Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Metamizol, bekannt unter den Namen Novaminsulfon oder Novalgin, sind in Deutschland weit verbreitet. Seit 100 Jahren werden sie verschrieben, und in Krankenhäusern sowie Altersheimen erhalten über die Hälfte der Patienten dieses Analgetikum. Trotz seiner Wirksamkeit gibt es immer wieder Diskussionen über den Wirkstoff, insbesondere wegen der seltenen, aber lebensgefährlichen Nebenwirkung einer Agranulozytose. Dieser Artikel beleuchtet die Anwendung von Novalgin bei Parkinson-Patienten, mögliche Risiken und Alternativen.
Was ist Novalgin und wie wirkt es?
Novaminsulfon, unter dem Markennamen Novalgin bekannt, ist ein schmerzlinderndes und fiebersenkendes Medikament, das zur Gruppe der nicht-opioiden Analgetika gehört. Es wird hauptsächlich zur Linderung von moderaten bis starken Schmerzen eingesetzt, die durch verschiedene Ursachen wie Verletzungen, postoperative Schmerzen oder chronische Erkrankungen verursacht werden können.
Novalgin wirkt, indem es die Produktion von schmerzverursachenden Prostaglandinen durch Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase (COX) reduziert. Prostaglandine spielen eine zentrale Rolle bei der Übertragung von Schmerzsignalen und der Regulierung der Körpertemperatur. Novalgin beeinflusst die Art und Weise, wie Schmerzsignale im Körper übertragen werden, und blockiert gewissermaßen den Schmerzpfad.
Novalgin bei Parkinson: Herausforderungen und Besonderheiten
Die Parkinson-Erkrankung bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich, die bei der Schmerzbehandlung berücksichtigt werden müssen. Parkinson-Patienten leiden häufig unter Schmerzen, deren Prävalenz in Publikationen mit 40-80 Prozent angegeben wird. Diese Schmerzen können nozizeptiver oder neuropathischer Natur sein, parkinsonassoziiert oder nicht.
Schwierigkeiten bei der Schmerzerfassung
Die Schmerzerfassung und -differenzierung bei Parkinson ist oft schwierig. Patienten verschweigen ihrem Neurologen Schmerzen oft, da sie diese nicht mit ihrer Erkrankung in Zusammenhang bringen. Zudem gibt es keine optimalen Schmerzskalen für Parkinson-Patienten. Die King’s PD Pain Scale hat sich zwar etabliert, ist aber für Schmerztherapeuten aufgrund von Überschneidungen und unspezifischen Fragen nicht ideal.
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Medikamentöse Therapie bei Parkinson-Schmerzen
Etwa die Hälfte der Parkinsonpatienten nimmt Analgetika, und drei Viertel erhalten irgendeine Schmerztherapie, darunter Physiotherapie, Massagen und Rehamaßnahmen. Die Wirkung dieser Therapien hält oft aber weniger als vier Wochen an. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2018 ergab, dass Safinamid am effektivsten ist, gefolgt von Cannabinoiden und Opioiden, wohingegen Dopaminagonisten wenig wirksam waren.
Bei neuropathischen Schmerzen bei Parkinson-Patienten wird Gabapentin dem Pregabalin vorgezogen. Bei nozizeptiven Schmerzen wird Oxycodon empfohlen. Es ist wichtig zu beachten, dass bei Parkinson-Patienten mit Schluckbeschwerden alternative Applikationswege für Medikamente gefunden werden müssen.
Interaktionen und Besonderheiten bei der Medikamenteneinnahme
Bei Parkinson-Patienten gibt es Besonderheiten bei der Medikamenteneinnahme, die beachtet werden müssen. In den ersten Krankheitsjahren kann Mundtrockenheit auftreten, in späteren Phasen vermehrter Speichelfluss. Bei Mundtrockenheit sollten alle Medikamente mit mindestens 200 ml Flüssigkeit eingenommen werden. Die Einnahme von L-Dopa-haltigen Medikamenten mit Milch, Molke, Quark und Joghurt ist wegen dem hohen Eiweißgehalt nicht erlaubt.
Die Aufnahme von L-Dopa-Präparaten sollte mindestens 30 Minuten vor einer Mahlzeit erfolgen, um eine Wirkungsabschwächung zu vermeiden. Bei stärkeren Beschwerden empfiehlt sich die Einnahme mit ein bis zwei Esslöffeln Haferschnee in lauwarmem Wasser aufgelöst.
Risiken und Nebenwirkungen von Novalgin
Wie jedes Medikament kann auch Novalgin Nebenwirkungen haben, die von Person zu Person unterschiedlich sein können. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören:
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- Magen-Darm-Beschwerden: Übelkeit, Erbrechen und Magenschmerzen.
- Allergische Reaktionen: Hautausschlag, Juckreiz, Schwellungen oder Atembeschwerden.
- Blutdruckabfall: Schwindel oder Benommenheit.
- Blutbildveränderungen: Agranulozytose (selten, aber lebensgefährlich).
- Nierenprobleme: In seltenen Fällen kann es die Nieren beeinträchtigen.
- Leberschäden: Entzündungen von Leberzellen, die sich durch Müdigkeit, Übelkeit, Schwäche oder Gelbsucht äußern können.
Patienten sollten über mögliche Frühsymptome einer medikamentös bedingten Leberschädigung aufgeklärt werden und die Anwendung von Metamizol beenden und sich an ihren behandelnden Arzt wenden, sobald entsprechende Symptome beobachtet werden.
Unabhängig vom aktuellen Rote Hand Brief sollten Patienten zudem über das Risiko einer Agranulozytose aufgeklärt werden. Auch hier sollten Patienten über typische Symptome wie Fieber, Erschöpfung, Muskel- und Gelenkschmerzen, Schüttelfrost, Arthralgien oder auch eines Stomatitis informiert werden. Wichtig sind hier insbesondere schwerwiegende Interaktionen bei gleichzeitiger Einnahme von Methotrexat.
Alternativen zu Novalgin
Es gibt verschiedene Alternativen zu Novalgin, die je nach Art und Stärke der Schmerzen sowie dem individuellen Gesundheitszustand in Betracht gezogen werden können:
- Ibuprofen: Ein nichtsteroidales Antirheumatikum (NSAR) mit entzündungshemmenden Eigenschaften.
- Paracetamol: Ein weiteres Schmerzmittel, das jedoch keine entzündungshemmenden Eigenschaften hat.
- Opioide: Stärkere Schmerzmittel, die jedoch ein höheres Risiko für Nebenwirkungen und Abhängigkeit haben.
- Physikalische Therapie: Physiotherapie und Rehabilitation zur Verbesserung der Beweglichkeit und Muskelkraft.
- Alternative Therapien: Akupunktur, Akupressur, Massage und chiropraktische Behandlungen.
- Entspannungstechniken: Atemübungen, Meditation, Yoga und progressive Muskelentspannung.
Bei neuropathischen Schmerzen bei Parkinson-Patienten ist Gabapentin dem Pregabalin vorzuziehen. Bei nozizeptiven Schmerzen wird Oxycodon empfohlen.
Wichtige Hinweise für die Anwendung von Novalgin bei Parkinson
- Kommunikation mit dem Arzt: Pflegende Angehörige sollten immer in engem Kontakt mit dem behandelnden Arzt stehen.
- Berücksichtigung individueller Bedürfnisse: Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente.
- Dosierung und Anwendung: Die empfohlene Dosierung genau befolgen und die Anwendungshinweise sorgfältig lesen.
- Aufklärung über Risiken: Patienten sollten über mögliche Nebenwirkungen und Warnzeichen informiert werden.
- Medikationsanalyse: Regelmäßige Überprüfung der Medikation auf mögliche Wechselwirkungen.
Fallbeispiele und Studien
Ein fiktiver Fall von Ursula Übel, einer 73-jährigen Parkinson-Patientin, zeigt die Komplexität der Medikation und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Analyse. In diesem Fall wurden ungeeignete Medikamente wie Metoclopramid (MCP) identifiziert und Alternativen wie Domperidon vorgeschlagen. Zudem wurde auf Doppelverordnungen und fehlende Behandlungen hingewiesen.
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Eine Studie zeigte, dass bei einem Fünftel der untersuchten Parkinson-Patienten die Medikamenteneinnahme unzureichend war. Die Einhaltung der häufigen Einnahmezeiten bereitete größte Schwierigkeiten.