Die okuläre Myasthenie ist eine spezielle Form der Myasthenia gravis, einer Autoimmunerkrankung, die sich durch belastungsabhängige Muskelschwäche auszeichnet. Dieser Artikel bietet einen detaillierten Einblick in die okuläre Myasthenie, einschließlich ihrer Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten, und berücksichtigt dabei die Erfahrungen von Betroffenen.
Einführung in die Myasthenia Gravis
Die Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln gestört ist. Ursächlich dafür ist eine fehlgesteuerte Reaktion des Immunsystems, bei der Abwehrstoffe (Antikörper) gegen Bestandteile der neuromuskulären Endplatte gebildet werden. Diese Antikörper blockieren oder verändern Andockstellen (Rezeptoren) für den Botenstoff Acetylcholin, der für die Steuerung der Muskulatur unerlässlich ist.
Die okuläre Myasthenie
Die okuläre Myasthenie betrifft hauptsächlich die äußere Augenmuskulatur. Nach dem Verlauf werden die ‚okuläre Myasthenie‘, (bei der die äußere Augenmuskulatur betroffen ist) und die ‚generalisierte Myasthenie‘ (die alle Ausprägungen beschreibt, die über die okuläre Myasthenie hinausgehen) unterschieden.
Ursachen und Pathophysiologie
Die Ursache der Myasthenia gravis ist eine gestörte Impulsübertragung an der Kontaktstelle zwischen Nerv und Muskel, der sogenannten neuromuskulären Endplatte. Bestimmte Antikörper blockieren oder verändern Andockstellen, sogenannte Rezeptoren, für den Botenstoff Acetylcholin, der an der Steuerung der Muskulatur einen wesentlichen Anteil hat. Acetylcholin kann seine Wirkung folglich nicht mehr voll entfalten.
Eine wichtige Rolle bei Myasthenia gravis spielt die Thymusdrüse, ein Organ des Immunsystems. Bei etwa 10 bis 15 von 100 Myasthenia gravis-Patienten ist ein Tumor der Thymusdrüse, ein sogenanntes Thymom, vorhanden. Auch eine Vergrößerung des Thymus tritt bei Patienten mit Myasthenia gravis häufiger auf als bei gesunden Menschen. Zudem wird vermutet, dass der Thymus wahrscheinlich einen Einfluss auf einige Formen der Myasthenia gravis ausübt.
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Symptome der okulären Myasthenie
Wichtigstes Symptom der Myasthenia gravis ist die belastungsabhängige Muskelschwäche. Sie beginnt meist im Bereich der Augen und kann im Laufe der Zeit alle Körperregionen betreffen. Typische Symptome der okulären Myasthenie sind:
- Herabhängendes Augenlid auf einer oder beiden Seiten (Ptosis)
- Das Sehen von Doppelbildern (Diplopie)
Die Symptome treten besonders bei wiederholter Beanspruchung auf und nehmen im Tagesverlauf zu.
Diagnose der okulären Myasthenie
Die Diagnose der Myasthenia gravis beruht vor allem auf den typischen Beschwerden, dem Alter des Patienten und der Beschaffenheit der Thymusdrüse. Eine gezielt durchgeführte neurologische Untersuchung kann weitere Hinweise auf das Vorliegen einer Myasthenia gravis geben. Dabei kommen u. a. folgende Tests zum Einsatz:
- Antikörpertests: Eine Testung auf Antikörper gegen den Acetylcholin-Rezeptor im Blut Betroffener ist der erste empfohlene Schritt bei Verdacht auf Myasthenia gravis. Auch Antikörper gegen MuSK, einen Eiweißstoff auf Muskelzellen, der eine wichtige Rolle für die Funktion des Botenstoffs Acetylcholin spielt, können im Blut Betroffener erfasst werden. Antikörper gegen LRP4 können ebenfalls im Blut erfasst werden.
- Pharmakologischer Test: Bei der Myasthenia gravis werden die Andockstellen (Rezeptoren) für den Botenstoff Acetylcholin beeinträchtigt. Bei der Durchführung eines Elektromyogramms (EMG) werden Nerven einer wiederholten elektrischen Reizung ausgesetzt. Die dadurch entstehende elektrische Spannung am entsprechenden Muskel wird gemessen. So kann festgestellt werden, ob die Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel funktioniert.
- Bildgebende Verfahren: Auch eine Untersuchung der Thymusdrüse kann sinnvoll sein. Bildgebende Verfahren spielen bei der Diagnose von zahlreichen Erkrankungen eine tragende Rolle. Unter dem Begriff „bildgebenden Verfahren“ versteht man diagnostische Methoden, bei denen mit Hilfe von Apparaten eine visuelle Darstellung eines Befundes möglich ist. Dazu gehören beispielsweise Röntgen, MRT und CT, die Methoden eines Radiologen.
Differentialdiagnose
Vor allem zu Beginn der Erkrankung kann es sinnvoll sein, vor der Diagnosestellung andere Erkrankungen auszuschließen. Abhängig von den vorliegenden Beschwerden können u. a. folgende weitere Erkrankungen in Frage kommen: Lambert-Eaton-Syndrom, medikamenteninduzierte myasthene Syndrome, Polymyositis, Dermatomyositis, mitochondriale Muskeldystrophie, okulopharyngeale Muskeldystrophie, Guillain-Barré-Syndrom oder auch ein Hirntumor.
Behandlungsmöglichkeiten der okulären Myasthenie
Wie genau die Myasthenia gravis behandelt wird, ist von der Ausprägung der Erkrankung abhängig. Zur Basistherapie von Myasthenia gravis gehören Cholinesterase-Inhibitoren. Sie wirken gegen die Blockade an der motorischen Endplatte und somit auf eine Verringerung der Muskelschwäche hin. Eine weitere mögliche Form der Therapie sind Immunsuppressiva. Diese werden besonders dann eingesetzt, wenn Acetylcholinesterase-Inhibitoren keine ausreichende Wirkung erzielen. Ist ein Thymom nachgewiesen worden, so ist eine Thymektomie indiziert, unabhängig von der Ausprägung der Myasthenie. Damit ist die operative Entfernung des Thymus gemeint.
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Leben mit okulärer Myasthenie
Patient*innen mit myasthenen Syndromen möchten und können, trotz ihrer Erkrankung, in den Urlaub fahren. Vermeiden Sie Temperaturextreme. Patientinnen und Patienten mit myasthenen Syndromen vertragen Hitze meist schlechter. Eine lange Anreise ist beschwerlich und kann die myasthenen Symptomatik verstärken. Die Aktivitäten am Urlaubsziel sollten immer an ihre aktuelle Konstitution angepasst sein.
Reisen mit Myasthenie
Im Vorfeld bedarf es einiger Organisation und eventuell auch, je nach Schweregrad und Behandlung, eine individuelle Abstimmung mit der behandelnden Ärztin / dem behandelnden Arzt. Stellen Sie sicher, dass die medizinische Versorgung und neurologische Betreuung im Notfall vor Ort gewährleistet werden können. Führen Sie ihren Notfallausweis (deutsch, englisch) und einen Medikationsplan (deutsch, englisch, evtl. in der Landessprache) mit sich, damit Sie den bei Notwendigkeit vorlegen können. Je nach Reiseziel kann das Klima viel wärmer oder wesentlich kälter sein. Planen Sie bei Fahrten mit dem Auto ausreichend Pausen ein oder genießen Sie es, Beifahrer*in zu sein.
Mobilität und Barrierefreiheit
Auf Rastplätzen an Autobahnen sind in der Regel sowohl Parkplätze als auch Toiletten für Reisende mit Behinderung vorhanden. Schwerbehinderte Personen (auch Kinder), die eine Wertmarke besitzen, können im Nahverkehr kostenfrei fahren. Mit Merkzeichen B dürfen Sie im Fernverkehr bis zu 2 Sitzplätze kostenfrei reservieren, auch wenn sie kein gültiges Beiblatt mit Wertmarke besitzen. Bei Zugreisen steht Ihnen die Mobilitätszentrale der DB für barrierefreies Reisen zur Verfügung. Hilfsmittel (z.B. Rollstühle für die Wege durch das Terminal werden bereitgestellt.
Selbsthilfe und Unterstützung
Kurz nach Gründung der Deutschen Myasthenie Gesellschaft wurde die Vereinszeitung „DMG-Aktuell“ erstmals erstellt und erscheint 4 x jährlich. Sie informiert über alle myasthenen Syndrome, über aktuelle Forschungsergebnisse, Zertifizierungsverfahren und Projekte. Weiter werden dort Veranstaltungstermine, die sich mit der Thematik „Myasthenia gravis“ befassen, als Voraus- und Rückblick veröffentlicht. Zusätzlich erscheinen regelmäßig informative Erfahrungsberichte von Betroffenen für Betroffene, Wissenswertes zu Fragen in sozialen Angelegenheiten und Fachberichte zu bestimmten Myasthenie-Themen.
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