Neuropsychologische Testung bei Epilepsie: Eine umfassende Übersicht

Die neuropsychologische Testung spielt eine zentrale Rolle in der Diagnostik und Behandlung von Epilepsie, insbesondere bei der Lokalisation epileptischer Herde und der Beurteilung kognitiver Beeinträchtigungen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die neuropsychologische Testung bei Epilepsie, einschließlich ihrer Bedeutung, Durchführung und Anwendung in verschiedenen Altersgruppen und Behandlungskontexten.

Einführung in die Neuropsychologie bei Epilepsie

Die Neuropsychologie beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen Gehirnfunktionen und Verhalten. Bei Epilepsiepatienten ist die neuropsychologische Testung von besonderer Bedeutung, da epileptische Anfälle und die zugrunde liegenden Hirnveränderungen kognitive Funktionen wie Denkvermögen, Aufmerksamkeit, Gedächtnisleistung, Sprachvermögen und motorische Fertigkeiten beeinträchtigen können. Die neuropsychologische Untersuchung dient dazu, diese Beeinträchtigungen zu identifizieren, zu quantifizieren und ihre Ursachen zu ergründen.

Eine neuropsychologische Untersuchung ist in der Regel eine umfangreiche Untersuchung der kognitiven Funktionen und Verhaltensfunktionen unter Zuhilfenahme von standardisierten Testverfahren. Dabei werden die verschiedenen Leistungsbereiche systematisch untersucht.

Ziele der Neuropsychologischen Testung

Die neuropsychologische Testung bei Epilepsie verfolgt mehrere Ziele:

  • Diagnose und Charakterisierung kognitiver Beeinträchtigungen: Die Testung hilft, Art und Ausmaß kognitiver Defizite zu bestimmen, die durch die Epilepsie oder ihre Behandlung verursacht werden.
  • Lokalisation des epileptischen Fokus: Bestimmte kognitive Muster können Hinweise auf den Ursprungsort der Anfälle im Gehirn geben. Psychologische Tests ermöglichen Rückschlüsse auf den Entstehungsort der Epilepsie. Darunter versteht man eine diagnostische Vorgehensweise, deren Zweck die Lokalisation eines epileptischen Herdes (Fokus) ist; es soll also untersucht werden, von welcher Stelle im Gehirn die epileptischen Anfälle ihren Ursprung nehmen.
  • Differenzialdiagnose: Die Testung unterstützt die Unterscheidung zwischen epileptischen und nicht-epileptischen Anfallsursachen, wie z. B. psychogenen nichtepileptischen Anfällen (PNEA). Eine relevante Differenzialdiagnose stellen auch im höheren Alter psychogene nichtepileptische Anfälle (PNEA) dar.
  • Behandlungsplanung: Die Ergebnisse der Testung helfen bei der Auswahl geeigneter Behandlungsstrategien, einschließlich medikamentöser Therapie und Epilepsiechirurgie.
  • Verlaufsbeobachtung: Wiederholte Testungen ermöglichen die Überwachung des Krankheitsverlaufs und die Bewertung der Wirksamkeit von Behandlungen. Um UW auf die Kognition zu kontrollieren, sollten auch Ältere bei Neudiagnose einer Epilepsie und bestenfalls schon vor Beginn einer medikamentösen Behandlung einer neuropsychologischen Untersuchung unterzogen werden. So können mögliche UW sowie zukünftige Verschlechterungen der kognitiven Leistungen objektiviert, eingeordnet und günstigstenfalls positiv beeinflusst werden.
  • Rehabilitation: Die Testung dient als Grundlage für die Entwicklung individueller Rehabilitationsmaßnahmen zur Verbesserung der kognitiven Funktionen und der Lebensqualität. Aufgaben & Zielsetzungen im Bereich der Therapie und postoperativen Rehabilitation sind z.B. Training kognitiver Teilleistungsstörungen durch computergestützte neuropsychologische Trainingsprogramme.

Methoden der Neuropsychologischen Testung

Die neuropsychologische Testung umfasst eine Vielzahl von standardisierten Testverfahren, die verschiedene kognitive Bereiche abdecken. Zu den wichtigsten Bereichen gehören:

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  • Intelligenz: Messung des allgemeinen intellektuellen Leistungsniveaus.
  • Aufmerksamkeit und Konzentration: Beurteilung der Fähigkeit, Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, sich zu konzentrieren und Ablenkungen zu widerstehen.
  • Gedächtnis: Untersuchung verschiedener Gedächtnisformen, wie z. B. Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächtnis, verbales Gedächtnis und visuelles Gedächtnis.
  • Sprache: Beurteilung der Sprachproduktion, des Sprachverständnisses, der Benennungsfähigkeit und der Schriftsprache.
  • Exekutivfunktionen: Untersuchung höherer kognitiver Funktionen wie Planung, Problemlösung, Entscheidungsfindung und Verhaltensflexibilität.
  • Visuell-räumliche Funktionen: Beurteilung der Fähigkeit, visuelle Informationen zu verarbeiten, räumliche Beziehungen zu erkennen und Objekte zu konstruieren.
  • Motorische Funktionen: Untersuchung der motorischen Geschicklichkeit, Koordination und Feinmotorik.

Neben standardisierten Tests können auch Fragebögen und Verhaltensbeobachtungen eingesetzt werden, um ein umfassendes Bild der kognitiven und emotionalen Funktionen des Patienten zu erhalten. Papier- und Bleistift-Tests oder computergestützte Verfahren z.B. Screening einer psychiatrischen Komorbidität (Inzidenz 20-40%), z.B. Kognitives Monitoring im Rahmen der Einstellung einer medikamentösen Therapie.

Neuropsychologische Testung im Rahmen der Epilepsiechirurgie

Bei pharmakoresistenten fokalen Epilepsien ist die resektive Epilepsiechirurgie als alternative Behandlungsmöglichkeit und gute Chance auf dauerhafte Anfallsfreiheit etabliert. Die neuropsychologische Testung spielt eine entscheidende Rolle bei der prächirurgischen Evaluation von Epilepsiepatienten. Sie dient dazu, die kognitiven Risiken und Vorteile eines operativen Eingriffs abzuschätzen.

Vor einer geplanten Operation erfolgt eine umfassende neuropsychologische Untersuchung, um das präoperative kognitive Profil des Patienten zu erstellen. Diese Untersuchung dient als Grundlage für den Vergleich mit den postoperativen Ergebnissen und hilft, potenzielle kognitive Veränderungen nach dem Eingriff zu identifizieren.

Ist ein operatver Eingriff geplant, so liefert der Wada-Test wichtige Informationen, inwiefern ein Risiko besteht , daß sich Gedächtnis und Sprache verschlechtern, und wie der Eingriff zu planen ist, um dieses Risiko zu minimieren. Wenn es erforderlich ist, vor epilepsiechirurgischen oder tumorneurochirurgischen Eingriffen die Lage wichtiger Hirnfunktionen genau zu kartieren, kann dieses über die sogenannte Elektrokortikostimulation erfolgen. Die vorübergehende „Ausschaltung“ eines Teils des Gehirns erlaubt, den Effekt neurochirurgischer Eingriffe einzuschätzen. Meistens wird hierüber überprüft, ob nach einer Operation funktionelle Störungen zu erwarten sind.

Neuropsychologische Ergebnisse nach Epilepsiechirurgie

Die aktuelle Studienlage zu kognitiven Konsequenzen nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff bei Älteren spiegelt ein heterogenes Bild von neuropsychologischen Ergebnissen wider. In einigen Studien konnte im Vergleich zu Jüngeren kein signifikanter Unterschied in kognitiven Leistungen nach einer Resektion festgestellt werden. Ältere zeigten postoperativ ein stabiles bis allenfalls leicht verschlechtertes kognitives Leistungsprofil. Allerdings weisen jüngere Betroffene ein besseres präoperatives Leistungsprofil insbesondere in den verbalen Gedächtnisleistungen auf. Andere Studien beschrieben hingegen bei Älteren im Vergleich zu Jüngeren Defizite in den prä- und postoperativen verbalen Gedächtnisleistungen. Es fand sich ein Zusammenhang zwischen Alter, Epilepsiedauer vor Operation und Defiziten in den verbalen Gedächtnisleistungen. Insbesondere epileptogene Areale in der sprachdominanten Hemisphäre hatten einen relevanten Einfluss auf die verbalen Gedächtnis- und die Sprachfunktionen, die sich postoperativ noch einmal signifikant verschlechterten. Bei einer Operation in der nicht-sprachdominanten Hemisphäre konnten dagegen stabile bis verbesserte Gedächtnisleistungen auch in der Gruppe der Älteren beobachtet werden. Einen entscheidenden Einfluss auf das neuropsychologische Outcome bei Älteren wird der Operationsmethode zugeschrieben. Hier zeigt sich ein deutlicher Vorteil der selektiven Amygdalahippokampektomie (SAH) im Vergleich zur anterioren temporalen Lobektomie (ATL). Während Ältere mit SAH ähnliche Verluste in den verbalen Gedächtnisleistungen wie Jüngere zeigten, waren die postoperativen Einbußen bei Älteren mit einer ATL in den verbalen Gedächtnisleistungen deutlich gravierender.

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Neuropsychologie bei nichtläsioneller Epilepsie

Viele Epilepsien haben ihren Ursprung in einer umschriebenen Region des Gehirns. Spätestens, wenn sich im Verlauf der Erkrankung herausstellt, dass die Anfälle nicht hinreichend durch Medikamente zu kontrollieren sind, sollte bei einem Epilepsiepatienten eine hochauflösende bildgebende Untersuchung des Gehirns durchgeführt werden, um die Ursache zu erkennen. Die Kernspintomographie hat sich wegen der besseren räumlichen Auflösung und Kontrastdarstellung gegenüber der Computertomographie allgemein als Methode der Wahl zur Untersuchung von Epilepsiepatienten durchgesetzt. Aber auch innerhalb der Kernspintomographien ergeben sich sehr große Unterschiede. in der Verwendung einer computerisierten Nachbearbeitung der Aufnahmen. Der heutige Goldstandard der Magnetfeldstärke liegt bei 3 Tesla. Ältere Geräte mit 1,5 Tesla werden noch häufig eingesetzt, erlauben aber weniger präzise Darstellungen z.B. des Übergangs vom Hirnmantel (Kortex, graue Substanz) zum Marklager (weiße Substanz). Viele Kernspin-Untersuchungen werden in nicht auf Epilepsiepatienten spezialisierten Praxen durchgeführt. Die verwendeten Untersuchungsprotokolle („Sequenzen“) sind daher häufig nicht auf die Besonderheiten von Epilepsiepatienten abgestimmt. Hierdurch ist die Sensitivität für epileptogene Läsionen deutlich eingeschränkt.

Neuropsychologische Aspekte im höheren Lebensalter

Obwohl es bereits sehr viele Studien und Übersichtsarbeiten zu kognitiven Einschränkungen bei Epilepsien im Kindes- und Erwachsenenalter gibt, ist die Anzahl der Studien mit Personen im höheren Lebensalter überschaubar. Dies liegt unter anderem daran, dass die neuropsychologische Untersuchung dieser Patientengruppe eine Herausforderung darstellt. Testverfahren mit aktuellen, altersspezifischen und bildungskorrigierten Normen sind generell selten und für die Altersgruppe 65+ noch rarer. Neben dem Verbalen Lern- und Merkfähigkeitstest (VLMT) und dem Veränderungssensitiven kognitiven Screening zur Beurteilung der Aufmerksamkeit und der Exekutivfunktionen für die Qualitäts- und Ergebniskontrolle der Behandlung von Patienten mit Epilepsie (EpiTrack) gibt es nur wenige epilepsievalidierte neuropsychologische Verfahren. Zudem kommt es mit zunehmendem Lebensalter unabhängig von einer Epilepsie zur Kumulation von Risikofaktoren für die Kognition. Menschen mit Epilepsie unterliegen den normalen Alterungsprozessen. Der klassische nichtpathologische Altersabbau der kognitiven Leistungsfähigkeit verläuft bei Menschen mit einer chronischen Epilepsie relativ parallel zu dem von Menschen ohne Epilepsie. Allerdings liegen bei Menschen mit Epilepsie häufig krankheitsbedingte Einschränkungen vor. Sowohl bei Epilepsien, die erst jenseits des 65. Lebensjahres neu begonnen haben, als auch bei chronischen Epilepsien, die schon lange bestehen, finden sich häufig Defizite in den Gedächtnisleistungen, den exekutiven Funktionen und im psychomotorischen Tempo. Die häufigste Ursache für eine neu beginnende Epilepsie im höheren Lebensalter sind vaskuläre, gefolgt von degenerativen Erkrankungen. Beides sind Krankheitsgruppen, die oft (Schlaganfälle) bzw. per Diagnose zwangsweise (Demenz) mit kognitiven Defiziten und Einschränkungen in der Alltagskompetenz einhergehen. Inzwischen wird sogar ein bidirektionaler Zusammenhang zwischen Epilepsie im höheren Alter und einem beschleunigten kognitiven Alterungsprozess angenommen: So haben Menschen zwischen 50 und 75 Jahren ein erhöhtes Risiko, an einer Demenz zu erkranken, und Menschen mit einer Alzheimer oder einer vaskulären Demenz haben ein erhöhtes Risiko, epileptische Anfälle zu bekommen. In diesen Fällen sind die Anfälle ein Symptom des degenerativen Abbaus, der sich darüber hinaus in kognitiven Störungen, psychischen Problemen und weiteren körperlichen Erkrankungen manifestiert. Daher wird seit Kurzem vorgeschlagen, auch bei älteren Menschen mit Epilepsie die Diagnose „mild cognitive impairment“ (MCI) zu vergeben und eine Verlaufsuntersuchung zu fordern. Mit dieser kann ein möglicher degenerativer Abbau im Rahmen einer Demenz von den kognitiven Defiziten im Rahmen einer Epilepsie unterschieden werden. Bei neu auftretenden epileptischen Anfällen im höheren Lebensalter sollte zudem eine autoimmune limbische Enzephalitis anhand einer Liquordiagnostik ausgeschlossen werden. In der neuropsychologischen Diagnostik einer limbischen Enzephalitis zeigen sich insbesondere Beeinträchtigungen des Langzeitgedächtnisses, Defizite im Wiedererkennen von erlerntem Material, Störungen im Erkennen von Emotionen und exekutive Defizite. Daneben können auch affektive Störungen und psychiatrische Symptome auftreten.

Von den bis jetzt genannten Faktoren unabhängig, sind Menschen, die bereits länger - manche ihr Leben lang - an einer Epilepsie erkrankt sind, zusätzlichen Risikofaktoren für die Kognition ausgesetzt, die mit den Jahren kumulieren können: kritische Ereignisse, wie z. B. Kopfverletzungen, Status epilepticus, häufige tonisch klonische Anfälle, psychische Komorbiditäten, Behandlungsfolgen durch epilepsiechirurgische Eingriffe und unerwünschte Wirkungen durch antikonvulsive Medikamente. Insbesondere die Behandlung mit Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin oder Valproat kann vaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, erhöhte Cholesterin- und Entzündungswerte hervorrufen - Faktoren die wiederum mit Erkrankungen wie vaskulären Demenzen in Zusammenhang stehen. Zudem haben Menschen mit chronischen Epilepsien häufiger Übergewicht und erhöhte BMI-Werte. Ihr Lebensstil ist aus gesundheitlicher Sicht eher ungünstig: Sie sind körperlich weniger aktiv, haben eine verminderte Muskelkraft und Ausdauer, haben weniger soziale Kontakte und Netzwerke und zeigen eine verminderte mentale Aktivität. Es ist bekannt, dass antikonvulsive Medikamente insbesondere in Polytherapie unerwünschte Medikamentenwirkungen (UW) auf die Kognition haben können. Diese sind auch im höheren Alter möglich. In der Gruppe der Hochbetagten treffen antikonvulsive Medikamente dabei viel häufiger als bei Jüngeren auf weitere Medikamente. Die allgemeine „drugload“ ist damit bei Älteren oft deutlich erhöht, was zu vermehrten Wechselwirkungen der Medikamente untereinander führen kann. Da bekannt ist, dass Ältere zwar sensibler auf Medikamente reagieren und anfälliger für UW wie Müdigkeit, Schwindel und Gangstörungen sind, evtl. jedoch weniger über solche UW klagen, ist eine besondere Sensibilisierung der Behandler*innen für diese Konstellation von Bedeutung. Leider gibt es bisher nur wenige Medikamentenstudien, die die Gruppe der Älteren mit den dazugehörigen Problemkonstellationen in ausreichender Größe berücksichtigen. Bekannt ist, dass insbesondere Carbamazepin, Clobazam, Eslicarbazepin, Oxcarbazepin, Phenytoin, Valproat, Topiramat und Zonisamid einen negativen Effekt auf die Kognition bei Älteren haben können und Clobazam, Levetiracetam, Lacosamid, Perampanel, Phenytoin, Topiramat und Zonisamid sich negativ auf die psychische Befindlichkeit auswirken können. Eher positive bzw.

Bei einer transienten epileptischen Amnesie (TEA) fehlt für einen bestimmten Zeitraum die Erinnerung, ähnlich einer transienten globalen Amnesie. Bei der TEA gibt es jedoch einen zeitlichen Zusammenhang zu einem epileptischen, meist temporalen Anfall. Die TEA ist ein eher seltenes Erscheinungsbild, tritt jedoch im höheren Alter (insbesondere bei Männern) häufiger auf. Bei Menschen mit TEA kann es auch interiktal zu Gedächtnisstörungen kommen, die v. a. das autobiografische Gedächtnis und ein über die Zeit vermehrtes, akzeleriertes Vergessen betreffen. Ein Zusammenhang zu einer Demenz ließ sich hier in Langzeitstudien nicht finden, wobei anzumerken ist, dass diese Studien aufgrund der Seltenheit der TEA über Einzelfallbeschreibungen nicht hinausgehen.

Psychische Gesundheit und Lebensqualität

Mit Epilepsien sind nicht selten kognitive und affektive Komorbiditäten vergesellschaftet. Dieser Zusammenhang zeigt sich bei älteren Menschen im Besonderen, wobei Studien über die Inzidenzen von komorbiden affektiven Störungen bei Älteren selten sind. Die wenigen Daten legen nahe, dass einerseits vorbestehende psychiatrische Diagnosen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Epilepsie erhöhen. Andererseits erhöht der Beginn einer epileptischen Erkrankung im Alter die Wahrscheinlichkeit, prospektiv ein psychiatrisches Syndrom zu entwickeln. Zudem zeigen sich Auswirkungen der Epilepsie auf die QoL und das Empfinden von Stigmatisierung. Gleichzeitig gilt die affektive Belastung als stärkster Prädiktor für die QoL der Betroffenen. Als eine der meistgenannten Belastungen hinsichtlich der QoL werden Fahrverbote genannt. Bei älteren Menschen mit Epilepsie lassen sich unterschiedliche Wirkmechanismen hinsichtlich der psychischen Belastung durch die Erkrankung annehmen. So verfügen sie - wie oben beschrieben - über weniger soziale Kontakte, reduzierte kognitive Fähigkeiten, körperliche Einschränkungen und sind vermehrt von somatischen Erkrankungen betroffen. Auch sind Einschränkungen in der Selbstständigkeit zu erwarten, die etwa in den stärkeren Auswirkungen durch Fahrverbote oder des Alleinlebens (z. B. nach dem Tod des Partners oder der Partnerin) begründet sein könnten. Es kann angenommen werden, dass die Epilepsie somit stärkere Auswirkungen auf Psychopathologie, QoL und Stimmung hat, da die Betroffenen bereits besonders vulnerabel sind.

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Ältere Menschen sind jedoch nicht per se als „Opfer“ ihres Alters zu bezeichnen. So ergibt sich durch die Lebenserfahrung auch ein Vorteil: Älteren Menschen gelingt eine psychische Anpassung an ihre chronische Erkrankung besser als Jüngeren. Einige Studien fanden sogar eine geringere klinische Relevanz der depressiven Symptome der Älteren im Vergleich zu Jüngeren. Als Grund für die geringere Belastung der Älteren wurden einige weniger gravierende soziale Auswirkungen der Epilepsie diskutiert etwa im Hinblick auf epilepsiebedingte Einbußen im monatlichen Einkommen. Allerdings können die Auswirkungen einer vorhandenen Epilepsie ältere Menschen in anderer Weise treffen. Nicht selten werden epilepsiechirurgische Operationen bei Älteren ausgeschlossen trotz ihres Potenzials, die QoL und die Stimmung der Betroffenen zu verbessern. Dass dies in Zukunft überdacht werden sollte, zeigt folgende Untersuchung der Auswirkungen epilepsiechirurgischer Eingriffe bei über 50-Jährigen auf die psychische Befindlichkeit: Es zeigte sich, dass vor den Eingriffen nahezu die Hälfte der Betroffenen von den Behandelnden als psychopathologisch auffällig bewertet wurde - ausgehend von Screeninginstrumenten, dem psychopathologischen Befund und der psychologischen Einschätzung. Mindestens 1 Jahr nach den entsprechenden Eingriffen im Zuge der Nachuntersuchungen wurden nach denselben Kriterien nur noch 25 % dieser Kohorte als psychopathologisch auffällig eingeschätzt. Die Transition zwischen einem auffälligen zum schließlich unauffälligen Befund der Psychopathologie war statistisch signifikant. In weiteren Analysen ließen sich zwar keine eindeutigen Prädiktoren für die Besserung des psychopathologischen Befundes sichern. Auch ältere Menschen mit Epilepsie leiden komorbid häufig an affektiven Störungen.

Weitere diagnostische Verfahren

Gemäß internationaler Übereinkunft gehören dazu:

  • Video-EEG-Monitoring: Der Patient wird auf der Monitoring-Einheit kontinuierlich mit Kameras überwacht, so dass sein Verhalten mit dem gleichzeitig aufgenommenen EEG in Bezug gesetzt werden kann. Auf dem Bildschirm sieht der Arzt auf der einen Seite den Patienten, auf der anderen zeitgleich das EEG. Das Video-EEG-Monitoring wird eingesetzt um Anfallsereignisse aufzeichnen zu können. Das Aussehen und der zeitliche Ablauf der Anfälle sind hierbei genau so wichtig wie das parallel aufgezeichnete EEG. Nicht alle anfallsartig auftretenden Gesundheitsstörungen sind epileptische Anfälle. Andere Ursachen hierfür können Durchblutungsstörungen des Gehirns (Synkopen), psychogene Anfälle, oder zahlreiche weitere Erkrankungen sein. Vorteil des Video-EEG-Monitorings gegenüber dem Routine-EEG ist die längere Ableitedauer. Sie kann 24 und mehr Stunden betragen, unter besonderen Fragestellungen wie der prächirurgischen Epilepsiediagnostik ist auch mehr als einwöchiges Monitoring möglich. Der Patient befindet sich dann so lange im Monitoringbett bzw. im Monitoringbereich, bis hinreichend viele Anfälle aufgezeichnet wurden. Um die Zeit im Monitoring so kurz wie möglich zu halten, wird in der Regel die bestehende antiepileptische Medikation vorübergehend reduziert. Darunter ist die Wahrscheinlichkeit schnell Anfälle registrieren zu können erhöht. Es steigt aber die Gefahr größerer und schwerer Anfälle als üblich. Daher kann Ihnen das Personal (Schwestern, EEG-Assistentinnen, Ärzte) im Zeitraum der Medikamentenreduktion Bettruhe, gegebenenfalls strenge Bettruhe verordnen, an die Sie sich halten müssen. Aus der ambulanten Behandlung kommend, übernehmen wir potentiell für eine epilepsiechirugische Maßnahme geeignete Patientinnen und Patienten in die stationäre Diagnostik. Hier erfolgt das Monitoring, d.h. das Patientenverhalten wird mit einer Videokamera aufgezeichnet und die Hirnströme gleichzeitig mittels äußerlich auf die Kopfhaut aufgeklebter EEG-Elektroden gemessen.
  • Bildgebende Verfahren: Hochauflösende Bildgebung hilft, den Ort der Anfallsentstehung zu finden. Die Technik, strukturell (z.B. Kernspintomografie) wie funktionell (z.B. Positronenemissionstomografie) macht enorme Fortschritte. Das Epilepsiezentrum Erlangen kann hierbei auf modernste Geräte zurückgreifen. Kleben von Elektroden. Noch im gleichen Klinikaufenthalt schließen sich weitere diagnostische Maßnahmen an. Darunter fällt in jedem Fall eine ausführliche neuropsychologische Testung, und, falls noch nicht geschehen, eine hochauflösende Kernspintomographie des Gehirns. Je nach Bedarf kommen zusätzliche bildgebende Verfahren zum Einsatz. Funktionelle Testungen wie der Wada-Test und das MEG, ein Diagnosegerät, über das nur wenige Kliniken Europas verfügen, gehören ebenfalls in diesen Diagnostikabschnitt. Führt all dies zu noch unzureichenden Erkenntnissen, so wird ein invasives Video-EEG-Monitoring durchgeführt. Dabei werden EEG-Elektroden operativ unter den Schädelknochen auf die Gehirnoberfläche aufgebracht (implantiert). Eine endgütige Entscheidung, ob und ggf. welche Methoden der Epilepsiechirurgie zur Therapie geeignet sind, kann erst nach Abschluß aller erforderlichen diagnostischen Maßnahmen getroffen werden.

Herausforderungen und Perspektiven

Die neuropsychologische Testung bei Epilepsie steht vor verschiedenen Herausforderungen. Dazu gehören die Heterogenität der Epilepsieformen, die Vielfalt der kognitiven Profile und die Komplexität der Wechselwirkungen zwischen Epilepsie, Medikamenten und Komorbiditäten. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten sich auf die Entwicklung sensitiverer und spezifischerer Testverfahren konzentrieren, die auf die Bedürfnisse verschiedener Patientengruppen zugeschnitten sind. Zudem ist eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Neuropsychologen, Epileptologen und anderen Fachleuten erforderlich, um eine optimale Versorgung von Epilepsiepatienten zu gewährleisten.

Experten-Panel Neuropsychologie

Das Experten-Panel Neuropsychologie befasst sich mit aktuellen Themen der Neuropsychologie in der Epileptologie und unterstützt den kollegialen fachlichen Austausch und die Weiterbildung. Dem Experten-Panel Neuropsychologie können alle Interessierten beitreten. Zentrale Elemente der Arbeit des Panels sind jährlich stattfindende zweitägige Arbeitstreffen, ein Arbeitstreffen auf der jährlichen DGfE-Tagung, ad-hoc Treffen zu speziellen und aktuellen Fragestellungen, ein internes Diskussionsforum und neuropsychologische Symposien im Rahmen der DGfE-Jahrestagungen bzw.

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