Neuropsychologische Testung in der Demenzdiagnostik: Ein umfassender Überblick

Die neuropsychologische Testung ist ein zentrales Instrument in der Neurologie, um die geistige Leistungsfähigkeit umfassend zu beurteilen. Sie dient in der Diagnostik und Beurteilung von Hirnleistungsstörungen als objektivierbarer Parameter. Bei Verdacht auf Demenz, aber auch bei anderen kognitiven Defiziten wie eingeschränkter Aufmerksamkeit, Konzentrationsproblemen, Sprachstörungen oder Orientierungsdefiziten kommen sie zum Einsatz.

Bedeutung und Anwendungsbereiche

Neuropsychologische Testverfahren sind essenziell für die frühzeitige Detektion, Differenzialdiagnose und Verlaufskontrolle von Demenzerkrankungen. Sie ermöglichen eine objektive Beurteilung kognitiver Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Exekutivfunktionen und Sprache, die bei neurodegenerativen Prozessen beeinträchtigt sein können. Mit neuropsychologischen Testungen können wir nicht nur eine Demenzdiagnostik präzisieren, sondern auch andere Ursachen für kognitive Einschränkungen abgrenzen. Ziel der Tests ist die Abklärung von hirnorganisch bedingten kognitiven Auffälligkeiten, insbesondere Demenzdiagnostik in Abgrenzung zu kognitiven Defiziten bei psychiatrischer Symptomatik.

Die frühzeitige und präzise Diagnostik neurodegenerativer Erkrankungen wie Demenz stellt eine wesentliche Herausforderung dar. Neuropsychologische Testungen bieten hierfür eine objektive und fundierte Basis, um kognitive Defizite valide zu erfassen und eine differenzierte Diagnosestellung zu unterstützen. Unsere neuropsychologische Diagnostik ermöglichen die präzise Erfassung kognitiver Defizite, unterstützen die Differenzialdiagnose und bieten eine objektive Verlaufskontrolle, basierend auf wissenschaftlich fundierten Daten.

Durchführung und Ablauf der Testung

In der Klinik wird die Neuropsychologische Testung in Abhängigkeit von Art und Schwere der Erkrankung von Neuropsychologen oder speziell ausgebildeten Arzthelferinnen unter der Leitung eines Oberarztes durchgeführt. Den Patienten werden in einer ruhigen und unbeobachteten Umgebung verschiedene standardisierte Aufgaben gestellt. Die Ergebnisse werden mit einem Normkollektiv verglichen, und so können Abweichungen erfasst werden.

Die Testungen sind strukturierte Untersuchungen, die Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, Orientierung und Problemlösungsfähigkeiten erfassen. Sie beantworten Aufgaben oder Fragen, die je nach Test Sprache, Gedächtnis, Aufmerksamkeit oder Problemlösung betreffen. Die Tests sind so gestaltet, dass sie für die meisten Patienten gut durchführbar sind.

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Um einen reibungslosen Ablauf mit möglichst geringen Wartezeiten zu gewährleisten, sind die Untersuchungen auf mehrere Termine verteilt.

1. Termin:

Der erste Termin findet montags oder dienstags in der Gedächtnissprechstunde der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Uniklinik Köln statt. An diesem Termin wird durch einen Arzt oder eine Ärztin die Anamnese erhoben, geprüft welche Untersuchungen bereits veranlasst wurden und welche weiteren Untersuchungen sinnvoll und noch notwendig sind. Das ärztliche Gespräch nimmt ungefähr 30-45 Minuten in Anspruch. Da Informationen von Angehörigen sehr wichtig sind, sollten diese wenn möglich auch an diesem Termin teilnehmen.

Im Anschluss findet durch unsere Neuropsychologen und Neuropsychologinnen eine ausführliche neuropsychologische Testung statt, die je nach Fragestellung etwa 0.5-2 Stunden dauert. Bei der Testung werden verschiedene Verfahren angewendet, die Gedächtnis, Aufmerksamkeit und weitere kognitive Bereiche überprüfen.

Es ist hilfreich, wenn der Patient bzw. die Patientin zu diesem Termin Vorbefunde, bereits durchgeführte Aufnahmen vom Kopf (CT, MRT) und - falls benötigt - die Brille und das Hörgerät mitbringt. Am Ende dieses Termins wird festgelegt, welche weiteren Schritte folgen.

2. Termin:

Der zweite Termin findet in Abhängigkeit von den Ergebnissen des ersten Termins statt. Sollte am ersten Termin festgestellt werden, dass eine Untersuchung des Nervenwasser (Liquorpunktion) zur Klärung der Fragestellung nötig sein, kommt es zu einem ambulanten Aufenthalt in der Neurologie (morgens bis nachmittags). Zunächst erfolgt eine erneute ärztliche Untersuchung, dann wird Blut für eine ausführliche Blutuntersuchung entnommen, um sicher zu stellen, dass eine Liquorpunktion ohne erhöhtes Blutungsrisiko durchgeführt werden kann. Sind die Ergebnisse der Blutuntersuchung normwertig, erfolgt im Anschluss die Liquorpunktion zur Analyse von speziellen Demenzmarkern. Nach einer kurzen Abschlussuntersuchung erfolgt die Entlassung.

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Eine MRT (Magnetresonanztomographie), bzw. eine CT (Computertomographie) falls eine MRT aus unterschiedlichen Gründen (z. B. Herzschrittmacher) nicht möglich sein sollte, ist ambulant in einer radiologischen Praxis oder Klinik durchzuführen. Die Bilder sollten auf CD mit zu den Terminen mitgebracht werden (der Befund ist nicht ausreichend).

3. Termin:

Der dritte Termin findet ambulant erneut im Rahmen der Gedächtnissprechstunde statt. An diesem Termin bespricht ein Arzt oder eine Ärztin mit dem Patienten bzw. der Patientin und seinen Angehörigen die Ergebnisse der Untersuchungen.

Sollten die bisherigen Untersuchungen eine klare Ursache der Beschwerden erbracht haben, werde mögliche Behandlungsansätze besprochen. Neben einer medikamentösen Therapie bietet sich von Fall zu Fall die Möglichkeit zur Teilnahme an Interventionsstudien, in denen z. B. mittels Gedächtnistrainings, körperlicher Aktivität und/ oder Transkranieller Magnetstimulation positive Effekte auf die Gedächtnisleistung zu erzielen sind.

Sollte die Ursache weiterhin unklar verblieben sein, wir geprüft ob weitere diagnostische Schritte wie z. B. eine PET (Positronenemissionstomographie) durchgeführt werden sollte.

Standardisierte Testverfahren

Der Einsatz standardisierter und normierter neuropsychologischer Testverfahren bietet mehrere Vorteile. Sie gewährleisten Objektivität, Reliabilität und Validität der Messergebnisse, was eine vergleichbare Beurteilung über verschiedene Patienten und Zeitpunkte hinweg ermöglicht.

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Unter anderem werden die folgenden standardisierten Tests angewendet:

  • Minimental Status Test (MMST): Ein schneller Übersichtstest, auch Demenz-Test genannt, für ein neuropsychologisches Screening.
  • DemTect: Ein ausführlicherer Übersichtstest zur Demenz-Erkennung (Dementia Detection). Er ersetzt keine professionelle Untersuchung, sondern dient der Erkennung einer möglichen Demenz. Der DemTect-Test ist ein systematisches Testverfahren, mit dem eine Reihe kognitiver Funktionen (z. B. Wahrnehmung, Lernen, Erinnerungsvermögen, Denkvermögen) untersucht wird. Der Test dauert nicht lange und kann auch von Personen ohne Fachkenntnisse durchgeführt werden. Wichtig ist aber, dass die Testperson gut hören und sehen kann und der Test in einem ruhigen Umfeld ohne Störungen durchgeführt wird.
    • Aufgaben des DemTect-Tests:
      • Aufgabe 1: Die Testperson hört eine Liste von 10 Wörtern und soll diese wiederholen. Die Liste wird zweimal vorgelesen. Für jeden richtig genannten Begriff gibt es einen Punkt (maximal 20 Punkte).
      • Aufgabe 2: Die Testperson soll zwei Zahlen in Zahlwörter umwandeln und zwei Zahlwörter in Zahlen umwandeln. Für jede richtige Umwandlung gibt es einen Punkt (maximal vier Punkte).
      • Aufgabe 3: Die Testperson soll so viele Dinge wie möglich nennen, die es in einem Supermarkt gibt. Für jeden richtig genannten Begriff gibt es einen Punkt (maximal 30 Punkte).
      • Aufgabe 4: Die Testperson soll Zahlenreihen in umgekehrter Reihenfolge wiederholen. Es zählt die Länge der längsten richtig rückwärts wiederholten Zahlenfolge (maximal sechs Punkte).
      • Aufgabe 5: Die Testperson soll sich an die 10 Wörter vom Anfang des Tests erinnern. Für jeden richtig erinnerten Begriff gibt es einen Punkt (maximal zehn Punkte).
    • Auswertung des DemTect-Tests: Die Punkte aus den einzelnen Aufgaben werden in Testwerte umgewandelt. Die Anzahl der gewichteten Testwerte zeigt, ob eine kognitive Beeinträchtigung oder eine Demenz wahrscheinlich sind. Wenn die Punkte einen Verdacht auf eine Demenz ergeben, sollte ein Arzt aufgesucht und um eine professionelle Diagnose gebeten werden.
  • PANDA: Speziell für Parkinson-Patienten entwickelt.
  • PASAT: Wird bei Multiple Sklerose eingesetzt.
  • CERAD: Eine Testbatterie für Alzheimer-Demenz (Consortium to establish a Registry for Alzheimer’s Disease).
  • Uhrentest: Dient zur Differenzierung zwischen kortikaler und subkortikaler Demenz.
  • HAMD: Zur Unterscheidung zwischen Demenz und Depression (HAMD).
  • Symptom-Kurz-Test (SKT)
  • Überprüfung der Alltagsfähigkeiten
  • Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP)
  • Trail-Making-Test (TMT)

Zusätzlich zu diesen Tests werden auch standardisierte Testverfahren der einzelnen kognitiven Leistungsbereiche (Aufmerksamkeit/Konzentration, Gedächtnis, Exekutivfunktionen, Sprache, Visuokonstruktion) eingesetzt.

Bei einigen Patient:innen erfolgt die Testung zur Überprüfung der Fahrtüchtigkeit nach körperlichen Erkrankungen oder im Alter. In diesem Fall kommt eine orientierende neuropsychologische Diagnostik zur Fahreignung zum Einsatz.

Nach Krankheitsbild und in Absprache mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt sind auch weitere Testverfahren möglich.

Umfassende Evaluation kognitiver Bereiche

Bei der Demenzdiagnostik werden verschiedene kognitive Bereiche umfassend evaluiert. Dazu gehören das episodische Gedächtnis, Arbeitsgedächtnis, selektive und geteilte Aufmerksamkeit, Planungs- und Problemlösefähigkeiten sowie Sprachproduktion und -verständnis. Auch visuell-räumliche Fertigkeiten und Psychomotorik werden berücksichtigt.

Interpretation und Weiterführende Schritte

Die Ergebnisse der Testung tragen zur Diagnosestellung im Rahmen der Demenzabklärung und Beurteilung der kognitiven Defizite bei. Daraus werden gemeinsam mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren abgeleitet und in enger Abstimmung mit den Angehörigen und sozialen Diensten die Versorgung geplant.

Aus Erfahrung weiß man, dass der Verdacht auf eine dementielle Erkrankung für Betroffene und Angehörige sehr schwer wiegt und belastet. Es ist wichtig zu verstehen, dass neuropsychologische Testungen eine ergänzende Methode sind und keine abschließende Diagnose darstellen. Wenn sich der Verdacht erhärtet und die ärztliche Diagnose eine Demenzerkrankung bestätigt, sollten Sie sich Gedanken um die Behandlung, aber auch um die Betreuung und Pflege der erkrankten Person machen. Zunächst einmal können Sie sich mit dem Krankheitsbild Demenz auseinandersetzen, um zu verstehen, was die Diagnose bedeutet und welcher Verlauf zu erwarten ist. Eine Demenzerkrankung bedeutet oft, dass ein Anspruch auf Pflegeleistungen besteht. Die Grundlage für viele Finanzierungs- und Beratungsleistungen ist ein anerkannter Pflegegrad.

Wichtiger Hinweis: Der DemTect-Test ersetzt keine ausführliche medizinische und psychologische Untersuchung. Er soll der Erkennung einer möglichen Demenz dienen - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Um das Ergebnis nicht zu verfälschen, sollten Sie als Tester möglichst ruhig und sachlich, aber freundlich auftreten. Wenn aber die Punktwerte im kritischen Bereich liegen, sollten Sie anschließend eine ärztliche Diagnose einholen.

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