Neurosen sind psychische Störungen, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Sie äussern sich in vielfältigen Symptomen wie Ängsten, Zwangshandlungen, Verstimmungen und körperlichen Beschwerden. Obwohl der Begriff "Neurose" in modernen Klassifikationssystemen wie dem DSM-5 und ICD-10 nicht mehr explizit verwendet wird, beschreibt er weiterhin ein wichtiges Spektrum psychischer Leiden. In diesem Artikel werden die Ursachen, Symptome, Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten von Neurosen beleuchtet, um ein umfassendes Verständnis dieser komplexen Störung zu ermöglichen.
Was sind Neurosen?
Eine Neurose ist eine seelische oder psychosozial bedingte Störung, für die sich keine körperliche Ursache finden lässt. Betroffen sind nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder. Eine Neurose beeinflusst das Verhalten und die Persönlichkeit, was Betroffene oft stark belastet. Nur noch der Volksmund spricht heute von einer Neurose. In der Medizin ordnen Fachleute die psychische Störung jetzt spezifischer ein, zum Beispiel als Angststörung, Zwangsstörung, Phobie oder depressive Störung. Neurosen sind psychische Störungen ohne nachweisbare körperliche Ursache, bei denen der Realitätsbezug grundsätzlich erhalten bleibt. Aus tiefenpsychologischer Perspektive gelten Neurosen als Ausdruck innerer, unbewusster Konflikte.
Ursachen von Neurosen
Die Ursachen von Neurosen sind vielfältig und komplex. Es gibt keine einfache Erklärung, aber mehrere Faktoren können zur Entstehung beitragen:
Psychische Mechanismen und Kindheitserfahrungen
Unverarbeitete Kindheitstraumata und verdrängte Konflikte können zur Entwicklung einer Neurose führen. Sigmund Freud konzentrierte sich auf die kindliche Fantasie und deren Verdrängung als Ursache.
Genetische Faktoren
Es gibt Hinweise darauf, dass genetische Veranlagungen eine Rolle spielen können. Menschen mit einer familiären Vorgeschichte von Angststörungen oder Depressionen haben ein höheres Risiko, selbst neurotische Symptome zu entwickeln.
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Weitere Ursachen
Nicht verarbeitete seelische Konflikte, seelische oder körperliche Traumata, die bis in die Kindheit zurückreichen, sind Auslöser von Neurosen. Soziale Einflüsse wie Probleme mit dem Lebenspartner oder Schwierigkeiten bzw. Konflikte im Beruf können ebenfalls eine Rolle spielen. Mediziner diskutieren ebenfalls über eine erblich bedingte Veranlagung für Neurosen.
Symptome von Neurosen
Neurosen können sich auf unterschiedliche Weise äussern, und die Symptome können von Person zu Person variieren. Häufige Symptome umfassen:
- Chronische Angst: Anhaltende, übermässige Sorgen, die schwer zu kontrollieren sind.
- Zwangshandlungen und Zwänge: Wiederholte, unkontrollierbare Gedanken und Handlungen, die oft irrational sind.
- Körperliche Beschwerden: Kopfschmerzen, Magenprobleme und andere somatische Symptome ohne organische Ursache.
- Depression und Müdigkeit: Anhaltende Traurigkeit, Erschöpfung und Interessenverlust.
- Reizbarkeit und Wut: Übermässige Reizbarkeit und plötzliche Wutausbrüche.
- Stimmungsschwankungen: Erhebliche Stimmungsschwankungen, Ängstlichkeit, Gehemmtheit und Unsicherheit.
- Entfremdung (Depersonalisation): Das Gefühl, nicht mehr man selbst zu sein, alles um sich herum wird als sonderbar, unwirklich und fremd empfunden.
Symptome spezifischer Neurosenformen
- Zwangsneurosen: Gepeinigt durch Zwangsvorstellungen, Zwangsgedanken und Zwangshandlungen, die sich ständig aufdrängen.
- Hysterien: Geltungsbedürfnis, Egozentrismus und ein Bedürfnis nach Anerkennung, Bewegungs- und Gefühlsstörungen, Lähmungen, Schwäche oder sogar ein Ausfall der Sinnesorgane.
- Phobien: Krankhafte Furcht vor bestimmten Dingen oder Situationen.
- Hypochondrie: Unbegründete, ständige Befürchtung, krank zu sein oder zu werden bzw. unter bestimmten Krankheiten zu leiden.
- Schizoide Störungen: Übermässige Vorliebe für Phantastereien, Einzelgänger und in sich gekehrt, können schwer Gefühle ausdrücken und kaum Freude zeigen.
- Paranoide Störungen: Besonders empfindlich gegenüber Zurückweisung, nachtragend, übertrieben misstrauisch und neigen dazu, neutrale und freundliche Handlungen anderer als feindlich, herabsetzend oder verächtlich zu erleben.
- Panikattacken: Verharren in der Regel einige Minuten in Alarmbereitschaft, oft ohne zu wissen, was die Panik oder Angst ausgelöst hat.
Diagnose von Neurosen
Die Diagnose einer Neurose kann komplex sein und erfordert eine gründliche Anamnese und Untersuchung durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychotherapie. Dabei werden neben den aktuellen Symptomen auch die Lebensgeschichte und mögliche Auslöser berücksichtigt. Eine genaue Diagnose ist wichtig, um eine passende Therapie zu planen.
Beurteilung der allgemeinen Kriterien
Liegt überhaupt eine Störung der Persönlichkeit vor? Wenn sowohl der Persönlichkeitsstil als auch das soziale Leben der/des Betroffenen dauerhaft von den gesellschaftlichen Erwartungen abweichen und als sehr starr und unflexibel gekennzeichnet werden können, könnte eine Störung der Persönlichkeit die Ursache sein. Solche Auffälligkeiten müssen sich jedoch bis in die Jugend- und frühe Erwachsenenphase zurückverfolgen lassen.
Schweregrad der Erkrankung
Ist die Erkrankung leicht, mittelschwer oder schwer? Die betroffenen Personen werden nun nicht mehr lediglich in die Kategorie "Persönlichkeitsstörungen" eingeordnet. Stattdessen erfolgt eine differenzierte Untersuchung, die zeigen soll, inwieweit die Störung ihr Leben beeinträchtigt. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass es die persönliche Situation des/der Patienten/Patientin besser erfasst und die anschliessende Therapie individueller konzipiert werden kann.
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Untersuchung der dominanten Charaktereigenschaften
Als letzte Phase der Diagnosestellung erfolgt eine detaillierte Analyse der Art der Störung. Anders als das bisher relevante Klassifikationshandbuch ICD 10, das zehn spezifische Störungen der Persönlichkeit unterscheidet, benennt der ICD-11 sechs Persönlichkeitstypen, die je nach Intensität und Ausprägung krankhaft sein können: Negative Affektivität, Bindungsschwäche, Dissozialität, Hemmungsschwäche, Zwanghaftigkeit und Borderline-Muster.
Behandlungsmöglichkeiten für Neurosen
Es gibt verschiedene Ansätze zur Behandlung von Neurosen, die oft kombiniert werden, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Psychotherapie
Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) ist eine der wirksamsten Methoden zur Behandlung von Neurosen. Sie hilft den Betroffenen, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern. Auch tiefenpsychologische Ansätze, wie die Psychoanalyse, können hilfreich sein, insbesondere wenn unverarbeitete frühkindliche Konflikte eine Rolle spielen.
Medikamente
In manchen Fällen können Medikamente sinnvoll sein, um die Symptome zu lindern. Antidepressiva oder Angstlöser können helfen, die emotionale Stabilität zu verbessern. Die medikamentöse Behandlung sollte jedoch immer in Kombination mit einer Psychotherapie erfolgen.
Selbsthilfe und Alltagsstrategien
Betroffene können auch durch Selbsthilfegruppen und gezielte Alltagsstrategien Unterstützung finden. Regelmässige körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und der Verzicht auf Alkohol und Drogen können zur Stabilisierung beitragen.
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Weitere Therapieansätze
- Psychosensorische Verfahren: Klopfakupressur (EFT) oder Augenbehandlungen (EMDR, OEI nach Bradshaw und Kollegen).
- Stationäre Behandlung: Bei schwerem Verlauf einer Neurose kann eine stationäre Behandlung in speziellen Kliniken sinnvoll sein.
Prävention von Neurosen
Eine direkte Vorbeugung von Neurosen ist schwierig, da sie oft durch eine Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren entstehen. Einige Massnahmen können jedoch dazu beitragen, das Risiko zu verringern:
- Stressbewältigung: Erlernen von Techniken zur Stressbewältigung und regelmässige Entspannungsübungen.
- Gesunde Lebensweise: Ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmässige körperliche Aktivität.
- Psychische Gesundheit fördern: Offener Umgang mit Emotionen und frühzeitige Behandlung von psychischen Problemen wie Angst oder Depression.
- Soziale Unterstützung: Ein starkes soziales Netzwerk kann helfen, Belastungen besser zu bewältigen und psychische Gesundheit zu fördern.
- Vorbeugende Verhaltensweisen: Bestimmten Symptomen rechtzeitig entgegensteuern, z.B. ungewöhnliche Ängste, Wünsche oder Triebe nicht verdrängen.
- Ausgeglichenes Leben: Das Leben nicht unter Dauerbelastung führen, Ausgleich durch Sport und motivierende geistige Aktivität schaffen, Sozialkontakte pflegen, gesund essen und sich fit halten.
- Kinder fördern: Keinen übermässigen Druck auf Kinder ausüben, etwa durch übertriebene Erwartungen an deren Leistungen, Reinlichkeit oder durch Strafandrohungen. Kinder viel mehr ermutigen, über Gefühle, Sorgen und Verletzungen zu sprechen.
Unterstützung und Hilfe finden
Es gibt verschiedene Anlaufstellen, die Betroffenen bei der Diagnose und Therapie von Neurosen helfen können:
- Hausarzt oder Facharzt für Psychiatrie: Der erste Ansprechpartner bei Verdacht auf eine Neurose.
- Psychotherapeuten: Spezialisierte Therapeuten bieten individuelle und Gruppentherapien an.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann unterstützen und Mut machen.
- Krankenkassen: Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für Therapie und Behandlung, eine Nachfrage lohnt sich.
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