Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die mit motorischen Symptomen und Einschränkungen einhergeht. Obwohl Medikamente die Symptome lindern können, gibt es derzeit keine Heilung oder Möglichkeit, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Epidemiologische Beobachtungen haben gezeigt, dass langjährige Raucher seltener an Parkinson erkranken. Dies führte zu der Frage, ob Nikotin das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit auch im Frühstadium beeinflussen kann.
Hintergrund: Nikotin und Parkinson
Epidemiologische Studien legen nahe, dass langjährige Raucher seltener an Parkinson erkranken. In Toxin-induzierten Parkinson-Tiermodellen schützte Nikotin vor einer parkinsonähnlichen Neurodegeneration. Es kann auch Entzündungsreaktionen des Nervensystems reduzieren, anti-apoptotische Proteine hochregulieren und entgiftende Enzyme induzieren.
Frühere Studien mit transdermalem Nikotin (Pflaster) bei Parkinsonkranken zeigten allerdings keine Besserung der Symptomatik.
Die NIC-PD-Studie: Nikotin im frühen Parkinson-Stadium
Um zu untersuchen, ob Nikotin in frühen Stadien der Parkinson-Krankheit krankheitsmodifizierende Effekte hat, führten deutsche und US-amerikanische Parkinson-Studiengruppen die NIC-PD-Studie durch. Es war die erste Zusammenarbeit der „German Parkinson Study Group“ und der „USA Parkinson Study Group“ mit Studienzentrale in Marburg.
Studiendesign und Teilnehmer
In der doppelblinden, placebokontrollierten, multizentrischen NIC-PD-Studie („Nicotine in early Parkinson’s disease”) wurden Personen eingeschlossen, die vor höchstens 18 Monaten die Parkinson-Diagnose erhalten hatten. Die Teilnehmer befanden sich in einem frühen Stadium der Erkrankung (Parkinsonstadium ≤2 auf der Hoehn-und-Yahr-Skala) und hatten nur leichte, nicht behindernde motorische Symptome, die noch keine medikamentöse dopaminerge Therapie erforderten. Lediglich MAOB-I (Monoaminoxidase-B-Hemmer) waren zugelassen.
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Insgesamt 163 Teilnehmer aus 24 Zentren (13 in Deutschland, 11 in den USA) wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten entweder transdermal Nikotin (bis zu 28 mg/Tag) oder Placebo. Die Behandlung erfolgte über 52 Wochen, gefolgt von einer achtwöchigen Auswaschphase bis Woche 60.
Endpunkte
Der primäre Endpunkt war der UPDRS-Score („Total Unified Parkinson Disease Rating Scale“) nach 60 Wochen, um einen möglichen krankheitsmodifizierenden Effekt nach der Auswaschphase zu erfassen. Der erste sekundäre Endpunkt war der UPDRS-Score nach 52 Wochen, also während der Studienmedikation. Hier wurde die Summe eines möglichen symptomatischen und möglichen krankheitsmodifizierenden Effekts von Nikotin erfasst.
Ergebnisse
Für den primären Endpunkt konnten die Daten von 101 Teilnehmern analysiert werden (54 in der Placebogruppe und 47 in der Nikotingruppe). Die durchschnittliche Verschlechterung des UPDRS-Gesamtwerts betrug 3,5 in der Placebogruppe gegenüber 6,0 in der Nikotingruppe. Dieser Unterschied war allerdings statistisch nicht signifikant.
Für den ersten sekundären Endpunkt ergab die Analyse von 138 Teilnehmern bis Woche 52 eine mittlere Verschlechterung von 5,4 mit Placebo (n=74) gegenüber 9,1 in der Nikotingruppe (n=64).
Die Ergebnisse sowohl des primären als auch des ersten sekundären Endpunktes sprachen nicht für einen günstigen Effekt des Nikotin-Pflasters auf die Progression des Frühstadiums der Parkinson-Krankheit. Für weitere sekundäre Endpunkte wie SCOPA-COG, BDI-II oder PDSS-2 wurden keine Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt.
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Insgesamt gab es fast 60 Studienabbrüche (28 in der Placebogruppe und 31 in der Nikotingruppe), meist wegen einer Verschlechterung der Symptomatik bzw. motorischen Funktion. 34,6% der Teilnehmenden (27 Placebo, 29 Nikotin) begannen mit dopaminergen Parkinson-Medikamenten.
Limitationen der Studie
Die Autoren der Studie nennen mehrere Limitationen:
- Die Applikationsart des Nikotins (Pflaster statt Rauchinhalation). Rauchen als Intervention war aus ethischen und logistischen Gründen sowie wegen der Gruppenverblindung keine Option.
- Es wurden weder Nikotin- noch Nikotinmetabolit-Konzentrationen im Blut, noch molekulargenetische Profile oder objektive Parkinsonprogressionsmarker erfasst (z. B. Bildgebung mit dem DAT SPECT-Verfahren).
- Die unerwartet hohe Zahl an Studienabbrüchen.
- Die MAOB-I-Therapie bei manchen Teilnehmenden. In der MAOB-I-Untergruppe fiel der negative Nikotineffekt geringer aus.
Empfehlungen für zukünftige Studien
Am Ende des Artikels geben die Autoren eine Empfehlung ab, wie das Design einer zukünftigen Studie aussehen sollte, um einen Krankheitsmodifizierenden Effekt von Nikotin zu prüfen:
- Die Studie sollte Personen einschließen, die sich in einer prodromalen Phase der Parkinson-Krankheit befinden und noch völlig ohne Behandlung sind („drug-naive“).
- Nikotin sollte in einer pulsatilen Applikationsform verabreicht werden.
- Zur Beurteilung des Effekts ist der Einsatz von klinischen und objektiven prodromalen Progressionsmarkern erforderlich.
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