-parietaler Assoziations-Kortex und auch Frontallappen eine reduzierte FDG-Aufnahme.
  • Amyloid-PET/CT: Die Amyloid-PET/CT stellt ein modernes, zugelassenes Verfahren der molekularen Bildgebung dar, welches den Nachweis der für die Alzheimer-Demenz typischen Amyloid-Plaque-Ablagerungen im Gehirn in vivo ermöglicht. In der Frühdiagnostik der AD ist die Amyloid-PET der FDG-PET überlegen, da cerebrale Amyloid-Ablagerungen den FDG/PET- oder MRT-Veränderungen um Jahre vorausgehen.

Weitere Untersuchungen

Der Arzt wird bei allen Patienten mit Verdacht auf Demenz auch Blut abnehmen, um einige behandelbare Ursachen einer Demenz rechtzeitig zu erkennen (z.B. Mangel an Vitamin B12 oder an Schilddrüsenhormonen). Eine sehr empfindliche Methode zur Feststellung einer Alzheimer-Erkrankung ist die Untersuchung des Nervenwassers (Liquor).

Differentialdiagnose

Zur Feststellung einer Demenz bei Alzheimer-Krankheit müssen andere Erkrankungen, die ebenfalls Anzeichen einer Demenz zeigen können, abgeklärt werden: Hierzu gehören u.a. eine Verkalkung der Hirngefäße (vaskuläre Demenz), eine Demenz mit Lewy-Körperchen, gut- und bösartige Hirntumore, AIDS, ein Parkinson-Syndrom, die Erbkrankheit Chorea Huntington, eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) und ein Vitaminmangel z.B. an B12, Folsäure oder B-Vitamin Niacin. Weiter können Erkrankungen der Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse zu einer Demenz führen. Auch Alkohol- bzw. Immer wieder kommt es vor, dass Patienten mit depressiven Erkrankungen aufgrund der psychischen und körperlichen Verlangsamung für dement gehalten werden („Pseudodemenz"). Der Facharzt kann hier mit speziellen Untersuchungen und Tests in der Regel zwischen den beiden Krankheiten unterscheiden.

Früherkennung und Forschung

Wissenschaftler arbeiten an verschiedenen Ansätzen, die letztlich alle eine frühere Diagnose neurodegenerativer Erkrankungen ermöglichen sollen. Dabei arbeitet das neue Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) mit Universitäten und Universitätskliniken an verschiedenen Standorten zusammen.

Subjektive Gedächtnisstörungen

In einer groß angelegten Studie mit 2.415 Patienten im Alter von 75 Jahren und älter untersuchten sie, ob mittels einer rein subjektiv wahrgenommenen Gedächtnisstörung das Risiko für die Entwicklung einer Demenz bestimmt werden kann. Die Forscher konnten zeigen, dass Patienten, die während eines Arztbesuches von rein subjektiven Gedächtnisstörungen berichten - ohne dass messbare Gedächtnisprobleme vorliegen - häufiger zu einem späteren Zeitpunkt an einer Demenz erkranken als andere.

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Biomarker

Die Forscher am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen konzentrieren sich besonders auf molekulare und neurochemische Veränderungen, die bei einer Demenzerkrankung im Gehirn ablaufen - und zwar lange bevor strukturelle Veränderungen nachweisbar sind. Die daran beteiligten Stoffe, sogenannte Biomarker, dienen dabei als spezifische Indikatoren. Zur Messung der Biomarker sollen unter anderem neueste bildgebende Verfahren verwendet werden, die eine höhere Auflösung der Gehirnstruktur als bisherige Verfahren liefern und zusätzliche Informationen über den Stoffwechsel im Gehirn geben. Das sind die Hochfeld-7-Tesla-Magnetresonanztomographie und die Positronen- Emissions-Tomographie (PET).

Bereits heute werden einige Biomarker eingesetzt, wie die Tauproteine und die Abeta-Peptide, die anhand biochemischer Tests im Nervenwasser der Patienten, dem Liquor, nachgewiesen werden können. So kann schon sechs Jahre im Voraus von einer leichten kognitiven Störung auf den Beginn einer Alzheimer-Erkrankung geschlossen werden. Die DZNE-Forscher suchen daher nach Biomarkern, die im Blut nachgewiesen werden können.

KI-gestützte Diagnose

Mit einem Algorithmus zur automatisierten Auswertung von Magnetresonanz-Bildern des Gehirns lassen sich prädiktive Alzheimer-Biomarker bestimmen. Wie die Arbeit eines Londoner Forschungsteams zeigt, sagen diese mit einer sehr hohen Genauigkeit vorher, ob und welche Alzheimer-Form vorliegt.

Prädiktive Alzheimer-Vektoren (ApV)

Die Basis eines neuen Verfahrens zur Erkennung von Alzheimer (AD) sind T1-gewichtete (T1w) Magnetresonanz(MRT)-Scans. Die T1w-MRT-Bilder wurden automatisch in 115 Regionen segmentiert, in denen verschiedene radiologische Merkmale unabhängig voneinander erfasst, standardisiert und basierend auf einem statistischen Modell automatisiert gewichtet wurden. Dabei wurde der Algorithmus so trainiert, dass dieser Veränderungen dieser Merkmale erkennt, die vorhersagen können, ob und und von welcher Alzheimer-Form die Patientin oder der Patient betroffen ist. Daraus ergaben sich prädiktive Alzheimer-Vektoren (ApV), die sich in der Studie als sehr präzise Biomarker erwiesen.

Genauigkeit

Ob eine Alzheimer-Erkrankung vorliegt, kann mit ApV1 und AvP1x unterschieden werden. Für ApV1 werden 20 Merkmale aus 14 Regionen ausgewertet. In der Studie zeigte sich eine standardisierte Genauigkeit von 98 Prozent. Mit AvP2 und AvP2x lässt sich bestimmen, welche Alzheimer-Form - die frühe (mild cognitive impairment, MCI) oder späte - vorliegt. Für AvP2 werden acht Merkmale aus sieben Regionen herangezogen; bei AvP2x sind es 19 Merkmale aus 15 Regionen in Kombination mit Ergebnissen aus kognitiven Tests sowie Liquor-Untersuchungen kombiniert. Mit AvP2 lässt sich zu 79 Prozent und mit AvP2x zu 86 Prozent genau die AD-Form bestimmen.

Bewertung der MRT zur Früherkennung

Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors bewertet die MRT-Untersuchung zur Früherkennung einer Alzheimer-Demenz mit „tendenziell negativ“. Diese Bewertung gilt für Menschen, die sich geistig fit fühlen. Es suchte dazu nach entsprechenden wissenschaftlichen Studien, fand aber keine. Man weiß also nicht, ob eine MRT zur Früherkennung etwas nützt. Und kann eine MRT-Untersuchung schaden? Ja, denn sie kann nicht gut vorhersagen, ob jemand später eine schwere Demenz entwickelt. Menschen mit einem auffälligen MRT-Befund, die später ohnehin keine schwere Demenz bekommen, werden so unnötig stark beunruhigt.

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