Eine Stammzellspende kann für Menschen mit schweren Blutkrankheiten oder Immundefekten die einzige Überlebenschance sein. Dabei werden gesunde Stammzellen von einem Spender auf einen Patienten übertragen, dessen eigenes Knochenmark zuvor durch Chemotherapie oder Bestrahlung zerstört wurde. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte der Rückenmarkspende, einschließlich der Verfahren, Risiken und Voraussetzungen.
Wer kann Stammzellen spenden?
Grundsätzlich kann jede gesunde Person zwischen 18 und 60 Jahren, die mindestens 50 Kilogramm wiegt, Stammzellen spenden. Eine Neuregistrierung ist bis zum 55. Lebensjahr möglich. Allerdings gibt es bestimmte Erkrankungen, die eine Spende ausschließen. Dazu gehören unter anderem:
- Blut- und Blutgefäßerkrankungen
- Krebs
- Diabetes, der mit Insulin behandelt wird
- Infektionskrankheiten wie Hepatitis B und C, HIV- oder Jakob-Creutzfeld-Infektionen
- Autoimmunerkrankungen, zum Beispiel Multiple Sklerose, Morbus Basedow, Rheumatoide Arthritis und Morbus Crohn
Auch eine Schwangerschaft, eine aktive Infektion oder eine kurz zurückliegende Operation können vorübergehende Ausschlusskriterien darstellen.
Wie wird man Stammzellspender?
Wer Stammzellen spenden möchte, kann sich bei einer von vielen Stammzellspenderdateien anmelden, beispielsweise bei der DKMS. Das Zentrale Knochenmarkspender-Register (ZKRD) sammelt alle Daten von registrierten Spendern und ermöglicht eine zentralisierte Suche.
Zunächst ist eine Typisierung erforderlich, um die spezifischen Gewebemerkmale, die HLA-Antigene, zu erfassen. Dies kann unkompliziert durch einen Abstrich der Mundschleimhaut oder eine Blutentnahme erfolgen. Interessierte können sich im Rahmen einer öffentlichen Aktion typisieren lassen oder ein Set für zu Hause anfordern und nach dem Abstrich einschicken. Die Kosten für die Typisierung werden in der Regel von der Spenderdatei übernommen.
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Die Verfahren der Stammzellspende
Es gibt zwei Hauptmethoden der Stammzellgewinnung: die periphere Stammzellspende und die Knochenmarkspende.
Periphere Stammzellspende
Die periphere Stammzellspende ist die häufigste Methode. Hierbei erhält der Spender zunächst einen Wachstumsfaktor (G-CSF), der die Produktion von Stammzellen im Knochenmark anregt und sie ins Blut ausschwemmt. Die Stammzellen können dann direkt aus dem Blut gewonnen werden. Dazu wird eine sogenannte Apheresemaschine eingesetzt. Wie bei einer Blutentnahme wird Blut abgenommen, das Apheresegerät isoliert und sammelt die Stammzellen, während die übrigen Blutbestandteile dem Spender wieder zugeführt werden. Die Spende dauert in der Regel drei bis fünf Stunden und wird ambulant durchgeführt.
Nebenwirkungen der peripheren Stammzellspende:
Das Arzneimittel zur Stammzellspende kann Nebenwirkungen hervorrufen, zum Beispiel grippeähnliche Symptome, Knochenschmerzen oder selten auch eine Vergrößerung der Milz. Langzeitfolgen sind aber nicht bekannt.
Knochenmarkspende
Die Knochenmarkspende wird seltener durchgeführt. Dabei wird dem Spender im Krankenhaus unter Vollnarkose Knochenmark aus dem Beckenkamm entnommen. Mit einer speziellen Punktionsnadel werden 0,5 bis 1,5 Liter Knochenmarkblut entnommen, was etwa 5 Prozent des gesamten Knochenmarks entspricht. Daraus lassen sich im Labor Stammzellen isolieren. Das Knochenmark selbst wird innerhalb weniger Wochen nachgebildet.
Risiken der Knochenmarkspende:
Jede Vollnarkose ist mit einem - wenn auch geringen - Risiko verbunden. Generell ist die Gefahr von Komplikationen bei gesunden Spendern jedoch sehr gering. Die Wunde kann sich entzünden, was ebenfalls nur selten passiert. Nach dem Eingriff können an den Einstichstellen Schmerzen oder Blutergüsse auftreten.
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Risiken und Nebenwirkungen der Stammzellspende
Sowohl die periphere Stammzellspende als auch die Knochenmarkspende sind mit gewissen Risiken und Nebenwirkungen verbunden.
Risiken der peripheren Stammzellspende
- Nebenwirkungen des Wachstumsfaktors G-CSF: Grippeähnliche Symptome wie Knochen-, Muskel- oder Kopfschmerzen sind häufig. Diese können mit Schmerzmitteln behandelt werden und klingen nach Ende der Behandlung wieder ab. In seltenen Fällen kann es zu einer Vergrößerung der Milz kommen.
- Risiken der Apherese: In seltenen Fällen kann es während der Apherese zu Kreislaufproblemen oder allergischen Reaktionen kommen.
Risiken der Knochenmarkspende
- Narkoserisiko: Jede Vollnarkose birgt ein gewisses Risiko.
- Schmerzen und Blutergüsse: Nach der Entnahme können an den Einstichstellen Schmerzen und Blutergüsse auftreten.
- Infektionen: In seltenen Fällen kann es zu Infektionen im Bereich der Einstichstellen kommen.
- Verletzungen: Sehr selten kann es zu Verletzungen von Nerven oder Blutgefäßen im Beckenbereich kommen.
Ablauf der Stammzelltransplantation beim Patienten
Für die bevorstehende Transplantation der Stammzellen zerstören Ärzte und Ärztinnen im ersten Schritt das erkrankte Knochenmark mit einer hochaktiven Chemotherapie und/oder einer Bestrahlung des gesamten Körpers. Anschließend wird die Stammzelltransplantation durchgeführt. Dazu werden die den Spendenden entnommenen Stammzellen auf die Empfangenden übertragen. Dies geschieht über eine Infusion. Die Stammzellen siedeln sich im Knochenmark an, welches dann neue und gesunde Blutzellen herstellt.
Wichtige Aspekte rund um die Stammzellspende
- Freiwilligkeit: Die Entscheidung zur Spende ist freiwillig und kann jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
- Anonymität: Spender und Empfänger bleiben in der Regel für zwei Jahre anonym. Danach besteht in vielen Ländern die Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen, wenn beide Seiten einverstanden sind.
- Kosten: Alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Spende entstehen, werden dem Spender erstattet.
- Versicherung: Als Knochenmark- oder Blutstammzellspender ist man automatisch bei der jeweiligen Gemeindeunfallversicherung versichert. Zusätzlich wird eine Unfall- und Lebensversicherung durch die Deutsche Stammzellspenderdatei abgeschlossen.
- GRID: Die GRID (Global Registration Identifier for Donors) stellt sicher, dass jedem Spender eine weltweit eindeutige Identifikationsnummer zugewiesen wird, um das Risiko einer Fehlidentifizierung zu senken.
Die Bedeutung der Stammzellspende
Die Stammzellspende ist eine wichtige Therapieoption für Menschen mit schweren Blutkrankheiten und Immundefekten. Sie kann Leben retten und sogar eine vollständige Heilung ermöglichen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass sich möglichst viele Menschen als Stammzellspender registrieren lassen.
Leben nach der Transplantation
Die ersten Wochen nach der Transplantation sind oft eine „schwere Zeit“. Infolge der Konditionierungstherapie ist der Körper geschwächt. Da die eigenen Knochenmarkszellen durch die Konditionierungstherapie zerstört sind und die neue Blutbildung erst 14 bis 21 Tage nach der Transplantation beginnt, werden in diesem Zeitraum keine neuen Blutzellen gebildet (Knochenmarksaplasie). Im Blut sinkt die Anzahl aller Blutzellarten. Der Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukozyten) wird Leukopenie bzw. Neutropenie genannt (Die neutrophilen Granulozyten machen den größten Anteil der Leukozyten aus).
Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen
In der Frühphase nach der Transplantation ist man noch sehr empfänglich für Infektionen. Gegen viele bakterielle Infektionen ist man zwar wieder gut geschützt, sobald aus dem Knochenmark wieder neutrophile Granulozyten (eine bestimmte Art weißer Blutkörperchen) in das Blut gelangen. Für den Aufbau eines ausreichenden Schutzes gegen andere Keime, z. B. Viren und Pilze, benötigt das Immunsystem jedoch viel mehr Zeit - nicht selten dauert dieser Prozess 6 Monate oder auch länger.
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Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD)
Bei einer Graft-versus-Host-Erkrankung richtet sich das Immunsystem des Spenders gegen Körperzellen des Empfängers. Davon sind typischerweise betroffen: die Haut, die Leber und der Darm.
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